Sascha Lobo – wie man sich als Genie verkauft

Ich habe lange versucht den Impuls zu unterdrücken. Nun ist es  definitiv misslungen.

Was Sascha Lobo pünktlich zum 11. September 2019 im Spiegel von sich geben durfte, schreit so laut nach einer Kritik, die das gesamte Geseiere vom Tisch wischt, dass ich angefangen habe, mich nach meinem dagegen eher zahmen Tinnitus zurückzusehnen.

Lobo beschreibt 12 Phasen, die den Menschen seiner Überzeugung nach zum Verschwörungstheoretiker machen. Ich fasse das, ohne mich der Gefahr auszusetzen, mehr als zulässig zu zitieren, in meinen Worten kurz zusammen. Das kommt auch dem eigentlichen Gehalt der Ausführungen Lobos entgegen. Alsdann – es sei!

Alles beginnt mit einer persönlichen Krise, aus der heraus sich der Mensch auf Sinnsuche begibt.
Wer nach Sinn sucht, stößt unweigerlich auf problematische Inhalte und sucht nach umfassender Information, die es  jedoch nicht gibt, weil Geheimhaltung einfach zum Leben dazugehört.  Das Offenkundige und das offenkundig Fehlende, Verborgene führen zum Zweifel, und (Achtung! Aufgepasst!) der Zweifler ist von Natur aus gutgläubig(!) und damit anfällig für die vielen Youtube-Filme mit verschwörungstheoretischem Inhalt. Die Algorithmen sorgen nun dafür, dass immer mehr Ähnliches angeboten und geteilt wird, bis die schiere Masse zur Bestätigung wird, der Mensch in seiner persönlichen Krise erlebt die Erleuchtung. Der Erleuchtete wiederum, das lehrt uns schon der Buddhismus, schart viele Freunde um sich, die Gruppendynamik beschert Belohnungsanreize, was wiederum direkt in die Abschottung nach außen und in einen irreversiblen Persönlichkeitsumbau führt, der jegliche Diskussion sinnlos macht.

Nach Lobo ist „Verschwörungstheorie“ eine Gemütskrankheit,
die in klar abgrenzbaren Stadien verläuft,
am Ende jedoch unheilbar wird.

Nach Lobo ist alles, was der Bürger wissen darf und soll, öffentlich zugänglich, bei ARD und ZDF im Fernsehen, bei Springer, Funke und Bauer im Printmedium. Findet er dort nicht für alles eine Erklärung, zum Beispiel dafür, warum WTC7 eingestürzt ist, dann hat das seine guten Gründe. Wie meinte de Maiziere dazu einst so treffend: „Ein Teil dieser Antworten  würde die Bevölkerung verunsichern.“

Denkt man Sascha Lobo zu Ende,
dann findet investigativer Journalismus heute schon alleine deswegen nicht mehr statt, weil sich herausgestellt hat, dass es sich bei davon infizierten Journalisten um gemütskranke Verschwörungstheoretiker handelt.

Denkt man Sascha Lobo zu Ende,
dann darf ihm getrost attestiert werden, dass Klapperstorch, Osterhase und Weihnachtsmann feste Mitglieder im Ensemble seiner Lebensbühne sein müssen, an deren Existenz und Wirken er nie auch nur den geringsten Zweifel aufkommen lassen durfte, um nicht selbst in eine jener Echokammern zu geraten, in der man sich zuraunt, dass in Wahrheit die Kinder vermutlich aus dem Bauch von Frauen kommen, dass Hasen keine Eier legen, schon gar keine bunt gefärbten, sondern dass ganz normale Hühnereier in der Osterzeit von den Kölner Heinzelmännchen in Tag- und Nachtschichten im Akkord bemalt werden und dass der Weihnachtsmann  nur eine besonders ausgefallene und verspätet getragene Halloween-Verkleidung sei.

Die 12 Phasen des Leidensweges des Verschwörungstheoretikers  sind platte, küchenpsychologische Binsenweisheiten, mit denen sich jede menschliche Entwicklung beschreiben lässt. Es beginnt damit, dass man – aus welchem Grund auch immer, es muss keine Krise sein, es kann auch ein tiefes Glücksempfinden oder einfach nur ein vorzügliches Frühstück sein, für etwas sensibilisiert wird, was man vorher gar nicht beachtet hat. Von diesem Punkt aus kannst Du Taubenzüchter oder Radrennfahrer, Bettelmönch oder eben so was, wie Sascha Lobo werden.

Sind Aufmerksamkeit und Interesse erwacht, wendet man sich einer Sache intensiver zu, trifft man automatisch auf Gleichgesinnte, findet man automatisch immer weiter führende Informationen, und wenn man sich für den Radrennfahrer entschieden hat und die Tour de France gewinnen will, ist man sehr schnell sehr konzentriert und fokussiert in einem ganz eigenen Mini-Universum gefangen, in dem es außer jeder Form von Training nichts Wichtiges mehr gibt.

Mit so einer Binsenweisheit anzutreten, um die offizielle 9/11-Geschichte zu verteidigen, vorsichtshalber jedoch ohne dies auch nur mit dem Hauch eines Argumentes zu versuchen, das grenzt an Hochstapelei, bzw. an Merkelsches Neusprech! Und dass der Spiegel den Schmarrn abdruckt und seinen Abonnenten ins Hirn drückt, das kann man eigentlich nur als Beihilfe bezeichnen.

Ach ja. Tun Sie sich’s an! Hier ist das Original.