Der Fehler in der Matrix

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PaD 40 2020 Der Fehler in der Matrix

Alle menschengemachten Scheinwelten, Ideologien und Kirchenlehren, und mögen sie noch so raffiniert aufgebaut sein, sind zwangsläufig mit einem Fehler behaftet, weil sie Teile der Realität verleugnen, bzw. nicht existente Realitäten proklamieren müssen. Dieser Fehler ist schwer zu finden, denn er ähnelt sehr dem „blinden Fleck“ im biologisch-organischen Auge. Ohne spezielle externe Untersuchungsmethoden oder präzise Anleitungen zur Selbstdiagnose, ist er nicht zu entdecken.

Nehmen wir ein Beispiel aus der christlichen Religion:

Alles, was die Kirche ihren Gläubigen auferlegt an Frömmigkeitsübungen, an Verzicht, an Selbstverleugnung, soll dazu dienen, am Ende des Lebens, spätestens im Zuge des Jüngsten Gerichts, einen Platz im Himmel einnehmen zu dürfen. Zugegeben: Wer sich den Himmel schön vorstellen kann und nicht als einen Platz ewiger Langeweile, für den ist das ein erstrebenswertes Ziel, zumal diesem Himmel alle Schrecken der Hölle und der ewigen Verdammnis als Alternative gegenüberstehen. Da singt man doch lieber auf seiner Wolke Halleluja, statt im Höllenfeuer zu schmoren.

Nun gibt es aber in der Bibel, aus der dies alles herausgelesen wird, mindestens zwei höchst bemerkenswerte Stellen, die einerseits bestätigen, dass Gott der Allmächtige und Allwissende von den Beschränkungen der Zeit ausgenommen ist, womit andererseits jedoch verdeutlicht wird, dass alles Mühen der einzelnen Menschlein vergebens ist, denn er hat das Schicksal jedes Einzelnen vorherbestimmt, noch bevor die Welt auf der wir leben, überhaupt entstanden ist.

Der Apostel Paulus hat genau dieses „Auserwähltsein bevor der Welt Grund gelegt war“ im Brief an die Epheser zum Ausdruck gebracht und im Brief an die Römer im neunten Kapitel in einer nicht mehr falsch interpretierbaren Weise erläutert:

Römer 9

Denn er spricht zu Mose: »Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.« So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. Denn die Schrift sagt zum Pharao: »Eben dazu habe ich dich erweckt, dass ich an dir meine Macht erweise und dass mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde.«

So erbarmt er sich nun, wessen er will, und verstockt, wen er will.

Das meint Paulus so ernst, dass er den Widerspruch, der darin liegt, zwar erkennt, aber jedem, der auf diesen Widerspruch hinweist, grob übers Maul fährt, denn er schreibt den Römern unmittelbar anschließend ins Stammbuch:

Nun sagst du zu mir: Was beschuldigt er uns dann noch? Wer kann seinem Willen widerstehen?

Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst?

Spricht etwa ein Werk zu seinem Meister: Warum hast du mich so gemacht?

Hat nicht der Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäß zu ehrenvollem und ein anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen?

Wer dies glaubt, braucht weder daran zu glauben, durch eigene fromme Werke in den Himmel zu gelangen, noch durch eigene boshafte Werke in die Hölle verdammt zu werden, hier gerinnt der Glaube zum Determinismus, der dem freien Willen der Menschen nur noch gestattet, sich in totale Resignation oder totale Wurstigkeit zu stürzen oder wie ein Lottospieler darauf zu vertrauen, dass seine Zahlen ganz bestimmt am nächsten Wochenende gezogen werden.

Dass die heutige Christenheit diesen Widerspruch nicht ernst nimmt, hat zwei Ursachen, eine große, die darin besteht, dass es kaum noch jemand gibt, der je die Bibel wirklich gelesen und zu verstehen versucht hat, und eine kleine, die darin besteht, dass die einzelnen kirchlichen Glaubensgemeinschaften verkünden, die göttliche Erwählung träfe selbstverständlich und ausschließlich auf alle ihre getauften Mitglieder zu, während sich die Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften selbstverständlich auf dem Holzweg befänden, solange sie nicht zu bekehren sind, dem „rechten Glauben“ beizutreten, was dann als Zeugnis ihrer Erwählung durch Gott zu gelten habe.

Der Widerspruch, der darin immer noch steckt, dass die Auserwählten sich in Frömmigkeit üben und die kirchlichen Vorschriften beachten müssten, um das Heil zu erlangen, ist damit natürlich nicht aufgelöst, aber es ist halt leichter, zu glauben, selbst etwas für sein Seelenheil tun zu können, bzw. zu müssen, als sich der Erkenntnis hinzugeben, dass Gott alles vor Milliarden von Jahren, vielleicht schon vor dem Urknall, so beschlossen hat, wie es nun einmal kommt.

Dieser Fehler in der Matrix, jener Widerspruch, der nur per Zirkelschluss zu beschönigen ist, stellt  jedoch keineswegs eine Besonderheit des christlichen Glaubens dar. Er ist überall zu finden, wo sich mehr oder minder wohlgeformte Gedankengebäude auf die Behauptung gründen, im Besitz einer bestimmten, nicht mehr bezweifelbaren Wahrheit zu sein.

Was aber ist die Behauptung, bestimmte politische Entscheidungen seien alternativlos, anderes als die Behauptung, im Besitz der einzigen Wahrheit zu sein?

Oft genügt es vollends, sich nur in der näheren Nachbarschaft umzusehen, um festzustellen, dass anderswo von der Möglichkeit, andere Entscheidungen zu treffen, reichlich Gebrauch gemacht wird. Wer nur die EU betrachtet, findet schnell heraus wie unterschiedlich da argumentiert und entschieden wird, egal ob es um die Nutzung der Kernenergie, die Sicherheit der Grenzen, die Staatsschuldenquote oder die Unabhängigkeit der Justiz geht.

Nun ist es keineswegs so, dass Entscheidungen, nur weil sie anders sind, schon besser sein müssen. Denn das Wesen von Entscheidungen liegt nun einmal darin, dass sich die Qualität einer Entscheidung erst nach dem Eintreten oder Nicht-Eintreten der erwarteten, oft auch nur erhofften Folgen beurteilen lässt, weil nämlich das Verhalten zumindest eines Einflussfaktors zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht abschließend festgestellt werden konnte.

Wo alles klar ist, sind Entscheidungen überflüssig und werden allenfalls als beeindruckende folkloristische Rituale für die Masse vorgeführt.

Es ist aber durchaus so, dass Entscheidungen, die primär ideologischen „Wahrheiten“ folgen und dabei die Faktenlage der Realität nur soweit zur Kenntnis nehmen, wie sie ins vorgegebene Konzept passt, in aller Regel nur suboptimale, wenn nicht gar kontraproduktive Ergebnisse hervorbringen.

Wie war das denn in der Blütezeit des Kommunismus, als die ewige Wahrheit das Eigentum an den Produktionsmitteln in die Hand des Staates gelegt hatte und die ewige Wahrheit sich in 10-Jahres-Plänen für das Wirtschaften des gesamten Ostblocks offenbarte? Konnte die UdSSR samt ihren Satelliten den kapitalistischen Westen in Bezug auf wirtschaftlichen Erfolg und allgemeinen Wohlstand überholen?

Das war nicht der Fall. Die Erklärungen dafür allerdings wurden wieder außerhalb der Realität gesucht. Einesteils im feindlichen Ausland, das (tatsächlich) versuchte, die kommunistische Gesellschaft durch Agitation zu zersetzen, andererseits bei den eigenen Bürgern, denen es am Glauben und am Vertrauen mangelte, die es gar wagten, unter Hinweis auf die Fakten Kritik zu üben. Diese Kritiker, Abweichler und Dissidenten konnte es relativ schnell an unwirtliche Orte verschlagen, wo ihnen Gelegenheit gegeben wurde, ihren Beitrag zum Aufbau des Sozialismus unter Gulag-Bedingungen zu erbringen.

Der hier gewählte Bezug auf scheinbar Vergangenes hat den Vorteil, dass die sichtbar gewordenen Konsequenzen einer auf einer ideologischen Wahrheit begründeten Entscheidungsfindung von den meisten Zeitgenossen auch als solche akzeptiert werden.

Schwieriger wird es, wenn die Beispiele aus der Gegenwart stammen, weil die Konsequenzen noch nicht manifest sind, während die Methoden, vermeintliche Wahrheiten gezielt auszusäen, und die Instrumente, sie in den Köpfen der Menschen zur Reife zu bringen, eine hohe Wirksamkeit zeigen und die Verblendeten perfekt von der Wahrnehmung der Realität abschirmen.

Es ist ein menschliches Bedürfnis,  in einer komplexen und bedrohlich wirkenden Welt nach Orientierung zu suchen und sie in der Bestätigung der eigenen Meinung durch eine gleichgesinnte Gruppe zu finden. Das macht es so leicht, eine willige Anhängerschaft zu rekrutieren. Insbesondere, wenn es um die ebenso begeisterungsfähige wie unerfahrene Jugend geht, lassen sich schnell schöne Erfolge erzielen. 

Die „Roten Garden“ Mao-Zedongs, das waren Schüler und Studenten, die an die Wahrheit Maos glaubten und damit von 1966 an die unbeschreiblichen Schrecken der Kulturrevolution über China brachten. Die Zahl der Opfer ist nicht bekannt. Die Schätzungen gehen von bis zu 20 Millionen Menschen aus, die der Kulturrevolution zum Opfer fielen.

Dreiunddreißig Jahre vorher war in Deutschland die Hitlerjugend ins Leben gerufen worden, die nicht nur den nationalsozialistischen Geist in die Herzen der Kinder und Jugendlichen säte, sondern mit ihrer wehrsportlichen Erziehung auch den optimal vorbereiteten Nachschub für die Wehrmacht hervorbrachte.

Dass sich die FDJ der DDR strukturell von der Hitlerjugend unterschieden hätte, kann nicht behauptet werden, lediglich der ideologische Kern wies dem Kampfeswillen eine andere Richtung zu. Nicht für Führer, Volk und Vaterland, sondern gegen Imperialismus, Kapitalismus und Bourgeoisie, gegen Republikflucht und für die Planerfüllung ließ sich die Freie Deutsche Jugend einsetzen, nachdem man ihr den Glauben an die Lehren von Marx und Lenin eingepflanzt hatte.

An den drei hier vorgestellten Beispielen lässt sich auch aufzeigen, welche wichtige Rolle die Jugend dabei spielte, die Erwachsenen zu disziplinieren. Ein indoktriniertes Kind, erfüllt vom Glauben an die einzige Wahrheit, wird lieber die eigenen Eltern denunzieren als Zweifel am eigenen Glauben zuzulassen – und die Eltern solcher indoktrinierter Kinder haben kaum noch eine Chance, ihre Erfahrungen und Einsichten an ihre Kinder weitergeben zu können. Wenn die ersten Gerüchte über Verhaftungen die Runde machen, weil Kinder in der Schule ausgeplaudert haben, was zuhause am Küchentisch gesprochen wurde, kommt es gar nicht mehr zu der Ansage: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“, sondern es macht sich schnell das große Schweigen breit. Ein Phänomen, das sich durchaus auch bei der Erweckung der Fridays for Future Bewegung erkennen ließ, wo die gleiche Welle sowohl in die Wohnzimmer der Familien als auch schnell in die Lehrerzimmer der Schulen, die Kultusministerien, ins Kanzleramt und sogar in die UNO schwappte.

 

Eine Situation, in der es angezeigt ist, eigene Überzeugungen nicht mehr offen auszusprechen,  ist stets ein frühes Erkennungszeichen dafür, dass etwas nicht mehr stimmt.

Lange bevor der Fehler in der Matrix erkannt werden kann, weil man ja zunächst einmal keinen Grund hatte, in einem scheinbar in sich geschlossenen System des Glaubens, der Überzeugung und der Haltung nach einer Schwachstelle zu suchen, erschließt sich dem kritischen Geist als Erstes die Erkenntnis, dass es klüger ist, so manche Frage, auch so manche alte Gewissheit nicht mehr auszusprechen, wenn man Unannehmlichkeiten aus dem Wege gehen will.

Zu schweigen, wenn es nötig wäre, zu sprechen, ist allerdings eine Funktion der „einfachen“ Intelligenz, oft auch als „Bauernschläue“ bezeichnet, deren eigentlicher Zweck ja gerade eben darin besteht, in jedem Augenblick zuerst das eigene Überleben zu sichern, indem Gefahren gemieden und Chancen, wo sie sich bieten, wahrgenommen werden.

Diese einfache Intelligenz behält selbst im entscheidenden Augenblick noch die Oberhand, wenn eine ausgebildete Intelligenz in der Lage ist, mehr als zwei Züge in die Zukunft zu denken und längerfristige Trends und Absichten zu erkennen. Denn, so vermittelt es die einfache Intelligenz: Nur wer überlebt, oder nicht vorsichtshalber weggesperrt wird, hat überhaupt noch eine Chance einzugreifen. Dass diese Chance oft vergeblich gesucht wird, und, sollte sie sich bieten, immer wieder ungenutzt verstreicht, weil da noch eine Restunsicherheit besteht, gehört mit zum Kalkül der Protagonisten der einen, unfehlbaren Wahrheit, deren Ziele und Absichten nur erreicht werden können, wenn die Lüge unwidersprochen bleibt. Erkannt darf sie ruhig werden. Das schadet nichts. Erst wenn die Lüge öffentlich benannt wird, muss der Verkünder mit allen Mitteln mundtot gemacht werden.

Weil es gerade frisch in Erinnerung ist:

Warum wohl haben die Fernsehsender der USA die Übertragung der Rede Trumps bei dessen Pressekonferenz abgebrochen, als er begonnen hat, über den Wahlbetrug zu sprechen?

Doch nicht, weil ein verwirrter, alter und von Biden besiegter Mann nur noch Unfug geredet hat und man ihn vor sich selbst schützen wollte. Im Gegenteil: Hätte Trump vollendeten Blödsinn vorgetragen, sie hätten ihn genüsslich zu Ende kommen lassen, ihn durch inquisitorische Fragen noch weiter in Verlegenheit gebracht und am Ende den Stab über ihn gebrochen.

Nein. Der immer noch amtierende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, immer wieder als der mächtigste Mann der Welt beschrieben, stand im Begriff, eine mit brachialer medialer Macht in die Köpfe gehämmerte „Wahrheit“ in Frage zu stellen. Das durfte nicht geschehen, das musste abgewürgt werden, denn Donald Trump war zwar keineswegs schon abgewählt, wohl aber schon zum Abschuss freigegeben – und die Journaille war bemüht, dies dem amerikanischen Volk zu vermitteln, wobei Wert darauf gelegt wurde, die Anhänger des Abgesägten maximal zu demütigen und die Anhänger Bidens zu maximalem Jubel aufzustacheln.

Haben Sie es gelesen? Es gibt Bestrebungen in den USA, Listen aller Unterstützer, aller Spender für Trumps Wahlkampf, ja letztlich aller Trump-Wähler anzulegen, um sie zu überwachen, auszugrenzen und ggfs. zu bestrafen.

Weil das in den Mainstream-Medien nicht vorkommt, zitiere ich hier kurz aus einem Artikel von Sebastian Thormann, der am 8. November 2020 auf Tichys Einblick erschienen ist:

Alexandria Ocasio-Cortez schlug vor, eine Liste von ihnen zu erstellen; auf Twitter schrieb sie: “Archiviert jemand diese Trump-Kriecher, wenn sie versuchen, ihre Mitschuld in Zukunft herunterzuspielen oder zu leugnen? Ich sehe eine gute Wahrscheinlichkeit für viele gelöschte Tweets, Schriften und Fotos in der Zukunft.”

Robert Reich, ehemaliger Arbeitsminister unter Bill Clinton, schlug schon vor der Wahl einen ähnlichen Ton an und verlangte eine “Wahrheits- und Versöhnungskommission” die wohl Trump-Unterstützer ins Visier nehmen sollte. Auf Twitter schrieb er: “Wenn dieser Albtraum vorbei ist, brauchen wir eine Wahrheits- und Versöhnungskommission. Sie würde Trumps Lügen auslöschen, diejenigen trösten, die durch seinen Hass geschädigt wurden, und jeden Beamten, Politiker, Manager und Medienmogul benennen, dessen Gier und Feigheit diese Katastrophe ermöglichten.”

Dass flächendeckend umgesetzt wird, was Reich und Ocasio-Cortez da vorschwebt, wage ich zu bezweifeln, doch dass es in den Hochburgen der Demokraten zu derartigen Versuchen kommen wird, erscheint mir ziemlich wahrscheinlich.

 

Zurück zur „Meinungsfreiheit“.

Wo immer eine Macht, sei es eine Regierung, eine Kirche oder sonst eine Organisation, das Recht auf die freie Rede beschneidet, liegt die Ursache darin, dass diese Macht sich in wichtigen Teilen ihrer Machtausübung im Unrecht befindet.

Selbst der Versuch, bestimmte Worte, Redewendungen und bewährte grammatikalische Formen zu unterbinden, deutet darauf hin, dass die Macht ihr Unrecht durch Sprachverwirrung zu vertuschen versucht.

Ich schreibe dies so uneingeschränkt, weil ich davon überzeugt bin, dass jegliche Beschneidung der Meinungsfreiheit ein Indiz dafür ist, dass die Diktatur näher rückt oder bereits manifest geworden ist.

Mögen persönliche Beleidigungen einen Sonderfall darstellen. Ich persönlich habe jedenfalls nur selten das Bedürfnis, jemanden, den ich für ein Arschloch halte, auch öffentlich als Arschloch zu bezeichnen. Wer als Betroffener darüber erhaben ist, sollte es ertragen können, und wer nicht darüber erhaben sein kann, sollte sich fragen lassen müssen, warum er sich beleidigt fühlt, wenn die Beleidigung doch offensichtlich nicht zutrifft. Beleidigungen sind oft nur die letztmögliche Reaktion des Wehrlosen auf vorangegangene Provokationen des Stärkeren. Ein befreiendes „Sich-Luft-Machen“.  Wer das verbietet und bestraft, trägt mit dazu bei, den Druck im Kessel zu erhöhen. Aber lassen wir das. Klammern wir die persönliche Beleidigung aus.

Aber was sonst sollte nicht unter die Meinungsfreiheit fallen?
Vor allem aber: Mit welcher Begründung?

Hass!

Hetze!

Fake News!

Diskriminierung!

Rechtsextremes Gedankengut!

Der Reihe nach:

Hass, als solcher, ist keine Meinung. Soweit haben die Freiheitsbeschneider durchaus Recht. Hass ist keine Meinung, sondern ein Gefühl.

In eine Meinungsäußerung ein zugrundeliegendes Gefühl hinein zu interpretieren, ist ein gewagtes und letztlich nicht beweiskräftiges Unterfangen. Und selbst wenn aus einer Meinungsäußerung zweifelsfrei hervorginge, dass Herr X die Politikerin Y abgrundtief hasst, handelt es sich, solange keine persönliche Beleidigung vorgetragen wird, immer noch um die vermutlich ausgesprochen ehrliche Bekundung einer eventuell sogar nachvollziebaren Gefühlslage.

Hetze ist der Versuch, Dritte dazu zu bewegen, eine ungünstige Meinung, zum Beispiel über die Politikerin Y, zu teilen, indem insbesondere deren negative Eigenschaften betont und als verwerflich dargestellt werden. Hetze unterscheidet sich immer noch von der strafbaren Anstiftung zu einer Straftat – bleibt also Meinung – und sollte demnach von der Meinungsfreiheit gedeckt sein.

Mit der Verleihung des Kainsmals „Hass“ oder „Hetze“ erfolgt die Diskreditierung von Personen mit missliebigen Meinungen, um deren Meinung a priori aus dem Diskurs ausschließen zu können.

Fake News, der Anglizismus für Falschmeldungen, gehört zu jenen Mechanismen, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, wenn sie in Form einer falschen Tatsachenbehauptung daherkommen. Das Problem, das wir damit haben, besteht darin, dass in bestimmten Themenfeldern, aktuell zum Beispiel was den menschengemachten Klimawandel oder die Corona-Pandemie angeht, alles als falsche Tatsachenbehauptung angesehen wird, was nicht dem amtlichen Narrativ entspricht. Faktenchecker urteilen – das ist meine Meinung – weniger nach dem Stand wissenschaftlicher Erkenntnis als nach der aktuell vorherherrschenden, regierungsoffiziell festgelegten „Wahrheit“.

Die Bezeichnung von Sachverhalten als Fake News führt zur Tabuisierung bestimmter Fakten und damit zu deren Ausschluss aus dem Diskurs, ganz unabhängig davon, wer sie vorträgt.

Diskriminierung ist leider zu einem Totschlag-Argument verkommen und ist damit über seine ursprüngliche Bedeutung soweit hinausgewachsen, dass diese kaum noch zu erkennen ist. Ursprünglich ging es darum, diskriminierende Handlungen zu untersagen.

Der Spruch dazu lautet: Niemand darf < wegen bestimmter Eigenschaften, Gruppenzugehörigkeiten oder anderer bestimmter Merkmale > bevorzugt oder benachteiligt werden.

Heute darf sich in Berlin ein Dealer im Görlitzer Park diskriminiert fühlen, wenn ein Polizist den Versuch einer Personenkontrolle unternimmt, wobei den Polizisten die Beweislast trifft, den Nigerianer nicht wegen seiner Hautfarbe kontrollieren zu wollen, sondern weil es sich um einen polizeibekannten Dealer handelt.

Doch die Angelegenheit ist über die Grenzen des sich selbst diskriminiert fühlen Dürfens längst weit hinausgewachsen. Heute finden sich ganze Heerscharen von Aktivisten, denen nichts wichtiger ist, als die vermeintliche Diskriminierung gar nicht anwesender Dritter zu erspüren, wo auch immer noch eine Apotheke als Mohrenapotheke firmiert oder im Supermarktregal eine Zigeunersoße vorzufinden ist. Inzwischen geht es soweit, dass selbst Straßennamen oder Denkmäler als diskriminierend angesehen werden, so der damit Geehrte irgendwann in grauer Vorzeit einmal die Regeln der heute geltenden Political Correctness verletzt haben sollte.

Damit ist man dann da angekommen, wo jeder, der die Meinung äußert, man möge doch die Kirche im Dorf, den Negerkuss auf dem Naschteller und den alten Fürsten auf seinem Reiterstandbild lassen, die ganze Schuld von Jahrhunderten auf sich lädt, weil er darauf besteht, die sich unter Umständen diskriminiert fühlen könnenden Minderheiten krass zu missachten.

Diskriminierung ist ein Mittelding zwischen dem Vorwurf von Hass und Hetze einerseits und Fake News andererseits. Diskriminierung trifft die vermeintlich diskriminierende Person und einen vermeintlich diskriminierenden Sachverhalt zugleich, woraus sich doppelte Schuld  und vollständiger Ausschluss vom Diskurs der einzig Gerechten ergibt.

Rechtsextremes Gedankengut vertritt selbstverständlich jeder, dessen konservative Ansichten und Überzeugungen mit der neuen „Wahrheit“ kollidieren und diese in Gefahr bringen, als mächtiger Popanz erkannt zu werden. Der Missbrauch der Meinungsfreiheit durch rechtsextremes Gedankengut wird postwendend mit der Nazi-Keule bestraft. Ob es sich um Kritik am Verhältnis zwischen Deutschland und der EU handelt: Wer hier die „Wahrheit“ in Zweifel zieht, ist Nazi. Ob es sich um Fragen der Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen handelt: Wer hier die Wahrheit in Zweifel zieht, ist Nazi. Ob es sich um die Problematik der Zuwanderung handelt: Wer hier Regierungshandeln in Frage stellt, ist Nazi. Und wer der AfD angehört oder mit ihr sympathisiert oder auch nur darauf hinweist, dass von dort gelegentlich auch durchaus vernünftige Vorschläge kämen, ist Nazi! Nazi! Nazi!

Mit dem Generalverdacht, rechtsextremes oder auch nur rechtes Gedankengut zu verbreiten, kann jede Diskussion abgebrochen werden. Wer rechts ist, hat, wie der Ketzer zur Zeit der Inquisition, jegliches Recht verloren, seine Meinung zu äußern, ihm darf die Antifa die Hauswand beschmieren, die Fensterscheiben einwerfen, sein Auto anzünden – und sollte am Tatort noch eine Hakenkreuzschmiererei hinterlassen worden sein, wird der Staatsschutz nach rechtsextremistischen Tätern fahnden.

Mit dem Rechtsextremismus-Vorwurf haben sich die Inhaber der Wahrheit nicht nur echte Rechtsextremisten vom Halse geschafft, sondern zugleich alle ehemals als wertkonservativ geltenden Geister innerhalb der CDU und bis weit in die CSU hinein.

Der Haken an alledem besteht darin, dass bis heute weder Hass, noch Hetze, weder Fake News noch die Verletzung der Political Correctness und auch nicht das Vertreten konservativer Positionen in irgendeiner Weise von strafrechtlicher Relevanz sind. Auch im Grundgesetz steht nicht geschrieben, dass die Bundesrepublik Deutschland als linksgrüner Ideologenstaat konstituiert wurde. Stattdessen steht da geschrieben: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

Nun haben weder die Väter des Grundgesetzes, noch die das Grundgesetz genehmigenden Alliierten den Gedanken gehegt, dass private Vereinigungen und Institutionen, wie die Amadeo-Antonio-Stiftung, Facebook und Twitter, oder gar die Antifa als besondere Organe der Legislative, der Exekutiver oder der Judikative angesehen werden könnten.

Auch haben sämtliche Parlamente Deutschlands seit 1949 keine Anstrengung unternommen, gesetzlich zu definieren, was Hass und Hetze, Fake News, Diskriminierungstatbestände bei fehlender Tat oder rechtsextremes Gedankengut sei, und festzulegen, welches Strafmaß unter welchen Umständen zu verhängen sei.

Es ist alles eine ausgeklügelte Hütchenspielerei. Das Vorhandensein einer Rechtsgrundlage wird vorgegaukelt, in dem ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz erlassen wird, in dem weiterhin auf die Definition des originären Straftatbestandes verzichtet wird, weil es den schlicht nicht gibt, aber ein neuer Straftatbestand erfunden wurde, nämlich der, dass – wer nicht schleunigst unangenehme Meinungsäußerungen löscht, also ohne Rechtsgrundlage in das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingreift – dafür mit existenzbedrohenden Geldstrafen belegt werden wird.

Das ist einer der evidenten blinden Flecken an dem die Hinfälligkeit des Glaubensgebäudes erkennbar wird.

Der Staat gewährt Meinungsfreiheit und erzwingt zugleich massive Zensur, gegen die zwar nach rechtsstaatlichen Grundsätzen juristisch vorgegangen werden kann, was aber in aller Regel auf das Gleiche hinausläuft, als wäre jeglicher Widerspruch ausgeschlossen. Würden die Gerichte gezwungen, zu Unrecht erfolgte Löschungen innerhalb der gleichen Frist von 24 Stunden wieder rückgängig machen zu lassen, dann könnte man den Rechtsweg noch als sinnvolles Instrument des in seinen Grundrechten behinderten Bürgers ansehen.

Doch die Justiz hat keine Eile – und von einem Grundrechtsdurchsetzungsgesetz, als dringend erforderliche Ergänzung zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz, ist weit und breit nichts zu erkennen.

 

In Anlehnung an den weisen Spruch auf den alten 50- und 100-DM-Scheinen:

„Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft“,

wünsche ich mir einen Strafgesetzparagraphen mit folgendem Inhalt:

„Wer den Wortlaut des Artikels 5, Grundgesetz ignoriert oder verfälscht oder Dritte bei Strafandrohung anweist, die Freiheit der Meinung zu unterdrücken, verliert seine Immunität und wird mit lebenslänglichem Entzug der bürgerlichen Ehrenrechte bestraft“.

Gleiches gilt für die Unverletzlichkeit der Wohnung, die körperliche Unversehrtheit sowie für das Post- und Fernmeldegeheimnis.

 

 

Wer in dieser Saison noch keinen Lebkuchen verzehrt hat,

der werfe den ersten Domiostein!

Weihnachten naht. Die Paketdienste sind jetzt schon an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Selbst wer den Schwur auf Gegenseitigkeit geleistet hat: „In diesem Jahr beschenken wir uns nicht“, wird unter Umständen doch wenigstens noch nach einer Kleinigkeit suchen, die er einem lieben Mitmenschen unter den Weihnachtsbaum legen kann. Hier drei Wege, Freude zu schenken:

 A) Freude schenken für sich selbst, für beliebig viele andere und für Egon W. Kreutzer

           

Das sind meine derzeit lieferbaren Bücher.
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B) Freude schenken für sich selbt, für eine oder einen anderen und für Egon W. Kreutzer

 

Der Abschluss eines Förder-Abonnements, das ist etwas, womit Sie mich fördern können, damit Sie dann auch etwas fordern können, nämlich alle zwei Monate eine neue Ausgabe des den Abonnenten vorenthaltenen Dossiers „EWK – Zur Lage“. Ich schreibe darin über das, was ich für neue, längerfristig wirksame Trends halte und was ich von der künftigen Entwicklung, Deutschland, Europa und die ganze Welt betreffend, erwarte.

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C) Freude schenken für Egon W. Kreutzer, nach dem Motto: „Denn die Freude, die wir schenken, kehrt ins eig’ne Herz zurück“.

Wer schon ein Buch hat, und niemanden kennt, der nicht auch schon ein Buch hat, wer nicht gleich ein Förder-Abo abschließen will, aber dennoch meint, mir den Advent zu verschönern, für den steht jederzeit der Einwurfschlitz meines Kaffeekassen-Sparschweins offen. Und dieses Schweinderl schluckt alles, sogar den berühmten Glücks-Cent-Pfennig. Mit einem Klick sind Sie schon ganz nahe dran: