Von vorne, statt von hinten!

PaD 1 /2021 – Von vorne, statt von hinten! PDF: PaD 1 2021 Von vorne, nicht von hinten!

 

Von Angela Merkel heißt es oft, sie bedenke alles von hinten her.

Bei wohlwollender Interpretation definiert sie folglich zuerst einen erstrebenswerten künftigen SOLL- und End-Zustand. Das ist noch relativ einfach. Man wird ja noch mal träumen dürfen.

Schwierig wird es, von da aus den Weg zurück zu finden in das IST der Gegenwart. Da kann man nicht einfach SOLL und IST nebeneinanderstellen, und dann vom IST alles wegnehmen, was es im SOLL nicht mehr geben soll, und stattdessen das hinzufügen, was dem IST am SOLL fehlt.

So ungefähr machen es kleine Kinder mit ihren Bauklötzen. Am besten gleich Tabula rasa. Das Alte vernichten und aus den Trümmern das Neue bauen.

Aber ein Staat besteht nun mal leider nicht aus Bauklötzen, die sich beliebig kombinieren lassen.

Auch wenn man als Regierungschef zwangsläufig nur noch in groben Begrifflichkeiten denken darf, will man nicht im Wust der Details versinken, muss man doch sehr darauf achten, im Reformeifer die wichtigen Relationen zwischen den Bauklötzen nicht zu zerstören. Daran scheint es mir momentan jedoch arg zu mangeln.

Werfen wir einen Blick von hoher Warte auf einen Teil des staatspolitischen Metallbaukastens:

Deutschland verfügt im Verhältnis zur Bevölkerung, wie auch im Verhältnis zur Wirtschaftskraft nur über eine relativ kleine besiedelbare Fläche, die bis auf den letzten Quadratmeter vollständig verplant und genutzt wird. Grob kann man die Nutzung aufteilen in

  • Land- und forstwirtschaftliche Produktion
  • Urbane Nutzung (Wohnen, Einzelhandel und sonstiges Gewerbe)
  • Industrielle Produktion
  • Verkehr und Logistik
  • Energieerzeugung
  • Freizeit und Erholung
  • Naturschutz

Diese sieben Nutzungsarten stehen nicht nur untereinander in Konkurrenz um die verfügbaren Flächen, sie beeinflussen, bzw. beeinträchtigen sich auch gegenseitig.

So hat jeder Zuwachs der urbanen Nutzung, wie er durch das Wachstum der Bevölkerung erforderlich wird, entweder einen negativen Einfluss auf die für die übrigen Belange zur Verfügung stehenden Flächen, oder einen negativen Einfluss auf die Lebensverhältnisse der Bürger.

Man kann schon heute nicht mehr im Brustton der Überzeugung sagen, dass zwischen den Nutzungsarten ein ausgewogenes, gesundes Verhältnis bestünde, doch statt hier korrigierend einzugreifen und den Rückgang des Flächenbedarfs der schrumpfenden autochthonen Bevölkerung zu nutzen, um für Landwirtschaft, Naturschutz  und Freizeit- und Erholung anteilig mehr Flächen nutzbar zu machen, wird das Schrumpfen der Bevölkerung durch die erklärte Offenheit für Migration ohne jede steuernde Regulierung, ohne eine Obergrenze zu setzen,  mehr als überkompensiert. Und dann heißt es mit unschuldigem, rot-rot-schwarz-grünem Augenaufschlag:

Wir haben doch Platz!

 

Wir haben Platz?

2010 lag der Flächenbedarf der Landwirtschaft in Deutschland bei rund 166.500 Quadratkilometern. Die Bevölkerung betrug 81,752 Millionen Menschen. Die landwirtschaftlichen Flächen sind seither weiter leicht schrumpfend, die Bevölkerung ist trotz des Wegzugs Hunderttausender gut und sehr gut qualifizierter Menschen um 1,415 Millionen auf 83,167 Millionen (per Ende 2019) gewachsen. Theoretisch hätte dies neben der Ausweitung der Siedlungsflächen auch eine Ausweitung der landwirtschaftlich genutzten Flächen um 2.881 Quadratkilometer erfordert. Das ist etwas mehr als die Fläche des Saarlandes (2.570 qkm). Aber wo hätten wir die Flächen hernehmen sollen? Die Grünen wissen, dass wir keine zweite Erde haben. Ob sie auch wissen, dass wir kein zweites Saarland haben, darf bezweifelt werden.

Die notwendige Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln erfordert also entweder mehr Lebensmittelimporte oder die weitere Steigerung der Erträge durch Intensivierung der konventionellen Landwirtschaft unter Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln.

Letzteres wird allerdings durch immer engere Regulierung der landwirtschaftlichen Arbeit im Sinne von Naturschutz und Tierwohl erschwert. Die gleichzeitige Förderung der alternativen, biologischen Landwirtschaft, so begrüßenswert sie im Sinne einer gesunden Ernährung auch ist, hat die negative Folge, dass die Hektar-Erträge, die eigentlich steigen müssten, spürbar sinken.

Bevölkerungszuwachs und biodynamische Landwirtschaft steigern also die Abhängigkeit von Lebensmittel-Importen aus dem Ausland.

Wie mag wohl jenes „Hinten“ aussehen, von dem aus das gedacht sein soll?

Zumal es ja noch weitere Faktoren gibt, die sich negativ auf die Lebensmittelproduktion auswirken.

Immer mehr Ackerflächen werden mit Solaranlagen überbaut, der Landwirt erntet nicht mehr Kartoffeln, sondern Strom. Unendliche Maisfelder zehren den Boden aus und dienen  doch wiederum nur dazu, in Biogasanlagen Strom zu erzeugen. Wunderschön gelb blühende Rapsfelder dienen der Gewinnung von Biodiesel-Kraftstoffen. Windparks auf dem flachen Land schrettern nicht nur Vögel sondern auch Insekten, die wiederum von vielen Nutzpflanzen zur Bestäubung dringend benötigt werden, was sich negativ auf die Erträge auswirkt.

Vergleicht man den Flächenbedarf der alternativen Energie-Erzeugung mit dem Flächenbedarf moderner Kraftwerke, gleichgültig mit welcher Primär-Energie sie betrieben werden, kann man, alleine unter dem Aspekt der sinnvollen Flächennutzung nur noch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen:

Für eine Jahresleistung von 1 Gigawattstunde Strom benötigt

  • ein Kernkraftwerk gerade einmal 25 Quadratmeter,
  • ein Steinkohlekraftwerk 47 Quadratmeter,
  • ein Braunkohlekraftwerk, samt der für den Tagebau erforderlichen Flächen kommt immer noch mit 1.330 Quadratmeter aus,
  • doch Freiland-Photovoltaik-Anlagen benötigen für 1 GWh schon 22.900 Quadratmeter,
  • Windparks an Land benötigen 64.000 Quadratmeter, und
  • die Gigawattstunde aus der Biomasse-Verstromung schießt mit 588.000 Quadratmetern pro Gigawattstunde den Vogel ab.

Das nenne ich einen unverantwortlich verschwenderischen Umgang mit begrenzten Ressourcen, ganz abgesehen davon, dass uns die Energiewende schon heute die höchsten Strompreise der Industrienationen beschert und dass jeder weitere Ausbau der regenerativen Energien die Versorgungssicherheit gefährdet.

Wenn die nochmalige Steigerung dessen, was wir bisher schon auf diesem Weg zustande gebracht haben, jenes „Hinten“ sein soll, von dem aus alles gedacht ist, dann muss die Frage erlaubt sein, unter dem Einfluss welcher psychedelischen Substanzen solche Visionen entstanden sein mögen.

 

Es ist nur allzu verständlich, wenn aus dieser Dystopie bei etlichen Kritikern der Gedanke erwächst, dies alles diene nur dazu, eine totalitäre Diktatur zu errichten, die Weltbevölkerung auf unter eine Milliarde zu reduzieren, um  Sklavenheere von Besitzlosen antreiben zu können, die nur noch dazu da sind, den Reichtum der One-World-Nomenklatura zu mehren.

Doch dieses Vorwärts-Gedachte hat auch seine Tücken.
Ich bin sogar überzeugt, dass dies nicht funktionieren kann.

Vielleicht hilft schon eine ganz einfache Frage, um dem Denkfehler auf die Spur zu kommen?

Woher stammt denn das Wachstum des Reichtums der Reichen?
Ja, klar: Zinsen, Dividenden, Spekulationsgewinne und all so was.

Richtig. Mit Arbeit tut man sich schwer, wenn man jedes Jahr um ein paar Millionen, mindestens, reicher werden will.

Aber da setzt sich die Frage ja fort: Wie entstehen denn die Zinsen, die Dividenden und die Spekulationsgewinne?

In allen drei Fällen wird „Geld“ eingesetzt, um mehr Geld zu gewinnen.

Zinsen erhält man zum Beispiel, wenn man jemandem, dem das Geld dafür fehlt, die Möglichkeit gibt zu investieren, um ein Unternehmen profitabel zu betreiben.

Dividenden erhält man, wenn man Anteile an einem Unternehmen entweder direkt von diesem, oder vom Vorbesitzer erworben hat.

Spekulationsgewinne stellen sich ein, wenn es gelingt, ein Spekulationsobjekt preiswert ein- und teurer zu verkaufen.

 

Stellen wir diese Möglichkeiten, Reichtum zu mehren, nun in die Verhältnisse einer Sklavenhaltergesellschaft, wachsen große Fragezeichen aus dem Boden.

Was soll ein Sklave mit geliehenem Geld anfangen? Er hat keine Möglichkeit, eine Idee auf eigene Rechnung umzusetzen, ergo ist er auch nicht in der Lage, Gewinne zu erwirtschaften und daraus Zinsen zu zahlen.

Gut, es gibt auch Konsumentenkredite. Wie aber soll ein Sklave die Raten für den Autokredit verdienen können? Oder, anders herum, wer würde einem mittellosen Sklaven, der einzig vom Wohlwollen seiner Herren abhängt, überhaupt einen Kredit gewähren?

Es sieht also schlecht aus, mit Zinserträgen. Auch dass sich der eine Reiche vom anderen Reichen mal so eben 10 Millionen leihen müsste, um über die Runden zu kommen, ist schwer vorstellbar.

Zinserträge können wir also im ersten gedanklichen Anlauf schon einmal vollständig streichen. Im zweiten Anlauf komme ich noch einmal darauf zurück.

Dividenden sind Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften an ihre Anteilseigner.

Hier ergibt sich nun ein Zusammenhang, der beim flüchtigen Bedenken gar nicht auffällt. Damit Kapitalgesellschaften Gewinne erzielen können, müssen sie etwas anbieten und verkaufen können. Gegenüber einer Sklavengesellschaft wird das Verkaufen sehr schwierig, denn die Sklaven erhalten für ihre Arbeit in diesen Unternehmen keinen Lohn, haben folglich kein Geld zur Verfügung und können – oh Wunder! – von allem was erzeugt werden, selbst nichts kaufen.

So wird also der Sklavenhalter möglichst dafür sorgen, dass seine Sklaven das, was sie brauchen, um am Leben und arbeitsfähig zu bleiben, selbst produzieren. Daraus entsteht kein Gewinn.

Die übrige Arbeitskraft der Sklaven wird er nutzen, um seinen eigenen Bedarf zu decken. Auch daraus entsteht kein „Gewinn“ im herkömmlichen Sinne, es entstehen lediglich persönliche Waren und Leistungen für den Eigenbedarf. Nur das, was die eigenen Sklaven nicht hervorbringen können, wird er versuchen, von anderen Sklavenhaltern zu kaufen.

Der Welthandel schrumpft also auf das zusammen, was approximativ zehntausend Reiche untereinander tauschen, weil es (immer noch) gewisse Spezialisierungen gibt.

Dass es in dieser stark reduzierten, arbeitsteiligen Welt noch die Notwendigkeit gibt, sein Geld zusammenzulegen und Aktiengesellschaften zu gründen, halte ich für ausgeschlossen. Damit sind auch Dividendenerträge nichts mehr, was den Reichtum mehren könnte. Es gibt sie schlicht nicht mehr, denn jeder Einzelne dieser 10.000 wird potent genug sein, seine eigenen Vorhaben ganz alleine zu realisieren, ganz einfach, indem er seine Sklaven anweist, das zu tun, was er verlangt. Mehr braucht es im ersten gedanklichen Anlauf nicht; im zweiten komme ich noch einmal darauf zurück.

Spekulationsgeschäfte hingegen könnte es noch geben. Man wird zwar nicht mehr mit Devisen spekulieren können, weil es nur noch eine Weltwährung gibt, man wird auch nicht mehr mit Aktien spekulieren können, weil es keine Aktiengesellschaften mehr geben wird, man kann noch nicht einmal mit festverzinslichen Wertpapieren spekulieren, weil es keine Kredite mehr braucht, doch man könnte weiterhin auf die Preisentwicklung von Rohstoffen, einschließlich der Lebensmittel, Wetten abschließen, wenn das am Ende noch einen Reiz hätte. Man weiß ja, bei wem welche Bodenschätze liegen, wer Kaffee, Mais und Soja anpflanzt  – und man kennt den Bedarf der Sklaven, für die ja das Meiste davon gebraucht wird. Man weiß aber auch, dass man die Rationen der Sklaven kürzen kann, wenn die Preise zu hoch sind, so dass sich überhöhte Preise gar nicht durchsetzen lassen.

Nein, das Spielfeld wird so übersichtlich sein, die Fähigkeiten und die Bedürfnisse der Spieler werden so transparent auf dem Tisch liegen, dass Spekulation  kaum reizvoller sein wird als die Lektüre des Buchstaben L im New Yorker Telefonbuch von 1975.

 

Werden die Reichen also reicher?

Ich würde sagen, mit der Geldvermehrung ist Schluss. Wohlstand und Luxus können noch gesteigert werden. Da kommt es aber sehr auf die Qualität der Sklaven an.

Es ist nämlich sehr unwahrscheinlich, dass Sklaven freiwillig etwas anderes tun als genau das, was ihnen befohlen wird. Das ist sehr einfach, wenn es darum geht, mit bloßen Fingern Baumwolle zu ernten. Es ist auch noch sehr einfach, wenn es darum geht mit Äxten und Sägen Bäume zu fällen oder mit Spaten und Schaufeln einen Kanal zu graben.

Doch auch noch so viele Sklaven werden nicht bereit sein, eine hochseetüchtige Yacht auf Kiel zu legen und zu Wasser zu lassen, es sei denn, ein erfahrener Bootsbauer sammelt um sich alle Fachleute und Spezialisten, die es so braucht, um eine Yacht herzustellen. Und das sind mehr als nur zwei Dutzend Leute. Alle zusammen, vom Spezialisten für Schiffsmotoren bis zum Radarspezialisten, vom Schiffslackspezialisten bis zum Rettungsinselbauer, könnten sie den Plan für das Schiff entwerfen und ausarbeiten. Dann müssten sie sich Spezialisten für die Fertigung suchen, die in der Lage sind, das Geplante mit den notwendigen Maschinen und Anlagen zu realisieren, und weil diese Spezialisten ja auch nicht selbst Hand anlegen, müsste sich einer neben jeden Sklaven stellen und ihm geduldig erklären, wie der GPS-Chip auf die Steuerungsplatine für den Autopiloten zu löten ist.

Betrachtet man die Sache so herum, so müsste sich letztlich das gesamte (noch) benötigte Wissen der Menschheit in den Köpfen und im Zugriff der Zehntausend befinden, was – in Bezug auf den Neubau einer Yacht – überschläglich darauf hinausläuft, dass mindestens 500 von den 10.000 mit Planung und Überwachung der Herstellung für lange Zeit, also mindestens für ein Jahr, beschäftigt sein werden.

Es sieht nicht so aus, als sei es das, was man sich mit der Weltherrschaft erträumt hatte.

Zumal ja ein anderer sich eine neue, große Villa errichten lassen will, was, abgesehen davon, dass das Ding nicht schwimmen muss, einen vergleichbaren Aufwand erfordert.

Sollten die Zehntausend die Segnungen der Luftfahrt nutzen wollen, stellt sich das Problem mit dem Betrieb der Luftsicherheitseinrichtungen und der Flughäfen. Das alles kann man nicht so einfach den Sklaven überlassen. Selbst wenn man den Fluglotsensklaven, der einen Absturz zu verantworten hat, anschließend auspeitscht und dann an den Füßen aufhängt und zum Schluss  mit der Schrotflinte erschießt, es schützt nicht vor dem nächsten Absturz, wenn man nicht alles selber macht.

Wir wissen von den Zwangsarbeitern, die in den unterirdischen Fabriken von der Gewehrpatrone über die Fliegerbombe bis zur V1 und V2 alles herstellten, was die deutsche Wehrmacht dringend brauchte, dass sie gerne einmal dafür sorgten, dass das fertige Produkt eben nicht die erwünschte Wirkung zeigte.

Wir kennen die Sonderform des Beamtenstreiks, den so genannten „Dienst nach Vorschrift“. Beides dürfte in einer Sklavengesellschaft die Regel sein, und das ist für jemand ohne Sklavenhaltermentalität sogar gut und mit gewisser Schadenfreude nachvollziehbar.

 

Nehmen wir also den zweiten gedanklichen Anlauf:

Um sich, außer um die einfachsten Arbeiten, nicht um alles selbst kümmern zu müssen, bildet man einige der Sklaven zu Wissenschaftlern, Ingenieuren, Facharbeitern und auch zu Künstlern aus und gewährt denen, die sich loyal zeigen, gewisse Privilegien. Man errichtet eigens Fabriken um bestimmte begehrte Artikel für privilegierte Sklaven herzustellen, die diese sich von ihrem Lohn – ohne den geht es, wenn man damit erst einmal angefangen hat, nicht mehr – kaufen können. Es entsteht eine Hierarchie innerhalb der Sklavengesellschaft, die sich zugleich als Klassengesellschaft entwickelt, man ernennt Aufseher, Abteilungsleiter, Direktoren, Vorstände.

Die Entstehung dieser sich emanzipierenden „Parallelgesellschaft“  wiederum erfordert, alleine zur Sicherung der Stellung und des Wohlstands der Privilegierten unter den Sklaven, die Errichtung einer Polizei, die Schaffung von Staatsanwaltschaften und Richtern, die Einrichtung von Vollzugsanstalten, und so weiter.

Bald stellt sich heraus, dass die 500 Millionen zunehmend mit sich selbst beschäftigt sind und zur Wohlstandsmehrung der Reichen wieder nicht in dem Maße beitragen, wie man sich das vorgestellt hatte.

Der Beschluss, die Sklavenbevölkerung von 500 Millionen auf eine Milliarde aufzustocken wird gegen die Widerstand der Konservativen durchgesetzt.

Mit dem Wachstum der Bevölkerung nimmt auch die Selbstorganisation der Sklavengesellschaft zu. Der Einfluss der 10.000 schwindet zusehends. Sie gründen ihre eigene Prätorianer-Garde und igeln sich auf ihren Besitztümern ein.

Das notwendigerweise verfügbare Geld, mit dem die privilegierteren Sklaven sich von den weniger privilegierten unterscheiden, ermöglicht es den Kreativen, den Erfindern und Tüftlern bald selbst Unternehmen zu gründen. Manche stellen ihr Erspartes als Kredit zur Verfügung, andere beteiligen sich direkt an Kapital und Gewinn. Arbeitskräfte mietet man von den Sklavenhaltern oder kauft sie ihnen ab.

Die Fortschrittlichsten unter den Zehntausend beginnen vorsichtig in die Unternehmen der Sklavengesellschaft zu investieren. Weil sie vorher das Geld abgeschafft hatten, sind sie nun gezwungen, ihr Sachvermögen gegen Sklavengeld zu verkaufen, um mit Hilfe dieses Sklavengeldes wieder ihren alten Beschäftigungen nachzugehen und nach und nach in den Stand zu gelangen, von Zinsen, Dividenden und Spekulationsgeschäften zu leben.

 

Von hinten her betrachtet, sieht das alles aus wie der Looping der Achterbahn auf dem Volksfestplatz.
Die Einfahrt in den Looping und die Ausfahrt aus dem Looping liegen dicht nebeneinander und auf dem gleichen Niveau.

Verkehrstechnisch gesehen handelt es sich beim Looping, ob von vorne oder von hinten her gesehen, um eine vollkommen überflüssige Schleife.

Aber wir Menschen lieben halt den Nervenkitzel und nehmen sogar billigend in Kauf, dass uns Brille, Geldbeutel und vielleicht sogar die dritten Zähne beim Looping aus dem Wägelchen fallen.

Wenn wir von den Animateuren der Fahrgeschäfte schon angelockt worden sind, den Fahrpreis bezahlt, im Wägelchen Platz genommen haben, und nun mitfahren müssen, sollten wir wenigstens unsere bewegliche Habe fest im Griff behalten.

Ein gutes neues Jahr!