Paukenschlag

PaD No. 42 /2019 Hier auch als PDF verfügbar: PaD 42 Paukenschlag

Die Sinfonie mit dem Paukenschlag von Joseph Haydn (No. 94) ist ein einigermaßen enttäuschendes Stück aus dem klassischen Repertoire. Der namensgebende Paukenschlag ist so unauffällig ins Klangwerk eingewebt, dass die Suche danach für viele vermutlich den einzigen Grund und Anlass bildet, die Sinfonie ein zweites Mal anzuhören.

Heute fühle ich mich wie Haydn, denn es ist ein Paukenschlag fällig und ich weiß nicht recht, wo und wozu ich ihn unterbringen soll. Nichts von alledem, was derzeit die Schlagzeilenerzeuger beschäftigt, erscheint mir wichtig genug, um es mit einem Paukenschlag zu unterstreichen.

Man kann soll und darf nicht über jedes Stöckchen springen, das einem hingehalten wird – schon gar nicht, wenn das Stöckchen kurz, und der Haltende ein Zwerg ist.

Verzeihen Sie, wenn ich nach diesen einleitenden Sätzen übergangslos auf die Grünen und deren Führungsfiguren zu sprechen komme. Was hat ihnen denn die Aufmerksamkeit verschafft, mit der es ihnen gelungen ist, sich von anderen Zwergen zu unterscheiden?

Richtig. Die geschickt hingehaltenen Stöckchen!

  • Veggie-Day! Spring – hopp, hopp!
  • SUV! Spring – hopp, hopp!
  • Kobolde! Spring – hopp, hopp!
  • und nun, frisch aus der Druckerpresse: Eigenheim! Spring – hopp, hopp!

Ich glaube, dass man hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen ganz genau weiß, das mit der nun ins Grünen-Programm aufgenommenen Verdammung des Eigenheimes nur eines bedient wird, nämlich der Neid derer, die sich die eigenen vier Wände nicht leisten können. Würden die alle Grün wählen, könnten die Grünen ohne Koalitionspartner alleine regieren! Und – Perfidie hoch drei! – anschließend hätten die Wähler glücklich zu sein, wenn ihnen alle Möglichkeiten genommen würden, jemals selbst noch ein Eigenheim erwerben zu können. Ein Baustopp für Eigenheime lässt sich genauso verhängen, wie ein Ölheizungsverbot, und was wären das für Grüne, wenn ein Nutzungsverbot ab 2030 mit Rückbauverpflichtung nur Kohlekraftwerke treffen könnte! Eine neue Steuer, zur Abschöpfung der „nicht mehr für den Eigenheimbau erforderlichen Mittel“ ließe sich ebenso etablieren. Die Einnahmen könnten dann als Zuschuss zur Arbeitslosenversicherung verwendet werden, um den eigenheimerrichtenden Handwerkern, wenn schon nicht die Existenz, so doch wenigstens das Minimum zu sichern, denn im Mietwohnungsbau ist wegen Bremse und Deckel ja auch tote Hose.

Ich breche hier ab. Ich springe nicht über dieses Stöckchen. Gehe nicht auf die vermeintlich klugen Argumente gegen das Eigenheim ein. Ich schalte auf Durchzug, wann immer grün mit solchen Larifari-Ideen on air ist.

Sehr viel erschreckender ist, wer sich hierzulande alles bemüßigt fühlt, über das Impeachment-Stöckchen der US-Demokraten zu springen. Da werden Anläufe genommen, da wird aufs Trampolin gehüpft, da werden Piruetten in der Luft gedreht und der eigene harte Aufprall auf dem Boden der Tatsachen nach dem Hupfer schon als Beweis für den bevorstehenden Sturz Trumps angesehen. Dabei spielen diese Bidens und Pelosis ihr sonderbares Spiel doch nur, um von der eigenen Ukraine-Erpressung abzulenken (Entweder, der Staatsanwalt, der Hinter Biden jr. her ist, wird kaltgestellt, oder die Dollars fließen nicht!), die  Joe Biden in einem weltweit zugänglichen Video nicht ohne Stolz vor Seinesgleichen zum Besten gegeben hat. Früher nannte man so was ein „Affentheater“, heute muss man vorsichtig sein. Es könnte schließlich sein, dass man damit die Falschen unter den Primaten diskriminiert. Nehmt den Zwergen dieses Stöckchen weg – und sie sind – ganz ohne Senke – in der Versenkung verschwunden.

Und dann die Leute mit den M-Namen. Nehmen wir nur „Hirntod-Macron“ und „NATO-neu-Maas“, die beide in der Asche der NATO nach einem noch nicht  völlig verkohlten Stöckchen suchen, das sie dem Hund zum Überspringen hinhalten können. Ohne Trumps USA wird das aber nichts. Warum also springen?

Oder Merz und Merkel. Da steht ein Bundesparteitag an – und beide halten das Stöckchen Kramp-Karrenbauer in die Höhe, an der sich Parteifreunde, Presse und Wähler gleichermaßen abarbeiten sollen, weil das so ziemlich alles ist, was sie noch zu bieten haben: Innerparteiliche Querelen, vom Laschet mit dem fest eingewachsenen Grinsen, bis zum Maaßen mit der Werte-Union nur Streit und Zoff, was sich jedoch alles vor, neben, hinter und auf dem Rücken der Annegret abladen lässt. Die werden sie aber nicht gehen lassen, die Annegret. Als Sündenbock ist sie unersetzlich. Also, bitte nicht springen. Das ist keine Politik, mit der man sich ernsthaft auseinandersetzen sollte. Das ist „Unionstheater“, in dem selbst der M-Markus seine Rolle spielt, mit dem doch ziemlich kranken Gedanken, der Staat müsse den Negativ-Zins kompensieren, also bayerische oder bundesdeutsche Geldpolitik gegen die EU-ropäische €uro-Geldpolitik machen, nicht Staatsfinanzierung mit der Notenpresse, sondern Notenpressenabwehr durch staatsfinanzierte Einlagezinsen. Stöckchen! What ever ist takes! So viel hat Söder nicht. So viel hat Scholz nicht, und wenn Scholz so viel hätte, würde er es nie und nimmer für eine Söder-Idee opfern. Selbst wenn die Söder Idee eine gute Idee gewesen sein sollte. Da steht schließlich nichts im Koalitionsvertrag davon!

Der Koalitionsvertrag ist auch so ein Stöckchen. Ich denke an die Grundrente. Bedürftigkeit braucht nicht geprüft werden, obwohl es im Koalitionsvertrag steht, weil nun das Einkommen geprüft, wird,  was letztlich auf das Gleiche hinausläuft aber den Eindruck vermittelt, die SPD habe einen Sieg davongetragen. Und was war das nicht für ein lustiges Stöckchenhupfen, mit der Grundrente! Obwohl – das habe ich ja jüngst behandelt – das Problem ganz woanders sitzt.

Auch im Koalitionsvertrag: Die Halbzeitbilanz! Eine halbe Legislaturperiode wurde genau dieses Stöckchen hingehalten, und jeder, der auf sich hielt, ist mindestens einmal drüber, und hat orakelt, ob die Koaltion halten wird, oder nicht. Koalitionstheater. Es war vom ersten Tag dieser Regierung an klar, dass die, die sich da vereinigt haben, bis zum bitteren Ende  wie die Kletten aneinanderkleben müssen. So kam es dann ja auch. Ohne Trommelwirbel, ohne Paukenschlag, teilte man der Öffentlichkeit mit, man sei (das hat man wirklich mitgeteilt!) zu dem Schluss gekommen, bisher gute Arbeite geleistet zu haben.

In Berlin, wo die Mietpreisbremse mit einem höchstwahrscheinlich  als verfassungswidrig einzustufenden Mietendeckel noch übertrumpft wurde, wollen die davon immer noch siegestrunkenen LINKEn nun auch noch den Verband der Wohnungsunternehmen (BBU) zu zerschlagen. Noch ist man allerdings uneins, ob die gemeinnützigen, genossenschaftlichen, staatlichen Unternehmen austreten oder die profitorientierten ausgeschlossen werden sollen. Auch dieser Spuk wird zu Ende gehen. Es sind auch hier nur Zwerge, die das Stöckchen hochhalten, die ohne den Länderfinanzausgleich noch nicht mal das eigene Rathaus instandhalten könnten. Die auf dem Wohnungsmarkt nichts, aber auch gar nichts bewirken können, außer die Investoren zu vertreiben, weil sie selbst nicht den Mut haben, so aktiv am Markt aufzutreten, wie es erforderlich wäre.

In der SPD geht es nun darum, Olaf Scholz, den letzten noch halbwegs seriös wirkenden Politiker, zum Vorsitzenden zu wählen. Aber weil das offenbar nicht genug hergibt, um Aufmerksamkeit für die Partei zu wecken, obwohl neben Olaf noch eine Zweitperson mitgewählt werden soll,  dürfen sich nun Jung Siegfried Kevin Kühnert und Hagen von Tronje Stegner gegenseitig die faulen, aber immer noch schön roten Tomaten an den Kopf werfen. Das Stöckchen fordert auf, für den einen oder den anderen Partei zu ergreifen. Bloß nicht! Regen und Traufe! Pest und Cholera! Topf und Deckel! Henne und Ei!

Ich drehe mich um und gehe für heute allen weiteren Stöckchen aus dem Wege.