Schiffskatastrophen

Früher galt das Mittelmeer eher als „ruhige See“. Doch seit die menschengemachte Klimakatastrophe unseren einzigen Heimatplaneten fest im Griff hat, türmen sich zwischen der Straße von Gibraltar und den Dardanellen bei Tag und Nacht zehn Meter hohe, von Orkanen, Hurrikanen und Taifunen gepeitschte Monsterwellen auf, denen selbst die Giganten der Meere – Flugzeugträger, Riesentanker und Containerschiffe – kaum noch zu trotzen wagen.

So gilt auch heute wieder, was vor etwa 2.100 Jahren Gnaeus Pompeius Magnus, der brillanteste Heerführer seiner Zeit, mit den Worten:“Navigare necesse est, vivere non est necesse“, zum Ausdruck brachte. Frei und sinngemäß übersetzt: „Die Seefahrt ist wichtiger als das Überleben.“

Trotz aller drohenden Gefahren, trotz des unkalkulierbaren Risikos, finden sich immer wieder mutige Männer, die mit dem Gruß der Gladiatoren: „Morituri te salutant!“, die Schiffe besteigen, um die Schätze Nordafrikas zu den Europäern zu bringen, deren Überleben mehr denn je vom steten Nachschub abhängig geworden ist.

Doch um welchen Preis! Inzwischen reißt das Mittelmeer mehr Seeleute in die Tiefe als seit Beginn der Aufzeichnungen vor Kap Horn den Tod gefunden haben.

Alle bisherigen Anstrengungen, die Erderhitzung zu stoppen und damit Sturmwinde, Starkregen und Hagelschlag in die Büchse der Pandora zurück zu zwingen, haben sich als ungenügend erwiesen.

Da erhob im Herzen der Mark Brandenburg, in Berlin, der Stadt der großen Schiff:bauerey, Mutter Annalena vom Orden der Schwestern vom Grünen Herzen ihre wohltönende Stimme: „Es kann ja wohl nicht sein, also in der Nordsee, die ja ebent auch >der blanke Hans< heißt“, dass es da weniger Tote, und das sind Größenordnungen Unterschied, weil wir das da nämlich machen, mit der Seenotrettung.“

Gegenüber der WELT sagte sie: „Das Sterben im Mittelmeer ist Europas offene Wunde“, und fuhr fort, „weil wir es nicht geschafft haben, zu einer gemeinsamen Migrations- und Flüchtlingspolitik zu kommen. Wir brauchen gemeinsame Verantwortung und müssen die Solidarität stärken. Darum ist es aus meiner Sicht so wichtig, dass es eine europäische Seenotrettung gibt.“

Der Inhalt des letzten Absatzes wurde von der Nachrichtenagentur dts verbreitet. Alles Vorherige habe ich mir aus den Fingern gesogen. Monsterwellen sind eher selten im Mittelmeer, Unglücke im Bereich der Handelsschifffahrt treten im Mare Nostrum nicht häufiger auf als anderswo auf der Welt. Dennoch gibt es dieses unheimliche „Sterben im Mittelmeer“, von dem unsere feministische Außenministerin weiß, dass die EU-ropäer in ihren vollklimatisierten, auf festem Grund erbauten und daher grundsätzlich unsinkbaren Regierungsgebäuden die Schuld daran tragen.

Es tut mir leid, aber diesen ursächlichen Zusammenhang kann ich nicht erkennen. Es ist zwar richtig, dass die EU darin versagt, sich auf eine gemeinsame Migrations- und Flüchtlingspolitik zu einigen, doch kann ich darin beim besten Willen keinen „Pull-Faktor“ erkennen, der Jahr für Jahr Zehntausende Menschen dazu bewegt, einige tausend Dollar für einen Platz auf absolut seeuntauglichen Booten zu bezahlen, mit denen das Mittelmeer Richtung Griechenland, Italien, Frankreich und Spanien vermeintlich überquert werden könnte.

Das Problem sind nicht jene Mitgliedsstaaten, die keine Zuwanderung von Wirtschaftsmigranten wollen und alles versuchen, dies mit ihren eigenen Mitteln und Methoden zu verhindern. Diese Staaten sind auch nicht die Zielländer der Migrationsbewegung, sondern allenfalls Durchgangsstationen auf dem Weg ins verheißene Land.

Das Problem ist jener Mitgliedsstaat, der durch sein beständiges Handeln glaubhaft versichert:

Wer unser Staatsgebiet erreicht hat, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von uns bis an sein Lebensende mindestens so umfassend versorgt wie unsere eigenen Armen, ohne dafür auch nur einen Tag arbeiten oder sich in die hiesige Gesellschaft integrieren zu müssen. Wir werden euch wider besseres Wissen stets als Schutzsuchende ansehen und, solltet ihr gegen unsere Gesetze verstoßen, in eurer Eigenschaft als Schutzsuchende stets einen mildernden Umstand finden, der euch vor der vollen Härte des Gesetzes bewahrt.

Diese Handlungsweise wäre jedoch immer noch kein Anlass, sich in überfüllte Schlepperboote zu setzen. Klassische Einwanderungsländer, wie zum Beispiel Kanada, sind für Einwanderungswillige mit regulären Verkehrsmitteln sogar sehr viel preiswerter und bequemer zu erreichen als Deutschland per Schlepperboot.

Das Problem ist die Diskrepanz zwischen Worten und Taten.

Die Worte, für die Ohren der eigenen Bevölkerung bestimmt, stellen immer noch das Recht auf Asyl als das entscheidende Kriterium in den Raum. Mit Asyl wird Verfolgung und Flucht assoziiert und Empathie induziert. Vergessen gemacht wird der Begriff des zuerst erreichten „sicheren Drittstaates“, in dem Asyl zu begehren sei – und das „sichere Herkunftsland“, das die Abschiebung von nicht Asylberechtigten ermöglichen sollte, hat sich ebenfalls aus der Realität deutscher Behörden davongeschlichen.

Wollte man das Sterben im Mittelmeer beenden, bräuchte es nichts als die klare politische Aussage:

Deutschland braucht so dringend Zuwanderung, dass es sich verbietet, auch nur nach Qualifikation oder Integrationsbereitschaft zu fragen. Wir werden daher – solange es erforderlich ist – täglich mit zwei Jumbos bis zu 1.000 Migranten von nordafrikanischen Sammelstellen auf Steuerzahlerkosten abholen, sie noch im Flugzeug registrieren und ihnen schon an den Ankunftsflughäfen in München, Frankfurt und Berlin die Staatsbürgerschaftsurkunden aushändigen.

Kosten und bürokratischer Aufwand würden dramatisch schrumpfen, niemand müsste mehr im Mittelmeer ertrinken, aber am Ergebnis würde sich so gut wie nichts ändern. Im Gegenteil, man wäre sogar in der Lage, auf den regelmäßigen Zustrom schon im Vorfeld planerisch zu reagieren und zumindest den erforderlichen Wohnraum herzustellen.

Warum man sich dennoch nicht offen zum Offenkundigen bekennen will?

Weil es viel einfacher ist,

  • wenn die Regierung behauptet, von einem völlig unerwarteten Ansturm überrannt zu werden und die Wähler nur noch eindringlich bitten kann, zusammenzustehen und mitzuhelfen, diese Herausforderung zu bewältigen,
  • als sich als verantwortlicher Initiator zu outen und die Bevölkerung notwendigerweise verpflichten zu müssen, die notwendigen Opfer zu bringen.

Die neuerlich vorgetragene Forderung nach einer europäischen Seenotrettung ist meines Erachtens nach nur die Light-Variante der oben angesprochenen täglichen Jumbo-Flüge nach München, Frankfurt und Berlin. Egal in welchem Hafen die Geretteten auch angelandet würden, für 90 Prozent bliebe das Ziel der Reise Deutschland, und da würden sie auch ankommen, gleichgültig wo sie vorher registriert wurden und ihre Fingerabdrücke abgeliefert haben.

Dass sich andere Mitgliedsstaaten in weiser Voraussicht selbst gegen eine Neuauflage der EU-ropäischen Seenotrettung sperren, ist leicht zu erklären. Überall in Europa hat man Sarrazins Buch gelesen: „Deutschland schafft sich ab“. Mit der Amtsübernahme der Ampel-Regierung sind die letzten Zweifel an dieser Aussage ausgeräumt worden. Forcierte Maßnahmen zur Dekarbonisierung, die schon erkennbar zur Deindustrialisierung führen, explodierende Staatsverschuldung, wachsende Inflation, Wohnraummangel und LGBTQ-Ideologie nagen selbst unter Armutsflüchtlingen an der Attraktivität Deutschlands. Beschleunigte Einbürgerungsverfahren, wie sie in Deutschland angestrebt und sicherlich installiert werden, könnten in Verbindung mit der Niederlassungsfreiheit von EU-Bürgern dazu führen, dass die Millionen, die von Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Ungarn und Griechenland einst auf ihrer Wanderung nach Deutschland durchgewunken wurden, eines Tages zurückkommen und Probleme bereiten. Nicht mehr als Schutzsuchende, sondern als EU-Bürger.