Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegswirtschaft

PaD 15 /2020 Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegswirtschaft
Hier auch als PDF verfügbar: PaD 15 2020 Kriegswirtschaft

 

Die Möglichkeit, dass irgendwer irgendwann heimlich den Zwinger öffnet, in dem der Krieg eingesperrt ist, so dass es aussieht, als sei er ausgebrochen, der Krieg, besteht immer. Es wird jedoch offiziell stets für vollkommen ausgeschlossen oder unmöglich gehalten, weil sonst das Volk in Panik geraten und sich und sein Eigentum auf die eine oder andere Weise aus der Gefahrenzone schaffen könnte.

Ist der Krieg dann aber ausgebrochen, heißt es: „Alle Mann an die Masken! Mit vereinten Kräften! Wir schaffen das!“ Und dies wird selbst dann noch erzählt, wenn der Krieg schon fast verloren ist.

Für die Vorkriegs- und die Kriegszeit liegt die Befehlsgewalt über Sprachregelungen beim Reichs-Kriegs-Innenministerium (RKI), dem die Aufgabe zufällt, jeweils zum richtigen Zeitpunkt und mit an- und absteigender Intensität ab- und wieder aufzuwiegeln.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will keinesfalls behaupten, wir stünden gar nicht im Krieg. Eine nach Qintillionen zählende Heerschar von Nanokriegern im Stealth-Design wütet mitten unter uns. Jeder kann in jedem Augenblick von ihnen überfallen und in eine Fabrik zur Erzeugung immer neuer Nanokrieger umgewandelt werden. Dies ist Fakt.

Die Vorkriegs-Wirtschaft

Betrachtet werden soll jedoch die Sorglosigkeit, mit der in der Vorkriegszeit gewirtschaftet wurde, sowie die radikale Umstellung auf die Kriegswirtschaft, in der wir mittlerweile leben. Dazu ein Ausblick auf das, was uns in der Nachkriegswirtschaft erwartet, bevor sie – unmerklich – wieder in die Vorkriegswirtschaft übergeht.

Die Vorkriegszeit, oft irreführend auch als Friedenszeit bezeichnet, zeichnet sich dadurch aus, dass zwar in den Generalstäben der Streitkräfte, oder eben bei McKinsey, Roland Berger und der Bertelsmann-Stiftung darüber nachgedacht wird, wer einen denn demnächst bedrohen könnte und wie man sich dagegen optimal aufstellen könnte, doch unglücklicherweise verschwinden alle dort erarbeiteten Strategiepapiere weitgehend ungelesen in fest verschlossenen Tresoren (ugs: Giftschränken) und verlieren Monat um Monat ein Stückchen mehr an Relevanz, weil sich die Zeiten halt ändern, während nur alle Jahre – vielleicht – einmal neu gedacht und geplant wird, mit dem Ergebnis, dass den alten Weiß-, Schwarz-, Braun- und Rotbüchern flüchtig überarbeitete Neuausgaben hinzugefügt werden.

Es ist ja auch verständlich. Wenn man nicht weiß, welcher Gegner mit welchen Fähigkeiten aus welcher Richtung angreifen wird, ist es besser, sich gar nicht vorzubereiten, als sich gegen ALLE Eventualitäten zu wappnen und am Ende festzustellen, dass es gar nicht zum Krieg kommt, weil die gegnerische Aufklärung in Anbetracht der getroffenen Vorbereitungen ihren Anführern dringend von einem Angriff abrät. Dies wird zwar regelmäßig in Erwägung gezogen, aber – in Anbetracht der Kosten für die Aufrüstung – schnell und umfassend verworfen.

Man kann mit dem Geld ja Besseres anfangen.

So hat man die Nanokrieger zwar immer wieder einmal näher betrachtet, sich aber lieber mit den Makrokriegern beschäftigt, die hinreichend groß waren, um sie mit bloßem Auge erkennen zu können, und dem Volk  erzählt, es bestünde keine Gefahr, weil ein Krieg ja vollkommen ausgeschlossen sei, denn einerseits hätten wir starke Verbündete mit richtigen Soldaten, andererseits seien die Gegner zwar brandgefährlich und immer wieder auf neue kriegerische Akte aus, müssten sich jedoch mangels ausreichender Geldschöpfung  darauf beschränken, die Krim zu annektieren oder von Ankara aus die landlosen Kurden zu kujonieren.

So hat man, statt die U-Boote einsatzbereit zu halten, zum Nachweis der eigenen Friedfertigkeit lieber ein Museumsschiff liebevoll restaurieren lassen, weil es einem halt lieb und vor allem teuer war, dem Denkmal des Skagerrak-Gefallenen, Johann Wilhelm Kinau, mit der nach einem seiner Pseudonyme benannten Dreimast-Bark das Angedenken zu prolongieren.

So hat man, statt die Panzer fahrbereit zu halten, lieber deren Inneneinrichtung so umbauen lassen, dass selbst Soldatinnen, die trotz der vielen großen Flachbildfernseher in den Kasernen noch hätten schwanger  werden können, darinnen noch bequem ihren Dienst tun konnten.

Weitere Beispiele können in den Berichten des Wehrbeauftragten und in den Strategiepapieren der renommiertesten Beratungsfirmen nachgelesen werden, gelegentlich auch auf der ersten Seite von Friede Springers Flaggschiff WELT, das mit schwerer Schlagseite krängend hofft, mit Staatshilfe vor dem Untergang gerettet zu werden.

Bezüglich der Nanokrieger sollen ja auch viele Papiere geschrieben worden sein, in denen detailliert ausgeführt wurde, was kommen würde, wenn sie kommen würden, und was man brauchen würde, wenn sie da wären, doch das beruhte ja alles nur auf Sandkastenspielen, die nur insoweit ernst genommen wurden, als man zu dem Schluss kam, dass man den Nanokriegern doch zeigen sollte, dass man sie nicht fürchtete und auch nicht die Absicht habe, sie prophylaktisch anzugreifen.

So hat man die Grenzen weit geöffnet und damit signalisiert, dass sie gerne kommen dürften, wir würden sie freundlich empfangen, und hätte man über Technologien verfügt, um Nanoteddybären herzustellen, man hätte schon Gelegenheiten gefunden, ihnen diese zuzuwerfen.

So hat man, als weiteres Zeichen der Friedfertigkeit und des guten Willens, an vielen Stellen da, wo in speziellen Liegenschaften noch Gerätschaften zur Abwehr der Nanokrieger und zur Wiederherstellung eigener Verwundeter vorhanden waren, die Mittel gestrichen und den weiteren Unterhalt eingestellt, ja noch kurz vor Kriegsausbruch Pläne veröffentlicht, die Zahl der so genannten „Kliniken“ noch einmal zu halbieren.

So hat man auch sonst keine Vorsorge getroffen und vor allem ganz bewusst darauf verzichtet, die im Kampf gegen Nanokrieger so wichtigen und wirksamen Schutzschilde aller Klassen (von Alltags- bis FFP3) in auch nur halbwegs angemessener Zahl herzustellen und zu bevorraten.

Dies alles natürlich unter den Bedingungen der Vorkriegswirtschaft. Vorkriegswirtschaft ist jene Form des Wirtschaftens, bei der bis auf rudimentäre Ansätze auf alles verzichtet wird, was die Gewinne der Wirtschaft schmälern könnte, weil es irgendwie aus Steuermitteln finanziert werden muss, was unter dem Strich immer zu Lasten der Wirtschaft geht. Entweder, weil die Gewinne der Unternehmen und Konzerne besteuert werden, oder weil die Löhne und Gehälter der Beschäftigten besteuert werden, was der Wirtschaft natürlich als Kaufkraft verloren geht und zudem im Export zu Wettbewerbsnachteilen führt.

So hat man nicht nur die finanzielle Absicherung der Arbeitslosen rigoros zusammengestrichen, sondern auch die Rentenformel so verändert, dass die Beitragslast gesenkt werden konnte. Man hat volkseigenen Wohnraum aufgegeben und der Privatwirtschaft überlassen, und noch so manche Einschnitte vorgenommen, welche halfen, die einst die Wirtschaft belastenden Aufwände für Grundversorgung und Daseinsvorsorge in sprudelnde Gewinnquellen für einlichtige und auch zwielichtige Investoren umzubauen.

So hat man zugelassen, dass durch die Öffnung des Landes für Arbeitskräfte aus aller Herren Länder eine schöne, große Arbeitslosigkeit entstanden ist, die natürlich die beste Voraussetzung dafür war, die gewerkschaftlichen Lohnforderungen so weit einzudämmen, dass die Umsatzrenditen Höchststände erreichten – von den Kapitalrenditen ganz zu schweigen.

Die Kriegs-Wirtschaft

Als die Trojaner feststellten dass das hölzerne Pferd nicht durch die Stadttore passte, haben sie diese eingerissen. Eine glorreiche Idee.

Weil die Erinnerung daran über die Jahrhunderte wachgehalten worden war, aber im Sinne einer Neuen Weltordnung daraus auch neue Schlüsse gezogen werden mussten, erging der Beschluss, alle Stadttore und Mauern, Grenzzäune und Zollstationen vorsorglich niederzureißen, weil – die Geschichte lehrt es am Beispiel Trojas – die Gier und die Dummheit am Ende sowieso ausreichen würden, um sie wieder niederzureißen. Außerdem glaubte man – und glaubt es immer noch – dass offene Grenzen und munteres, unkontrolliertes Ein- und Ausmarschieren letztlich die Schäden durch allfällige Plünderungen, wenn schon nicht vermeiden, so doch wenigstens minimieren könnten.

Als der Krieg doch ausgebrochen war und sich die Nano-Armeen auf den Weg an jene Linien machen, die auf Landkarten die real nicht existierenden Staatsgrenzen markieren, war man sich nach kurzer Diskussion einig, dass die Nanokrieger auf dem Weg schon genug Beute finden und sich daher niemals auf den beschwerlichen Weg bis zu uns machen würden.

Als die ersten Mitarbeiter von Webasto in Nanokrieger-Fabriken umgewandelt waren, hieß es: „Nun sind sie halt mal da. Mit den paar Einheiten werden wir schon fertig. Das wird den anderen, die vielleicht noch kommen wollten, eine Lehre sein.“ Das  Reichs-Kriegs-Innenministerium verkündete: „Wir sind vorbereitet. Wir sind gut aufgestellt. Wir schaffen das!“, was dazu führte, dass die Bevölkerung weiter gänzlich furchtlos ihren Karneval und ihr Starkbierfest feierte und in Ischgl beim Apres-Ski innigen Körperkontakt suchte.

Derweil brach im RKI die helle Panik aus. Man warf einen Blick auf die alten Pläne und wurde sich der Gefahr schnell bewusst. Aber man war ja vorbereitet. Als man aber begann, die eigenen Truppen zu zählen und zu wiegen, stellte man fest, dass nichts von alledem, was Jahre zuvor als notwendig in die Studie geschrieben worden war, in der Realität existierte. Zu wenig Beatmungsgeräte, zu wenig Intensivbetten, zu wenig Schutzausrüstung für das medizinische Personal, die Sicherheitskräfte, die Alten- und Pflegedienste – und keine einzige Maske für den Rest der Bevölkerung.

So informierte man die Bevölkerung mit salbungsvollen Worten. Man sei zwar bestens aufgestellt und gut vorbereitet, dennoch sei es unter Umständen vielleicht nicht allzu ungünstig, wenn man etwas Abstand hielte und sich hin und wieder auch ohne konkreten Anlass die Hände wüsche. Das meiste Volks vertraute auf diese Nachricht und ließ sich in seinem Leben auch weiterhin nicht beirren, doch einige witterten Unrat, dachten nach, was da wohl noch kommen könnte, begaben sich in die Supermärkte und kauften Mehl und Nudeln und Hefe und Dosenravioli und vor allem, in völliger Überschätzung der Mengen der eingekauften Lebensmittel, auch noch die letzte Rolle Klopapier.

Als dies die anderen feststellten, brach die erste Panikwelle los und wie viele sich beim Gedränge vor den leeren und halbleeren Regalen noch schnell ihre Nanokrieger einfingen, wird wohl nicht mehr festzustellen sein. Nun begannen die Strategen damit, voll auf Kriegswirtschaft umzustellen, allerdings noch vollkommen ungeübt in der neuen Situation. Es kam zu verzeihlichen Fehlern. Die als dringend eingestufte Beschaffung von Schutzmasken wurde über ein vorkriegsmäßiges langwieriges EU-weites Ausschreibungsverfahren auf den Weg gebracht als die Spatzen es schon von den Dächern pfiffen, dass Pfiffigere sich die letzen auf dem alten Kontinent noch vorhandenen Restbestände längst gesichert hatte.

Als die Zahl der Verwundeten und Toten stieg, wurde noch einmal versichert, Masken hätten keinen Sinn, sie seien sogar gefährlich, nur Händewaschen, Händewaschen, Händewaschen sei angesagt, und Handdesinfektionsmittel, die bereits ebenfalls überall ausverkauft waren, würden einerseits nichts helfen und außerdem die Haut schädigen. Allerdings wurden – und das ist jetzt echte Kriegswirtschaft – die Einkaufsabteilungen der Großunternehmen gebeten (es war wohl eher ein Befehlen, statt ein Bitten) auf welchem Weg auch immer mit größter Eile Masken und Schutzanzüge zu beschaffen, koste es was es wolle. Dass zwischendurch ein paar Millionen Masken auf einem afrikanischen Flughafen verloren gingen, war immer noch nicht so schlimm, weil Masken ja doch eher schädlich wären.

Die Invasion, die sich mit den untauglichen bzw. nicht existierenden Mitteln nicht eindämmen ließ, brachte den vollständigen Übergang auf Kriegswirtschaft mit sich. In Anbetracht der großen erwarteten Zahl von Verwundeten wurden die noch existierenden Krankenhäuser angewiesen, alle Patienten, deren Versorgung nicht kriegswichtig sei, abzuweisen, bzw. schnellstmöglich nach Hause zu entlassen.

Die Hauptschlachtfelder wurden abgeriegelt. Weil man über keine ausreichenden Verteidigungsmittel verfügte, wurde die Bevölkerung angewiesen, sich in die Schutzräume zu begeben und dort zu bleiben, außer sie müssten an kriegswichtiger Produktion mitwirken, Lebensmittel einkaufen oder Medikamente besorgen, dies aber bitte einzeln und mit mindestens 1,5 m Abstand, denn Abstand ersetze die fehlenden Schutzmasken. Ärzte und Krankenhäuser sollten sie nicht aufsuchen, stattdessen telefonisch um Termine bitten. Ansonsten sollten sie sich in den Schutzräumen immer wieder die Hände waschen. Gleichzeitig wurde fieberhaft versucht,  Mehl und Hefe und Toilettenpapier heranzuschaffen, damit die Supermarktregale wenigstens in den ersten Morgenstunden den Eindruck erweckten, die Vorkriegsversorgung sei weiterhin gesichert.

Die kriegswichtigen Unternehmen der Energieversorgung kasernierten Teile ihrer Mitarbeiter an den Arbeitsplätzen, wo man sie so gut wie möglich von den Nanokriegern abschirmte.  Längst im Ruhestand befindliche Ärzte und Pflegekräfte wurden als Reservisten einberufen und Studenten der Medizin zum Volkssturm eingezogen. Man ersann Methoden, die immer noch nicht verfügbaren neuen Einwegmasken durch Sterilisation in der Waschmaschine, in der Mikrowelle oder gar im Umluftbackofen in mehrfach verwendbare umzuwandeln und verhielt sich auf diese Weise einzigartig ressourcenschonend.

Um zu beweisen, dass die eigene Armee der Angreifer Herr werden würde und die Nanokrieger nach schweren Verlusten den Rückzug angetreten hätten, lockerte man die Bunkerpflicht und ließ das Volk in kleinen Schritten auch wieder in die größeren Läden. Nicht in die ganz großen, aber in die größeren, wobei vorsorglich  die Fußböden mit Abstandsmarkierungen verziert wurden, die Kassiererinnen hinter Plexiglasscheiben verschwanden, hergestellt mit Material was eilends kriegswirtschaftlich aus dem Boden gestampft worden war. Weil sich aber Masken immer noch nicht aus dem Boden stampfen ließen, jedoch klar war, dass die Öffnung der größeren Läden den Sieg der Nanokrieger so stark begünstigen würde, dass die ganze Ordnung zusammenbrechen müsste, wurde – und die meisten merkten nicht, dass sie vorher wochenlang ganz anders informiert worden waren – eine Maskenpflicht verhängt. Allerdings gab es immer noch keine Masken, so dass Schnittmusterbögen und Nähanleitungen übers Internet verbreitet wurden, so dass sich jeder seine eigenen Masken aus alten T-Shirts oder Strickpullovern sowie kochfesten Gummibändern selbst herstellen können sollte. Ungeschickte könnten sich auch damit behelfen, einfach einen Schal über Mund und Nase zu ziehen. Zudem drohte man an, wenn die Verhaltensregeln nicht eingehalten würden und die Verluste wieder anstiegen, müssten auch die größeren Läden wieder geschlossen werden. Daher könnten auch die einfachsten Volksbelustigungen, wie Kneipenbesuche, Fußballspiele, Kino und Theaterbesuche sowie das Oktoberfest unter keinen Umständen gestattet werden. Schließlich sei Krieg, und im Krieg gälten nun einmal andere Gesetze.

Dann stellte man fest, dass viele Menschen, die in ihren Bunkern sitzen mussten und kein Geld verdienen konnten, bald in größere finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten, so wie auch alle kleinen und großen Geschäfte, die geschlossen bleiben mussten, schnell in die Insolvenz rutschen könnten, was einen Rattenschwanz an Ausnahmeregelungen nach sich zog, so dass zum Beispiel Mietschuldnern nicht gekündigt werden dürfe, dass Insolvenzen nicht mehr angemeldet werden müssten, wenn sie erkennbar eingetreten seien, sondern erst nach dem Krieg, und um alles irgendwie am Laufen zu halten, begann der Staat aus Füllhörnern unbekannten Ursprungs eine Milliarde nach der anderen in schneller Folge über allen auszuteilen, die noch die Kraft hatten, um Hilfe zu rufen. Die meiste Kraft um Hilfe zu rufen hatten allerdings die Großen und Starken, weshalb bei ihnen auch – wie immer, nicht nur in Kriegszeiten – das Meiste ankam und versickern konnte.

Der Krieg wird noch eine ganze Weile währen. Amazon könnte sich vermutlich vorstellen, ihn niemals wieder zu beenden, weil er so gut für’s Geschäft ist.  Nicht anders bei Netflix, dem Ersatz für Kneipe, Fußball, Kino und Oktoberfest. Dating-Dienste hingegen tun sich schwer, weil nach der virtuellen Anbahnung halt nichts mehr geht, was nur zu Frustrationen führen  kann.

Wie immer, wenn zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Verteidiungsfähigkeit Geld gedruckt wird, wird uns am Ende des Krieges, den wir, wenn wir die Nanokrieger wieder in ihre Fledermausheimstätten zurückgetrieben haben, irgendwann sicher gewinnen werden, eine knackige Inflation ins Haus stehen. Früher, als wir noch in der Lage waren, Kriege zu verlieren und Reparationen zu zahlen hatten, war die Inflation natürlich klasse. Die Schulden verzischten in der Geldentwertung wie die Tropfen auf den heißen Steinen, und danach konnte alles wieder auf Anfang gestellt werden. Diesmal ist unser Inflationsgeld aber nicht an die (betrogenen) Sieger überwiesen worden, sondern es  bleibt uns. Wir müssen selbst sehen, wie wir die hundert Euro für die Flasche Bier auftreiben. Da wird mancher Säufer seiner Oma ihr klein Häuschen drangeben müssen und so manche alleinerziehende Mutter ihr letztes Leibchen.

Die Nachkriegs-Wirtschaft

Aber irgendwann wird ein Schlussstrich gezogen, die Währung reformiert, die Überlebenden rekrutiert, um den Wiederaufbau zu wuppen.

Hunderte von Krankenhäusern werden neu gebaut werden und mit tausenden von Intensivbetten ausgestattet, hunderttausende von Beatmungsgeräten werden beschafft und in versteckten unterirdischen Lagerhallen aufbewahrt. Milliarden von Pillen werden gepresst und Milliarden von Impfdosen werden produziert, verabreicht und eingelagert werden. Die Gehälter von Assistenzärzten, Pflegepersonal und Polizisten werden stark steigen, was einen allgemeinen Anstieg der Löhne nach sich zieht und einen neuen, rauschenden Konsum ermöglichen.

An den Grenzen, den Flug- und Seehäfen werden Tausende von Nanokrieger-Detektoren installiert und riesige Quarantäne-Zentren eingerichtet, damit nur noch zu uns kommt, wer garantiert kein trojanisches Pferd ist, selbst Flüchtlinge wird man sich erst frei bewegen lassen, wenn die Quarantäne überstanden ist.

Ein paar Jahre später geht der Ministerialrat, der als einziger weiß, wo die Beatmungsgeräte und die Masken eingelagert sind, in den Ruhestand. Ob dessen Nachfolger oder erst der Nachnachfolger die alten Akten ausmisten wird, spielt im Grunde keine Rolle, denn der nächste Angriff wird, wenn der Krieg tatsächlich gewonnen werden sollte, lange auf sich warten lassen, und es werden dann nicht diese Nanokrieger sein, vermutlich gar keine Nanokrieger, sondern ein ganz anderer Gegner. Vielleicht einer, dem man dann, mangels anderer einsatzfähiger maritimer Mittel, erst einmal todesmutig mit der Gorch Fock entgegenfährt.

Die  alten Weisheiten:

„Die besten Pläne von Menschen und Mäusen gehen stets daneben“,
und

„Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“

sind kein wirklicher Trost – sie sind nur Mäntelchen, unter denen sich wirkliche und verstellte Unfähige immer wieder verbergen, damit der Reigen „Vorkriegszeit – Kriegszeit – Nachkriegszeit“ niemals unterbrochen werden kann.

Nur wer selbst Vorsorge trifft, hat gute Chancen, immer wieder über die Runden zu kommen.