Bei Immobilien, aber längst nicht nur bei diesen, kann unterschieden werden zwischen dem Sachwert, dem Gebrauchswert und dem Marktpreis.
Der Sachwert ergibt sich aus den Herstellungskosten und dem Erhaltungszustand. Der Gebrauchswert ergibt sich aus der Ersparnis gegenüber den Mietkosten für ein vergleichbares Objekt, während der Marktpreis einzig das Verhältnis von Angebot und Nachfrage widerspiegelt.
Für die Eigentümer selbstgenutzter Immobilien war daher bisher immer klar: Ganz egal, wie sich die Immobilienpreise verändern, ganz egal, wie sich die Mieten entwickeln, ganz egal, wie hoch die Zinsen auf Spareinlagen sind und wie schnell die Aktienkurse in die Höhe schießen – die selbst genutzte (schuldenfreie) Immobilie ist über Jahrzehnte die sicherste und werthaltigste Anlage die man sich vorstellen kann. Nicht einmal die Inflation kann daran kratzen. Du wohnst bis an dein Ende kostenlos.
Das ist ein unschätzbarer Wert, und wo ein Wert ist, kommt es zu Begehrlichkeiten.
In Deutschland gibt es gut 16 Millionen Einfamlienhäuser. Rund 70 Prozent davon wurden vor mehr als 30 Jahren fertiggestellt und dürften daher zumindest einmal abbezahlt worden sein. Nehmen wir an, dass davon in den letzten 30 Jahren ein Drittel verkauft, und zur Finanzierung des Kaufpreises erneut mit Schulden belastet wurde, dann bleiben ca. 7,5 Millionen unbelastete Einfamilienhäuser mit durchschnittlich 140 m² Wohnfläche übrig. Bei einer durchschnittlichen Kaltmiete von 9 Euro pro Quadratmeter und einer durchschnittlichen Restnutzungszeit von 15 Jahren durch den derzeitigen Eigentümer, ergibt sich ein Gebrauchswert in Höhe von 1,7 Billionen Euro, bzw. durchschnittlich 225.000 Euro pro EFH.
Wer kein Eigenheim besitzt, und keine Ahnung hat, was es für die meisten Eigentümer an Einschränkungen und auch Entbehrungen bedeutet hat, sich dieses Eigentum zu schaffen, neigt leicht dazu, dies als ungerecht zu empfinden.
Anders als nach dem Krieg, als viele Deutsche Haus und Hof verloren hatten, während andere glücklich waren, ohne nennenswerte Schäden davongekommen zu sein, handelt es sich aber heute nicht mehr um nur glückliche, dem Zufall geschuldete Umstände, dass die einen ihr Haus haben und die anderen nicht, sondern schlicht und einfach um unterschiedliche Lebensentwürfe, mit unterschiedlchen Ergebnissen, so dass der Staat sich schwer tut, eine Begründung für ein Lastenausgleichsgesetz wie dem von 1952 zu finden, dessen Lasten über Zwangshypotheken den Eigentümern auferlegt wurden, die ihre Hypotheken mit halbjährlichen Raten abzutragen hatten.
Bleiben wir kurz beim Lastenausgleichsgesetz von 1952 und stellen fest, dass damit der Gebrauchswert gemindert wurde, weil statt der kostenlosen Nutzung der Gebäude nun regelmäßig Kosten für die Nutzung zu entrichten waren, und dass zugleich die Marktpreise gesenkt wurden, weil der Käufer einer Bestandsimmobilie auch die Lasten aus der Zwangshypothek übernehmen musste. Anders als es auf den ersten Blick aussieht, waren die Belastungen also nicht an die Immobilie gebunden, sondern an jene Personen, die beim Inkrafttreten des Gesetzes die Eigentümer waren. Wer die Immobilie nach Inkrafttreten kaufte, blieb von dieser Belastung frei, weil sie über die Kaufpreisminderung vom vorherigen Eigentümer zur Gänze zu tragen war.
Der Ampelplan, von manchen „Heizungshammer“ genannt, ist noch nicht einmal zu Ende formuliert, geschweige denn vom Bundestag beschlossen, und hat dennoch bereits die gleiche Wirkung entfaltet. Die Preise für Wohnimmobilien sind bereits im Keller und die derzeitigen Eigentümer sind die einzig Gelackmeierten. Doch es ist eben nicht nur der Marktpreis gefallen, was niemanden, der nicht vorhat zu verkaufen, stören würde. Es ist der Gebrauchswert getroffen, weil die Verpflichtung zur Umstellung der Heizung den Traum von der Alterssicherung durch kostenloses Wohnen jäh zerstört hat.
Wie 1952 beim Lastenausgleichsgesetz ist der Staat derjenige, der die Maßnahmen durchsetzt. Anders als 1952 fließt der „freigesetzte Gebrauchswert“ aber nicht den Umverteilungsmechanismen des Staates zu, sondern spezialisierten Industrieunternehmen, teils frisch von neuen ausländischen Eigentümern erworben wurden, wie Vaillant, teils in Niedriglohnländern für den Export produzieren, daneben den Heizungsbauunternehmen des Handwerks und vorab zu einem ganz erheblichen Teil dem Bankensektor, der die Kredite für den Heizungstausch erst einmal herausgeben muss, während die EZB die Zinsen weiter erhöht.
Als Konjunkturprogramm ist diese Maßnahme eine unsinnige Geldverschwendung. Der Heizungstausch ist viel zu schmal auf eine Branche fokussiert, so dass von da nur unwesentlich Konjunkturimpulse auf den Rest der Wirtschaft ausgelöst werden. Zudem ist absehbar, dass erheblich Anteile der frisch zu schöpfenden Liquidität ins Ausland abfließen werden, was die Wirksamkeit im Binnenmarkt noch einmal reduziert. Außerdem werden Mittel von Millionen von Eigenheimbesitzern, deren Familien und auch deren Erben dem Markt der Realwirtschaft entzogen, weil sie für den Schuldendienst aufgewendet werden müssen.
Da Wärmepumpen gerade dann, wenn sie gebraucht werden, einen ziemlich schlechten Wirkungsgrad aufweisen, und die Bundesnetzagentur schon heute verkündet, Wärmepumpen und auch Ladestationen für E-Mobile aus Gründen der Lastglättung geplant vom Netz trennen zu müssen, was doch ein großes Fragezeichen bezüglich der Möglichkeit durchgehend ausreichend beheizter Wohnungen aufwirft, wird das ganze schöne Geld, ohne einen echten Mehrwert für die Bevölkerung zu schaffen, aus dem Fenster geworfen und eine Verschlechterung der Wärmesituation billigend in Kauf genommen.
Was soll also die künstlich herbeigeführte Gebrauchswertminderung?
Das Ganze ist nicht mehr als ein Angriff auf das kleine Immobilienvermögen des Häuslebauers. Ob nun 30.000, 70.000 oder mehr als 100.000 Euro im Einzelfall aufgewendet werden müssen, das Ergebnis ist bestenfalls unveränderter Heizkomfort.
Der gleiche Effekt würde sich einstellen, wenn alle Eigenheimbesitzer durchschnittlich 70.000 Euro in bar von der Bank abheben und die Geldscheine vor den Rathäusern auf einen großen Haufen werfen und anzünden würden.
Allerdings würde man Menschen, die so etwas tun, für verrückt erklären, sie entmündigen, einen Vormund für sie bestellen und ihnen einen Platz in der geschlossenen Psychiatrie zuweisen. Es ist fraglich, ob die Berufung auf einen Befehlsnotstand im Einzelfall daran etwas ändern würde.
Wenn aber alle mitmachen und ihr Handeln damit zur neuen Normalität werden lassen, dann hat niemand etwas zu befürchten.
Capito?