Wald- und Pfadfinder-Romantik in Hessen

Man sollte es sich nicht zu leicht machen, mit den Waldrettern in Hessen.

Da klettern volljährige, wahlberechtigte Menschen in die Baumwipfel, so wie sich sonst Dreijährige vor der Supermarktkasse auf den Boden werfen, weil sie sich nicht vorstellen können, dass es so etwas wie endgültige Entscheidungen gibt, denen sie sich, wollten sie sich ernsthaft zur Demokratie bekennen, schlicht und einfach beugen müssten.

Warum tun die das?

Es geht darum,

  • von einem Waldstück in der Größe von 1.000 ha, das sind 1.000 x 10.000 m² also 10 Quadratkilometer, was im Gelände so ungefähr 2,5 x 4,0 Kilometer ausmacht,
  • eine Fläche von 27 ha, also ungefähr 70 m x 4000 m zu roden und dort ein kleines Stück Autobahn des letzten, 31 Kilometer langen Teilstücks zur Fertigstellung der A49 zu bauen.

Es geht also, FESTHALTEN!, um 0,0002368 Prozent (oder etwa 2,3 ppm) der Waldfläche Deutschlands, und um 0,054 Prozent jener 50.000 Hektar, um welche die Waldfläche Deutschlands in den letzten zehn Jahren zugenommen hat, obwohl in Deutschland jährlich rund 170.000 Hektar Wald gefällt und dabei rund 60 Millionen Kubikmeter Holz geerntet werden.

Es geht also, rein materiell gesehen, um nichts.

Damit ist selbst der Vergleich mit dem Dreijährigen an der Supermarktkasse vollständig obsolet, denn:

Welcher Dreijährige, der schon 11,4 Millionen Gummibärchen hat und ständig noch welche dazu bekommt, würde sich den Stress machen, sich schreiend auf dem Boden zu wälzen, wenn die Mutter meint, er möge doch bitte wenigstens 27 seiner 11,4 Millionen an seinen größeren Bruder abgeben?

Warum also tun die das?

Neben dem Schlachtruf: „Wald statt Asphalt“, wird ein weiteres Argument bemüht. Die Betonpiste mitten durch den Wald würde die Trinkwasserversorgung von hunderttausenden Menschen gefährden.

Es ist dies ein gerne bemühtes Argument gegen Bauvorhaben jeglicher Art. Elon Musk, zum Beispiel, hat beim Bau seiner Gigafactory in Brandenburg ebenso damit zu kämpfen. Ich gehe jedoch davon aus, dass dieses Problem in den jahrelangen Rechtsstreitigkeiten um die Fertigstellung der A49 ebenso begutachtet und letztlich für irrelevant oder doch nur so wenig relevant eingestuft wurde, dass es gegenüber dem Nutzen der verbesserten Verkehranbindung der Region und der Entlastung der Bundes- und Durchgangsstraßen klar zurückzustehen habe.

Warum also tun die das?

Ich unterstelle, dass die Initiatoren am Dannenröder Forst genau so viel Interesse haben wie am Mare Nectaris (Kennen Sie nicht? Ist einer der dunklen Flecken auf dem Mond.). Dass es unter den vor Ort auftretenden Aktivisten auch welche gibt, die fest daran glauben, mit ihren Aktionen die Welt zu retten und dafür unbequeme Tage und Nächte in Baumhäusern, samt unvermeidlicher Erkältungen und möglicher Verletzungen bei der Räumung in Kauf nehmen, will ich nicht bezweifeln. Für die trifft annähernd zu, was Albert Einstein so formuliert hat: „Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit Radius null – und das nennen sie ihren Standpunkt.“

Die Initiatoren, denen es im Wissen um diesen Standpunkt leicht fällt, genügend Aktivisten zu aktivieren, haben durchaus einen weiteren Horizont, innerhalb dessen der Dannenröder Forst eine Episode ist, die es ihnen ermöglicht, Aufmerksamkeit zu wecken. Nicht für die Bäume, nicht für das Grundwasser, sondern in erster Linie für sich selbst und ihre Parteien, auf dass ihr Einfluss wachse.

Natürlich ist es schade um jeden Baum. Aber wenn man sich schon so dafür einsetzt und unbedingt verhindern will, dass ja kein Baum mehr einer technischen Anlage geopfert werden wird, dann verstehe ich nicht, wie man gleichzeitig jeden Flecken Land, möglichst auf windigen Hügeln, für Windräder opfern kann.

Für jedes Windrad auf bewaldeten Bergeshöhen müssen 0,5 Hektar Wald gerodet werden. In Hessen, und um Hessen geht es ja, waren Ende 2019 1.161 Windräder installiert (fast hätte ich „in Betrieb“ geschrieben, glücklicherweise noch rechtzeitig bemerkt, denn die meiste Zeit stehen sie ja still.).

Nimmt man an, dass nur die Hälfte davon in Wälder gesetzt wurde, dann haben die gleichen politischen Kräfte, die jetzt um lächerliche 27 Hektar Wald kämpfen, mit ihrer unwirtschaftlichen, Vögel, Fledermäuse und Insekten vernichtenden, mittelalterlich-unzuverlässigen Technologie zur Flatterstrom-Erzeugung dafür gesorgt, dass die 20-fache Fläche kahlgeschlagen wurde und fordern unverblümt einen weiteren, maximalen Ausbau der Windmüllerei.

Und, vorletzte Frage in diesem Artikel, warum turnt Carola Rackete, die Jeanne d’Arc des UN-Migrationspaktes, eigentlich auf den Bäumen im Dannenröder Forst herum? Fehlt ihr das Publikumsinteresse, seit sie von Bord gegangen ist?

Der Staat hingegen tut das Übliche.

Hunderte Polizisten werden von nun an für Monate damit beschäftigt sein, Aktivisten von Baumwipfeln zu klauben, sie von Forstwegen wegzutragen, sie daran zu hindern, sich im Fallbereich zu fällender Bäume aufzuhalten, und gegebenenfalls nach Feststellung der Personalien wieder laufen zu lassen, damit das Spiel am nächsten Tag weitergehen kann. Im März 2021 müssen die Arbeiten dann aus Naturschutzgründen unterbrochen werden. Wenn es im Oktober dann wieder weitergehen darf, werden auch die Aktivisten wieder da sein, die sich in den Sommermonaten, vermutlich vehement für ihr Bedingungsloses Grundeinkommen demonstrierend, zum Sitzstreik vor dem Finanzministerium niederlassen werden, weil sie auf das „Von-Polizisten-weggetragen-Werden“ auch während der Naturschutzruhe im Wald nicht verzichten wollen.

Warum tut der Staat nur das Übliche?

Mit dieser letzten Frage will ich Sie alleine lassen. Lesen Sie ruhig den Artikel aus dem Spiegel, den ich hier verlinkt habe.

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