Wollt ihr das totale Grün?

PaD 21 /2021  – Hier auch als PDF verfügbar: PaD 21 2021 Wollt ihr das totale Grün

 

 

Wilhelm Busch reimte einst:

Wenn einer, der mit Mühe kaum
gekrochen ist auf einen Baum,
schon glaubt, dass er ein Vogel wär,
so irrt sich der.

Nun, die Zeit ist über diese Verse hinweg gegangen. Heute sitzen sie in ganzen Wäldern dicht an dicht mit ihren Sägen auf den Ästen und freuen sich wie die Schneekönige über jeden Ast, der fällt, und über die kahlen Stämme, die zum Vorschein kommen, bis sie in den obersten Wipfeln angekommen sind und blindwütig auch noch die letzten Äste, auf denen sie nun gerade noch selbst sitzen können, frohgemut absägen.

Gerade ist ihnen wieder ein Geniestreich gelungen.

Am 8. Mai habe ich das bevorstehende Unheil/Urteil schon einmal angekündigt. Jetzt sind die schlimmsten Befürchtungen wahr geworden.

17.000 Kläger hatten sich mit so genannten „Umweltorganisationen“ und einem Bezirksgericht in Den Haag darauf verständigt, dass das Unternehmen Royal Dutch Shell sofort damit beginnen müsse seine CO2-Emissionen zu reduzieren, so dass bis 2030 gegenüber dem Stand von 2019 netto 45 % weniger CO2 von Shell an die Atmosphäre abgegeben werden.

Der Jubel hoch oben im Wipfel, über den Beschluss diesen Ast absägen zu dürfen, war das nackte Triumphgeheul darüber, einmal mehr ihr blindwütiges Wollen juristisch legalisiert zu sehen und damit einen Präzedenzfall geschaffen zu haben, mit dessen Hilfe es letztlich möglich sein würde, jedes Unternehmen im Einflussbereich des EU-Rechts-Systems mit der Dekarbonisierungswaffe in den Untergang zu schicken.

Ich weiß nicht, auf Basis welcher gesetzlichen Grundlage dieses Urteil ergangen sein mag. Gesetze, die ein solches Urteil „direkt“ begründen könnten, sind mir nicht bekannt. Vermutlich hat man, irgendwo von den Menschenrechten her kommend, eine spitzfindige juristische Brücke gezimmert, die, ungeachtet der in der realen Welt zu erwartenden Folgen und der notwendigen Güterabwägungen, es möglich machte für „wahr“ zu erkennen, dass nur mit Hilfe der Quasi-Halbierung der Shell-Aktivitäten das Abschmelzen des Grönlandeises bis Ende des Jahrhunderts verhindert werden könne.

Nun, es begegnen mir bei meinen täglichen Streifzügen durch Nachrichten, Kommentare, Meinungen, Prognosen und Programmen so viele Dummheiten, dass ich mit dem Kopfschütteln schon gar nicht mehr nachkomme.

Da gibt es zum Beispiel aus den Reihen der Kritiker der Corona-Maßnahmen immer wieder die dümmliche Argumentation, dass die 7-Tage-Inzidenz in einigen Landkreisen künstlich auf 100.000 hochgerechnet werde, obwohl es dort viel weniger als 100.000 Einwohner gäbe.  Das ist totaler Blödsinn und zeugt von totalem Unverstand. Ebenso könnte man behaupten, auf einer Fahrstrecke von 50 Kilometern, die in einer halben Stunde bewältigt wird, sei es unmöglich, 100 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit zu erreichen, weil die Strecke ja überhaupt nur 50 Kilometer lang sei. Mit solchen idiotischen Argumenten werden allerdings die Vertreter sachlicher Kritik – und dafür gibt es genügend Anlass – gleich mit disqualifiziert.

Von ähnlichem Unverstand zeugt aber die bei diesem Urteil ganz klar zum Ausdruck kommende Auffassung, dass zwischen dem menschlichen Leben und der ausreichenden Verfügbarkeit von Energie kein direkter Zusammenhang bestünde.

Es könnten auf dieser Erde ohne die Nutzung der fossilen Energieträger niemals auch nur annähernd acht Milliarden Menschen leben. Es würde vielleicht für eine Milliarde reichen, wie es sie schätzungsweise um 1800 gegeben haben soll. Die sprunghafte Vermehrung der Menschheit begann mit der Dampfmaschine, und diese Vermehrung ist ein Indiz dafür, dass es mit Hilfe der zusätzlichen Energie möglich wurde, mehr Menschen bei zugleich steigendem Wohlstand zu ernähren.

Es ist ein zulässiger Rückschluss, dass, bei Reduzierung der Energieversorgung, die Bevölkerung der Erde entweder durch Hungerkatastrophen in etwa im gleichen Umfang zurückgehen wird, oder, bei voller Konzentration der verfügbaren Restenergie auf den Ernährungssektor, eine massive Reduzierung des Lebensstandards in allen übrigen Bereichen eintreten wird.

Der Traum, die fossilen Energieträger durch so genannte „regenerative Energien“ vollumfänglich ersetzen zu können, wird nie Realität werden. Dafür gibt es gewichtige Gründe, von denen jeder alleine ausreichen würde, das Scheitern zu belegen:

Erstens

Photovoltaik-Anlagen produzieren nur tagsüber Strom und bringen ihre volle Leistung nur wenn die Sonne ungehindert von Wolken über einen kurzen Zeitraum im optimalen Winkel einstrahlen kann.

Windkraftanlagen produzieren nur, wenn der Wind auch weht und bringen ihre volle Leistung nur unter optimalen Windbedingungen.

Unter ungünstigen Umständen erbringen die regenerativen Energien, ganz unabhängig davon, wie hoch die installierte Leistung auch immer sein mag, nur einen minimalen Beitrag zur Energieversorgung, was ohne Backup-Lösungen zum sofortigen Zusammenbruch des Stromnetzes führt.

Zweitens

Der Energiebedarf, der momentan noch durch die Direktverbrennung fossiler Energieträger in Heizungen,  Motoren, bzw. zur Erzeugung von Prozesswärme gedeckt wird, wird in den Überlegungen zur forcierten Abschaltung der konventionellen Kraftwerke sträflich vernachlässigt und durch die vage Hoffnung ersetzt, wenn nur genug Windräder installiert würden und genug Fotovoltaik-Anlagen errichtet und bei guten Witterungsbedingungen soviel überschüssiger Strom erzeugt würde, dass man die massiven Verluste bei der Umwandlung in Wasserstoff verkraften könne, dann werde sich das Problem der Sicherheit der Stromversorgung schon von allein lösen, weil dann ja der Wasserstoff als Energiespeicher zur Verfügung stünde. Dieser Traum wird alleine daran scheitern, dass der bei der Nutzung von Wind und Sonne auftretende Flächenbedarf in dicht besiedelten Gebieten gar nicht dargestellt werden kann. Vor zwei Jahren habe ich das im PaD 23 /2019 schon einmal so ausgeführt:

(Die zwischenzeitlich beschlossenen weiteren Verschärfungen der so genannten Klimaschutzziele habe ich hier nicht nachgetragen. Schon die damaligen Ziele waren und bleiben unerreichbar.)

Modernere Windräder sind auf eine Leistung von durchschnittlich 5 Megawatt ausgelegt – Offshore-Anlagen eher etwas mehr, im Binnenland eher etwas weniger. Die angesagte Dekarbonisierung müsste also, um die derzeit 3.600 Terrawattstunden durch Windräder hervorzubringen, grob gerechnet täglich 10 Terrawattstunden erzeugen und unter Berücksichtigung der wechselnden Lastverhältnisse und der wechselnden Windverhältnisse mindestens 1,2 Terrawatt Kapazität vorhalten, um bei mäßigem Wind und Spitzenlast im Netz ausreichend Strom produzieren zu können. Dafür wären rund 250.000 große Windräder erforderlich, also im Prinzip alle 1,5 Quadratkilometer ein großes Windrad – auch mitten in den Großstädten und Ballungsräumen, sonst wird es auf dem flachen Land noch enger.

Mit der 10-H-Regelung, die besagt, dass der Abstand von einem Windrad zur nächsten Siedlung mindestens die 10-fache Höhe betragen muss, ist das schon nicht mehr zu schaffen, denn so ein Windrad ragt schon (Turm + Rotorblatt) um die 200 Meter in die Höhe, 2 Kilometer Abstand ringsum ergeben schon gut 12 Quadratkilometer – und wo ist in Deutschland schon die eine Siedlung von der nächsten mehr als 4 Kilometer entfernt? Jede Wanderkarte liefert den schlagenden Beweis, dass dies eher eine sehr seltene Situation ist.

(…)

Die  hilfreiche Anmerkung, es gäbe ja neben der Windenergie auch noch die Photovoltaik-Anlagen hat gleich zwei markante Mängel, die auf den gleichen Holzweg zustreben. Der erste liegt darin, dass die Photovoltaik  nachts gar keinen Strom erzeugt, der zweite ergibt sich hier ebenfalls aus dem Flächenbedarf.
1 Quadratmeter Solarpanel liefert bei durchschnittlicher Besonnung übers Jahr gesehen etwa 20 Watt ab.
1 Quadratkilometer kommt auf 20 Megawatt. Ein Sechstel der Landesfläche, 60.000 Quadratkilometer,  würde so eben ausreichen, um bei durchschnittlichem Sonnenschein tagsüber, im Sommer zwischen etwa 7 und 19 Uhr, im Winter zwischen 10 und 15 Uhr, den Energiehunger Deutschlands zu decken. Allerdings müssten dafür Berlin, Hamburg, Bremen, das Saarland, Schleswig Holstein, Thüringen und Sachsen vollständig und lückenlos unter Solar-Paneln versteckt werden.

Kurz zusammengefasst:

Die Endlichkeit Deutschlands verhindert zuverlässig den für den jetzigen Energieverbrauch erforderlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Maßnahmen zur Effizienzsteigerung der Verbraucher sind bereits weitgehend ausgereizt. Die Absichten zur Senkung des Energiebedarfs können nicht durch Einsparungen aufgrund verbesserte Technik erreicht werden. Die einzige Chance dafür liegt im (erzwungenen) Verzicht auf die Nutzung von Energie.

Heute entfallen etwa je 30% des Endenergiebedarfs auf Industrie und Verkehr, etwa 25% auf die Haushalte und 15% auf Gewerbe, Handel und Dienstleistungen.

Um das Einsparziel für 2050 zu erreichen, dürften entweder die privaten Haushalte, sowie Gewerbe, Handel und Dienstleister überhaupt keinen Energie mehr verbrauchen, oder Deutschland müsste vollkommen deindustrialisiert werden was auch einen ausreichenden Wegfall an Verkehr nach sich ziehen würde.

Selbstverständlich kann man den Verzicht auch gleichmäßig auf alle Sektoren verteilen. Doch auch das funktioniert nicht. Alleine der Gedanke, die Leistung der Industrie durch Energieentzug um nur 40% zu drosseln, würde vollständig auf das BIP durchschlagen, weil davon eben auch das zuliefernde und dienstleistende Gewerbe betroffen wäre, weil Millionen zusätzlicher Arbeitsloser mit stark reduzierter Kaufkraft den Binnenmarkt so belasten würden, dass auch der Einzelhandel von einer Insolvenzwelle überrollt würde und natürlich auch der Verkehr stark abnehmen würde.

40 % weniger Energie für die Industrie würde automatisch dazu führen, dass insgesamt 40 % weniger Energie verbraucht würde. 50%-Ziel fast erreicht.

Das hieße allerdings auch: Rückgang der Steuereinnahmen um  40%, Rückgang der Beitragseinnahmen der Sozialkassen um 40% und dem folgend massive Rentenkürzungen, massive Einschnitte ins Gesundheitswesen, Rückbau aller staatlichen Leistungen, usw.

Drittens

Fotovoltaik und Windkraftanlagen sind gegenüber konventionellen Kraftwerken, wie sie von globalen Wettbewerbern weiterbetrieben und noch massiv ausgebaut werden,  nicht wettbewerbsfähig. Nur massive Subventionen und staatlich erzwungene Strompreissteigerungen auf ein im internationalen Vergleich unerträgliches Niveau haben es möglich gemacht, diese Technologien überhaupt in den Markt zu drücken. Ihr weiterer Ausbau und die beschlossene Wende zur E-Mobilität erfordern massive Investitionen in neue Trassen bis hin in die sonst überlasteten Ortsnetze, und in Mess- und Regelungstechnik, weil der „Flatterstrom“ sonst überhaupt nicht mehr beherrschbar wäre. Diese unsinnige Verteuerung der Energie führt jedoch zwangsweise dazu, dass immer mehr Menschen und immer mehr Anwendungen von der Energie-Nutzung ausgeschlossen werden. Das führt nicht nur relativ schnell zum Verlust der industriellen Basis und damit zum Verlust von Arbeitsplätzen, was bereits eine Wohlstandsminderung bedeutet, sondern zugleich dazu, dass selbst bei gleichbleibenden Netto-Einkommen der Energie-Anteil im Budget der Haushalte zur Reduzierung des gewohnten Lebensstandards führt.

Am Rande sei erwähnt, dass es weder für Photovoltaik-Elemente, noch für die Rotoren der Windräder und auch nicht für die massenhaft zu verbauenden E-Auto-Batterien ein funktionierendes Entsorgungskonzept gibt. Solarzellen sind giftiger Sondermüll, Rotoren sind wegen der glasfaserverstärkten Kunststoffe, will man sie mechanisch zerlegen, ebenso gefährlich wie Asbest, aber nach bisherigen Nutzungserfahrungen müssen beide nach weniger als 20 Jahren Standzeit ersetzt werden. Für die Batterien gilt zwar eine gesetzliche Regelung, wonach die Materialien zu mindestens 50% recycelt werden müssen, doch diese Vorgabe wird bereits erreicht, wenn die Komponenten aus Aluminium, Stahl oder Kunststoff wiederverwertet werden. Die kritischen Rohstoffe bleiben dabei jedoch immer noch außen vor.

Wenn Shell auch in der angestrebten Berufungsverhandlung unterliegen und gezwungen werden sollte, sein Geschäft um 45 Prozent einzudampfen, ist das ein Fanal für die Energieversorgung der EU.

Ich sehe vor meinem geistigen Auge die juristischen Aktivisten der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bereits an einer Klage gegen ARAL arbeiten, und wie sich die Grünen-Fraktion im EU-Parlament anschickt, den französischen Total-Konzern in die Knie zu zwingen.

Die Geisteshaltung deckt sich dabei mit derjenigen der klerikalen Vertreter des geozentrischen Weltbildes. So, wie Galileo Galileo als Ketzer verfolgt wurde und abschwören musste, als er beweisen konnte, dass sich nicht die Sonne und die Planeten, wie der Mond, um die Erde drehen, sondern die Sonne das Zentrum ist, wird auch heute als „Klimaleugner“ verfolgt, wer als maßgebliche Ursache der seit Urzeiten auftretenden Veränderungen des irdischen Klimas nicht die Konzentration des Spurengases CO2 in der Atmosphäre annimmt, sondern die zyklisch wechselnde Sonnenaktivität.

In rund fünf Monaten sind die Deutschen aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen. Die netten und freundlichen Gesichter von Robert Habeck und Annalena Baerbock sollten niemanden darüber hinwegtäuschen, welche Agenda die Grünen tatsächlich verfolgen und – als führende Regierungspartei – ungehindert durchsetzen könnten und würden.  

Der Entwurf des Grünen Wahlprogramms ist im Netz zugänglich. Die umfassende kritische Analyse dazu finden Sie in dem Buch „Wollt ihr das totale Grün – Handreichung zur Bundestagswahl 2021“.

Die Printausgabe ist für 11,90 Euro, das E-Book für 4,49 Euro bei Books on Demand erhältlich.