Ist Deutschland verrückt?

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich stelle mir diese Frage jeden Tag aufs Neue, denn die meisten Nachrichten zeugen davon, dass die Dinge, die Ideen und Werte ihren Platz und ihre Richtung verändert haben. Nichts stimmt mehr, nur wenig funktioniert noch, und das Neue, das hereindrängt, erscheint mir in weiten Teilen höchst absonderlich.

Was ist das, dieses „Verrückt-Sein“?

Das Wort verrät seinen Ursprung immer noch ganz deutlich.

Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich eine hübsche, kleine Kommode vor. Vier Schubladen übereinander angeordnet, in denen – von oben nach unten –

  • Schreibgeräte/Farbstifte,
  • Papier/Kuverts,
  • Lineal/Zirkel,
  • Schere/Klebstift

untergebracht sind. Ganz klar, diese Kommode steht neben dem Schreibtisch – und was auch immer an den darin befindlichen Utensilien benötigt wird, es ist mit einem Griff verfügbar.

Nun „verrücken“ wir diese Kommode. Sie bleibt am alten Platz. Wir drehen sie nur um, stellen sie mit den Schubladen gegen die Wand.

Sehen Sie: Das ist verrückt.

Nun öffnen Sie die Augen wieder und sehen sich um in Deutschland. Sehen Sie die vielen Kommoden, die mit den Schubladen zur Wand aufgestellt sind? Von vielen weiß man noch, was in den Schubladen zu finden war und wohl immer noch zu finden sein dürfte. Aber dazu müsste man sie wieder umdrehen, doch es heißt, das Verrücken der Kommoden sei verboten.

Da steht die 75 Jahre alte Kommode Grundgesetz, massiv aus deutscher Eiche und entsprechend gewichtig. Wir erinnern uns an die vielen kleinen und großen Schubladen, vor allem an die oberen Schubladen mit den Grundrechten. Was wir jetzt noch sehen können, ist die Kehrseite der Medaille. Ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz, eine Datenschutzgrundverordnung, die Delegitimierung des Staates, Majestätsbeleidigung nach 188 StGB, Verfolgung von Meinungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, Versammlungsgesetze, Demokratiefördergesetz, Vorratsdatenspeicherung, Inhaltsüberwachung, usw., sehr schön bei Achtung Reichelt hier zu lesen.

Die Kommode mit den Staatsgrenzen. Da war mal völlig klar, für wen und unter welchen Bedingungen sich die Türen öffnen. Jetzt sind sowohl die Türen als auch die Rückwand weg. Der Korpus steht leer und hohl herum. Aber auch nicht mehr im eigenen Wohnzimmer. Er ist an die EU-Außengrenzen verrückt worden, wo er, den Elementen schutzlos ausgesetzt, vor sich hin rottet.

Und wie war das noch mit dem biologischen Mann. Von vorne war der ganz gut zu erkennen. Nun hat man ihn verrückt, umgedreht, und weil jetzt nur noch der entzückende schöne Rücken gesehen werden darf, ist es schon strafbar, den Mann noch Mann zu nennen. Mit der biologischen Frau ist es übrigens ebenso. Umdrehen, Gesicht zur Wand, Stempel vom Standesamt – und fertig.

Dann ist da noch die riesige Schrankwand „Soziale Marktwirtschaft“. Da gab es Arbeit genug und guten Lohn, da waren Erfindergeist und internationale Wettbewerbsfähigkeit drin, da gab es die erforderliche Energie zu niedrigen Preisen, da war Bürokratie die Grundlage der Ordnung. Jetzt, wo nur noch die Rückwand zu sehen ist, gibt es Bürgergeld statt Lohn, wenden sich die Universitäten immer mehr von den naturwissenschaftlichen Fächern ab und räumen stattdessen der Erforschung immer neuer Geschlechter breiten Raum ein. Dafür gibt es allerdings weltweit keinen Markt, und das, was noch nachgefragt wird, ist zu teuer, weil die Energie nicht mehr bezahlbar ist und weil die Bürokratie nicht mehr Ordnung stiftet, sondern die Wirtschaft längst im Chaos versinken lässt. Aus der Sozialen Marktwirtschaft ist eine selbstzerstörerische Klima-Kriegswirtschaft geworden, die lieber Radwege in Peru finanziert, weil die Peruaner dann vom Auto aufs Lastenfahrad umsteigen, als Schlaglöcher in Deutschland zu stopfen, weil die Autos deswegen langsamer fahren oder – falls nicht – eben schneller kaputtgehen. Beides ist gut fürs Klima. Und es wirkt. Haben wir nicht gerade den kältesten Mai seit Beginn der Abzeichnungen? (Abzeichnung heißt es, wenn die Temperaturen ab-sinken, Aufzeichnung wenn sie auf-steigen.)

Damit sind wird schon bei der Mobilitätskommode. Anfang des Jahrhunderts war Mobilität für Arbeitssuchende noch vorgeschrieben. Es ist zumutbar, täglich vier Stunden – hin und zurück – auf dem Weg zur Arbeit zu verbringen, oder  eben von Wuppertal nach Kassel umzuziehen. Schröder, Hartz, Clemens, Müntefering, Gerster – und wie sie alle hießen. Beides kann sich heute niemand mehr leisten. Denn beides ist einfach unerschwinglich teuer geworden.

Die Heizungskommode steht ebenfalls mit dem Gesicht zur Wand. Wärme darf nicht mehr mit den Energieträgern erzeugt werden, die preiswert und in ausreichender Menge verfügbar sind, sondern muss, bei Androhung von Strafen, mit der teuersten, weil hochveredelten  Energie erzeugt werden.  Der erforderliche Strom wird allerdings, je mehr Wärmepumpen installiert  werden, immer weniger zuverlässig zur Verfügung stehen. Die Aussicht, dass ein Mensch in einer fernen Schaltzentrale, mitten im Winter den Strom für die Heizung abdreht, weil Dunkelflaute herrscht, ist ungefähr genauso attraktiv, wie der Blick auf die Rückseiten der vielen verrückten Kommoden.

Ich könnt noch viele verrückte Kommoden benennen.

Aber sehen Sie sich selbst um.

Und wo es in Ihrer Macht liegt, packen Sie mit an und helfen Sie, die Kommoden nach und nach wieder  bestimmungsgemäß auszurichten.