Donald Trump und „Spygate“

Helmut Roewer, „Spygate“ – eine Leseempfehlung

 

Haben Sie in den letzten fünf Jahren im deutschen Fersehen je einen Beitrag gesehen, in einer deutschen Zeitung je einen Artikek gelesen, der auch nur ein gutes Haar an Donald Trump gelassen hätte?

Ich nicht.

Schon vor seiner Wahl zum Präsidenten war die Journaille hierzulande dabei, mal mit spitzer Feder, mal mit dem stumpfen Vorschlaghammer auf Trump einzuprügeln, ihn als „verrückt“ darzustellen und sich an seiner Frisur mit aller denkbaren Häme abzuarbeiten. Als ich am Morgen des 9. November 2016, lange vor Sonnenaufgang vor dem Fernseher auf das Wahlergebnis wartete, schlug die Meldung vom Sieg Trumps wie eine Bombe ein. Was mir damals so durch den Kopf ging, habe ich dann in einem Tageskommentar verarbeitet, der kurz genug ist, um ihn hier wiederzugeben, bevor ich auf Helmut Roewers jüngstes Buch zu sprechen komme, das ich am Freitag zu Ende gelesen habe.


9. November 2016

09.00 Uhr Eleven Nine – Nine Eleven

Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn sich etwas ändert,
aber dass sich etwas ändern muss, wenn es besser werden soll, das ist sicher.
Vermutlich war es dieser Gedanke, oder auch nur dieses Gefühl, das die Mehrheit der US-Amerikaner bewogen hat, ihre Stimme Donald Trump zu geben.

Heute Nacht bin ich um halb vier wach geworden – ohne Absicht – habe mit die Kopfhörer aufgesetzt und den Fernseher eingeschaltet. Die „Lange Wahlnacht der ARD“. Zunächst war die Stimmung noch verwundert, überrascht und in Maßen zuversichtlich, bis dann eine Art Schockstarre einsetzte. Es war überdeutlich – darauf war man nicht eingerichtet.

Gegen halb sechs brach dann die blanke Panik aus. Es gab – ich weiß nicht mehr genau wann – einen Einspieler mit Czem Özdemir, der trotz äußerlicher Ruhe offenbar fix und fertig war. Man merkte an ihm besonders deutlich, wie sehr die transatlantischen Seilschaften um ihr Überleben bangen. Ursula von der Leyen, etwas später interviewt, kam schnell auf den Gedanken, nun die europäische Armee voranzubringen und den Verteidigungsetat zu erhöhen, Martin Schulz, noch später, war schon etwas gefasster und obervorsichtig, doch gelang es ihm, ihm, dem Vorsitzenden der Volkskammer der EU, die USA mit Donald Trump auf der Stufenleiter der demokratischen Werteskala unterhalb der EU zu positionieren.

Um halb neun, als klar war, dass Trump die Mehrheit von 270 Wahlmännern glatt übersprungen hatte, habe ich den Fernseher ausgeschaltet.

Meinen Einschätzungen vom 16. März, die ich gestern auch hier auf meinem Blog veröffentlicht habe, habe ich nichts mehr hinzuzufügen.

Abonnenten von EWK-Zur Lage hatten acht Monate Zeit, sich vorzubereiten. Ich hoffe, sie haben diese Zeit genutzt.


Helmut Roewer, Spygate

 

Es war mir klar, dass sich unsere Transatlantiker in Good old Germany den ganzen Mist, den sie über Trump ausgebreitet haben – und Reste davon verwerten sie ja immer noch – nicht so einfach aus den Fingern gesogen haben.

Es war mir klar, dass die Hetzjagd auf Trump in den USA ihren Ursprung hatte, und zwar bei der Demokratischen Partei, auch dass anfangs nicht alle Republikaner mit heißem Herzen hinter Trump standen, war offensichtlich.

Nur, das Ausmaß der Intrigen, die gegen Trump gesponnen wurden, erst, um seine Wahl zu verhindern, dann um ihn als Präsidenten zu Fall zu bringen, das konnte ich nur erahnen.

Wie sehr ich diesen Sturm gegen Trump doch immer noch unterschätzt habe, ist mir erst jetzt aufgegangen.

Helmut Roewer hat die Handlungsstränge vom Anfang bis zum Ende nachgezeichnet und die Rollen der darin aktiv Engagierten in einer trotz der extremen Faktendichte immer noch beinahe kurzweilig zu lesenden Form schonungslos aufgedeckt.

Alleine das Personenverzeichnis am Schluss des Buches kommt auf rund hundert Beteiligte – die wenigsten davon als Verteidiger Trumps.

Einige davon schafften es auch bei uns in die Schlagzeilen, wie z.B. Julian Assange, Joe und Hunter Biden, John Bolton, Hillary Clinton, Michael Cohen, James Comey, Michael Flynn, John Kerry, Jared Kushner, Paul Manafort, John Mc. Cain, Robert Mueller, Mike Pence, Susan Rice, Christopher Steele, um nur jene wenigen zu nennen, die bei mir eine Assoziation zu den Intrigen um Trump aufleuchten lassen. Doch wer da in den vielen Jahren welche Rolle gespielt hat, das hätte ich auch nicht mehr benennen können.

Roewers Buch ist das Ergebnis der Arbeit eines sachlichen Analytikers und stützt sich auf Recherche-Arbeit, deren Aufwand ich nur erahnen kann. Es zu lesen kann ich aus drei plus einem Grund nur jedem ans Herz legen.

  1. Spygate zeichnet die Geschehnisse eines erbitterten Wahlkampfes und des nachfolgenden, ebenso erbitterten Umsturzversuches in einer Stringenz und Klarheit nach, wie Sie es vermutlich noch nie vorher gesehen, gelesen oder gehört haben.
  2. Spygate ist zugleich die Erinnerung daran, dass Politik ein schmutziges Geschäft ist, das mit legalen, vor allem aber auch illegalen Mitteln betrieben wird. Die Intrige ist mit den Medicis nicht ausgestorben, sie ist lebendiger, denn je, und es kann nicht den geringsten Zweifel daran geben, dass sie diesseits des Atlantiks weniger lebendig wäre, als drüben über dem großen Teich.
  3. Spygate ist zwar ein Buch, das sich gegen Trumps Feinde wendet. Doch wer dies als Spiegel hernimmt, um darin Trump zu erkennen, wird sein Bild von Trump vermutlich doch selbst dann noch korrigieren, wenn er sich von der Medienhetze gegen Trump ebensowenig manipulieren ließ, wie vom damaligen Bundesaußenminister, Frank Walter Steinmeier, der sich den Affront gegen die USA (nicht nur gegen Trump) erlaubte. dem frisch gewählten Präsidenten die Gratulation zu verweigern.
  4. Der vierte Grund, der Bonusgrund: Helmut Roewer kann schreiben. Das ist keine langweilige Aneinanderreihung von Namen, Daten, Fakten und Vermutungen – es ist ein Sachbuch, und dabei fast schon ein Thriller. Angst vor trockener Thematik ist absolut unbegründet.

Das Buch ist im KOPP-Verlag erschienen und kann dort auch bestellt werden

 


Ach ja, in der Einleitung zur Rezension sprach ich davon, dass die Abonnenten von EWK-Zur Lage acht Monate Zeit gehabt hätten, sich vorzubereiten. Da will ich es nicht versäumen, jetzt öffentlich zu machen, was ich im März 2016 in dem Abschnitt über Donald Trump geschrieben habe:

 

USA – Donald Trump 

Seit vielen Jahren schon tauchte Donald Trump immer wieder in den Schlagzeilen auf. Mal, weil er so unsäglich reich geworden war, mal, weil er sein ganzes Vermögen wieder verspielt hatte, mal, weil man ihn für einen mit allen Wassern gewaschenen Spekulanten hielt, mal  weil man ihm unsaubere Geschäfte nachsagte.

Ich habe das immer am Rande mitverfolgt und mich im Grunde über nichts mehr gewundert, was über diesen Mann berichtet wurde. Für mich ist Trump ein professioneller Glücksspieler, der auch bei höchsten Einsätzen nicht die Nerven verliert – vielleicht, weil er gar keine hat – und jeden harten Schlag mit einem lächelnden Pokerface quittiert. Eine grobe Zusammenfassung über Trumps Vita gibt es hier bei Wikipedia. 

Nun strebt er erfolgreich danach als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ins Weiße Haus einzuziehen. Seine Nominierung als Kandidat der Republikaner ist so gut wie sicher, und Hillary Clinton, die von den Demokraten ins Rennen geschickt werden wird, kann meines Erachtens nicht an ihm vorbeiziehen, weil Trump sich geschickt als Volksheld inszeniert, weil er den amerikanischen Traum des Selfmademans verkörpert, und weil er in seinen Reden einen anderen, ja unvorsichtigen Ton anschlägt, der ihn bei den Wählern als authentisch und kraftvoll erscheinen lässt, während Hillary Clinton eher für ein langweiliges „Weiter-So“ steht und nicht verhindern kann, dass der „Spirit of Bill“ stärker wahrgenommen wird als sie selbst.

Richten wir uns also darauf ein, dass Donald Trump demnächst tatsächlich zum Präsidenten der USA gewählt werden wird.

Was ist für die Welt von diesem Mann in diesem Amt zu erwarten?

 Zunächst einmal eine überwältigende Ahnungslosigkeit

Er mag zwar als Unternehmer immer wieder mit der Politik in Kontakt gekommen sein, er mag als Republikaner viele Freunde auch in hohen Positionen im politischen Establishment haben, mit deren Hilfe er sich Einblicke in das Regierungsgeschäft verschaffen konnte, doch letztlich geht er als blutiger Anfänger an den Start, dessen ganzes politisches Kapital aus einem grenzenlosen Selbstvertrauen besteht.

Das muss nicht ungünstig sein. Trump ist ein Pragmatiker und er wird auch das Präsidentenamt pragmatisch ausfüllen. Frei von oft jahrzehntealten Vorstellungen und Bedenken kann er unbefangen auf die USA, ihre Stellung in der Welt, ihre Probleme und ihre Entwicklungsmöglichkeiten schauen und so manchen gordischen Knoten, an dem sich seine Vorgänger ergebnislos abgearbeitet haben, einfach links liegen lassen, weil er gar nicht weiß, dass es den gibt.

Dazu ein Gespür für das Machbare

Seine bisherige persönliche Geschichte belegt das. Dieses Gespür hat ihn auch den Schritt zur Kandidatur wagen lassen – und es wird ihn auch als Präsident nicht verlassen. Dies erachte ich als einen absoluten Pluspunkt, sowohl für die USA und die Amerikaner als auch für die gesamte Staatengemeinschaft der Welt, weil seine weltpolitischen Ambitionen sich von vornherein auf das Machbare beschränken werden, weil er einen Horror davor hat, zu verlieren, und sei es nur das Gesicht.

Trump wird meines Erachtens keinen Krieg beginnen, der nicht mit Erreichen eines vorher definierten Zieles innerhalb kurzer Zeit erfolgreich beendet werden kann. Trump wird möglicherweise den Militärhaushalt zurückfahren, die Zahl der ausländischen Stützpunkte reduzieren und die Mannschaftsstärke ausdünnen.

Zugleich wird er versuchen, die Abhängigkeit der USA von Importen zu reduzieren und wieder eine starke produzierende Industrie zu installieren. Beides ist Ergebnis eines ökonomischen Denkens, das dazu anhält, sich von überflüssigem Ballast zu trennen und das essentielle Kerngeschäft zu stärken. Die Ankündigung, mit Strafzöllen dafür zu sorgen, dass outgesourcte Produktionen wieder in die USA zurückverlagert werden sollen, wird er auf alle Fälle wahrmachen wollen. 

Dieses Gespür für das Machbare wird auch helfen, das Verhältnis zu Russland zu verbessern. Es wird sicherlich kein spontanes, altruistisches Entgegenkommen geben, aber Trump wird sich nicht auf ideologische Standpunkte zurückziehen, nur um Stärke zu zeigen, wenn er sich dadurch selbst Vorteile aus kooperativem Verhalten verbaut. Selbstverständlich wird er sich dieses „Nachgeben“ in Verhandlungen so teuer wie möglich abkaufen lassen, aber wird nachgeben, wenn der Preis für ihn in Ordnung ist. Diese Möglichkeit, diesen politischen Freiraum, verdankt er seiner weitgehenden politischen Unabhängigkeit, die nach meiner Einschätzung jedenfalls deutlich weiter reicht als die der meisten seiner Vorgänger.

Ginge es in seiner Präsidentschaft tatsächlich nach seinem Willen und seinen Vorstellungen, die Welt würde wohl um einiges stabiler und berechenbarer.

 

Die Gefahren

Wie gut ein US-Präsident in der Lage ist, seine Intentionen umzusetzen, ist in allererster Linie davon abhängig, auf welche Quellen und Berater er sich stützt. Es wird Trump nicht möglich sein, seinen eigenen engsten Stab mit ins Weiße Haus zu nehmen, weil er sich, wenn er nicht erst in ein tiefes Loch stürzen will, auf Leute verlassen muss, die das Regierungsgeschäft kennen. Daraus resultieren zwei Gefahren, nämlich die, dass er selbst spontan und impulsiv im ersten „Auskehren“ die richtigen und wichtigen Leute vor die Tür setzt, weil ihr Verhalten seinem Naturell nicht entspricht, und die andere Gefahr, dass er sich, ohne sich dessen erwehren zu können, von Intriganten immer wieder verkehrt herum auf die falschen Pferde setzen lässt.

Da beide Gefahren m.E. real existieren, wird sein Start als Präsident vermutlich ziemlich holprig ausfallen. Weil er das vermutlich selbst ebenso sieht, wird er zumindest im ersten Jahr sehr vorsichtig vorgehen und keine weitreichenden Entscheidungen treffen, was ihm von der Opposition und eigenen Parteifreunden als Schwäche angekreidet werden wird.

In diesem ersten Jahr wird es ihm gelingen, in den Sessel im Oval Office hineinzuwachsen. Er wird seine Mannschaft definitiv ausgewählt und durchgecheckt haben, um dann in schneller Folge seine Projekte an den Start zu schicken.

 

Die dritte Gefahr besteht im vorzeitigen Ableben des Donald Trump.
Auf bisher 44 Präsidenten wurden insgesamt 21 Attentate verübt, von denen vier mit dem Tod des Präsidenten endeten. Trump hat sich mit seiner Kandidatur nicht nur Freunde geschaffen. Der Quereinsteiger könnte bestehende Netzwerke und Freundeskreise in ihren Interessen massiv beschädigen.


Ja, das habe ich im März 2016 geschrieben, als Trumps Kandidatur noch nicht einmal in trockenen Tüchern war.
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