Schusswaffen für Kommunalpolitiker

Warum eigentlich nicht?

Wer „Schiss hat“, wird sich besser fühlen, wenn er was zum Schießen hat. Ist doch klar.

Wer wünscht sich schon einen Bürgermeister, Stadt- oder Gemeinderat, der sich aus begründeter Angst vor einem jederzeit drohenden Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit gar nicht mehr traut, die Sicherheit kleiner geschlossener Räume zu verlassen? Niemand!

Wir Wähler wollen unsere furchtlosen Helden am Rednerpult im Bierzelt bejubeln können! Man gönnt sich ja sonst nichts.

Von daher ist es vollkommen unverständlich, dass, anstatt des zuständigen Innenministers, die nicht zuständige Verteidigungsministerin, Frau Annegret Kramp-Karrenbauer, sich gegen die Bewaffnung der Mandatsträger ausspricht. Die werden schon nicht gegen die Bundeswehr in den Krieg ziehen, auch dann nicht, wenn die Ausrüstungsmisere der Bundeswehr durchaus Hoffnung machen könnte, dass zum Beispiel der bewaffnete Gemeinderat von Miesbach, Obb., vermutlich alle CSU, die Gebirgsjägerkaserne in Mittenwald im Handstreich einnehmen könnte. Die Frage ist doch: „Was hätten sie davon?“ 

Natürlich könnte man – wie bei den Fluchtursachen – argumentieren, dass erst einmal die Angstursachen bekämpft werden müssten, bevor man an die Bewaffnung von Kommunalpolitikern denkt, doch das ist nicht so einfach. So ein Kommunalpolitiker muss sich doch jeden Tag auf’s Neue Feinde machen, beziehungsweise alte Feindschaften pflegen, indem er sich für die Interessen seines Klientels einsetzt, damit er wiedergewählt wird. Würde sich ein Kommunalpolitiker gleichermaßen für die Interessen aller Bürger einsetzen, so dass sich am Ende alle ganz und gar gerecht behandelt fühlen könnten, würde er bei allen Ausgaben Sparsamkeit walten lassen und sich in Bezug auf Investitionen weitsichtig verhalten, hätte er doch nicht die geringste Chance, wiedergewählt zu werden. Die Wähler wählen doch immer nur den, der sich erkennbar mehr für ihre eigenen Interessen einsetzt als für die Interessen der anderen.Das ist halt Demokratie. Und in einer solchen Demokratie werden die Wähler krass benachteiligt, deren Kandidat verloren hat, weil der nichts für sie tun kann – und sein Gegner nichts für sie tun will. So baut sich Frust auf und Zorn und Wut, und daraus wird ganz schnell die so genannte Gewaltbereitschaft, der eben nur mit überlegen bewaffneter Gewaltbereitschaft begegnet werden kann.

Selbst verbale Gewaltausbrüche gehen nach Erkenntnissen der Verhaltensforschung um mindestens 82 Prozent zurück, wenn der Aggressor gezwungen wird, dabei in den Lauf einer Schusswaffe zu blicken. Nur Narren würden da nicht von sich aus nachgeben und sich über den Haufen schießen lassen, und ob solche Narren nun eine gesellschaftlich wichtige Rolle spielen sollten, oder nicht, die Frage beantwortet sich doch von alleine. Wer künftig von einem mit Waffenschein ausgestatteten Kommunalpolitiker erschossen werden wird, den trifft doch ein ganz erhebliches Eigenverschulden.

Zum Schluss muss allerdings noch auf einen weiteren, gar nicht zu unterschätzenden Vorteil hingewiesen werden, der dadurch entstünde, dass man gewählten Kommunalpolitikern das Führen einer Waffe in der Öffentlichkeit gestattet: An den Inhaber eines Waffenscheines werden weit strengere charakterliche Anforderungen gestellt als sie zur Wahrnehmung des passiven Wahlrechts nachgewiesen werden müssen. Es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass nicht wenige Kommunalpolitiker überhaupt nicht auf den Wahlzettel kämen, wenn ihre Bewerbung für ein öffentliches Amt von der waffenrechtlichen Genehmigung abhängig gemacht werden sollte. Für etliche Kommunen könnte sich das als ein wahrer Segen herausstellen.

Außerdem wird ein Waffenschein immer nur für maximal drei Jahre erteilt. Damit wären auch die langen Amtszeiten der Kommunalpolitiker augehebelt und die Bürger bekämen schneller die Gelegenheit, sich zu korrigieren, wenn sie feststellen, sich verwählt zu haben.

Das Schönste aber ist, dass – wer einen Waffenschein haben will –  die Art seiner Bedrohung ausführlich und nachvollziehbar darlegen muss. Die Kandidaten müssten also, bevor sie überhaupt gewählt und mit Schusswaffen auf ihre Feinde losgelassen werden könnten, ausführlich begründen, auf welche Art und Weise und wegen welcher von ihnen begangener Ungerechtigkeiten es dazu gekommen ist, dass sie sich vor einem gewaltsamen Angriff auf ihr Leben fürchten müssen. Wer da nicht sagen kann, er habe sich korrumpieren lassen, in die eigene Tasche gewirtschaftet, seinen Parteifreunden in die Hände gespielt und mitgeholfen, deren Gegner wirtschaftlich zu ruinieren, der bekommt doch keine Schusswaffe. Andererseits: Wer so etwas öffentlich zugeben muss, der wird doch nicht gewählt. Oder doch?

Vermutlich doch.

Die Tagesschau berichtete