Der kastrierte Schlapphut

Untertitel 1:

Zum Stier geboren, als Ochse gegrillt

Untertitel 2:

BND, du mieses Stück Seife

Untertitel 3:

Wenn  Ignoranz und Größenwahn sich paaren

 

Das BND-Urteil des Verfassungsgerichts ist ein Zeugnis äußerster Absurdität, wie es nur vom obersten Gericht eines kurz vor der finalen Selbstauflösung stehenden, noch staatsähnlichen „Gebildes“  aus dem roten Barett über der roten Robe gezaubert werden kann. Aber der Reihe nach:

Im Grunde sind Demokratie und Geheimdienst unvereinbar. Dienste müssen der Regierung dienen. Je obskurer die Ideologien der als  Opposition im Parlament sitzenden Parteien sind, desto gefährlicher ist es nicht nur für die Regierung, sondern im Zweifelsfall auch für die staatliche Ordnung, sie an Geheimdiensterkenntnissen teilhaben zu lassen. Geht man davon aus, dass die Absichten der Regierungspartei(en) den Absichten der Mehrheit der Wähler entsprechen, was lehrbuchmäßig so sein sollte, und geht man weiter davon aus, dass die Oppositionsparteien nicht der Diäten wegen im Parlament sitzen, sondern weil sie die Republik in ihrem Geiste verändern wollen, ohne eine Mehrheit dafür gefunden zu haben, wäre es geradezu fahrlässig, diesen Randgruppen jene Informationen zugänglich zu machen, die es ihnen erlauben würden, die weltpolitischen Geschehnisse klarer zu erkennen und ggfs. für ihre Ziele und Zwecke zu instrumentalisieren.

Weil aber Demokratie ist, hat man sich hierzulande darauf geeinigt, das so genannte „Parlamentarische Kontrollgremium“ (PKGr) zu schaffen, dessen Aufgabe es ist, die  Nachrichtendienste des Bundes (BND, MAD, Verfassungsschutz)  dergestalt zu überwachen, dass die Bundesregierung das PKGr über die allgemeinen Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichtet. Das PKGr hat auch das Recht, Berichte über weitere Vorgänge von der Bundesregierung zu verlangen. Das PKGr seinerseits schreibt über seine Tätigkeit Berichte, die jüngsten vier dieser Berichte stammen vom 19.12.2013, 21.3.2016, 16.1.2018 und 2.12.2019. Daneben hat das PKGr seit November  2015 insgesamt sechs „Öffentliche Bewertungen“ relevanter Vorgänge abgegeben und seit Dezember 2013 je sechs Berichte über „Durchführung nach G10“ und „Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung“. Die neun Mitglieder des PKGr, derzeit 3xUnion, 2xSPD, 1xLINKE, 1xGrüne, 1xFDP, 1xAfD, hören sich also an, was  die Regierung ihnen freiwillig – von sich aus, bzw. auf Aufforderung – über die Arbeit der Dienste erzählt und schreiben dann ihre Berichte. Sicherlich wird da immer wieder auch hart nachgefragt, wie andererseits auch konsequent gemauert wird, aber dass das Parlamentarische Kontrollgremium die Dienste durch die „Sperrrschicht“ Regierung hindurch ernsthaft kontrollieren könnte, halte ich für eine verwegene Annahme.

Selbstverständlich sind die Aufgaben der Dienste, also eben auch die des BND, gesetzlich fixiert, einschließlich der Mittel und Methoden die zur Nachrichtengewinnung erlaubt sind, womit der letztlich für die Informationsbeschaffung kontraproduktiven Einhegung des BND längst Genüge getan sein sollte. Wir treffen hier auf das zwar inoffizielle, aber sehr mächtige Staatsziel, die Bundesrepublik Deutschland in jeder Hinsicht als leuchtendes Vorbild für die Welt erscheinen zu lassen. Wenn man für einen Augenblick die Augen schließt und tief in sich hineinhorcht, kann man es hören: „Ich bin klein, mein Herz ist rein …“.

Das Dilemma, in welches der BND die Bundesregierung stürzt, ist nicht leicht zu beschreiben. Einerseits will man ja wissen, was die Verbündeten und Gegner da draußen in der Welt so über uns denken und was sie mit uns vorhaben, andererseits befürchtet man jedoch, würde man, wie jeder anderer Geheimdienst der Welt, einfach alles, was möglich ist, auch wahrnehmen, um im Ausland Ausländer geheimdienstlich auszuspähen, der Ruf der Lauterkeit des rechtsstaatlichen Musterknaben könne Schaden nehmen, was wiederum die Opposition zum Anlass nehmen könnte, einen Skandal zu inszenieren.

Man wählte also seit der Entnazifizierung Reinhard Gehlens und der Übernahme der Organisation Gehlen in den Dienst der Bundesrepublik Deutschland den Weg des geringsten Widerstandes, versteckte den BND hinter hohen Mauern in Pullach und achtete sehr darauf, dass er stets viel eher als Anhängsel der  US-Dienste  wahrgenommen wurde, denn als eine autonome bundesdeutsche Einrichtung. Selbstverständlich bestand die enge Verbindung zu den westlichen Verbündeten tatsächlich, selbstverständlich tauschte man Erkenntnisse aus, leistete auch, je nach verfügbaren Ressourcen, Amtshilfe, doch je weiter sich Deutschland, insbesondere nach dem Beitritt der neuen Bundesländer emanzipierte und, hätte man nicht einen Großteil der Souveränitätsrechte flugs an die EU übertragen, tatsächlich wieder souverän hätte sein können, desto deutlicher wurde, dass der BND eben mehr war – oder zumindest mehr hätte sein können – als ein vorgeschobener Posten der Dienste der USA.

Wie es nun dazu gekommen ist, dass sich das Bundesverfassungsgericht veranlasst sah, den immer noch spätpubertären, zwischen  Wollen und Nicht-Wagen hin und her schwankenden BND vorsorglich zu kastrieren, ist eine Geschichte mit hohem Spekulationspotential, was die Strebungen und Einflussnahmen im Hintergrund betrifft (Hadmud Danisch hat dazu weit ausgeholt).

Der Vorgang selbst stellt sich jedoch so einfach und selbstverständlich dar, wie das Fliegenkönnen im Traum.

Da haben also einige Ausländer, in der Überzeugung, die Arbeit des BND könne ihre Arbeit und ihre körperliche Unversehrtheit gefährden, nach einem Gericht gesucht, bei dem sie klagen könnten, und sind auf das Bundesverfassungsgericht gestoßen. Vermutlich hatten die Beschwerdeführer die aus Ländern wie Kroatien und Aserbeidschan stammen, nie davon gehört, wie schwer es ist, das Bundesverfassungsgericht überhaupt in Bewegung zu setzen, vermutlich hatten sie auch nie davon gehört, dass der Geltungsbereich des Grundgesetzes sie eigentlich als Kläger ausschließen müsste, denn dort heißt es einerseits in der Präampel, dass sich die Deutschen dieses Grundgesetz (für sich) gegeben hätten, und dann ist in den Grundrechten fortwährend die Wendung verwendet: „Alle Deutschen haben das Recht …“, bzw., „alle Deutschen genießen …“, doch hier bewahrheitete sich wieder einmal  die alte Weisheit: „Frisch gewagt ist halb  gewonnen“. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Klaga an und kam zu dem Schluss:

„Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
gilt für die ganze Welt.“

Oder, anders ausgedrückt, die Organe der Bundesrepublik Deutschland haben alle Menschen auf dem Erdenrund so zu behandeln, als seien sie Deutsche. Das ist, ganz nebenbei und ohne mit dem BND auch nur das Geringste zu tun zu haben, die Ausweitung der seit 2015 geübten Praxis, jedem Migranten, der deutschen Boden erreicht, die Grundrechte des Grundgesetzes zuzugestehen, auf inzwischen 7,8 Milliarden Menschen aller Nationalitäten. Dass ausgerechnet Stephan Harbarth das Urteil verkündete, jener Mann, der als Abgeordneter des Deutschen Bundestag ans Rednerpult trat und mit goldigen Worten darauf hinwies, der UN-Migrationspakt werde den Zuwanderungsdruck auf Deutschland verringern, weil die Flüchtlinge damit überall auf der Welt die gleichen, guten Bedingungen vorfinden würden, ist für mich  kein Zufall. Der einstige Rekordhalter im Nebenverdienst  im Deutschen Bundestag verfolgt  eine globalistische, ideologische Agenda, deren Ausdrucksformen bisweilen von purem Zynismus kaum unterschieden werden können.

Ungeachtet der Tatsache, dass unter den hunderten, weltweit operierenden Geheimdiensten kaum einer zu finden ist, der für sich zu der Annahme kommen könnte, seine Agenten hätten sich bei ihrer Aufklärungsarbeit an das deutschen Grundgesetz zu halten, soll das letzte offene Auge der Bundesrepublik nun auch noch hinter einer tiefdunkel eingefärbten Schweißerbrille versteckt werden. Allerdings nicht sofort, sondern erst ab Januar 2022, denn bis Ende 2021 hat das Parlament Zeit bekommen, das BND-Gesetz zu überarbeiten. Allerdings hat sich nicht das Parlament zu Wort gemeldet, sondern die Regierung, die dem Parlament einen Gesetzentwurf zu Abnicken vorlegen will. Klar. Die Regierung darf das.  Der Deutsche Bundestag dürfte das allerdings auch, und ich würde erwarten, dass aus der Mitte des Hohen Hauses dazu ein Entwurf vorgelegt, diskutiert und beschlossen wird, der nicht originär im Kanzleramt vom Geheimdienstkoordinator schlank und geschmeidig getextet wurde.

Ob die das noch drauf haben, die Damen und Herren Abgeordneten? Egal.

Es geht hier um Halbheiten.

Es gibt Stimmen, die der Überzeugung sind, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts sei ein später Sieg Edward Snowdens. Um zu dieser Überzeugung zu kommen, muss man allerdings annehmen, der Spruch aus Karlsruhe sei nicht alleine an Bundesregierung und Bundestag adressiert, sondern auch an die USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China, Israel, Kanada, Australien, Südafrikaw, Venezuela, Brasilien … ach lesen Sie hier doch selber weiter.

Das Verdienst Edward Snowdens war es sicherlich, einen Teil der interessierten Öffentlichkeit für ein paar Monate dazu zu bewegen, sich der allgegenwärtigen und  umfassenden Ausspähung durch die Dienste bewusst zu werden. Daraus hätte eine Bewegung gegen die Totalüberwachung entstehen können. Alleine die Tatsache, dass Snowden weiterhin in Moskau im Exil leben muss und Julian Assange im Gefängnis in England langsam vor sich hin stirbt, beweist, dass weder eine solche Bewegung entstanden ist, noch dass die Regierungen weltweit auch nur ansatzweise ihre Methoden in Frage gestellt hätten. Dass Snowden selbst sich zu Wort gemeldet hat und das Karlsruher Urteil als einen Fortschritt in der Durchsetzung der Menschenrechte gelobt hat, weil Menschenrechte, auch wenn sie den digitalen Raum betreffen, für alle gelten – und zwar ganz gleich, wo sie leben, ehrt ihn – wie hätte er es auch anders interpretieren sollen – ändert am bisher  Ausgeführten nichts.

Entweder man kommt zu der Überzeugung, ein Geheimdienst sei erforderlich, dann darf man sich nicht daran stören, dass er im Geheimen Dinge tut, die öffentlich zu Empörung führen würden. Kommt man jedoch zu der Überzeugung, man könne auf Geheimdienste verzichten, wie Teile der LINKEn, dann muss man die Geheimdienste dicht machen und darf keine neuen installieren.

Was bei uns nun geschehen soll, nämlich aus einer Kampfstierzucht einen Jungbullen für teuer Geld zu erwerben, nur um ihn, bevor er die Arena gesehen hat, aus Sorge, er könnte einen Torero verletzen, zu kastrieren und ihn dann so lange zu mästen, bis er zur Belustigung unserer ausländischen Oktoberfestgäste in der Ochsenbraterei als  Ochs am Spieß ein unrühmliches Ende findet, ist mit „Durchwursteln“ noch nicht hinreichend beschrieben.

Zumal es ja nicht wirklich um die Frage geht: „Geheimdienst – ja oder nein?“, sondern eher um die Frage, welchen Schaden ein Geheimdienstskandal an der Reputation der politisch Verantwortlichen anrichten könnte und wie ein solcher Schaden am besten zu vermeiden sei. Dabei setzt man, statt auf mehr Geheimhaltung, auf weniger geheimdienstliche Mittel. Also Risikominimierung durch Kopf in den Sand stecken. Zu bedenken gäbe es noch, dass  Geheimdienste durchaus Möglichkeiten haben, jene, die sich gegen sie stemmen, zu Fall  zu bringen. Manchmal ist eben ein Geheimdienst eine ebenso rutschtig-glitschige Angelegenheit, wie ein nasses Stück Seife  auf den Bodenfliesen im Badezimmer.

Es geht aber nicht nur um Halbheiten, um nicht zu sagen um „Entscheidungsschwäche“, „Wankelmütigkeit“ oder „Fachkräftemangel“.

Es geht auch um Selbstüberschätzung.

Das Bundesverfassungsgericht ist nicht der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen in Den Haag, und selbst dieser entfaltet sein bisschen Wirksamkeit nur da, wo es  den großen Spielern in den Kram passt. Die Welt so wahrzunehmen, wie sie ist, kann sehr hilfreich sein, da eine korrekte und vollständige Wahrnehmung der Intelligenz ermöglicht, sich den Gegebenheiten und Verhältnissen optimal anzupassen. Die Welt so wahrzunehmen, wie man sie sich wünscht, macht die Intelligenz zur Popcorn-Maschine im Kopfkino. Allerdings kommt jeder Film einmal zum Abspann, dann wird das Licht im Saal wieder angehen und die Realität die Überhand über die Illusion gewinnen.

Es würde mir vollkommen ausreichen, wenn das Bundesverfassungsgericht sich etwas intensiver darum kümmerte, den Grundrechten innerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes  Geltung zu verschaffen, z.B., indem es nur das Netzwerkdurchsetzungsgesetz als voll und ganz verfassungswidrig verwerfen würde. Eine Klage aus den Reihen der FDP steht seit dem Sommer 2018 zur Entscheidung an.