Massen-Deportation und Kertsch-Brücken-Planspiel

Und immer, immer wieder geht die Sonne auf, und jeden Tag wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben.

Was mir fehlt, ist  die vergleichende Würdigung, eine Art synoptischer Zusammen-, bzw. Gegenüberstellung. 

Nehmen wir also die Correctiv-Enthüllungen zum Treffen von Privatpersonen in einem Hotel und stellen sie den russischen Enthüllungen zur Telefonkonferenz  deutscher Soldaten gegenüber.

Ganz frisch in Erinnerung sind die Einlassungen des verantwortlichen Ministers, Boris Pistorius, wie sie von der Tagesschau vermeldet wurden:

  • Fette Überschrift: „Wir dürfen Putin nicht auf den Leim gehen“
  • Einordnung:  „Es handelt sich um einen hybriden Angriff zur Desinformation – es geht um Spaltung, es geht darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben.“
  • Bewertung: Der überwiegende Teil der Inhalte des Gesprächs war bereits vorher öffentlich bekannt.
  • Erforderliche Aktionen: Es ist zu klären, ob geheime Inhalte besprochen wurden und ob mit dem Konferenzdienst Webex das richtige Format gewählt worden sei.  Personelle Konsequenzen wären zum jetzigen Zeitpunkt viel zu hoch gegriffen.
  • Motive Russlands: „Niemand glaubt ernsthaft, dass es ein Zufall war“, sagte Pistorius mit Blick auf die Veröffentlichung kurz nach der Beerdigung des Kremlkritikers Alexej Nawalny und der Veröffentlichung der Recherche zu Wirecard und Jan Marsalek. Es gehe Putin darum, die Innenpolitik auseinanderzutreiben. „Am Ende ist entscheidend, dass wir geschlossen bleiben.“

Betrachtet man diese Aussagen des Verteidigungsministers für sich alleine,  dann muss man feststellen, dass von den Inhalten des 38-Minuten-Mitschnitts einer Besprechung, die gleich unter mehreren Aspekten als „konspirativ“ eingeordnet werden könnte, überhaupt nichts benannt wird. Nimmt man die Aussagen des Verteidigungsministers, wie sie von der Tagesschau übermittelt wurden, für sich alleine, dann ist darin nicht mehr zu erkennen, als eine Desinformations-Attacke Russlands,  wobei es jetzt nur  darauf ankommt, sich nicht auseinandertreiben zu lassen, sondern geschlossen zu bleiben.

Nun stellen wir uns kurz vor, wie die Aussagen von Nancy Faeser gelautet haben könnten, hätte sie auf die Enthüllungen von Correctiv ebenso reagiert, wie Pistorius auf die Enthüllungen Russlands:

Fiktive Reaktion der Innenministerin auf Correctiv
Die nachstehenden Ausagen hat Frau Faeser so niemals gemacht und vermutlich auch nie so gedacht.

  • Fette Überschrift: Wir dürfen Correctiv nicht auf den Leim gehen.
  • Einordnung:  Es handelt sich um einen hybriden Angriff zur Desinformation – es geht um Spaltung, es geht darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben.
  • Bewertung: Der überwiegende Teil der Inhalte des Gesprächs war bereits vorher öffentlich bekannt. Sellners Buch ist ja bereits erschienen.
  • Erforderliche Aktionen: Es ist zu klären, ob geheime Inhalte besprochen wurden. Strafrechtliche Konsequenzen oder Initiativen für ein Parteiverbot wären zum jetzigen Zeitpunkt viel zu hoch gegriffen.
  • Motive Correctivs: Niemand glaubt ernsthaft, dass es ein Zufall war, sagte Nancy Faeser mit Blick auf die Veröffentlichung auf dem Höhepunkt der Bauernproteste und dem Bekanntwerden der neuesten Zuwanderungsdaten. Es gehe nur darum, die Vertreter der demokratischen Parteien auseinanderzutreiben. Am Ende ist entscheidend, dass wir geschlossen bleiben.

 

Nur zur Klarstellung:

In beiden hier nebeneinander gestellten Fällen geht es um so genannte „Leaks“, also um die nicht autorisierte Veröffentlichung von vertraulichen Informationen, die mit geheimdienstlichen Methoden beschafft wurden.

Im Fall der Luftwaffen-Besprechung zum Taurus-Einsatz gegen die Kertsch-Brücke ist die Tatsache, dass diese Besprechung stattgefunden hat, bestätigt, und in Bezug auf die Inhalte liegen bis jetzt keine (mir bekannt gewordenen) Dementis vor.

Im Fall des privaten Treffens, bei dem über die Notwendigkeit und die Möglichkeiten der Ausweisung von Ausreisepflichtigen, insbesondere von Straftätern und ggfs. der Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft (als zweite Staatsbürgerschaft) gesprochen wurde, was soweit im Einklang mit den Einlassungen des Bundeskanzlers steht, der ebenfalls eine Abschiebe-Initiative gefordert hatte, hat sich Correctiv von  darüber hinausgehenden Interpretationen der Berichterstattung inzwischen weitgehend distanziert, während Teilnehmer der Veranstaltung mit eidesstattlichen Versicherungen gegen das vorzugehen versuchen, was im Graubereich zwischen Tatsachenbehauptungen und suggestivem Framing seine Wirkung zwar nicht verfehlt hat, aber schwer gerichtsfest als Lüge, bzw. freie Erfindung nachzuweisen ist.

Im ersten Fall, von dem viele Kommentatoren der Auffassung sind, es handle sich bei diesen Überlegungen zum Einsatz deutscher Marschflugkörper gegen Ziele auf eindeutig russischem Gebiet um ein Spiel mit dem Feuer, das geeignet sei, den dritten Weltkrieg zum Vollbrand zu entfachen, wird gegenüber der deutschen Öffentlichkeit massiv abgewiegelt.

Im zweiten Fall, bei dem die Vermutung naheliegt, dass es um nichts anderes, und wenn doch, dann um nicht viel mehr ging, als das was die gültige Rechtslage gebietet, und was, würde nach fast neun Jahren einer weitgehend unkontrollierten Zuwanderung endlich deutschem Recht wieder zur Gültigkeit verholfen, viele Probleme Deutschlands zumindest lindern, langfristig möglicherweise sogar weitgehend lösen könnte, wurde die deutsche Öffentlichkeit in beispielloser Weise aufgewiegelt, so dass wochenlang Hunderttausende auf die Straße gingen und weiterhin gehen, um die im Herbst drohenden Erfolge der AfD in Thüringen, Sachsen und Brandenburg irgendwie noch verhindern zu können.

Sollten Sie es nicht bereits gelesen haben, empfehle ich jetzt bei Peter Haisenko weiterzulesen, der seinen Aufsatz zum Vorgang um die Telefonkonferenz so betitelt hat:

Mindestens vier hochrangige Bundeswehroffiziere müssen sofort inhaftiert werden

Doch das ist ja noch nicht alles.

In der gleichen Tagesschau Sendung kommt dann auch noch das Mitglied des Deutschen Bundestages, Roderich Kiesewetter von der CDU zu Wort, der in einer abenteuerlichen Argumentation darzulegen versucht, Olaf Scholz habe keinen Grund, die Lieferung der von Selenski begehrten, weitreichenden Waffe weiterhin zu blockieren, das abgehörte Gespräch habe schließlich ergeben, dass eine Beteiligung der Bundeswehr beim Taurus-Einsatz gar nicht erforderlich sei.

Zitat aus der Tagesschau:

Kiesewetter forderte im Bericht aus Berlin erneut Marschflugkörper für die Ukraine. Das abgehörte Gespräch habe gezeigt, dass eine Lieferung nicht unmöglich sei und „lediglich gut vorbereitet“ werden müsse. „Wir möchten wissen, warum der Bundeskanzler den Ratschlag der Streitkräfte hier nicht aufnimmt“, sagte der CDU-Politiker. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich der Bundeskanzler den Argumenten der Luftwaffenoffiziere verschließe.

Entweder hat Kiesewetter den Inhalt des Mitschnitts nicht zur Kenntnis genommen, oder er will aussagen, dass alle von den Offizieren angesprochenen – und dabei von diesen selbst als hochproblematisch angesehenen – Tricksereien schon als Empfehlungen an den Bundeskanzler zu betrachten seien, was nach meinem Dafürhalten die Situation Deutschlands im Verhältnis zu Russland noch einmal dramatisch verschlechtern würde.

Wo wird der Taurus zusammengeschraubt?

In Schrobenhausen?

Ich halte das im Augenblick für einen sehr gefährdeten Ort.