Atomkraft und Gas für das Klima?

 

Das muss kein rechter Grüner sein,
dem niemals fiel das Jammern ein.

 

Nach den Vertretern der reinen Lehre darf Energie überhaupt nur genutzt werden, wenn sie als elektrischer Strom vorliegt, der aus Biogasanlagen, Wasserkraftwerken, Photovoltaik-Anlagen und Windmühlen stammt, oder wenn es sich um Strom aus Brennstoffzellen handelt, die mit Wasserstoff gefüttert werden der mittels Strom aus Biogasanlagen, Wasserkraftwerken, Photovoltaik-Anlangen und Windmühlen erzeugt wurde.

Die Vertreter dieser reinen Lehre sehen die Einhaltung der Grenzen der CO2-Emissionen als oberstes Staatsziel an, weil nur so der Anstieg der Weltdurchschnittstemperatur auf 1,5 Grad Kelvin begrenzt werden kann. An zweiter Stelle ihrer Prioritätenreihe steht die Verhinderung der Nutzung von Strom aus Atomkraftwerken, weil es hieße, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, wollte man, um den Hitzetod zu vermeiden, lieber den Strahlentod sterben.

Alles andere ist den Vertretern der reinen Lehre nicht etwa scheißegal, wie man leicht versucht sein könnte, anzunehmen. Es ist eher so, dass sie den Weg zu der Erkenntnis, dass auch beim Energiebedarf irgendwie alles mit allem zusammenhängt, bis heute nicht beschritten haben. Da herrscht, wenn man es mit Hilfe der Fachterminologie ausdrücken will, ein vollständiger, flächendeckender und kaum zu behebender energiepolitischer Blackout.

Das sind die Fakten über den Energiebedarf – und hinter diesen Fakten steht, neben dem Strom, der mit 545 Terrawattstunden im Jahr 2020 nur zu einem Bruchteil zur Energieversorgung Deutschlands beigetragen hat, dieses „Alles andere“, das so selbstverständlich funktioniert, dass es überflüssig ist, darüber nachzudenken.

Nun hat die EU-Kommission, die offenbar bemerkt hat, dass man alles andere nicht einfach so vernachlässigen kann, sowohl die Atomkraft als auch Erdgas in ihrer Taxonomie – wenn auch an Auflagen geknüpft  – unter die „nachhaltigen“ Energiequellen eingeordnet, was bedeutet, dass Investitionen in neue Kernkraftwerke und neue Gaskraftwerke mit Fördermitteln rechnen können.

Der Aufschrei der Vertreter der reinen Lehre war schon Anfang Januar unüberhörbar, als die Pläne der Kommission bekannt wurden. Ein Offenener Brief an die deutsche Bundesregierung wurde geschrieben, die Kommission setze ein fatales Signal, stattdessen sei ein klarer finanzpolitischer Weg zur Umsetzung des European Green Deal aufzuzeigen. Die Regierung möge sich im Rat gegen dieses Kommissionsvorhaben aussprechen und die von Österreich und Luxemburg geplante Klage unterstützen.

Mich irritiert in diesem Offenen Brief vor allem die Aussage, statt dem drohenden Energiemangel mit neuen Krafwerken, die den Namen verdienen, entgegenzuwirken, müsse ein „finanzpolitischer Weg“ aufgezeigt werden.

Ja glauben die denn, die Physik ließe sich verändern, wenn man nur genug Geld einsetzt?

Die einzige Möglichkeit, auf finanzpolitischem Weg Energie zu gewinnen, bestünde wohl darin, Unmengen von 5-Euro-Scheinen erst zu drucken, um sie dann thermisch zu verwerten, also an Stelle von Gas zu verbrennen. Vermutlich würde der Druck dieser Papiermengen allerdings mehr Energie verbrauchen als anschließend beim Verbrennen wiedergewonnen werden könnte.

Man muss das Beispiel nicht so wörtlich nehmen. Energielücken auf finanzpolitischen Wege zu schließen, läuft jedoch zwangsläufig darauf hinaus Geld zu verbrennen. Wobei es absolut gleichgültig ist, ob dieses Geld vom Staat über Steuern, Abgaben und Bußgeldbescheide von den Bürgern eingesammelt und den Investoren en bloc in den Rachen geworfen wird, oder ob die Konsumenten über ihre Strom- und Heizkostenrechnungen und über die inflationäre Wirkung der  Energieverteuerung das Geld en detail abdrücken müssen.

Abgesehen von der Wasserkraft, die in Deutschland aufgrund der geografischen Gegebenheiten über die jährliche Gesamtleistung von 13 Terrawattstunden kaum noch weiter ausgebaut werden kann, sind die „Erneuerbaren“ ohne massive Subventionen in Deutschland nicht überlebensfähig. Es kommt auch hier nicht darauf an, ob die im Verhältnis zum Ertrag „untragbaren“ Kosten über die EEG-Umlage und Netzentgelte vom Endkunden bezahlt werden müssen, oder ob der Staat, wie es momentan überlegt wird, die EEG-Umlage aufhebt und stattdessen Steuermittel verwendet – die aber auch irgendwo herkommen müssen.

Photovoltaik und Windkraftanlagen sind im Vergleich zu herkömmlichen Kraftwerken unwirtschaftlich, was sich auch dann nicht ändert, wenn die Vergleichsmöglichkeit eines nicht allzu fernen Tages nicht mehr gegeben ist, weil das letzte mit fossilen Energieträgern betriebene Kraftwerk vom Netz genommen ist.

Strom für das E-Mobil, gewonnen aus Sonne und Wind, kann im Wettbewerb gegen Benzin und Diesel nicht bestehen – und vor allem: Er wird nicht in ausreichender Menge verfügbar sein.

Werfen Sie bitte noch einmal einen Blick auf die Grafik. Der Ersatz von knapp 17 % Primär-Energie, bzw. einem Drittel des Strombedarfs,  durch die so genannten Erneuerbaren hat den Strompreis von durchschnittlich 14,9 Cent/KWh im Jahr 2000 auf inzwischen 32 Cent ansteigen lassen. Der Verbraucherpreis-Index (inclusive Strom) ist in dieser Zeit von 79,9 auf 110 gestiegen, also um knapp 40 %.

Der Strom dürfte also nur 20,7 Cent/KWh kosten, wäre die allgemeine Inflation an der Verteuerung schuld. Wir haben also einen Mix von immer noch 2/3 Strom zu Kosten von 20,7 Cent und 1/3 Strom zu 54,6 Cent, was dann die 32 Cent pro KWh ergibt.

(Zum Nachrechnen: 20,7+20,7+54,6 = 96,0 : 3 = 32,0)

Jeder weiterer Rückbau konventioneller Kraftwerke und jeder weitere Zubau von Wind und Solar, treibt den Strompreis, ohne dass zusätzliche inflationäre Einflüsse erforderlich wären, weiter auf den Wert von 55 Cent/KWh zu, die offenbar erforderlich sind, um die Investitionen rentabel zu machen,

Dass manche Energieversorger ihren, wegen der Insolvenz eines Anbieters zwangs-zugewiesenen Neukunden schon rund 1 Euro pro Kilowattstunde in Rechnung stellen wollen, liegt wiederum daran, dass sie den benötigten Strom zu Höchstpreisen an der Strombörse einkaufen müssen, wo Strom inzwischen gerade dann zum knappen Gut geworden ist, wenn die Sonne nicht scheinen und der Wind nicht wehen mag, was übrigens wiederum die Ursache für die Insolvenz einer ganzen Reihe von Stromhändlern war.

Deutschland CO2-neutral 2055,

das würde, selbst dann, wenn es gelänge, die zusätzlichen Windkraftkapazitäten aufzubauen, die notwendige Speichertechnologie zu erfinden und im großen Maßstab einzusetzen, was vollkommen illusorisch ist, mit einem (inflationsbereinigten) Strompreis von 55 Cent/KWh im internationalen Wettbewerb lange vorher sowohl seine Industrie als auch seine Landwirtschaft verloren haben und mit einer Arbeitslosigkeit von 80 bis 90 Prozent auf Lebensmittelspenden von internationalen Hilfswerken angewiesen sein.

Doch was erzählen die Vertreter der reinen Lehre:

Wenn wir nur unbeirrt vorangehen, wird uns die ganze Welt folgen, und wir werden uns am Export von Windrädern und Solarpaneelen eine goldene Nase verdienen.

Es erinnert irgendwie an Hans im Glück.

Das war ein Märchen, das man früher den Kindern vorgelesen hat, damit sie das, was sie haben, bewahren und es sich nicht um eines vermeintlichen Vorteils willen abschwatzen lassen.

Der Erde wird 2055 so warm oder so kalt sein, wie es die Sonneneinstrahlung ermöglicht.

Deutschlands Dekarbonisierung hat darauf keinen messbaren Einfluss. Der Einfluss der Dekarbonisierung beschränkt sich auf den Wohlstand der deutschen Bevölkerung, die ihren Goldklumpen schon vor Jahren gegen ein Pferd eingetauscht hat und nun dabei ist, in schneller Folge über die Kuh und das Schwein und eine Gans für kurze Zeit zum Schleifsteinbesitzer zu werden, bis auch dieser, durch eine letzte Ungeschicklichkeit, in den Brunnen fällt.

Und schon steht wieder Klaus Schwab am Fenster und ruft uns in äußerster Verzückung zu:

„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet nichts besitzen, und glücklich sein.“