United Kakaphodom – BREXITUS

Das Britische Empire, so abschätzig ich diesen Begriff wegen der damit untrennbar verbundenen kriegerischen Gewalt verwende, verfügte jedoch nicht nur im nautischen Sinne über einen Kompass, der allen vielfältigen Aktivitäten in aller Welt, ausgerichtet auf das übergeordnete Ziel, die jeweils zielführende Richtung vorgab, es trat – trotz aller inneren Zwistigkeiten – nach außen hinreichend geschlossen auf, um sich durchsetzen zu können.

Das Großbritannien von heute wirkt dagegen allenfalls noch wie ein Schatten vergangener Größe und ist an lähmender Zerstrittenheit kaum zu übertreffen.

Von Admiral Nelson ist überliefert, dass er vor der entscheidenden Schlacht bei Trafalgar an alle Schiffe seines Verbandes per Flaggensignal durchgeben ließ: „England expects that every man will do  his duty.“ Dass er selbst in dieser siegreichen Schlacht eine tödliche Schussverletzung erlitten hat, zeigt, dass er seine Pflicht, die Seeschlacht zu lenken, nicht von einem fernen Befehlsbunker aus, sondern auf Deck, mitten im schweren Gefecht, sehr ernst genommen hat.

Nennen wir Nelson eine „klassische Führungsfigur“. Einen Mann mit natürlicher Autorität, der sich kaum auf die ihm verliehenen Kompetenzen zu berufen brauchte, sondern durchaus, in richtiger Einschätzung der Lage vor Ort, auch einmal einen Befehlt verweigerte und so zum Beispiel am 2. April 1801 in der Seeschlacht von Kopenhagen, die dänische Flotte schlagen konnte, obwohl ihm aufgrund der verworrenen Gefechstlage befohlen worden war, die Kampfhandlungen einzustellen.

Würde man heute dem britischen Unterhaus zurufen: „England erwartet, dass jedermann seine Pflicht tut“, es würde ein Aufschrei der Empörung erschallen, weil keiner der dort Versammelten auch nur den geringsten Zweifel daran hegt, mit seinem foolisch-störrischen Verhalten genau das, nämlich seine Pflicht zu tun. Gleichgültig ob das Land damit vollständig paralysiert und entscheidungsunfähig zum Spielball des von Berlin getriggerten, ischiasgeplagten Luxemburgers wird.

Das ist Starrsinn. Es ist die verloren gegangene, natürliche Reaktion, sich im Krieg – und es herrscht Krieg mit Brüssel – hinter dem amtierenden Anführer geschlossen zu versammeln und alles daran zu setzen, einen Durchbruch zu erzielen, eine Schneise in die feindlichen Reihen zu schlagen, einen Brückenkopf zu errichten und von da aus, ggfs. mit Verhandlungen auf Augenhöhe, die eigenen Absichten erfolgreich zu verteidigen.

Was mit dem Referendum als „Befreiungsschlag“ begonnen hat, versinkt derzeit im Sumpf widerstrebender Interessen, die sich weder durch eine Verlängerung der Austrittsverhandlungen besser durchsetzen lassen, weil Brüssel diesem zerstrittenen Haufen keinerlei Zugeständnisse zu machen braucht, noch der innerbritische Konflikt durch ein nochmaliges Referendum beendet werden könnte, denn egal wie eine solche Abstimmung ausgehen würde: Der Spaltpilz in der britischen Gesellschaft kann damit nicht ausgerottet werden, im Gegenteil, er wird sich weiter und tiefer ins noch gesunde Holz fressen, bis Britannia, mit durchgemorschten Planken untergeht.