Energieberatung: Geld verbrennen um Strom zu sparen?

Die Tagesschau tut ihr Bestes, um die Regierung des Energiemangellandes mit einem blauen Auge über den Energiekrisenwinter zu bringen. Dazu werden Experten aufgeboten, die sich unter anderem auch dafür aussprechen, dass ältere und/oder nicht der Energieeffizienzklasse A+++ zugeordnete Kühlschränke ersetzt werden sollten, um Geld zu sparen.

Klar, was soll dem Verbraucher auch anderes als Lockmittel vor die Nase gehalten werden als Geld, dass er nicht ausgeben muss. Vom gesparten Strom hat er ja so direkt nichts. Der ist ja noch nicht einmal irgendwo in der Leitung. Der ist einfach nicht erzeugt worden. Nichts Greifbares.

Der Tagesschau-Bericht beginnt mit der Energiesparberaterin Gisela Renner, Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes für Energieberatende Gebäudeenergieberater Nordrhein-Westfalen, und Frau Renner empfiehlt – so die Tagesschau – selbst zu ermitteln, wie viel Geld man sparen kann.

(Dann ist man am Ende auch selber schuld.)

„Dazu müsse man den Verbrauch des eigenen Gerätes 24 Stunden oder eine Woche lang messen und dann auf das Jahr hochrechnen. Diesen Wert sollte man mit dem aktuellen Strompreis multiplizieren und dann mit den Angaben des Neugeräts vergleichen.“

Mitten in den wärmsten Monaten des Jahres den Stromverbrauch zu messen und diese Verbrauchswerte auf ein Jahr hochzurechnen, das ist schon eine Empfehlung, die sich hart an der Grenze der Seriosität bewegt.

Aber diese Selbstmess-Empfehlung ist nur der Einstieg in einen Beitrag, in dem gleich darauf ein Verbraucherberater namens Demand weiter ausführt, dass Kühlschränke, die älter als 15 Jahre sind, durchschnittlich so viel verbrauchen, dass meistens ein Austausch sinnvoll ist. Dadurch ließen sich im Schnitt 120 Kilowattstunden pro Jahr einsparen. 

(… durchschnittlich so viel, dass meistens …)

Dann kommt auch noch die Geschäftsführerin der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft „Co2online“ zu Wort, die beim Austausch eines alten Kühlschranks gegen einen neuen jährlich sogar von 240 Kilowattstunden Stromeinsparung spricht, aber nur für den Fall, dass das allerenergieeffizienteste Modell angeschafft wird. Diese A+++  Kühlschränke sind allerdings rar – und teuer noch dazu.

Maßgeblich für den tatsächlichen Stromverbrauch eines Kühlschranks ist aber nicht die Energieeffizienzklasse. Maßgeblich sind vielmehr das Fassungsvermögen, die Aufstellungsbedingungen und die Nutzungsgewohnheiten.

Dazu muss man sich vergegenwärtigen, wie ein Kühlschrank funktioniert.

Der Kühlschrank entzieht der Luft im Kühlschrank Wärme. Die so abgekühlte Luft wird vom Kühlgut so lange wieder erwärmt und von den gekühlten Kühlschrankinnenwänden so lange wieder gekühlt, bis ihre Temperatur nicht mehr über den eingestellten Wert steigt. Dieser Punkt wird umso später erreicht, je mehr Kühlgut – auf einmal – mit relativ hoher Anfangstemperatur in den Kühlschrank gepackt wird.

Der im Autokofferraum transportierte Wocheneinkauf, der im Winter mit Temperaturen von um die 10 Grad zu Hause ankommt und gleich in den Kühlschrank gepackt wird, verbraucht weit weniger Strom, um auf die gewünschten 7 Grad gekühlt zu werden, als die gleiche Menge Kühlgut, die im Sommer mit Temperaturen von 20 Grad Celsius aus dem Kofferraum kommt.

Der Punkt, an dem der Kühlschrank aufhören kann zu kühlen, ist aber auch davon abhängig, wie gut es gelingt, die dem Kühlschrankinhalt entzogene Wärme wieder an die Raumluft im Aufstellungsraum abzugeben. Da kommt es auf die Temperaturdifferenz zwischen Raumluft und dem aufgeheizten Kühlmittel an, und darauf, wie gut oder schlecht die Raumluft an der Kühschrankrückseite zirkulieren kann. Einbaukühlschränke, die in der mollig warmen Wohnküche direkt neben Herd und Bratrohr installiert sind, haben da sehr viel mehr Mühe als ein freistehender Kühlschrank, der noch dazu mit dem Rücken zu einer Außenwand in der nicht beheizten Vorratskammer steht. 

Nächster Punkt:  Wie oft und wie lange wird die Kühlschranktüre geöffnet und wie stark ist der Kühlschrank befüllt?

Kalte Luft ist schwerer als warme Luft. Daher fällt die kalte Luft, wenn sie nicht durch lästige Klappen dabei gebremst wird, beim Öffnen der Tür relativ zügig aus dem Kühlschrank heraus, während warme Raumluft nachströmt. So lange die Türe geöffnet ist, wird sich warme Raumluft an den Kühlflächen im Kühlschrank abkühlen, aus dem Kühlschrank herausfallen und neuer Warmluft Platz machen.

Der Thermostat im Kühlschrank stellt dies fest und schaltet das Kühlaggregat ein, um – bei vorgewählter Temperatur von 7 Grad – so lange zu arbeiten, bis 6 Grad erreicht sind. Lässt man ihn dann in Ruhe, schaltet er sich erst wieder ein, bis so viel Außenwärme durch die Wärme-Isolationsschicht eingedrungen ist, dass drinnen 8 Grad herrschen.  Dann wiederholt sich das Spiel. Der übliche Kühlschrank ist ja nicht in der Lage, stärker oder weniger stark zu kühlen, er kann die Soll-Temperatur nur über die Dauer der aktiven Kühlung erreichen. Je kälter, desto länger braucht er.

Bei einem gut gefüllten Kühlschrank hilft übrigens das Kühlgut mit, die eingedrungene Warmluft so schnell abzukühlen, dass das Thermostat gar keinen Einschaltebefehl auslöst, jedenfalls dann, wenn die Kühlschranktür schnell wieder geschlossen wird.

Wer also heute den Verbrauch seines Kühlschrankes misst, das Ergebnis auf ein Jahr hochrechnet und dies mit den im Labor ermittelten Prospektwerten der Kühlschrankhersteller vergleicht und wegen der (vermeintlich) hohen Ersparnis einen neuen Kühlschrank anschafft, wird, sollte er auf die Idee kommen, auch dessen reale Verbrauchswerte zu messen, feststellen dass diese vom realen Verbrauch mindestens im gleichen Maße abweichen, wie die Kraftstoffverbrauchswerte in den Automobilprospekten.

Damit dürfte die tatsächliche Einsparung bei den meisten Verbrauchern deutlich geringer ausfallen als erhofft. Aber es misst ja niemand mehr nach, wenn die sparsame Kühlbox erst einmal gekauft ist.

Damit bin ich beim letzten Kritikpunkt.

Der neue Kühlschrank kostet Geld, während der alte durch die Entsorgung komplett entwertet wird.

Wer nicht nur zur Rettung der Energiepolitik der Bundesregierung Strom sparen will, sondern auch Geld, der ist besser beraten, wenn er die jährliche Einsparungsmöglichkeit, die ein neuer Kühlschrank bietet, wirklich realistisch ermittelt – und den Kaufpreis des neuen Kühlschranks durch diesen Wert dividiert. Das Ergebnis ist die Zahl von Jahren, die der alte Kühlschrank noch laufen darf, bis ein neuer, sparsamerer aus Kostengründen angeschafft werden sollte. 

Gehen wir realistisch-optimistisch von einer jährlichen Einsparung von 50 Euro aus, und, dass der ins Auge gefasste, energie-effiziente Neue für ebenso optimistisch geschätzte 500 Euro beim Elektro-Discounter im Angebot steht, dann wäre damit eine wirtschaftliche Restlaufzeit von 10 Jahren gegeben.

Sollte der alte Kühlschrank noch so lange durchhalten, dann ist das gut. Jetzt können Sie ihn getrost mit der Anlieferung des Neuen entsorgen lassen, denn ab jetzt kostet er – netto – gegenüber dem effizienteren Modell, tatsächlich Ihr Geld. Gibt er vorher den Geist auf, was öfters vorkommen dürfte, dann ist das der Zeitpunkt für die unvermeidliche Neuanschaffung. 

Halten Sie sich an diese Berechnungsmethode, dann finden Ihre Erben eines Tages auf Ihrem Konto den Preis von einem oder zwei Kühlschränken in Form von Bargeld, das Sie klugerweise nicht vorzeitig ausgegeben haben.