Gutes Pandemiegesetz gelungen – Der Donnerstag danach

PaD 16 /2021 Hier auch als PDF verfügbar: PaD 16 2021 Der Donnerstag danach

War es nun ein Putsch?

Hat die Klasse der Reichen einen wesentlichen Teilsieg in ihrem Kampf gegen die Klasse der Armen erzielt?

Kommt es zur Klage in Karlsruhe? Und wie lange wird Karlsruhe sich Zeit lassen, um am Ende „wie“ zu entscheiden?

Was mich besorgt macht, das ist zwar auch der singuläre Vorgang der Verabschiedung eines geänderten Gesetzes, das ich nicht gutheiße, aber sehr viel mehr ist es das Gefühl, keinen festen Grund mehr unter den Füßen zu spüren.

Natürlich ist alles mit rechten Dingen zugegangen. Der Prozess, der erforderlich war, das Infektionsschutzgesetz in der neuen Form auf den Weg zu bringen, folgte den demokratischen Gepflogenheiten und der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Es sollte also so sein, dass nun die Minderheiten akzeptieren, dass sich eine überwältigende Mehrheit dafür ausgesprochen hat. Verrückt wäre es, wollten nun ausgerechnet die Freunde des Grundgesetzes, die damit zu natürlichen Gegnern dieses Gesetzes werden mussten, wie Feministinnen Quoten für sich in Anspruch nehmen, oder wie Schwule, Lesben, Bi- und Transsexuelle, Queere und alle anderen Diversen, damit anfangen, jegliche Kritik als Diskriminierung zu be- und verklagen. Doch auch diese Verrücktheiten haben dazu beigetragen, das Gefühl, in Deutschland im luftleeren Raum zum Spielball unbekannter Kräfte geworden zu sein, erst entstehen zu lassen.

Wenn aber alles mit rechten Dingen zugegangen ist, und die Opposition im Bundestag das Wort ergreifen und ihre Skepsis formulieren durfte, muss dann davon ausgegangen werden, dass das Regierungslager, einschließlich der Grünen, einfach die tieferen Einsichten, die besseren Erkenntnisse und damit die schlagenden Argumente auf seiner Seite hatte?

Wäre es möglich, eine Idealvorstellung von Demokratie als gelebte Demokratie zu installieren, dann müsste zugleich gelten, dass die Mehrheit der Klugen stets daran arbeiten muss, die Minderheiten der Dummen zu belehren, und sollte das nichts fruchten, diese eben einfach zu überstimmen. Außerhalb der Idealvorstellung sind jedoch Phänomene, wie eine „Mehrheit der Klugen“ nur in seltenen Fällen anzutreffen. Mehrheiten entstehen heute auf zwei Wegen.

  • Der bedeutendste Weg, eine Mehrheit herzustellen, ist die Macht der Propaganda, die einerseits echte, vermeintliche, oder schlicht herbeifantasierte Gefahren an die Wand malt und zugleich behauptet, den Weg zu Lösung bzw. Vermeidung  aller Probleme zu kennen, es müssten sich nur möglichst alle für diesen Weg entscheiden.
  • Der zweite Weg, Mehrheiten zu versammeln, besteht darin, eine eingetretene Katastrophe, gleich welchen Ausmaßes, zu nutzen, um den Geschädigten zu verdeutlichen, dass es falsch war, mehrheitlich der Partei A zu folgen, denn deren Anführer hätten versagt, und wer keine Lust hat, noch tiefer in die Krise getrieben zu werden, der müsse sich nun aber der Partei B anschließen.

Bei dieser Betrachtungsweise verschwinden die Begriffe „kluge Mehrheit“ und „dumme Minderheit“ und machen der Erkenntnis Platz, dass es sich um verführte Mehrheiten und Minderheiten handelt. Die klassischen Strategien der „Verführer“ sind von der Antike bis heute gleich geblieben:

      • Vertrauen erschleichen
      • Versprechungen machen
      • Bitten oder Forderungen stellen, um das Versprechen erfüllen zu können
      • das Gewünschte annehmen
      • das Vertrauen enttäuschen und, wenn möglich, dabei noch Schuldgefühle erzeugen

Es gab in Deutschland eine Zeit, als zumindest Teile der Verführten sich über dieses Prinzip noch im Klaren waren. Man wählte folglich nicht die Partei A, B, C oder D, sondern entschied sich letztlich für „das kleinere Übel“. Das kleinere Übel erkannte man am Ausmaß der Versprechungen, von dem sich wiederum der Umfang der zu erwartenden Forderungen und damit der Einfluss auf die eigene Lebensgestaltung ableiten ließ. Dies führte zur Entstehung der so genannten „Wechselwähler“, die vor allem die Demoskopen anfangs vor neue Probleme stellten.

Mit der Angleichung der Versprechungen und der Forderungen, die inzwischen dazu geführt hat, dass CDU, SPD und GRÜNE praktisch ununterscheidbar geworden sind, während CSU und FDP noch minimale Relikte eines einstigen, ausgeprägten, eigenständigen Profils hochhalten, ist der Wechselwähler wieder fast ausgestorben. Stattdessen hat ein neuer Wählertypus die Bühne betreten, nämlich jene, die ihr Kreuz lieber gleich beim „vermeintlich noch existenten“ Original malen, statt ihre Stimme der „vermeintlichen Kopie“ zu geben.

Je grüner also SPD und Union geworden sind, desto mehr profitierten davon die Grünen. Es sind die Grünen, die es schaffen, Gefahren in den fürchterlichsten Farben an die Wand zu malen, die hanebüchensten Versprechungen zu machen und dies mit exorbitanten Forderungen zu krönen. Wer dahinter zurückbleibt, also Gefahren rational einzuschätzen versucht und darauf hinweist, dass diesen Gefahren auch mit weitaus weniger Aufwand begegnet werden könnte, gilt als „Verharmloser“, wenn nicht gleich als „Leugner“ und fällt hinter dem „Original“ in der Wählergunst deutlich ab. 

Wer die Lage „ganz anders“ einschätzt, ganz andere Prioritäten setzt und eigenständige Ziele formuliert, hat nun automatisch ein Problem.

So sehr sich Original und Kopien auch gegenseitig das Futter neiden, das aus den Wählerstimmen wächst, so sehr halten sie doch zusammen, wenn es gilt, ihr Geschäftsmodell, ihr gemeinsam genutztes Arsenal an drohenden Gefahren, Heilsversprechen und den dazu aufgestellten Forderungen zu verteidigen. Denn eines ist ihnen allen klar: Sollte die Mehrheit der Verführten erkennen, dass die gezielt geschürten Hysterien, wie die Klima-Hysterie, die Corona-Hysterie, die Putin-Hysterie, die Demografie-Hysterie, die Diskriminierungs- und Minderheiten-Hysterie und neuerdings auch die China-Hysterie, um mindestens den Faktor 10 überzeichnete Gefahren darstellen, während die fundamentalen Probleme des Staates, nämlich

  • das marode, kaputtreformierte Schul- und Bildungssystem
  • die gezielte Umwandlung des Landes in einen Niedriglohnsektor
  • die Schieflage der Sozialen Sicherungssysteme
  • die immer mehr dahin schwindende Verteilungsgerechtigkeit
  • der extreme Mangel an bezahlbarem Wohnraum
  • das Dahinschwinden der industriellen Basis
  • der fortschreitende Verlust der Souveränität an EU und internationale Institutionen
  • der demokratisch weder legitimierte noch regulierte Einfluss einer Vielzahl von „ferngesteuerten“ NGOs
  • der Verlust der Sicherheit der Stromversorgung bei extrem hohen Preisen
  • die Personalnot im Bereich der Pflege, bei extrem hohen Kosten
  • das Wachstum von NoGo-Areas mit eigener Scharia-Gerichtsbarkeit
  • die Unfähigkeit, Großprojekte ohne jahrelange Verzögerungen und extreme Kostenüberschreitungen zu meistern
  • und vieles andere mehr

verharmlost und vernachlässigt werden, dann bestünde die akute Gefahr, dass sich neue Mehrheiten um andere Parteien versammeln.

Die zwangsläufige Folge dieses staatsmännischen, bzw. staatsfraulichen Dilettantismus in Bezug auf die lebenswichtigen Fragen der Nation, bei gleichzeitiger, hysterischer Konzentration auf einen ganzen Haufen, Billionen Euro verschlingender Potemkin’scher Dörfer, ist die als absolut vordringlich verspürte Notwendigkeit, dieses selbstgeschaffene Trugbild eines Universums in panischer Angst mit allen Mitteln abzuschotten und vor dem Eindringen der Realität zu schützen.

Diese Notwendigkeit schließt die Existenz echter Demokratie aus, und so wird vom „demokratischen Diskurs“ ausgeschlossen, wer sich noch einen Sinn für die Realität bewahrt hat und seine Auffassungen und Erkenntnisse in die parlamentarische Debatte einbringen will.

Für diese Panik gibt es eine große Zahl von Indizien, die sich auf unterschiedlichen Handlungsebenen zeigen.

Einerseits sind da die Gesetze zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, mit dem den Betreibern der Sozialen Netzwerke eine ähnliche Pförtner-Funktion gegenüber unerwünschten Meinungen und Wahrheiten zugewiesen wurde, wie sie mit Erdogan in Bezug auf Flüchtlinge verabredet wurde.

Andererseits sehen wir Säuberungsaktionen in Polizei, Bundeswehr und Diensten, wobei die Entlassung von Hans-Georg Maaßen, dessen Verbrechen darin bestand, die Wahrheit zu laut und zu unbeugsam zu sagen, nur die äußerste Spitze des Eisbergs war. Dass der Chef des MAD ebenfalls gehen musste, wurde öffentlich schon kaum mehr kommuniziert, vom künstlich aufgebauschten „Skandal“ um das Kommando Spezialkräfte ganz abgesehen. In die gleiche Kategorie  fällt der praktisch unwidersprochen hingenommene Anspruch, die Landtagswahl in Thüringen müsse rückgängig gemacht werden.

Die dritte Ebene stellt das immer häufiger unangemessene Vorgehen der Polizei dar. Nicht nur, dass Demonstrationen gegen Regierungsabsichten erst nicht genehmigt, dann auf zu kleine Flächen geleitet werden, um sie letztendlich wegen Verletzung des Abstandsgebotes, gerne auch unter Anwendung physischer Gewalt auflösen zu können, auch die Hetzjagd auf einzelne gesunde Personen, die sich an der frischen Luft bewegen, ohne den hier und da, und hin und wieder vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, hilft dabei, jegliches Aufmucken zum abschreckenden Beispiel aufzumotzen.

Was also sollte dieses Bündnis der Zustimmer im Deutschen Bundestag heute davon abgehalten haben,

angesichts der Gefahr, es könne irgendwann, vielleicht schon gar im Sommer –  in Sachsen-Anhalt – zu einer Koaltion mit der AfD im einem Bundesland kommen,

den Föderalismus auf Basis einer durch nichts begründeten und durch nichts zu rechtfertigenden Zahl „Inzidenz 100“, die noch dazu in großem Rahmen manipulationsanfällig ist, dergestalt auszuhebeln, dass es möglich wird, das öffentliche Leben von Berlin aus lahmzulegen und dabei die Restbestände an Grundrechten gleich mit zu kassieren?

Die besonnene Rede von Alexander Gauland hat da niemanden beeindruckt. Im Gegenteil. Wer vorher Brinkhaus gehört hat, der, wie ein Bußprediger in den USA seine Schäflein zwischen Sünde und Erlösung um den Verstand und um die Kollekte zu predigen versteht, der weiß, wie Hysterie entfesselt wird!

Warum?

Warum dieses Gesetz zum Schutz der Bevölkerung in dieser Form mit diesen Eingriffen in Verfassung und Grundrechte?

Für mich sieht es so aus, als sei es die willkommene Gelegenheit gewesen, mit fliegender Nadel auch noch die letzten Löcher in der Hülle des Universums der Hysteriokratie abzudichten.

Das Problem ist: Dieses Universum ist nackt.

Nackter als der Kaiser in seinen neuen Kleidern. Der wähnte sich wenigstens bekleidet. Hier aber geht es, im Wissen um eine häßliche Nacktheit, nur noch ums Verhüllen.

Nachtrag:

Nachdem sich die Abgeordneten der Regierungsparteien dafür entschieden haben, dem Willen der Bundeskanzlerin zu folgen und die Bundesländer aus der Verantwortung für die Gesundheitspolitik insoweit zu entlassen, als es sich um einen Notstand (Ralph Brinkhaus) handelt, der nur mit Notstandsgesetzen bekämpft werden kann, hat Angela Merkel nun offensichtlich vor, dieses Eisen noch weiter zu schmieden, solange es heiß ist, und will so viel mehr Kompetenzen in Gesundheitsfragen an die EU abgeben, dass sie selbst zu der Annahme gelangt: „Wahrscheinlich muss man dazu auch die Verträge ändern. Ich war immer offen für Vertragsänderungen, wenn sie einen Sinn machen. Das ist kein Selbstzweck.“ 

Nein, das ist kein Selbstzweck, sondern ein raffinierter Schachzug:

Erst den Föderalismus aushebeln und Kompetenzen an sich ziehen, um diese dann im Paket auf Brüssel übertragen zu können.

Was haben wir doch für eine gute Regierung!

Wer so seine Kompetenzen abgibt und sich selbst aus dem Spiel nimmt, um dem Amtseid gerecht zu werden und Schaden vom Deutschen Volke abzuwenden, beweist wahre Größe. Warum aber tritt sie dann nicht gleich zurück?