Das Jammern der alten weißen Bürgermeister

Es gibt „Gerüchte“, die besagen, dass die Kommunen und Landkreise im besten Deutschland seit Beginn der Aufzeichnungen, damit beginnen, gegen die Flüchtlingspolitik des Bundes aufzubegehren.

Es gab Berichte, aus denen zu entnehmen war, dass der Bund beim jüngst veranstalteten Flüchtlingsgipfel nicht zu Zugeständnissen bereit gewesen sein soll.

Man hört von Brandbriefen, mit denen um Hilfe gerufen wird, um ein in seinen Umrissen schon erkennbares Debakel noch abzuwenden, um wenigstens mit einem blauen Auge davonzukommen.

Heute kommt hier „Butter bei die Fische“:

Der Brandbrief der Bürgermeister und des Landrats des Landkreises Limburg – Weilburg

Dieses Schreiben ist am Ende dieses Kommentars im Original nachzulesen. Insgesamt haben ihn 21 Amtsträger unterschrieben, alle, bis auf die Bürgermeisterin von Weinbach, Britta Löhr, fallen in die Kategorie „Alte weiße Männer“.

Sechs davon gehören der SPD an, sieben sind parteiunabhängig, acht haben das Parteibuch der CDU in der Tasche.

Nicht verwunderlich also, das aus den Reihen dieser Praktiker der Kommunalpolitik, die sich, um gewählt zu werden, von keinem woken Gefühlssturm haben mitreißen lassen müssen, ein Aufbegehren ausgeht, das den zutiefst humanitären Ansatz der Flüchtlings-, Migrations- und Zuwanderungspolitik, die von Nancy Faeser als Sachwalterin der Merkel’schen Strategien getreulich weitergeführt wird, in Frage stellt.

Ihr Brief, an ihren hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein und Bundeskanzler Olaf Scholz adressiert, beginnt mit der Darstellung der Zwickmühle in der sie sich befinden.

Einerseits stünden Sie als direkte Vertreter der Bürger in unmittelbarem Kontakt mit der Bevölkerung, andererseits hätten sie den Auftrag politische Entscheidungen, die von Land, Bund und EU getroffen werden, auf der untersten Verwaltungsebene umzusetzen.

Um aber ausführen zu können, was ihnen von fernen politischen Lenkern vorgegeben wird, bräuchten sie mehr Hilfe und Unterstützung.

„Wird uns diese Hilfe nicht gewährt, sind wir nicht mehr in der Lage, adäquat Hilfe zu leisten und Integration zu ermöglichen.“

Es folgt eine Aufzählung der brennendsten Probleme.

  • Immer weiter steigende Zahlen von Flüchtenden, die von den Städten und Gemeinden im Landkreis aufgenommen werden sollen,
  • Überforderung der hier ansässigen Menschen mit der Erwartung  Hilfeleistungen zu erbringen,
  • immer größer werdende Probleme der Wohnraumbeschaffung,
  • absehbare Überlastung vorhandener Infrastruktur (Kindertagesstätten, Schulen, Sozialbetreuung, Deutschunterricht und vieles mehr)

Sie schreiben dann, dass sie sich sehr wohl in der Verantwortung sehen, Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine zur Seite zu stehen, dass sie sich auch der Aufgabe stellen, Flüchtlingen aus der ganzen Welt Hilfe zu gewähren.

„Doch für uns sind die Grenzen erreicht und drohen überschritten zu werden.“

In den Gemeinden sei das ehrenamtliche Engagement hoch, mit der Dauer zeige sich jedoch eine gewisse Ermüdung. Es sind immer wieder die Gleichen, die aktiv Hilfe leisten. Doch auch dieses Hilfesystem ist gefährdet, wenn es durch weiteren Zustrom von Geflüchteten überfordert wird.

„Und wir wollen nicht verschweigen, dass diese Art der Hilfe auch stark abhängig ist von denen, die geflüchtet sind.“

Auch die heimische Bevölkerung befinde sich in einem Krisenmodus, der zwar nicht mit der Lebenskrisensituation der Geflüchteten zu vergleichen ist, aber mit Corona, Energiekrise, Inflation und unsicherer wirtschaftlicher Entwicklung seine Spuren hinterlassen habe.

Dem schließt sich die Forderung an Bundeskanzler und Ministerpräsident an:

„Machen Sie (…) deutlich, dass Integration auch  das Engagement, den Willen und den Einsatz von denen abverlangt, die zu uns kommen und von uns Unterstützung erhoffen und erwarten.“

Abschließend merken die einundzwanzig Unterzeichner an, dass sie sich um die Zukunft in unserem Lande sorgen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet sehen,

„wenn die Weichen nicht durch Bund und Land an mehreren Stellen umgelegt werden. Es müssen nun endlich tragfähige und langfristige Lösungsansätze in der Flüchtlingspolitik gefunden und umgesetzt werden.“

 

Da ist sie nun also, die wohl schon länger nur gewonnene, nun aber auch ausgesprochene Erkenntnis, dass es mit der Prolongation des inhaltsleeren „Wir schaffen das“ nicht mehr getan sein kann.

Zwischen den Zeilen, die als Hilferuf an Bund und Land gestaltet sind, lässt sich aber auch die Enttäuschung über das Missverhältnis zwischen dem Versorgungsanspruch der Flüchtlinge und deren mangelnder Bereitschaft, sich zu integrieren, bzw. integrieren zu lassen, herauslesen.

Wenn Kommunalpolitiker ihre letzte Hoffnung darauf setzen müssen, einen solchen Brief zu schreiben, weil die fernen Entscheider den Kontakt zur Basis und zur Bevölkerung verloren haben und die reale Situation nicht zur Kenntnis nehmen können oder wollen, dann ist jetzt der Punkt erreicht, an dem letztmals die Weichen gestellt werden können, um die offene Konfrontation noch zu verhindern, indem den Interessen der eigenen Bevölkerung wieder die Priorität eingeräumt wird, wie sie Grundgesetz und Amtseid verlangen.

Hier der Brief im Original: