Merkels Erleuchtung

Wir wissen, dass Knappen, Herolde und Bänkelsänger seit Jahrzehnten verkünden:

„Die mächtigste Frau Merkel der Welt
denkt  die Dinge vom Ende her.“

Nur glauben wollten wir das nie so recht. Dies entpuppte sich gestern jedoch als ein Missverständnis. Merkel ist wie Priester Messident:

Natürlich denkt sie die Dinge vom Ende her. Aber doch erst, wenn das Ende nahe ist! Woher soll man das denn vorher wissen, das mit dem Ende.

Hadmut Danisch hat geschrieben: „Das muss man sich erst mal ausdenken!“

Dem kann ich nur hinzufügen: „Das kann sich kein Mensch ausdenken. So was schafften vor hundert Jahren vielleicht noch die Operetten-Librettisten und hofften, dass ihre Schwachsinns-Texte von der Musik übertönt würden.“

Nachdem nun also der Kohle-Ausstieg beschlossen und die Kernkraft fast vollständig abgeschaltet ist, nach dem die Dekarbonisierung bis 2045 beschlossen und die E-Mobilität – mit Subventionen überschüttet – in den Markt gedrückt wird, nachdem die Wasserstofftechnologie, als die verlustreichste aller Möglichkeiten, Strom zu nutzen, gepriesen wird, wie eine göttliche Offenbarung, nachdem also alle Weichen auf Blackout gestellt  worden sind, hat nun offenbar auch Frau Merkel, den baldigen Endsieg über das verfluchte CO2 vor Augen, damit begonnen, die Sache vom Ende her zu bedenken.

Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, dass die E-Mobilität und das Internet der Dinge ja auch irgendwie einen Strom brauchen, und dass mehr Internet und mehr E-Mobilität mehr Strom brauchen. Vermutlich hat sie aber erst bei ihrem langjährigen Experten für Geldvermehrung, Mario Draghi, nachgefragt:

„Du, sach mal, Mario, ich weiß ja nich, wie du das gemacht hast, aber funktioniert hat das ja, mit dem Geld aus dem Nichts. Ob das nicht mit Strom auch geht?“

Erst als sie da zu hören bekam dass man zwar Geld, aber keinen Strom drucken kann, und dass man Geld auch nicht hinter der Steckdose in die Wand stopfen kann, damit vorne Strom rauskommt, wurde ihr klar, dass es besser wäre, gar nicht ans Ende zu denken, sondern erst mal nur bis 2030, weil da ja noch ein paar Kohlekraftwerke am Netz sein werden und das Ergebnis einer Nachfrage noch halbwegs günstig ausfallen könnte.

Ja, und dann ist sie in die Offensive gegangen. Als ob es bei allen Klima- und Energiewendebeschlüssen  bisher nicht die geringste Rolle gespielte hätte, stellte sie sich vor die versammelten Vertreter des Bundesverbandes der Deutschen Industrie hin und forderte:

„Wir brauchen dringend eine Prognose für den Strombedarf bis 2030!“

 

Uuuuaahahaha!

Von Heinrich Lübke hätte man seinerzeit nichts anderes erwartet und hinter vorgehaltener Hand seine Witze darüber gemacht, und Helmut Schmidt hätte man für diese Unverschämtheit noch als „Ochs am Spieß“ gegrillt.

Bei Angela Merkel heißt es nun aus Altmaiers Wirtschaftsministerium: „Was für eine kluge Frau! Da wären wir nie von selbst drauf gekommen.“

Und die Presse beeilt sich, ihr ob dieser Offenbarung die Füße zu küssen.
(Kap. 1, Vers 3: Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist, denn die Zeit ist nahe.)

Gestern habe ich gelesen, dass die Lernfähigikeit höher entwickelter Säugetiere offenbar keine Grenzen kennt und in einer Art stilistischer Fingerübung dazu diesen Satz geschaffen:

In jenen magischen Nächten, wenn sich die Silhouetten des Waldes und der felsigen Berge im Dunkel des sternenlosen Himmels auflösen, erzählt man sich in den einsamen Schluchten der Rocky Mountains im flackernden Schein der Lagerfeuer unter den Wohnmobilnomaden aus Florida und Kalifornien ehrfürchtig die Geschichte jener legendärin Bärin, die es gelernt hat, die Türen unverschlossener Fahrzeuge nach Menschenart mit der Hand (Pranke) zu öffnen.

Irgendwann, wenn die Erinnerung die Fakten verklärt hat, wird man sich an den gleichen Lagerfeuern die Geschichte einer Kanzlerin erzählen …