Mai 2032: Erste klimaneutrale Hexenverbrennung begeistert Zuschauer

Dies ist eine Satire.
Vorsichtshalber sei erwähnt, dass in einer Zeit, in der nichts mehr lustig ist, auch die Satire nicht mehr lustig sein darf. Sollten Sie dennoch lachen, treffen Sie bitte die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen, um ein eventuell im Halse steckenbleibendes Lachen schonend entfernen zu können, bevor Erstickungserscheinungen eintreten.

 

Der erbitterte Kampf gegen die Feinde der guten Demokraten, währt nun schon mehr als 10 Jahre.

Hatte unsere weise Führung anfangs noch darauf gehofft, die Ketzer würden von alleine zur Besinnung kommen, und zunächst nur mit gutem Zureden versucht, auch diesen die Vorzüge unserer neuen Lebensart schmackhaft zu machen, erwies es sich doch bald, dass diese verstockten Seelen überhaupt nur mit härtesten Strafen von ihren Sünden wider den Geist der Union abgebracht werden konnten.

Es war im Sommer 2021, als – zuerst in Frankreich, bald darauf in der gesamten Union – den hartnäckigen Impfverweigerern der Zugang zum öffentlichen Leben ebenso hartnäckig verweigert wurde. Niemand, der keinen Impfpass mit sich führte, durfte noch ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen, ein Restaurant, ein Schwimmbad, eine Sportarena, ein Kino, einen Freizeitpark, und so weiter, und so weiter, betreten. Die geniale Idee der weisen Führer bestand nun nicht darin, jene zu bestrafen, die es dennoch versuchten, sondern denen, die zur Kontrolle verpflichtet waren, also den Bediensteten der Verkehrsmittel, den Restaurantbetreibern, den Kinobesitzern und so weiter, und so weiter, mit einer Haftstrafe von 12 Monaten und einer Geldstrafe von 45.000 Euro zu drohen, sollten sie sich nicht am Kampf gegen die Feinde der guten Demokraten in dem Maße beteiligen, wie es ihnen im Interesse von uns allen als Pflicht auferlegt worden war.

Natürlich gab es Proteste. Aber eben nur von den wenigen, denen die Kontrollpflichten auferlegt worden waren. Damit wurde die Polizei in der Regel schnell fertig, von einer Ausnahme abgesehen. Diese Schande unserer europäischen Union konnte leider nicht geheim gehalten werden, weil ein noch nicht gesperrter Youtuber zumindest den Anfang des Blutsonntags von Rom filmen und live übertragen konnte, bevor er von den rettenden Polizeikugeln durchsiebt wurde. Noch immer trauern wir am 29. August EU-weit um jene 17 Polizisten, die, während sie ihre Maschinengewehrsalven in die Menge feuerten, von zigtausenden gewalttätigen Demonstranten mit Pflastersteinen, Flaschen und Böllern so schwer verletzt wurden, dass sie wenig später an den Folgen verstarben.

Die Impfverweigerer hingegen verkrochen sich ängstlich in ihre Wohnungen, wie es erwartet worden war. Es stellte sich aber bald heraus, dass diese Maßnahmen absolut nicht ausreichten. Immer wieder gelangten Virenschübe aus den Reihen der Impfverweigerer, die sich frech und dreist als „gesund“ bezeichneten, in die Gesellschaft der Folgsamen vor und verursachten neue Ausbrüche unter den Geimpften, so dass die Brutstätten der neuen Virusmutationen ausgeräuchert werden mussten. 

Wer  nicht geimpft war, wurde abgeholt. Mehrere Wochen lang kreuzten früh um sechs die Militär-Lastwagen durch die Städte und Dörfer. Die Ungeimpften wurden, oft noch im Pyjama, aus ihren Wohnungen und Häuser gerissen, auf die Lkws verladen und in massiv eingezäunte Lager verbracht, wo sie unter freiem Himmel spürten, dass, wer sich nicht impfen lässt, die Folgen schon spüren muss. Natürlich gab es auch Baracken in diesen Lagern, die vor den Unbilden der Witterung hätten schützen können, und es gab eine Kantine, in der man sich mit Nahrung und Getränken versorgen konnte. Aber die Kantine und die Baracken standen nur jenen offen, die sich vorher vom Lagerarzt impfen ließen. So wurde Wort gehalten. Es gab nie und zu keinem Zeitpunkt eine Impfpflicht. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit wurde stets peinlich genau beachtet. Faktenchecker haben das nachgewiesen und alle Gerüchte über angeblich unhaltbare Zustände in diesen Lagern als frei erfunden zurückgewiesen. Woher hätten diese Whistleblower es auch wissen sollen. Aus den Lagern ist nie jemand herausgekommen – und in deren Nähe ist auch niemand gekommen, der nicht dienstlich dazu verpflichtet war.

Wir wissen heute, dass dieser Kraftakt das einzig Richtige war. Sars-Cov-2 ist seit 2023 definitiv besiegt. Es findet sich keine  digitale Krankenakte, auch kein digitaler Totenschein mehr, in der als Diagnose oder Todesursache „Covid-19“ eingetragen ist. Es konnte sogar darauf verzichtet werden, überhaupt noch ein Eingabefeld im digitalen System bereitzustellen, in dem man Covid-19 hätte eintragen können. Von nun an starben die Menschen in aller Regel wieder eines natürlichen Todes und niemand wurde mehr Opfer jener Pandemie, die unserer weisen Führung so manche harte Entscheidung abnötigte, ihr aber auch einen reichen Zuwachs an Erfahrungen brachte, wie mit dem widerspenstigen Volk erfolgreich umgegangen werden kann, wenn gutes Zureden nichts nützt.

Diese Erfahrungen helfen uns nun, die schon hereingebrochene Klimakatastrophe in ihren Anfängen doch noch zu stoppen.

Alle, die von den Langzeitfolgen der Impfungen verschont blieben, und das sind ja nicht wenige, erinnern sich daran, dass unsere weise Führung mitten in der schlimmsten Pandemie noch einen Plan ersonnen hatte, um mit maßvollen Maßnahmen, wie dem vorgezogenen Abschalten aller mit fossilen Kraftstoffen befeuerten Kraftwerke, dem vorgezogenen Verbot von Verbrennungsmotoren aller Art, dem vorgezogenen Verbot aller nicht elektrisch betriebenen Heizungsanlagen, dem Verbot der Schlachtviehhaltung auf dem Gebiet der EU, dem Verbot von Kerzen, Streichhölzern, Ein- und Mehrwegfeuerzeugen und der Kinderlotterie (die Erlaubnis zur Zeugung eines Kindes pro 100 Frauen im gebärfähgigen Alter wurde in Bingo-Runden ausgelost), das Klimaziel für 2030 zur erreichen.

Doch wie vorher bei den Impfverweigerern entwickelte sich nun auch unter den Klimaleugnern ein harter Kern uneinsichtiger Rebellen, die nicht nur nicht die vegane Lebensweise übernehmen wollten, sondern auch darauf bestanden 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche genügend Strom und – in der kalten Jahreszeit – eine angenehm warme Wohnung zu haben. Ganz abgesehen davon, dass sie ihre alten Verbrenner-Automobile vor den Verschrottungs-Teams sorgfältig versteckten, sie mit Fake-Karosserie-Nachbildungen von E-Fahrzeugen verkleideten und meinten, damit munter von A nach B kutschieren zu können und die Umwelt mit CO2 vergiften zu dürfen. Andere halfen sich über die Stromabschaltungen mit heimlich betriebenen, Öl oder Benzin verbrennenden Notstromaggregaten, und die Fleischfresser züchteten, schlachteten und verwursteten vom Kaninchen über Puten und Schweine bis zu Rindern munter drauflos, wobei sie schon bei der Haltung in Wohnungen, auf Balkonen, in den Kellerräumen und leerstehenden, abgelegenen Zemtenfabriken aufs Schändlichste gegen die Vorschriften zum Tierwohl verstießen.

Da nicht alle Ordnungskräfte von den Langzeitfolgen der Impfungen verschont blieben,  gab es große Kontrolllücken, die so lange weidlich ausgenutzt wurden, wie die Strafen für CO2-Frevel nicht über fünf Jahre Haft und 500.000 Euro Geldstrafe hinausgingen.

Da erinnerte sich unsere weise Führung an jene vergangen gewähnten Zeiten, in denen Frevler das Vieh in den Ställen verhexten, Frevlerinnen treue Ehemänner mit Hexenkräften zum Ehebruch verleiteten, in denen Satansbräute Seuchen übers Land brachten, Frauen unfruchtbar machten, alles, um den göttlichen Funken, der in den Menschen das Gute bewirkt, im Auftrag und im Bunde mit Satan von der Erde zu tilgen. Es wäre auch fast gelungen, hätte man nicht dieses Treiben als Hexerei durchschaut und seinerseits begonnen, die Hexen zu jagen und auszurotten.

Klimaleugner, so fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen, wollen das Werk Satans nach ein paar Jahrhunderten des Planens und Vorbereitens nun vollenden. Sie wollen den großen Weltenbrand entfachen und alles, was den Flammen der Hitze entgeht, in den Fluten der schmelzenden Gletscher und Polkappen ersäufen, auf dass der göttliche Funke endgültig von der Erde getilgt werde.

Wir erinnern uns an die Verabschiedung der Klimagesetze, mit denen den Klimaleugnern nicht nur jegliche Betätigung als Beamter, Unternehmer, Angestellter oder Arbeiter untersagt wurde, sondern auch alle Menschen guten Willens und reinen Herzens aufgerufen wurden, jeden Klimaleugner den sie kannten, und jeden, den sie verdächtigten, Klimaleugner zu sein, zur Anzeige zu bringen. Wir erinnern uns an die Verhängung der Todesstrafe durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen über jeden, der in einem öffentlichen Prozess nach hochnotpeinlicher Befragung des Klimafrevels für schuldig befunden wurde, weil sie so am eigenen Leibe erfahren sollten, was sie mit ihren schändlichen CO2-Emissionen in wenigen Jahren der ganzen Welt angetan haben würden, hätten wir es ihnen nicht in letzter Minute verwehrt.

Wir erinnern uns aber auch alle an das Schand-Urteil des obersten polnischen Gerichts, womit es in Polen untersagt wurde, Todesurteile durch Verbrennen zu vollstrecken, weil alleine dadurch das den Menschen in der EU noch zustehende CO2-Kontingent innerhalb weniger Tage aufgezehrt sein würde.

Obwohl Polen noch am gleichen Tage unehrenhaft aus der EU verstoßen wurde, und die Ungarn, Tschechen und Slowaken gleich mit, war diese Idee nun einmal in den Köpfen fest verankert und begann sich die unheilvolle Meinung auszubreiten, dass es keine Sünde sein könne, am Sonntagnachmittag den Grill anzuwerfen, wenn Zigausende tausendmal größerer Feuer die Erderhitzung nicht beschleunigen sollten.

Ausgerechnet ein im Verdacht rechter Umtriebe stehender Anwalt aus Deutschland brachte die Sache vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Den Haag, wo zunächst einmal im Eilverfahren ein vorläufiges Urteil gegen die Todesstrafe durch Verbrennen erwirkt wurde, womit das Grillverbot zunächst einmal gerettet war. Doch dann zog sich die Sache hin. Die Richter fanden zu keinem Urteil, Sachverständige ohne Zahl wurden gehört, jedoch die Verwirrung wuchs mit jeder neuen Meinung nur noch weiter. Die Klimagerichte hörten derweil nicht auf, Klimaketzer zum Tode zu verurteilen und schoben damit eine Bugwelle nicht vollstreckbarer Urteile vom Ausmaß des Fukushima-Tsunamis vor sich her. Die Gefängnisse platzten aus allen Nähten, der Zustand wurde immer unerträglicher.

So war es, bis zum denkwürdigen Montag dieser Woche, der gute Aussichten hat, zum europäischen Nationalfeiertag erhoben zu werden.

Die Richter am europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatten sich in ihrer Verzweiflung im heißen Gebet auf die Knie geworfen, die Götter angerufen, und um ein Zeichen gebeten. 

Als sie sich wieder erhoben, fanden sie in der Mitte des großen Besprechungstisches eine kleine Broschüre über das Heizen mit Holz, die da vorher ganz bestimmt noch nicht gelegen hatte. Das musste der göttliche Fingerzeig sein!

Tatsächlich fand sich gleich auf der ersten Seite die folgende Erläuterung:

Holz verbrennt klimaneutral.

Denn das während der Wachstumsphase der Luft entnommene Kohlendioxid ist im Gleichgewicht mit dem beim Verbrennen entstehenden. Es spielt keine Rolle, ob Holz verbrannt wird oder im Wald langsam vermodert – in beiden Fällen entsteht keine zusätzliche CO2 Belastung für die Umwelt. Das bei der Verbrennung freigesetzte Kohlendioxid wird von den Bäumen im Wald wieder aufgenommen und durch Photosynthese in Sauerstoff umgewandelt. Bei diesem Prozess werden für uns und die Umwelt gefährliche Stoffe aus der Luft herausgefiltert und der Baum im Wald kann wachsen. Dieser Kreislauf beginnt immer wieder von neuem. Beim Verbrennen von Holz wird also kein zusätzliches Kohlendioxid freigesetzt. Der klimaneutrale Brennstoff ist somit nicht an der Entstehung des Treibhauseffekts beteiligt.

Sie brauchten jetzt keine Beratung mehr, sie diktierten das Urteil dem Gerichtsschreiber direkt in den Stenoblock:

Die Klage gegen die Vollstreckung von Todesurteilen durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen wird abgewiesen.
Das in dieser Sache ergangene Eil-Urteil wird mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Begründung:

Das Verbrennen von Holz ist ein klimaneutraler Vorgang. Der Vortrag der Klägerseite, es würde dabei CO2 freigesetzt, ist sachlich widerlegt.

Gestern kam es nun im Zentrum der europäischen Hauptstadt zur ersten klimaneutralen Hexenverbrennung. Schon am frühen Morgen hatten sich Tausende auf dem Richtplatz versammelt, um das Spektakel nicht zu versäumen und vor allem einen Platz nah am Geschehen zu ergattern. Pünktlich um 12.00 Uhr wurde der der Hexerei überführte und schuldig gesprochene Delinquent von zwei Henkersknechten auf den etwa vier Meter hohen Scheiterhaufen geführt und dort festgebunden. Die Kapelle spielte – das war sein letzter Wunsch gewesen – „Näher mein Gott zu Dir“, und schon züngelten die ersten Flammen, erhoben sich schnell zur feurigen Lohe und hüllten den Verurteilten gnädig ein, so dass von der eigentlichen Hinrichtung praktisch gar nichts zu sehen war.

Trotzdem war das Publikum begeistert und wird wohl noch lange davon zehren, tatsächlich der ersten klimaneutralen Hinrichtung dieser Art beigewohnt zu haben. Eine Geschichte, die man seinen Enkeln auch dann noch erzählen können wird, wenn Hexenverbrennungen wieder zum alltäglichen Geschäft geworden sein werden. Schon für die nächste Woche sind EU-weit an die 7.000 Todesurteile zur Vollstreckung angemeldet. Experten gehen davon aus, dass man die aufsteigenden Rauchsäulen von der ISS aus sehen können wird.