„Smart-Meter-Aufbruchgesetz“ – Habecks nächster Streich

Nein, das ist kein Gesetz zur Ergänzung des Strafgesetzbuches, in dem Tatbestand und Strafmaße für das Aufbrechen von angeblich intelligenten Stromzählern festgesetzt werden sollen. Selbst Geldautomaten werden heutzutage ja nicht mehr aufgebrochen, sondern von den darauf spezialisierten Banden fein säuberlich mittels Semtex geöffnet.

Es ist nur der peinliche Versuch, die grüne Lieblingsvokabel „Aufbruch“ im Titel eines Gesetzes unterzubringen, damit das Volk erkennt, dass die Grünen sich eben nicht den Hintern auf den Hinterbänken des Parlaments plattsitzen, sondern sich in einem permanenten, hochaktiven Aufbruchsprozess befinden, wobei die Frage nach dem Wohnin und dem Warum hinter dem unbedingten Willen zum Aufbruch zurückstehen muss.

Die Stromversorgung sicherzustellen, ist nicht unbedingt Habecks Ding, aber sein Faible für Intelligenz, insbesondere für die Intellligenz von Stromzählern, verbunden mit der ihm als Wirtschaftsminister zugewachsenen Kompetenz, sich die Welt zu machen, wie sie ihm gefällt, haben ihn bewogen, einen verbindlichen Fahrplan (das ist etwas, woran sich schon die Bundesbahn unseres geschätzten Ministers  für Digitales und Verkehr, Volker Wissing, FDP, vergeblich abmüht) mit klaren Zielen für den Einbau dieser Intelligenzmonster in Haushalten und Unternehmen schaffen zu wollen. Den Namen für diesen Fahrplan hat er schon: „(Gutes) Smart-Meter-Aufbruchgesetz“. Da kann ja nichts mehr schiefgehen.

Wie intelligent ist so ein Smart-Meter aber wirklich?

Da gehen die Meinungen weit auseinander.

Menschen – und die werden immer mehr – die am Frühstückstisch im Urlaubshotel, während sie mit der linken Hand lustlos im Müsli stochern, mit der Rechten am Smartphone anzeigen lassen, wie viele Schritte sie gestern insgesamt gegangen sind, wie viele Kalorien sie dabei verbraucht haben, wie hoch ihr Blutdruck maximal war, und ob sie heute lieber auf Alkohol verzichten sollten, sich daraufhin mit der heimischen Videokamera verbinden, um zu sehen, ob der Befehl, die Jalousien hochzuziehen, den sie in der Parallel-App eingeben, auch ausgeführt wird, die werden es sicherlich als Bereicherung empfinden, wenn sie danach einen Blick auf den augenblicklichen Stromverbrauch ihres heimatlichen Heimes werfen können, um festzustellen, ob der Kühlschrank gerade kühlt oder nicht. Die finden es extrem smart, also intelligent, wenn sie mittels einer Technik, die ihnen mit einer nahezu idiotensicherern Nutzeroberfläche zur Verfügung gestellt wird, etwas „kontrollieren“ können, was nach Auffassung anderer Menschen, keiner Kontrolle bedarf.

Diese anderen Menschen sehen im Smart-Meter für sich keinerlei Vorteil. Welches  ihrer Elektrogeräte wieviel Strom verbraucht, wissen sie. Steht ja drauf. Man muss halt das Typenschild finden und interpretieren können. Wieviel Strom sie pro Abrechnungszeitraum verbrauchen, wissen sie auch, denn das wird in der Rechnung ausgewiesen. Dabei verändert sich zuverlässig von Jahr zu Jahr die Höhe der Rechnung, während der Verbrauch annähernd gleichbleibt. Was sie als Indiz dafür ansehen, dass das Stromsparen der Kunden für die ganze Meute der am Stromverbrauch Verdienenden – vom Netzentgeltempfänger über die Stromverkäufer bis hin zum Stromproduzenten und natürlich, nicht zu vergessen, bis zum bitteren Ende, an dem der Finanzminister beide Hände aufhält – den Umsatz und womöglich auch den Gewinn schmelzen lässt, was zwangsläufig durch Preiserhöhungen kompensiert werden muss.

Es wird aber niemand, der nicht sowieso schon auf jeden Cent achten muss, um über den Monat zu kommen, überlegen, ob er nicht doch den Kühlschrank und die Waschmaschine abschalten und entsorgen sollte, um seine Stromrechnung zu senken. Otto Normalverbraucher hat sich – elektrotechnisch – einen bestimmten Komfortlevel geschaffen, der für einen ziemlich genau vorhersagbaren Stromverbrauch sorgt. Den wirklichen Einfluss auf die Kosten der Elektrizitätsnutzung hat nicht der Verbraucher, sondern der Staat, der alles tut, um die Nutzung der sauberen Energie zu verteuern, weil er zugleich alles tut, um die Verfügbarkeit der Energie zu reduzieren und hofft, dass den Haushalten zuerst das Geld ausgeht, bevor sie feststellen könnten, dass dem grüngelenkten Staat der Strom ausgegangen ist.

Aber ich schweife ab. Liegt natürlich auch daran, dass es über die Intelligenz der intelligenten Stromzähler nichts zu sagen gibt. Sie sind nicht intelligenter als ein Stück Seife, das einem ja auch nicht in der Wanne aus der Hand rutscht, weil es das will, sondern einfach weil es in Verbindung mit Wasser so glitschig wird, dass gelegentlich die Schwerkraft über die Reibung obsiegt.

Der intelligente Zähler misst einfach den Stromverbrauch, wie die bisher eingesetzten Ferraris-Zähler mit der sich drehenden Aluminiumscheibe auch, die hinter der Glasabdeckung des Zählers zu bestaunen ist, und merkt sich diesen in einem Speichermodul. Auch der Ferraris-Zähler merkt sich den Stromverbrauch über das mechanische Zählwerk und gibt jederzeit Auskunft über den erreichten Zählerstand. 

Der Unterschied ist der, dass der herkömmliche Zähler seine Messergebnisse nur dem preisgibt, der persönlich am Zähler anwesend und berechtigt ist, den Zählerschrank zu öffnen, während die Smart-Meter echte Plaudertaschen sind, die sich per Fernabfrage von jedem, der über die entsprechenden Mittel verfügt, auslesen lassen.

Habeck beteuert zwar – und wer wird seinen treuherzigen Augen schon misstrauen – dass da keine „Spionagezähler“ eingebaut werden, entkräftet diese Zusage aber damit gleich wieder, dass er sagt, dieser Verdacht mute ihn seltsam an, wo doch die Nutzer auch sonst sorglos mit ihren Daten umgehen und alle privaten Bilder bei Facebook reinhängen. (Ja, er hat, und als Kinderbuchautor sei im diese einfache Sprache gestattet, wirklich „reinhängen“ gesagt.)

Aber warum will der die Smart-Meter dann per Aufbruchgesetz schnellstmöglich überall reinhängen, wenn es nicht der nette Nebeneffekt ist, über den Verlauf des Stromverbrauchs herausfinden zu können, wann eine Wohnung höchstwahrscheinlich leer angetroffen werden kann, um  … ja, da gibt es viele Möglichkeiten. Oder festzustellen, dass der Stromverbrauch darauf hindeutet, dass sich mehr Personen in der Wohnung aufhalten müssen, als dort gemeldet sind, um  … und auch da gibt es viele Möglichkeiten, wiederum in Verbindung der Funkzellenabfrage, die zwar die Hausnummer, nicht aber die Etage und die Wohnungsnummer hergibt. Dennoch, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, und wer nichts zu verbergen hat, der hat auch nichts zu befürchten.

Der Hauptzweck des Smart-Meter-Aufbruchgesetzes liegt darin, den Übergang zur angebotsorientierten Stromwirtschaft zu schaffen.

Die entsprechenden Funktionen sind zwar in den derzeit verbauten Geräten noch nicht vorhanden, doch es wird sowohl Software-Updates geben als auch Hardwarenach- und Umrüstungen, mit denen es gelingen soll, den Stromverbrauch an die jeweilige Erzeugungssituation anzupassen, das heißt, Verbraucher dann einzuschalten, wenn sonntags  im August bei hellem Sonnenschein der Wind kräftig weht, bzw. sie wieder abzuschalten, wenn an Silvester um Mitternacht bei Windstille sibirische Kälte herrscht.

Solche fremdgesteuerten Geräte gab es lange in Form von Nachtspeicheröfen, bis deren Betrieb bei den gestiegenen Strompreisen unrentabel geworden ist. Von wann bis wann der Ofen im Laufe der Nacht geladen und wie weit er aufgeladen wurde, bestimmte der Elektrizitätsversorger per Rundsteuerbefehl. Dafür zahlte der Kunde den niedrigen Nachtstromtarif. Brauchte er mehr Wärme und musste untertags nachladen, dann konnte er das veranlassen, zahlte dafür dann aber den deutlich teureren Tagstrom.

So soll es auch künftig sein. Der Kunde soll sich für einen Standard-Billigstromtarif entscheiden, bei dem er nicht mehr bestimmen kann, wann die Waschmaschine wäscht, wann die Wärmepumpe pumpt oder das Backrohr für das Garen des Rinderschmorbratens Strom bekommt. Der Kunde  soll dann auch nicht mehr entscheiden, wann sein E-Mobil an der Wallbox geladen wird, ja soll er soll nicht einmal mehr protestieren, wenn seine Autobatterie statt geladen zu werden, angezapft wird, um Strom für den eigenen Verbrauch oder gleich zur Stützung des Stromnetzes abzugeben.

Will der Kunde außerhalb der sich ständig verändernden, manchmal von Minute zu Minute umspringenden Billigstromzeiten seinen Braten für 90 Minuten bei 180 Grad im Rohr behalten um zum Mittagessen etwas auf den Tisch bringen zu können, dann kommt dafür, wenn das Netz es so will, der weitaus teurere Luxusstrom-Tarif zur Abrechnung.

Natürlich ist das alles noch nicht vollständig, wenn nicht eine Spitzenlastabregelung mit eingebaut wird. Je niedriger die Spitzenlast im Vertrag ausgewiesen, desto billiger der Strom, aber wird die vereinbarte Spitzenlast überschritten, dann werden Verbraucher abgeschaltet. Ja, was braucht der Haushalt so in der Spitze? Da sind drei Sicherungen mit je 16 Ampere für den Elektroherd im Verteilungsschrank. Das kommt schon mal vor, dass alle vier Kochplatten und das Backrohr in Betrieb sind. Dazu der Kühlschrank, der Stabmixer, die Beleuchtung, das Radio. Das ergibt – mit einem kleinen Puffer – einen Strom von 60 Ampere. Bis dahin steht der Billigtarif zur Verfügung, falls Billigstrom zur Verfügung steht.

Wer jetzt auch noch die Waschmaschine und/oder den Trockner in Betrieb nehmen will, wird feststellen, dass sich entweder hinter den Sichtfenstern dieser Maschinen nichts bewegt, oder dass der Herd keinen Strom mehr bekommt. Gleiches wird übrigens auch beim Luxusstrom-Tarif zu beobachten sein, solange nicht eine höhere Spitzenlast vereinbart wird, was dann den Strombezug wieder grundsätzlich teurer macht.

Selbstverständlich wird man auch einen Tarif anbieten, bei dem der monatliche oder wöchentliche Maximalverbrauch, der per Vorkasse zu bezahlen ist, festgelegt wird, so wie bei den DSL-Tarifen. Ist das Kontingent verbraucht, sind die Steckdosen halt tot.

Da macht es dann schon Sinn, wenn man den Stromzähler per Handy-App fragen kann, wieviel Kilowatt denn bis zum nächsten Ersten noch verfügbar sind.

Vor vielen Jahren habe ich eine Vorstufe davon in Südafrika kennengelernt. Eine wunderbare, große Lodge, mitten in Kapstadt, aber um Strom zu beziehen, mussten Münzen in den Zähler, gleich links neben der Eingangstür, eingeworfen werden, wie früher bei uns beim Münztelefon. War das Geld verbraucht, gab es keinen Strom mehr.

Smart-Meter, das ist vom Ansatz her nichts als die Umverteilung der Energieverfügbarkeit von unten nach oben.
Den Strom bekommt der, der am meisten dafür bezahlen kann.

Mit dem Smart Meter kann auch das Problem der Stromabschaltung bei Zahlungsverzug zu Lasten der Kunden ethisch einwandfrei gelöst werden. Man überlegt das ja gerade beim Gas: Es gibt ein gewisses Kontingent zum Billigpreis, alles darüber wird teuer. Beim Strom könnte man sagen, es gibt pro Zähler und Monat 30 Kilowattstunden gratis. Damit kann man doch auskommen!

Wer damit nicht auskommt, und dann nicht zahlen kann, dem geschieht es doch nur recht, wenn ihm sein intelligenter Zähler – ganz ohne dass es noch einen Monteur-Einsatz bräuchte – den Strom abklemmt.

Wenn die chinesischen Sitten auch bei uns noch weiter um sich greifen sollten, könnte dann auch das nicht ordnungsgemäße Entsorgen eines Papiertaschentuches auf öffentlichen Straßen, Plätzen und Wegen eine oder zwei Stunden Stromentzug nach sich ziehen.

Suchen wir die Intelligenz nicht im Zähler. Da ist sie nicht.

Sie ist auch nicht unbedingt bei jenen, die sich für den Einsatz dieser Zähler stark machen.

Die Intelligenz, als ethisch und moralisch vollkommen neutrales Werkzeug, arbeitet gegen Geld für jene, die sich einen Nutzen davon versprechen und vielleicht gerissen, aber nicht unbedingt selbst sonderlich intelligent sein müssen.