Stand der Dollar Ende Februar vor dem Aus?

PaD 23 /2022 – Hier auch als PDF verfügbar: PaD 23 2022 Stand der Dollar vor dem Aus

 

Auch wenn sehr viel darüber geschrieben wird, dass die USA massiv überschuldet sind und der Dollar praktisch kaum noch mehr wert ist als das Papier, auf dem er gedruckt wird – bisher hat der Dollar immer noch alle Krisen überstanden.

Das liegt nicht daran, dass die von den Kritikern angeführten Schulden in diesem Ausmaß gar nicht existieren würden. Es besteht nicht der geringste Zweifel daran, dass die USA – im Grunde seit dem Vietnam-Krieg – weit über ihre Verhältnisse leben und eine enorme Staatsverschuldung aufgebaut haben. Diese Staatsverschuldung besteht zum Teil gegenüber den  eigenen Bürgern, zum Teil gegenüber ausländischen Zentralbanken, die den Dollar als Währungsreserve halten.

Dies alleine ist jedoch kein Grund für einen Crash, kein Grund für eine Hyperinflation, kein Grund für den Zusammenbruch der westlichen Zivilisation.

Dazu müsste der ernsthafte Versuch unternommen werden, die weltweiten Dollarbestände einzusetzen, um die USA leerzukaufen.

Doch vor einer auf diese Weise ausgelöste Hyperinflation können sich die USA sogar ganz ohne den Einsatz militärischer Mittel schützen. Einerseits indem sie einfach nicht genug Exportgüter auf dem Weltmarkt anbieten, um eine inflationäre Dollarschwemme im Inland auszulösen, andererseits indem sie den Verkauf von Immobilien, Unternehmen, Edelmetallen an Ausländer schlicht und einfach verbieten.

Die Schuldenberge der USA befinden sich außerdem ja überwiegend nicht in Form von Liquidität im Markt, sondern in Form verzinslicher Anleihen in den Tresoren oder auf den bei der FeD eingerichteten Verrechnungskonten ausländischer Zentralbanken. Da liegen sie ruhig und sicher und haben keinen aktiven Einfluss auf den Dollarkurs und die Inflation in den USA.

So lange der US-$ in weiten Teilen der Welt noch benötigt wird, um Öl zu kaufen, und so lange der US-$ für sehr viele weitere, international gehandelte Güter die alleinige Abrechnungswährung ist, passiert gar nichts.

Das liegt daran, dass sich das Dollar-Karussell wie ein Perpetuum mobile ganz von alleine immer weiter drehen kann.

Und das geht so:

  1. Die US Regierung braucht Geld
    Niedrige Steuern für das Kapital, geringes Steueraufkommen aus der schrumpfenden Mittelschicht, bei gleichzeitig hohen Ausgaben für die Administration, für das Militär, für die Transferleistungen an Bedürftige und den Unterhalt der Infrastruktur, führen zu den bekannten Haushaltsdefiziten in mehrstelliger Milliardenhöhe.
  2. Die US Regierung nimmt neue Schulden auf
    Das Finanzministerium lässt Pfandbriefe drucken, die FeD nimmt die Pfandbriefe in den Tresor und druckt im Gegenzug die Greenbacks. Dann gibt die Regierung das Geld aus, das weitgehend bei den Bürgern und den inländischen Unternehmen ankommt.
  3. Bedarfsdeckung durch Importe
    Die US-Wirtschaft kann außer Waffen, Software und Agrarprodukten kaum noch etwas Vernünftiges selbst herstellen, die Bürger und die Unternehmen sind daher auf Importe angewiesen, die aufgrund der Neuverschuldung des Staates mit frisch gedruckten Dollarnoten bezahlt werden können.
  4. Das Leitwährungsprivileg 1
    Im Ausland gibt es viele Unternehmen, die dringend daran interessiert sind, US-Dollar zu erhalten, weil sie wiederum ihre Importe – sehr wichtig ist hier das Öl aus dem Nahen Osten – in Dollar bezahlen müssen. Das bringt auch den netten Nebeneffekt mit sich, dass – wer Dollar braucht – sich bemüht, im Wettbewerb um die Gunst der Käufer in den USA besonders preiswert anzubieten.
  5. Das Leitwährungsprivileg 2
    Mit den Exporterlösen in US-$ ist das Ausland nun in der Lage (nicht nur) bei den Saudis (nicht nur) Öl einzukaufen und es in Heizungen, Kraftwerken und Fahrzeugmotoren zu verbrennen, bzw. es in der Chemie-Industrie in neue Produkte umzuwandeln.
  6. Geldanlage in US-Treasurie-Bonds
    Am Ende jeder Handelskette bleiben Gewinne hängen, die nicht (sofort) gebraucht werden, um sie für Konsum oder Investitionen einzusetzen. Die Saudis erwerben damit vorzugsweise die vorher von den USA ausgegebenen Staatsanleihen aus dem Bestand der FeD (und ggfs. von Geschäftsbanken, bzw. von Privatanlegern).
  7. Der Kreis ist geschlossen
    Die Liquidität, die zur Finanzierung des US-Haushaltes geschaffen wurde, über die US-Wirtschaft für Importe von Waren aller Art eingesetzt und von den Lieferanten der USA verwendet wurde, um ihrerseits Importe in Dollar zu bezahlen, ist nun wieder zurück bei der FeD.

Eine erstaunliche Kette von Transaktionen, die hier noch einmal nach den Effekten für die einzelnen Beteiligten dargestellt werden soll:

Die US-Zentralbank FED

hat Staatsanleihen angenommen und dafür Dollar herausgegeben, um dann wieder Dollar anzunehmen und dafür die Staatsanleihen herauszugeben. Sieht man von Zinsen und Gebühren ab, die aus diesen Geschäften fällig werden, hat sich das Vermögen der FeD nicht verändert.

Die Handelspartner der USA

Um (beispielsweise) Öl in Saudi Arabien zu kaufen, wurden eigene Erzeugnisse in die USA exportiert und die Exporterlöse benutzt, um das Öl zu bezahlen. Unterstellt man, dass Waren-Exporte und Öl-Importe zu frei ausgehandelten Preisen erfolgten, so handelt es sich um einen wertgleichen Tausch, womit auch die Bilanz dieser Handelspartner, trotz des „Dollar-Zwischenwirtes USA“ aus diesen Geschäften ausgeglichen ist.

Saudi Arabien und andere in Dollar fakturierende Ölproduzenten

Hier wurde der Rohstoff abgegeben. Als Gegenleistung haben diese Staaten ein auf Dollar lautendes, verzinsliches Zahlungsversprechen erhalten. Der Wert dieses Zahlungsversprechens hängt von der Bonität des Schuldners ab und kann durchaus schwanken. Ob es jemals eingelöst werden wird, steht in den Sternen.

Die Volkswirtschaft der USA

Die Regierung konnte den Staatsbetrieb finanzieren, die Wirtschaft konnte Waren importieren, die Konsumenten konnten diese Waren bezahlen. Dagegen steht das Zahlungsversprechen der Regierung gegenüber den Inhabern der Staatsanleihen.

(Dass sich viele Konsumenten auch selbst bei Banken und anderen Finanzinstituten verschulden, um sich höheren Konsum, auch aus Importen,  leisten zu können, soll hier ausgeklammert bleiben.)

 

Dieses Kreislauf-System ist unter dem Begriff „Petro Dollar“ bekannt und es bildet das Fundament der Staats- und Wirtschaftsfinanzierung der USA.

Dieses Karussell ist nicht so einfach zum Stillstand zu bringen.

 

Wenn allerdings die Gläubigernationen der USA in schneller Folge alle von ihnen gehaltenen US-Devisenbestände auf den Welt-Finanzmärkten zum Kauf anbieten würden, müsste der Dollarkurs zusammen mit dem Kurs der US-Staatsanleihen  ins Bodenlose stürzen. Der Dollar wäre innerhalb weniger Tage vollständig entwertet.

Das haben die Chinesen bisher nicht getan, obwohl sie um die Situation wissen und sich keine Illusionen darüber machen, dass ihren Dollarbeständen „eigentlich“ jeglicher Wert fehlt. Mit einem Angriff auf den Dollar würden sie sich selbst ins eigene Fleisch schneiden, weil die gesamte Kundschaft aus dem Dollar-Raum damit zahlungsunfähig wäre. Jeder Exporterlös in Dollar kann aber im Binnenmarkt in Yüan getauscht werden, was die Liquidität im Lande hoch hält und damit Wachstum ermöglicht, das aus dem Binnenmarkt alleine nicht generiert werden könnte.

Auch die Saudis wissen, dass sie unmittelbar aufhören würden, im Geld zu schwimmen, wollten sie den Dollar stürzen.

 

So, und nun gerät Russland ins Scheinwerferlicht.

Etwa 300 Milliarden Dollar an Währungsreserven auf Konten bei „westlichen“ Banken, wurden den Russen in einem ersten Schritt bereits durch westliche Embargos und Handelssanktionen  weitgehend entwertet, noch bevor die russischen Konten eingefroren wurden.

Damit war das Ziel, Russland von West-Importen abzuschneiden, im beabsichtigten Umfang erreicht. Was helfen denn noch so viele Dollarguthaben, wenn die Waren, die man damit erwerben möchte, unter einem Exportverbot stehen? Richtig: Nichts.

Warum also zusätzlich noch die Konten einfrieren? Was hätten die Russen mit ihren Guthaben noch anfangen können?

Richtig: Zum Schrottwert gegen Yüan an China, gegen Rupien an Indien und gegen Rial an den Iran verramschen.

Ob Russland einen derartigen Schritt ernsthaft erwogen haben sollte, wird kaum in Erfahrung zu bringen sein. Dass die USA fürchteten, die Russen könnten zu einem solchen Mittel greifen, ist die einzige sinnvolle Erklärung für die Kontensperrung, denn das Einfrieren der russischen Guthaben auf westlichen Banken wäre ohne die Angst vor einem derartigen Angriff auf den Dollar völlig überflüssig gewesen. Die Handelssanktionen alleine waren genug, um die Nutzung der Milliarden im Bereich der Realwirtschaft zu verhindern.

Sollte es dahin kommen, dass die eingefrorenen Gelder eines Tages der Ukraine zugesprochen werden, was ja bereits diskutiert und von der Ukraine gefordert wird, dann wäre das wiederum unschädlich für den Dollar, denn die Ukraine käme nie und nimmer auf die Idee, diesen Reichtum zur Zerstörung der Finanzmärkte zu nutzen, sie würde, ganz im Gegenteil, massenhaft Produkte der US-Waffenindustrie einkaufen und US-Firmen den Wiederaufbau anvertrauen.

Russland hätte seine Dollarbestände vermutlich anderswo ausgegeben.