Lars mit dem Kriegsbeil

Die ersten Informationen vom SPD-Parteitag zeigen einen, das Kriegsbeil schwingenden Lars Klingbeil – zumindest wenn man seine Ansage, kämpfen zu wollen, noch ernst nehmen will. Die SPD steht nach zwei Regierungsjahren unter mit Scholz mit dem Rücken zur Wand, von 25,7 Prozent bei der Bundestagswahl sind noch 13 Prozent übrig (INSA, 5.12.23), und selbst wenn man sich an den höchsten Ausschlägen des Stimmungsbarometers orientiert (17 Prozent bei Allensbach und Emnid am 23.11. und 2.12.), ist mindestens ein Drittel der Stammwählerschaft aus guten Zeiten inzwischen von den roten Fahnen gegangen.

Es geht aber nicht nur der SPD bescheiden, die ganze Koalition hätte am nächsten Sonntag keine Chance mehr, eine Regierungsmehrheit zu schmieden.

Was fällt Lars Klingbeil, dem Kämpfer dazu ein?

Ein Satz von bräsiger Lächerlichkeit ist ihm über die Lippen gekommen.

„Friedrich von gestern wird niemals die Zukunft sein.“

Mit seiner dünnbrettrigen Begründung dafür, könnte jeder Hilfskabarettist einen Saal jedweder Größe zum Toben bringen.

Die SPD werde nämlich nicht akzeptieren, dass ganze Industriezweige abgeschrieben werden, sondern um jeden Industriearbeitsplatz kämpfen – und zwar mit gelockerter Schuldenbremse.

Ganz abgesehen davon, dass es nicht die CDU ist, die Deutschland mit ihrer Energie-Politik in die Deindustrialisierung treibt: Ich finde es immer so lustig, wenn ausgerechnet die SPD um „jeden Industriearbeitsplatz kämpfen will“.

10 Milliarden auf den Kopf hauen, damit Intel in Deutschland eine Chipfabrik errichtet, 10 Milliarden, die Intel anderswo selbst hätte investieren müssen, das ist nicht „Kampf um Industriearbeitsplätze“ – das ist ein Indiz für absolute Einfallslosigkeit in Bezug auf eine Wirtschaftspolitik zu Gunsten der deutschen Industrie.

Seit vielen Jahren führe ich meine Statistik der Arbeitsplatzvernichtung. Da gibt es, was die Meldungen in der Presse betrifft, grundsätzlich drei Phasen:

Phase 1 – Sommer 2023

Ein Unternehmen kündigt an, sparen und sich restrukturieren zu wollen. Das würde auch Arbeitsplätze kosten, aber die genaue Zahl könne man noch nicht nennen. Das Unternehmen zählt zu diesem Zeitpunkt beispielsweise noch 5.000 Beschäftigte, darunter 800 Leiharbeiter.

Reaktion aus Politik und Gewerkschaften: Nicht erkennbar

Phase 2 – drei Monate später

Das Unternehmen erklärt, die Planung sei nun abgeschlossen. Man müsse sich bis 2025 leider von 12 Prozent der Belegschaft trennen. Das Unternehmen hat zu diesem Zeitpunkt noch 3.8oo Beschäftigte, die Leiharbeitsverträge sind alle beendet.

Reaktion aus Politik und Gewerkschaften: Immer noch nicht erkennbar

Phase 3 – ein weiteres halbes Jahr später

Nachdem die Angebote für Auslösungsverträge und vorgezogenen Ruhestand leider nicht im erwarteten Umfang angenommen wurden, sehe sich das Unternehmen gezwungen, zum 30.06.2024 rund 500 Kündigungen auszusprechen, damit sei es in zähen Verhandlungen mit dem Betriebsrat gelungen, gegenüber den ursprünglichen Plänen auf 100 Kündigungen verzichten zu können. Das Unternehmen hat zu diesem Zeitpunkt noch 3.500 Beschäftigte.

Reaktion aus Politik und Gewerkschaften:

Jetzt kämpfen sie! Ab 15. Juni stellt die Gewerkschaft eine Mahnwache vor die Werkstore, am 20.06. kommen dort der Bürgermeister und/oder der Landrat, wahlweise von Union oder SPD, vorbei und halten eine Rede vor den Mahnwächtern, in der sie versprechen, alles zu tun, um die Arbeitsplätze zu erhalten.

Die Kündigungen sind allerdings längst wirksam ausgesprochen.

Es ist das, was ich die „Heribert-Prantl-Methode“ nenne: Die Füße still halten, bis das Kind im Brunnen garantiert tot ist, dann vorsichtshalber noch eine Woche warten, aber dann lautstark und wortgewaltig lamentieren, dass das alles doch absehbar gewesen sei und leicht hätte verhindert werden können, bzw. vielleicht, wenn sich alle anstrengen, dass es doch immer noch verhindert werden könne.

Aber das ist für Larsens Kampfeslust noch nicht genug.

Klingbeil will –  ja er glaubt sogar, er und die Sozialdemokratie „müssten“ – gegen diejenigen kämpfen, die die Axt an den Sozialstaat legen wollen.

Nun, Klingbeil ist inzwischen 45 Jahre alt und kann sich nicht darauf berufen, zu der Zeit, als seine SPD dem Sozialstaat mit der Abrissbirne zu Leibe gerückt ist, noch in den Windeln gelegen zu haben. Irgendwie war er damals, 2002, doch selbst schon dabei und wahrscheinlich begeistert von allem, was Schröder und Hartz nach den Blaupausen aus der Bertelsmann Stiftung schonungslos angerichtet haben.

Wenn er also heute von Angriffen auf den Sozialstaat  spricht, so drängt sich mir der Verdacht auf, dass er damit genau jene meint, die noch so viel Vernunft zusammenbringen, um Kritik an der Schuldenfinanzierung von Sozialleistungen für praktisch die ganze Welt zu üben und sich schon deshalb gegen die Lockerung der Schuldenbremse aussprechen.

(Zur Schuldenbremse habe ich übrigens immer noch eine eigene Meinung, dahingehend, dass sie eines der Instrumente ist, das ersonnen wurde, um die Privatisierung von Volkseigentum zu erzwingen. Diese Kritik wird allerdings immer schwächer, je weniger in Politikerköpfen noch von der so genannten „Haushaltsdisziplin“ zu erkennen ist.)

Der Sozialstaat, der Deutschland einmal war, beruhte in erster Linie auf den drei Säulen der Sozialversicherung.

  • Altersicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung,
  • Sicherstellung notwendiger medizinischer Versorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen,
  • Schutz vor Einkommensverlust bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit.

Die Finanzierung dieser Säulen wurde aus dem Arbeitseinkommen der Beschäftigten sichergestellt, wozu auch der so genannte Arbeitgeberbeitrag zählt.

Hätte sich der Staat in diese drei Säulen nie eingemischt, sondern Entscheidungen über Beiträge und Leistungen tatsächlich den Selbstverwaltungsorganen überlassen, es gäbe in diesen Versicherungen höchstwahrscheinlich immer noch kein Problem. Vor allem wären alle drei nicht verpflichtet, versicherungsfremde Leistungen zu erbringen, also insbesondere Leistungen an Menschen auszuzahlen, die nicht als Beitragszahler in Erscheinung getreten sind.

Sozialleistungen, also Konsum, mit Schulden zu finanzieren, führt grundsätzlich in den Ruin. Von daher ist es richtig, dass eine kluge Wirtschaftspolitik, die auf Vollbeschäftigung ausgerichtet ist, 90 Prozent dessen, was heute Sozialpolitik genannt wird, überflüssig macht. Die letzten 10 Prozent gehen an jene, die unverschuldet in Not geraten sind und sich aus eigener Kraft nicht wieder aus der Not herausarbeiten können.

Dann hat sich Lars Klingbeil noch einmal auf die „SPD von gestern“ berufen und die 160-jährige Geschichte erkämpfter Fortschritte bemüht, als könne man sich immer noch auf längst zu Staub zerfallenen Lorbeerkränzen ausruhen.

Aber sie kämpft ja weiter, die alte Tante SPD, und zwar „für ein gutes Leben für alle Menschen in unserem Land.

Für ein sozial gerechteres und freies Deutschland. Für ein starkes Europa.“

Am gerechtigkeitigsten ..

BIP : Erwerbstätige = ungerecht?
BIP : deutsche Staatsbürger = ungerecht?
BIP : alle die sich in Deutschland aufhalten = immer noch ungerecht?

Ja was denn noch?

Freies Deutschland …

Freies Deutschland = Wochenzeitung des kommunistischen Nationalkomitees „Freies Deutschland“
Freies Deutschland = sowjetischer Propagandasender

Starkes Europa …

Von Portugal bis zum Ural? Oder wäre das schon wieder zu stark?

Die EU haben wir doch schon.

Oder soll die EU sich noch stärker in die nationalen Angelegenheiten einmischen?