Un-un-un-un-unumkehrbar

Gelegentlich bringe ich die Dinge durcheinander. War da nicht was, beim Atomausstieg. Etwas mit Umkehrbarkeit? Hat nicht Angela die Große, Merkel, höchstselbst, zweimal erfolgreich die 180 Grad Wende vollzogen?

Und plötzlich soll das nicht mehr möglich sein? Nur weil Robert Habeck feste mit den Füßen aufstampft wie das Rumpelstilzchen und dabei schreit: „Diesmal ist es aber un – un- un – un – unumkehrbar!“

Ich kann mir nicht helfen. Es ist einzig der Fanatismus, der sich diese Unumkehrbarkeit zum Lebensziel und -Inhalt erkoren hat, koste es, was es wolle. 

Natürlich kann der Abschaltung eines Kernkraftwerks eine neuerliche Einschaltung folgen. Gar keine Frage. Die Meiler wurden regelmäßig zu Wartungszwecken heruntergefahren, abgeschaltet, und wieder angefahren. Wo ist das Problem?

Das Problem heißt Robert Habeck.

Er will es nicht. Er will nicht einmal die Möglichkeit des Wiederhochfahrens zulassen, sondern baldmöglichst mit dem Abriss beginnen.

Warum?

Ich komme beim Versuch, die Motive des Klimaschutzministers zu ergründen, nur zu einem schlüssigen Ergebnis:

Es ist Angst. Die nackte Angst vor der Verantwortung.

Es erinnert irgendwie an überängstliche Mütter, die sich ja auch nicht primär um das Kind sorgen, sondern Angst haben, sie könnten verantwortlich dafür gemacht werden, wenn dem Zwölfjährigen, der alleine mit dem Rad zur Schule fahren will, unterwegs etwas zustoßen sollte. Lieber das Kind mit dem Auto zur Schule fahren und wieder abholen als dieses Risiko einzugehen.

Da mag das Risiko noch so gering sein. Nur die unumkehrbare Abschaltung der letzten drei deutschen Kernkraftwerke nimmt dem Minister die Bürde von den Schultern, durch die Erlaubnis zum Weiterbetrieb den Supergau ermöglicht zu haben.

Klar. Er steht unter massivem Druck aus der eigenen Partei, zu deren Gründungsmythen nun einmal die Angst vor dem Atomstrom und das Drachentötergelübde, die Meiler abzuschalten, gehört. Aber muss da die Vernunft vollständig auf der Strecke bleiben? Hätte es nicht genügt, wäre es unter verständiger Würdigung aller Umstände nicht geboten gewesen, die Kraftwerke, wenn sie schon – probehalber – vom Netz gehen sollen, so lange in Betriebsbereitschaft zu halten, bis sicher ist, dass Windräder und Solarzellen, im Verbund mit Batteriespeichern und der Wasserstoff-Technologie, ggfs. im Rückgriff auf im europäischen Verbund verfügbare Reservekraftwerke, tatsächlich in der Lage sind, den Strombedarf Deutschlands wenigstens sicher und zuverlässig, wenn schon nicht preiswert, zu decken?

Aber genau das hat ein Robert Habeck nicht im Kreuz. Da hat er Angst vor der grünen Basis, vielleicht auch vor der grünen Vorsitzenden.

Da fabuliert er lieber davon, dass der Neubau von Atomkraftwerken sich immer als ökonomisches Fiasko dargestellt habe und dass die Betreiber gar kein Interesse daran hätten. Dass alleine Frankreich den Bau von 14 neuen Atomkraftwerken plant und sogar ein Gesetz zur Beschleunigung der Errichtung neuer Kernkraftwerke beschlossen hat, davon hat der deutsche Klimaschutzminister offenbar nie etwas gehört. Und wenn die Betreiber in Deutschland heute keine neuen Reaktoren mehr planen wollen, dann hat das garantiert nichts mit der Furcht vor einem ökonomischen Fiasko zu tun, sondern mit der  von den Grünen in Deutschland geschaffenen Planungsunsicherheit, die sich wie ein Leichentuch über die gesamte Gesellschaft legt und von der Energiewirtschaft angefangen über die energieintensive Industrie bis zum Hausbesitzer und Autofahrer reicht.

Doch Habeck scheint nicht nur nicht zu wissen, was Frankreich in Bezug auf den Ausbau der Atomkraft plant, er scheint auch nicht zu wissen, woher die weltweiten CO2-Emissionen stammen. Dabei gibt es die Zahlen von der Internationalen Energieagentur IEA frei Haus, wenn man nur danach sucht. Können Sie die grüne Linie für Deutschland auf Anhieb entdecken?

 

Oder kennt er diese Zahlen doch? Das würde jedenfalls erklären, dass er schon in diesem milden Winter lieber schon stillgelegte Kohlekraftwerke reaktivivieren und fleißig teures LNG-Fracking-Gas verfeuern ließ, anstatt über die Verlängerung der AKW-Laufzeiten nachzudenken, weil das bisschen zusätzliche CO2 aus Deutschland auch im nächsten Winter vor dem Hintergrund der weltweiten Emissionen weder auf- noch ins Gewicht fallen wird?

Dann allerdings wäre die deutsche Vorreiterrolle in der Energiewende nichts als wohlfeile Heuchelei, hinter der die tatsächlichen Absichten der Dekarbonisierungsfanatiker vor dem tumben Volk verborgen werden sollen.

Passt übrigens gut zusammen mit der Aussage Habecks zu den ukrainischen Kernkraftwerken. „Die sind ja gebaut“, soll er gesagt haben, „und so lange sie sicher betrieben werden, ist nichts dagegen einzuwenden.“

Habecks Plan ist ein Sonderweg für Deutschland, sowohl was die Atomenergie, als auch was die CO2-Emissionen betrifft. Kein anderes Land auf der Welt liefert sich so vollständig den Launen von Wind und Sonne aus, wie Deutschland – außer Kenia, wie Annalena Baerbock dem deutschen Michel glaubhaft zu versichern versucht.

Hätten wir Ende 2021 nicht drei AKWs vom Netz genommen, die sowohl schon gebaut waren als auch sicher betrieben werden konnten: Die Sorge um die Füllstände der Gasspeicher und die Aufrufe zum Energiesparen im „reichen Deutschland“ hätten weit niedrigschwelliger ausfallen können.

Wenn jetzt die letzten drei Kernkraftwerke vom Netz gehen, fehlen uns dauerhaft rund 4 Gigawatt zuverlässiger Leistung im Netz. Das ist nicht viel, kann aber ebenso entscheidend sein wie die letzten 5 Liter Sprit im Tank, wenn die nächste Tankstelle noch weit entfernt ist.

Olaf Scholz?
Richtlinienkompetenz?
Mit Lindner und der CDU gegen Habeck?

Warum denn nicht?
Nur weil die AfD dem ebenfalls zustimmen würde?

Das darf doch wohl nicht wahr sein!