Die Gerüchteküche brodelte an diesem Wochenende. War es nun ein Vortrag, den Maaßen vor drei Wochen in Warschau vor europäischen Mitschlapphüten gehalten haben soll, oder soll es in dem Manuskript einer Rede, die er nun offensichtlich nicht mehr halten soll, von Ausbrüchen insubordinativen Gedankengutes nur so wimmeln? Man weiß es nicht. Man weiß es nicht.
Seehofer sagt auch nichts dazu. Wattennu?
Gehen wir ein paar Wochen zurück. Zu dem Augenblick, in dem sich Steffen Seibert und Angela Merkel auf den Terminus „Hetzjagden“ verständigt hatten.
Das muss der Augenblick gewesen sein, als dem Chef des Inlandsgeheimdienstes die Zornesader dick angeschwollen ist. Das muss der Augenblick gewesen sein, in dem sich Hans-Georg Maaßen geschworen hat, sich nicht weiter verbiegen zu lassen, nur um Merkel und Nahles und den im Hintergrund lauernden Grünen und den Nicht-Wagenknecht-Linken die Haut zu retten.
„Den Bullshit lasse ich ihnen nicht durchgehen“, mag er sich gedacht haben, bevor er ganz dezent formulierte, es lägen ihm diesbezüglich keine Erkenntnisse vor.
Nun ist das tumbe Wahlvolk leider nicht mehr in der Lage, sich vorzustellen, dass – wenn jemand in diesem Lande Erkenntnisse hat – dies der Chef des Inlandsgeheimdienstes ist, und nicht der Regierungssprecher und schon gar nicht die Kanzlerin, wie eben auch, im Umkehrschluss, Kanzlerin und Sprecher keine Erkenntnisse haben können, wenn Herr Maaßen keine hat.
Blödheit und Desinteresse der Massen machten es jedoch einfach, die Sache so hinzustellen, als hätte Maaßen aus niederen persönlichen Motiven gelogen, mit dem Ziel, die Kanzlerin zu beschädigen. So dass aus Millionen Kehlen jenes „Kreuziget ihn!“ erschallte, das schon immer die größten Torheiten scheinbar demokratischer Entscheidungen begleitet, obwohl es nicht dem Verstand, auch nicht der Schwarmintellligenz geschuldet ist, sondern einzig dem gezielten Einsatz aller Mittel der Demagogie.
Die Kanzlerin, in der DDR sozialisiert und mit den Gebräuchen der Dienste vertraut, war sich wohl im Klaren darüber, dass der Fall nicht weiter aufgeblasen werden dürfe, und von daher, wenn nicht gar Urheberin, so doch zumindest sehr glücklich über den Deal, Maaßen per Beförderung ruhig zu stellen.
Doch die gelernte Ex-Juso-Vorsitzende, deren bisheriges Lebenswerk wohl darin gipfelt, 1999, nach 20 Semestern entbehrungsreichen Studiums, eine Magisterarbeit mit dem Titel „Funktion der Katastrophen im Serien-Liebesroman“ einzureichen, ließ sich von ihren parteiinternen Kritikern aufhetzen, den Deal wieder rückgängig zu machen. Prompt naht die Katastrophe im Serien-Roman No. 251 „Die ungeliebte Vorsitzende“ aus der Reihe „Im Dienste von Volk und Vaterland“ in Gestalt von durchgestochenen Redeinhalten, die ein Komplott von links gegen die GroKo erahnen lassen, was nicht nur der Nahles sondern der gesamte SPD geschadet hat, und statt aus der ersten Erfahrung gelernt zu haben, folgt nun der zweite Versuch, den Herrn Maaßen mundtot zu machen, indem er in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden soll.
Seehofer zögert, Merkel hält sich bedeckt – wieder ist es die SPD, die ohne Not aus purem Aktionismus ins offene Messer rennt – und die Grünen nehmen ihre Chance wahr und stochern mitleidlos in der schon wieder aufgebrochenen Wunde der GroKo.
Ich gehe davon aus, dass niemand im Regierungslager in Berlin, Wolfgang Schäuble (ich weiß, offiziell regiert der Präsident des Deutschen Bundestages nicht mit) vielleicht ausgenommen, eine halbwegs zutreffende Vorstellung davon hat, über welche Möglichkeiten und Verbindungen der jämmerlich schlecht bezahlte Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz verfügt, Einfluss zu nehmen, auch dann noch, wenn er offiziell kalt gestellt sein wird.
Wenn es demnächst zum Frontalangriff auf Angela Merkel und die Vertreter des Globalismus in der Bundesregierung kommen wird, wird Maaßen dabei sicherlich eine wichtige Rolle spielen, vollkommen egal, wer jetzt meint, den Stab über ihn brechen zu können.
Warten wir ab, was morgen die Wahlen in den USA bringen werden.
Bleibt Trump oben, wovon ich ausgehe, werden sich auch bei uns viele festgerostet scheinende Fähnchen plötzlich hurtig neu in den Wind drehen.
Darüber könnte der Fall Maaßen vollständig in Vergessenheit geraten. Es sei denn, die SPD sieht darin auch dann noch ihre letzte Daseinsberechtigung.