Wie kommt der Oligarch zur Yacht?

Weil es die Witterung endlich zulässt, meine landschaftsgärtnerischen Aktivitäten wieder aufzunehmen,

habe ich die ersten Morgenstunden genutzt, ein paar Sätze zu den Oligarchen und ihren Yachten zu formulieren. Dass ich dabei nicht nur „russische“ Oligarchen meine, und auch nicht darüber nachdenke, ob es richtig ist, deren Yachten zu beschlagnahmen, sondern der Frage nachgehe, wie sie überhaupt zu ihren Yachten kommen konnten, wird Ihnen beim Lesen dieses kurzen Beitrags klar werden. Eine Fortsetzung ist geplant.

 

Wie kommt der Oligarch zur Yacht?

Es erscheint immer wieder rätselhaft, wie einzelne Personen zu so viel Geld kommen, dass sie sich eine viele Millionen teure Yacht nicht nur kaufen, sondern auch noch unterhalten und betreiben können, während Millionen von Menschen, obwohl sie fleißig arbeiten, gerade einmal genug zum Leben haben.

Gut. Karl Marx hat versucht, das Phänomen zu erklären. Das ist lange her, und seit sich die DDR aufgelöst hat, werden Begriffe wie Kapital und Arbeit und Mehrwert in den Schulen nicht mehr erwähnt, und wo doch, da eben in ganz anderen Bedeutungszusammenhängen.

Die vielfältigen Verflechtungen des Wirtschaftens machen es darüber hinaus schwer, im Gewirr der Transaktionen überhaupt noch dem Weg des Geldes zu folgen. Der Versuch, das Prinzip sichtbar zu machen, gelingt daher am ehesten, wenn  dabei ein vereinfachtes und verdichtetes Modell benutzt wird, in dem dennoch alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden.

Nehmen wir also eine Volkswirtschaft und teilen sie in zwei Bereiche, nämlich den Bereich der Produktion von Konsumgütern, einschließlich der dafür erforderlichen Investitionsgüter, und den Bereich der Produktion von Luxusgütern.

In der Realität finden wir in der Produktion von Konsumgütern eine unüberschaubare Vielzahl von Produkten, die vom Hühnerei über das T-Shirt und den Wohnzimmertisch bis zum E-Mobil reichen. Alles Erzeugnisse, die innerhalb einer relativ kurzen Frist ersetzt werden müssen, weil sie durch die Nutzung mehr oder weniger schnell zerstört und ersetzt werden müssen.

Auch bei den Luxusgütern finden wir eine Vielzahl von Erzeugnissen, die aufgrund ihrer Qualität und ihrer Seltenheit oder ob ihrer schieren Größe begehrt und daher teuer sind. Die große Villa im hektargroßen Park und die 30-Meter-Yacht lassen dabei die Rolex am Handgelenk schon armselig  wirken, von den Fähnchen aus der Produktion der Haute Couture ganz zu schweigen.

Für unser Modell wollen wir diese beiden Bereiche auf lediglich zwei Produkte eindampfen, nämlich die Produktion von Brot als alleiniges Nahrungsmittel, und die Produktion von Luxusyachten als alleiniges Symbol des Reichtums.

Damit wird auch die Vorstellung leichter, dass es statt einer Unzahl von Betrieben und Unternehmen in beiden Bereichen nur jeweils einen Oligarchen gibt. Der eine lässt seine Arbeiter das Brot für die gesamten Bevölkerung produzieren, der andere lässt seine Arbeiter Yachten bauen.

 

Nehmen wir nun an, dass je die Hälfte der Bevölkerung, also neben den Arbeitern auch deren Familien, Kinder und Rentner, den Lohn für ihren Lebensunterhalt von einem der beiden Oligarchen erhalten.

Daraus ergibt sich, dass der Brot-Oligarch in seinen Betrieben doppelt so viel Brot produzieren lassen muss, wie seine eigene Belegschaft benötigt. Anders herum: Ein Brot-Arbeiter muss für jedes Brot, dass er für sich und seine Angehörigen herstellt, ein zweites Brot für jene Menschen herstellen, die vom Luxus-Oligarchen beschäftigt werden.

Da es außer Brot nichts gibt, was die Menschen kaufen können, genügt es vollauf, den Lohn aller Arbeiter so festzulegen, dass sie sich davon so viel Brot kaufen können, wie sie zum Leben benötigen.

Das bedeutet, dass die Löhne aller Beschäftigten, also auch der Beschäftigten des Luxus-Oligarchen, nach jeder Lohnzahlung relativ schnell in der Kasse des Brot-Oligarchen landen, dessen Einnahmen damit doppelt so hoch sind, wie seine Lohnkosten. Die Ausgaben bleiben Monat für Monat gleich, die Einnahmen ebenfalls, so dass sich die Kasse des Brot-Oligarchen Monat für Monat weiter füllt und die Kasse des Luxus-Oligarchen Monat für Monat  um den gleichen Betrag schrumpft, während dafür in seiner Werft eine neue Luxusyacht entsteht.

Wichtig ist es, zu erkennen, dass das als Lohn zu den Arbeitern und dann in die Kasse des Brot-Oligarchen fließende Geld eine konstante Größe ist, wie eine stehende Welle am Wehr und zu nichts anderem dient, als die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten und die notwendige Reproduktionsrate der Arbeiterschaft zu gewährleisten.

Gleichzeitig findet beim Brot-Oligarchen eine Kapital-Akkumulation in Form von Geld statt, beim Luxus-Oligarchen hingegen entsteht ein langlebiges Wirtschaftsgut, nämlich die Luxus-Yacht.

Wie groß und luxuriös diese Yacht wird, hängt wesentlich davon ab, wie lange  der Luxus-Oligarch in der Lage ist, die Löhne seiner Beschäftigten aus seinem Geldvermögen zu bezahlen.

 

Eines Tages wird es zum Verkauf der Yacht an den Brot-Oligarchen kommen. Weil der Luxus-Oligarch jedoch nicht daran denkt, die Yacht nur zu dem Preis zu verkaufen, der der Summe der von ihm geleisteten Lohnzahlungen entspricht, also zu dem Preis, der dem Vermögenszuwachs des Brot-Oligarchen entspricht, fordert er exakt das Doppelte der Lohnsumme, die er für die Herstellung der Yacht gezahlt hat.

Der Bäcker Oligarch greift zu. Sein Geldvermögen schrumpft, so wie vorher das Geldvermögen des Luxus-Oligarchen geschrumpft ist. Dafür besitzt er jetzt die Yacht und erfreut sich am hinzugewonnenen Luxus.

Der Luxus-Oligarch ist die Yacht los, dafür ist sein Geldvermögen deutlich über seinen Anfangs-Bestand hinaus angewachsen.

Bis sein Geldvermögen durch die Lohnzahlungen wieder auf den Anfangsbestand geschrumpft ist, ist auf seiner Werft eine zweite Luxusyacht entstanden, die er nun selbst nutzen kann, während auch der Brot-Oligarch sein Geldvermögen wieder auf den Anfangsbestand hochfahren konnte.

Letztlich ist es beiden gelungen, ohne ihr Vermögen angreifen zu müssen, zu stolzen Besitzern einer Luxusyacht zu werden.

Und für die Bevölkerung hat sich auch nichts zum Schlechteren verändert.

 

Das ist das Grundprinzip.

Warum die „Yachten“ mit der Zeit zwangsläufig immer größer werden, werde ich in den nächsten Tagen erklären.