Good morning, Vietnam!

… und der Tod der Biene nach dem Stich.

Gestern Nachmittag saß ich draußen auf der Bank. Wie es sich für den Sommer gebührt, das Hemd über der Hose, ein Fläschchen Schierlinger Pils in der Rechten, spürte ich plötzlich ein Jucken am Nabel. Mit der Linken fuhr ich unwillkürlich unters Hemd, um gegen das Jucken anzukratzen. Unvermittelt verspürte ich den Stich. Die Ursache entdeckte ich erst Minuten später.

Wir wohnen ja direkt an einem 45 Quadratkilometer großen Wald in dem es auch einige Wildbienenvölker gibt. Die kleine Wildbiene kroch unsicher auf dem Boden herum, die Flügel weit abgespreizt. Ein kurzer Flugversuch endete mit einer Bruchlandung auf den Holzdielen der Terrasse. Schlussendlich fiel sie in eine Ritze zwischen den Brettern und kam nicht wieder zum Vorschein.

Es ist mir dann gelungen, ihren Stachel aus meiner Haut zu ziehen. Erkennen konnte ich ihn allerdings erst, nachdem ich eine Makro-Aufnahme davon gemacht hatte.

Natürlich wusste die Biene nicht, dass ihr Stich für sie tödlich sein würde. Sie konnte ja noch nicht einmal wissen, dass es so etwas wie den Tod überhaupt gibt.

Ihr Zustechen war ein ererbter, genetisch festgelegter Reflex der unmittelbar auf die Wahrnehmung einer Bedrohung folgte. In der Logik der militärischen Abschreckung handelt es sich dabei um den alles vernichtenden, atomaren Zweitschlag. In der flapsigen Sprache der Küchenpsychologen wird ein „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“ daraus. Eine Fehlleistung der Evolution?

Keinesfalls. Eine ausgeklügelte Strategie, um das Überleben des Bienenvolkes sowohl prophylaktisch als auch im akuten Angriffsfall zu sichern. Prophylaktisch, weil „Feinde“ oder auch nur unbedachte Mitgeschöpfe, wenn sie einmal einen Bienenstich erlitten haben, um die nächste Biene, die ihnen begegnet, lieber einen großen Bogen machen, statt sich noch einmal stechen zu lassen, und wo tatsächlich ein Angriff erfolgt, sei es von anderen Insekten, von Nagetieren oder großen Bären, wird dann, wenn der Stachel der Biene samt Giftblase aus ihrem Leib gerissen wird, ein Duftstoff freigesetzt, der als Signal für alle Bienen des gleichen Volkes dient, als Verteidiger an die Front zu eilen und den Angreifer zu verletzen und in die Flucht zu schlagen. So hat das Opfer, das die einzelne Biene für das Bienenvolk erbringt, durchaus einen Sinn. Bei einem Menschen würde man sagen: Er ist nicht umsonst gestorben.

Als  ich am Abend in der Fernsehzeitung entdeckte, dass Arte „Good morning Vietnam“ mit Robin Williams zeigen würde, freute ich mich darauf, diesen Film nach einer gefühlten Ewigkeit noch einmal sehen zu können. Der Filmklassiker beleuchtet ja zwei Aspekte des menschlichen Daseins, mit denen wir – in weniger drastisch akzentuierter Form – vielleicht nicht tagtäglich, wohl aber oft genug in Berührung kommen, um sie wieder zu erkennen und dabei mit der Nase auf den Unterschied gestoßen werden, der zwischen den im Film angelegten „Problemlösungsstrategien“ und unserem eigenen Verhalten besteht.

Da ist zunächst einmal die Macht der „Arschlöcher“, in vielen Facetten dargestellt von Angehörigen der US-Armee vom kleinsten bis zum höchsten Dienstgrad. Die Macht der Arschlöcher, deren Charakter aus Dienstvorschriften, dem hierarchischen Kastenwesen der Streifen und Sterne an der Uniform und dem sadistischen Ausleben der ihnen in diesem Gefüge zugewiesenen Macht besteht. Adrian Cronauer, der lässige, unangepasste Typ, der genau deswegen von der Truppe geliebt, ja beinahe vergöttert wird, ist vom ersten Augenblick an der Feind, dessen Auftreten und Agieren die eigene Lächerlichkeit unmittelbar bloßstellt und neben der militärischen Rangreihe eine ganz andere, menschliche Rangreihe sichtbar werden lässt, in welcher die Arschlöcher ganz unten stehen. Es geht eine Weile gut, der DJ vertraut auf seinen Witz und seine Schlagfertigkeit und darf sich auch sicher fühlen, zumal der General ihm gleich zu Beginn seine Unterstützung zugesagt hat. Doch – und hier schlägt die harte Realität zu: Für den General ist der witzige Truppenunterhalter zwar wichtig, um die Moral  der Truppe hoch zu halten, doch viel wichtiger sind die Arschlöcher mit ihrer Rangordnung und ihren Dienstvorschriften. Denn  sobald diese ihm das Vertrauen entziehen, weil er ihnen diese Laus in den Pelz gesetzt hat, kann er sich nicht mehr darauf verlassen, dass seine Befehle befolgt werden, und damit kann er seinen Job, Krieg zu führen, nicht mehr ausführen. Dieser Aspekt des Films endet mit dem Sieg der Arschlöcher.

Der andere Aspekt ist der unbedingte Wille des (nord-)vietnamesischen Volkes, die US-Truppen aus dem Land zu jagen. Obwohl der Film nur sehr spärlich mit Kampfszenen ausgestattet ist, wird in der Figur des jungen Tuan, der „Held“ des Widerstandes stellvertretend für alle Viet Cong sehr sympathisch gezeichnet. Die Filmhandlung endet lange vor dem Abzug der Amerikaner aus Vietnam, doch wir wissen heute, dass es den Vietnamesen gelungen ist, die US-Armee, trotz ihrer gigantischen materiellen Überlegenheit zum Rückzug zu zwingen.

Wie die Bienen haben die Vietcong ihre Stiche gesetzt. Ungeachtet des Risikos haben sie ihr Leben eingesetzt, um ihr Land, ihr Volk, ihre Lebensart zu verteidigen.

Schiebt man dieses Verhalten als Betrachter in den Hintergrund und richtet den Blick viel mehr auf die weltpolitische Situation und geostrategische Lage jener Zeit, noch dazu eingefärbt von den Schlagworten der westlichen Propaganda, dann entsteht der Eindruck, dass nicht Menschen und ihre Dörfer und Felder bekämpft und getötet wurden, sondern lediglich der Kommunismus, und dass der am Ende ja auch nicht wirklich gesiegt habe. Schließlich gibt es seit 2001 ein Handelsabkommen mit den USA …

Diese Sichtweise ist allerdings eine Form der Selbsttäuschung durch Vereinfachung und Pauschalisierung, die noch dazu zur Entmenschlichung des „Feindes“ führt und ihn nur noch als ein abstraktes Gebilde erscheinen lässt, das – in militärischen Maßeinheiten beschrieben – auf Schwachstellen hin analysiert wird, ein Gebilde in dem der Begriff „Volk“ nicht vorkommt, sondern lediglich eine zahlenmäßig erfasste Bevölkerung, in der weder die positiven Emotionen der Zusammengehörigkeit, der Freiheits- und Gerechtigkeitsliebe vorkommen, noch der Lebenswille einer Gemeinschaft mit gleicher Geschichte und gleichen Werten.

Nicht umsonst hat Hoffmann von Fallersleben jenen Satz geschrieben, der leider kaum noch freudig mitgesungen wird, wenn – selten genug – die Nationalhymne erklingt:

Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand!

Jedes Unternehmen, das auf sich hält, schafft sich ein Leitbild (einen Wertekanon) um darauf eine Corporate Identity aufzubauen, weil es einfach ein Naturgesetz ist, dass Zusammenhalt – quer durch alle Bereiche und über alle Hierarchiestufen – und ein gemeinsam angestrebtes Ziel einen, wenn nicht den wesentlichen Baustein des Erfolgs ausmachen.

Die Spaltung der deutschen Gesellschaft

  • in Linke und Rechte,
  • in Klimaretter und Klimaleugner,
  • in Fleischesser und Vegetarier,
  • in Geimpfte und Ungeimpfte,
  • in Alte und Junge,
  • in Reiche und Arme,
  • in Bio-Deutsche und Migrationshintergründige,
  • in Maskuline, Feminine und Diverse,
  • in Hetero- und Homo- sowie Vielfaltssexuelle,
  • in Sprachbewahrer und Neusprechagitatoren,
  • und so weiter,

ist kein Prozess, der aus dem deutschen Volke ohne fremdes Zutun entstanden ist, sondern eine Folge planmäßig eingesetzter, zersetzender Propaganda, an dessen nahem Ende eine Bevölkerung von 80 Millionen egoistischen und egozentrischen Individuen nicht stehen, sondern zerfallen soll.

Nehmen Sie sich bitte noch 10 Minuten Zeit, und hören Sie einem Arzt zu, der klare Worte zu einem der Hauptspaltungsthemen unserer Tage gefunden hat: