Schon als David Cameron sich genötigt sah, eine Abstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der EU anzubieten, bahnte sich das an, was nun nach vielen Hindernissen endlich gelungen ist. Die Briten sind raus aus der EU – und ein auf den „Handel“ beschränktes Abkommen regelt die künftigen Beziehungen.
Die Kommission kann für GB kein „europäisches Recht“ mehr setzen, der EUGH hat keinerlei Befugnisse in Bezug auf Großbritannien. Die Briten sind wieder frei.
In meinem Buch, „Wo bleibt die Revolution – Die Sollbruchstelle der Macht“, zuerst erschienen im Mai 2014 im EWK-Verlag, jetzt bei BoD noch einmal neu erschienen, habe ich darauf hingewiesen, dass der damals noch als bloße Möglichkeit auf dem Tisch liegende BREXIT mehr ist als ein Problem zwischen London und Brüssel, sondern etwas widerspiegelt, was als unausweichliche „Globalisierungsfolge“ kommen muss – und weit über das Verhältnis GB-EU hinaus von Bedeutung ist.
Hier ein kurzer Auszug:
Das große europäische Vorbild in allen Sezessionsbewegungen ist das geplante Referendum in Großbritannien über den Verbleib in der EU. Die EU ist zwar (noch) kein Staat, hat jedoch ein dichtes Netz staatlicher Befugnisse über alle Mitgliedsstaaten geworfen, das in Verträgen mit tausenden von Seiten Umfang ein Maß an „Fremdbestimmung“ mit sich bringt, das den Prozess der demokratischen Willensbildung der Bevölkerung und die Umsetzung durch die eigene Regierung immer aussichtsloser macht.
Nachdem Großbritannien – mit guten Gründen – niemals Mitglied der Euro-Zone geworden ist und sich zudem mit vielerlei Sonderregelungen einen privilegierten Status innerhalb der EU gesichert hat, ist der Unmut auf der Insel über die Bevormundung durch Brüssel offenbar so groß geworden, dass sich David Cameron nur noch mit dem Versprechen, spätestens 2017 ein Referendum über den Verbleib in der EU durchzuführen, vor den wütenden Anti-EU-Stimmen, auch im eigenen Lager, retten konnte.
Wenn aber schon der Regierungschef eines der wichtigsten und militärisch potentesten Mitgliedsstaaten der EU den Austritt seines Landes als Option einer Volksabstimmung nicht nur ansieht, sondern diese Abstimmung auch noch selbst initiieren will, welchen Wert haben dann noch die Argumente der EU-Befürworter gegenüber Separationsbewegungen in anderen Ländern?
Cameron legitimiert mit seiner Ankündigung letztlich alle Separationsbewegungen in den Mitgliedsstaaten der EU – nicht zuletzt auch die Bestrebungen, Schottland aus dem Vereinigten Königreich herauszulösen, und denen hat er schließlich die Abstimmung über die eigene Unabhängigkeit für 2014 zugesichert, ein Ereignis, das in Kürze in die Schlagzeilen gelangen wird.
Ist das auch ein Vorbild für Katalonien, das Baskenland, die Republik Venetien, für Südtirol und für das schon lange vor sich hin zerfallenden Belgien? Werden sich daraufhin die Franzosen in der Bretagne darauf besinnen, ein „eigenes Volk“ zu sein?
Überall da, wo ein materieller Egoismus die treibende Kraft ist, wittert man Morgenluft. Wer versammelt sich denn da hinter den Fahnen der künftigen Kleinrepubliken? Neben vielen, leicht zu begeisternden Patrioten, die sich ebenfalls berechtigte Hoffnungen auf bessere Zeiten machen, ist das vor allem die regional ansässige Wirtschaft, der große und der kleine Mittelstand, der sich von der fernen Zentralregierung und der noch ferneren Brüsseler Bürokratie nicht mehr vertreten, sondern nur noch als Melkkuh behandelt sieht.
Dem politischen System läuft also ein Teil des Kapitals davon und mit diesem Teil des Kapitals auch die Bevölkerung. Konnte man sich bis dahin in der Gewissheit wiegen, das Kapital würde schon dafür sorgen, dass man in Ruhe weiter amtieren kann, stellt das absolut wirtschaftsabhängige politische System nun fest, dass die Abhängigkeit zwar noch besteht, dass die Treue zum Kapital aber nur noch von den großen, international agierenden Konzernen wohlwollend betrachtet wird, nicht mehr aber vom „Kern des volkswirtschaftlichen Leistungsvermögens“.
Mit dem Mittelstand gehen zugleich auch die Wähler von der Stange – und die können von den Global Playern kaum zurückgebracht werden, zumal ein international agierender Konzern sich auch durch die fettesten Subventionen nicht dauerhaft binden lässt, wenn sich anderswo günstigere Rahmenbedingungen finden lassen.
Inzwischen hat Donald Trump in den USA genau jene Gruppen angesprochen, die berechtigterweise zu der Auffassung gelangten, der Staat würde seiner Rolle als Mittler zwischen Kapital und Arbeit nicht mehr gerecht, sondern sich nur noch an den Interessen der ganz großen, international agierenden Anleger samt deren Beteiligungsbesitz orientieren. Die weitgehende Auslagerung der US-Produktion nach China machte zwar die Anteilseigner reich, die Beschäftigten jedoch verloren ihre Jobs. Vergleichbares geschieht in der EU seit Jahren. Man wird sich in Brüssel nun Gedanken machen müssen, wie das weitere Wegbrechen von Mitgliedsstaaten verhindert werden kann. Meines Erachtens ist das nur möglich, wenn die EU wieder Souveränität und Kompetenzen an die Staaten zurückgibt, statt sich mit „Rechtsstaatlichkeitsprozessen“ vor dem EUGH ganz und gar als zentraleuropäische Diktatur zu outen.
Was auch immer unsere Medien zwischen den Feiertagen und im neuen Jahr über den BREXIT berichten werden, allen voran die von mir als unerträglich empfundene ARD Auslandskorrespondentin in London, Anette Dittert, es ist das pure Schönreden der größten Niederlage des Brüsseler Clubs der Staats- und Regierungschefs und ihrer Kommissare.
Ich bin überzeugt – und das mache ich seit Jahren öffentlich – dass die EU keinen Fingerbreit nachgegeben hätte, wäre sie auf ein vernünftiges Handelsabkommen mit GB nicht viel dringender angewiesen als die Briten, denen jetzt wieder die ganze Welt offensteht. Wie man hört, sind auch schon eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Abkommen abgeschlossen bzw. in Vorbereitung.
Was ist schon die Tatsache, dass die EU-Fischer noch für fünf Jahre – mit Einschränkungen – in britschen Gewässern fischen dürfen? Es ist ein Witz. Es ist ein Zugeständnis dass Johnson leicht machen konnte, zumal er seine eigene Fischereiflotte erst wieder aufbauen muss, um das, was die übrigen Mitglieder wegfischen, nun selbst ins Netz holen zu können.
Joe Biden, jenes Schemelchen, auf das Kamala Harris steigen wird, um ins Weiße Haus Einzug halten zu können, hatte Johnson gedroht, keinen Handelsvertrag mit GB abzuschließen, sollten die Briten die EU ohne Deal verlassen. Nun gibt es einen Deal, und was für einen! Ob Biden das noch begreift weiß man nicht so genau. Seine Berater und Strippenzieher wissen, dass diese Drohung sich als Schuss in den Ofen entpuppt hat.
Noch glauben sie nicht daran, dass es weder Biden noch Harris sein werden, die das Handelsabkommen mit GB abschließen werden. Ich bin überzeugter denn je: Donald Trump wird es irgendwie noch schaffen, die gestohlene Wahl zurück zu holen.