Wir müssen den Zuwachs der Welt-Durchschnitts-Lautstärke bis 2050 auf 1,5 dB begrenzen

Halt! bleiben Sie hier! Es geht ums Klima!

PaD 18 /2023 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 18 2023 Lautstärke Reduktion

 

Sie haben ja recht, die Überschrift ist vollkommener Blödsinn.

Aber stellen Sie sich doch vor, der Weltkongress der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte hätte schon vor zwanzig Jahren eine Studie vorgestellt, aus der eindeutig hervorgeht, dass die Welt-Durchschnitts-Lautstärke in den letzten 150 Jahre bereits um 5 dB angestiegen sei, mit einem besorgniserregend steilen Anstieg in den letzten 50 Jahren. Eine weitere Steigerung der Lautstärke führe unweigerlich zu irreversiblen Kipppunkten, die eine weltweite Taubheit bei Mensch und Tier nach sich ziehen. Des weiteren hätte der Dachverband der Audio-Geologen davor gewarnt, dass die hochenergetischen akustischen Schwingungen in Resonanz mit den Gesteinsformationen der Gebirge gelangen könnten, was weltweit zu Hangrutschen und Gerölllawinen führen werde, bis die Täler aufgefüllt sind und einstige Hochgebirgslandschaften sich in nicht wieder zu erkennende Plateaus verwandeln würden.

Seither ist – volle zwanzig Jahre lang – kein Tag vergangen, an dem nicht zur Rettung der Welt durch Lautstärkebegrenzung beim Musizieren und der Wiedergabe von Musikkonserven aufgerufen worden wäre. Neue gesetzliche Bestimmungen untersagen inzwischen die Verwendung von Resonanzkörpern an Musikinstrumenten aller Art. Die Trommel nur noch ein gespanntes Fell, die Violine nur noch ein Stab, über den Saiten gespannt sind, Trompeten, Posaunen nur noch mit fest angelöteten Stopf-Vorsätzen, sollen dazu beitragen, die Lautstärke auf ein vorindustrielles Niveau zu drücken.

Ab 1. Januar 2024 dürfe nur noch geräuschgedämpfte elektronische Wiedergabegeräte verkauft werden. Noch vorhandene Geräte können vorläufig weiter genutzt werden, aber nur mit maximal 45 dB, gemessen im Abstand von einem Meter vor dem Lautsprecher. Für besorgte Mitbürger wird ein Meldeportal eingerichtet, wo Nachbarn, welche die Obergrenzen überschreiten, anonym zur Anzeige gebracht werden können.

Denken in Analogien

Denken in Analogien ist sehr hilfreich, wenn es  gelingt, die passende Analogie zu finden. Im vorstehenden Beispiel ging es nicht darum, in der Musik eine Analogie zum Klima zu finden, sondern darum, eine Analogie zu der Reduktion des komplexen Klimasystems auf einen einzigen Parameter, nämlich die Weltdurchschnittstemperatur, zu finden. Das ist mit der Reduktion der Geräuschemissionen einzig auf den Parameter der Welt-Durchschnitts-Lautstärke durchaus beeindruckend gelungen. In dieser Analogie gelingt es dann auch, das Ergebnis dieser radikalen Reduktion, nämlich das weitgehende Verbot  musikalischer Darbietungen oberhalb der Hörbarkeitsschwelle als vollkommenen Blödsinn zu erkennen. Was jetzt noch fehlt, ist die Rückübertragung dieser Erkenntnis auf die Klimaprognosen und die daraus abgeleiteten Maßnahmen zur angepeilten, weltweiten CO2-Neutralität.

Doch daran hapert es.

Die Sache mit dem Klima und der Temperatur und der Erderhitzung, die ist uns schließlich vertraut. Davon haben wir so viel gehört und gelesen, darüber gibt es so viele wissenschaftliche Artikel, dass die dazu gebildete Analogie abgelehnt wird. Die zugehörige Standardfloskel lautet: „Das kann man doch nicht vergleichen!“

Wenn dann die Frage auftaucht, WARUM man es nicht vergleichen könne, dann ist die spontane Antwort ganz einfach:

Das mit dem Klima, das ist Realität.

Das mit der Musik, das ist doch nur ein passend hingeschustertes Fantasieprodukt. Niemand würde Musik ausschließlich auf die Lautstärke reduzieren, schon gar nicht auf das dreißigjährige Mittel einer Welt-Durchschnitts-Lautstärke. Und außerdem macht ja nicht nur die Musik Lärm. Es gibt Milliarden anderer, durchaus noch viel lauterer Lärmquellen. Die werden da einfach nicht berücksichtigt. Wahrscheinlich trägt die Musik überhaupt nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich zum Welt-Durchschnitts-Lärm bei.

Spätestens jetzt trägt das Denken in Analogien Früchte. Mit den Wärmequellen verhält es sich nicht anders. Das atmosphärische CO2 ist ja noch nicht einmal eine Wärmequelle, so wie der Mond auch keine Lichtquelle ist. Die CO2 Moleküle werden von der Wärmeabstrahlung der Erde angeregt und strahlen einen Teil dieser Verlustwärme der Erde zur Erde zurück, und andere solcher „Rückstrahler“ gibt es genug. Im Kyoto-Protokoll sind sie aufgezählt:

  • Kohlendioxid (CO2),
  • Methan (CH4),
  • Lachgas (N2O) sowie die fluorierten Treibhausgase (F-Gase):
  • wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW),
  • perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW),
  • Schwefelhexafluorid (SF6),
  • Stickstofftrifluorid (NF3)

Allerdings ist das wirksamste „Treibhausgas“ in dieser Aufzählung gar nicht enthalten. Es ist der Wasserdampf. Etwa zwei Drittel aller Wärmerückstrahlungen sind auf den Wasserdampf zurückzuführen. Gibt es irgendwo eine Zahlenreihe, in welcher die Veränderung des Wasserdampfgehaltes der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung festgehalten ist? Gemessen wird ja immer nur die relative Feuchte. Vielleicht gibt es eine solche Zahlenreihe der absoluten Luftfeuchte, aber, falls es sie geben sollte, warum wird nicht darüber berichtet? Immerhin befinden sich in der Luft so ungefähr vier Prozent Wasserdampf.

Kann nicht stimmen! 78 Prozent Stickstoff + 21 Prozent Sauerstoff sind ja schon 99 Prozent  – und mehr als 100 Prozent Luft gibt es nicht.

Doch. Es stimmt. Die 99 Prozent Stickstoff und Sauerstoff gelten nur für trockene, also wasserfreie Luft. Doch die Atmosphäre ist nun mal nicht wasserfrei.

Wir sind jedoch – in der Analogie zum Lärm – bisher nur bei den „Echos“. Kommen wir also zu den Wärmequellen.

8 Milliarden Menschen geben permanent 800 Gigawatt Wärmeenergie ab, täglich 19,2 Terrawattstunden, pro Jahr 7 Petawattstunden. Alle übrigen Säugetiere ob an Land oder im Wasser, ob frei oder als Nutztier lebend, bringen ungefähr die doppelte Masse der Menscheit auf die Waage. Ihre Wärmeabgabe dürfte – ganz grob geschätzt – demnach bei 14 Petawattstunden pro Jahr liegen.

Der Energiebedarf der Menschheit, der entweder direkt der Wärmeerzeugung dient oder letztlich von kinetischer Energie in Wärmeenergie umgewandelt wird, liegt bei 160 Petawattstunden pro Jahr. Nehmen wir Waldbrände, Vulkanausbrüche und andere natürliche Wärmequellen hinzu, dann dürfte die Gesamtwärmeerzeugung auf dem Planeten Erde in der Größenordnung von 200 Petawattstunden pro Jahr liegen.

Dem stehen allerdings 1,5 Millionen Petawattstunden gegenüber, die jährlich, von der Sonne ausgehend, die Erdoberfläche erreichen.

Allerdings strahlt die Sonne nicht gleichmäßig. Ihre Strahlungsintensität wechselt zyklisch. Am bekanntesten dürfte der 11-jährige Schwabe-Zyklus sein, innerhalb dessen die Sonnenflecken-Aktivität zwischen einem Minimum und einem Maximum wechselt. Zwei Schwabe-Zyklen ergeben einen Hale-Zyklus, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die magnetische Polarität der Sonne zwischen den Schwabe-Zyklen wechselt. 80 bis 90 Jahre, im Mittel 85 Jahre, dauert der Gleisberg-Zyklus. Der Seuss-Zyklus, auch de-Vries-Zyklus genannt, dauert 180 bis 210 Jahre. Der Gleisberg-Zyklus und der de-Vries-Zyklus überlagern sich alle 1.470 Jahre. Mit einer Dauer von 2.400 Jahren wird der noch längere Hallstadt-Zyklus angegeben.

Aber zurück zu der Überlagerung zweier langfristiger Zyklen im Abstand von 1.470 Jahren, einer Entdeckung des unverdächtigen Klimaforschers Stefan Rahmsdorf. Diesem Zyklus werden nämlich die so genannten „Dansgaard-Oeschger-Ereignisse“ zugeordnet. Es handelt sich um abrupte Klimaschwankungen während der letzten Kaltzeit, die zuerst in Eisbohrkernen aus dem Grönländischen Eisschild identifiziert wurden. In der nördlichen Hemisphäre, vor allem auf Grönland und im Nordatlanktikraum, traten sie in Form von Temperaturspitzen bei rapider Erwärmung auf, denen eine langsamere Abkühlung folgte. Insgesamt 25 solcher Ereignisse wurden in einem Zeitraum von 100.000 Jahren gefunden. 

Der Zusammenhang zwischen dem 1.470-Jahre-Zyklus und den Dansgaard-Oeschger-Ereignssen wurde übrigens erst im Jahr 2005 festgestellt.

Hier findet sich eine Zusammenfassung des aktuellen Forschungsstandes bezüglich der Entstehung und Taktung der bekannten Zyklen. Darin wird auch darauf eingegangen, dass es sich bei den Aktivitätswechseln, die in längeren Zeiträumen auftreten, um chaotische Ereignisse handelt, die sich der Vorhersagbarkeit entziehen, und  dazu soll auch das „Maunder-Minimum“ zählen, das zwischen 1645 und 1715 als „kleine Eiszeit“ in Erscheinung getreten ist, wobei über einen Zeitraum von 30 Jahren überhaupt keine Sonnenflecken aufgetreten sind.

Die Beschäftigung mit diesen Phänomenen ist ausgesprochen spannend, jedoch ist ein Paukenschlag weder der geeignete Ort das umfangreiche Wissen vollständig auszubreiten, noch könnte ich nichts anderes tun, als Quelle um Quelle aufzuzeigen. Zielführender ist es jedoch, wenn Sie, soweit Sie tiefergehend interessiert sind, sich Ihren eigenen Pfad durch die Informationen bahnen, die im Internet verfügbar sind.

Doch schon dieser kurze Ausflug in die Mannigfaltigkeit der Aspekte, die auf unser Klima einwirken, dürfte ausreichen, die Fixierung auf die Veränderung der Welt-Durchschnitts-Temperatur, ermittelt aus den Ergebnissen von einigen Zehntausend Messpunkten, als eine allzu grobe Vereinfachung zu erkennen. Zumal die Temperatur, soweit sie über dem absoluten Nullpunkt liegt, lediglich ein Indiz für das Vorhandensein von Wärme ist. Ob mehr Wärme vorhanden ist, wenn die Temperatur steigt, oder weniger, wenn die Temperatur sinkt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es genügt ja, die so genannte Wärmepumpe zu betrachten. Da wird eine bestimmte Wärmemenge aus einem Medium entnommen, zum Beispiel aus 7 Grad warmer Luft, um mit exakt dieser Wärmemenge das Wasser im Heizkreislauf auf 35 Grad zu erwärmen.

Die nächste, beinahe zwangsläufig im monokausalen Denken angelegte Reduktion der Komplexität findet sich darin, dass exakt eine Ursache für die Klimaerwärmung gesucht und gefunden wird. Nur weil sich über der Kurve der Temperatur-Messungen seit Beginn der Aufzeichungen eine ähnliche Kurve der CO2-Konzentration zeichnen lässt, wird die Suche nach allen anderen Ursachen, vor allem nach der wahrscheinlichsten aller Ursachen, schlicht unterlassen.

Es ist nicht minder absurd, als hielte man die Musik für die einzige Ursache des Lärms auf Erden, weshalb sie binnen weniger Jahre bis auf Zero-Null verboten werden müsste.

Zum Dessert:

Ein Kohlekraftwerk mit 400 Megawatt Leistung abzuschalten und dafür 240 5 Megawatt Windräder zu errichten, samt Elektrolyse zur Wasserstoffgewinnung, samt Anlagen zur Wasserstoffverflüssigung, samt Tanks für flüssigen Wasserstoff, sowie Anlagen zur Stromerzeugung aus flüssigem Wasserstoff, ist ungefähr so sinnvoll, wie den Staubsauger in der Hoteletage mit 50 Zimmern stillzulegen und stattdessen kleine Handfeger und kleine Schäufelchen, sowie kleine Eimerchen zur Bodenreinigung einzusetzen.