Handlungsstärke vortäuschen, Rosneft übernehmen

Ganz im Ernst, ich blicke nicht mehr durch.

Da war ein Beschluss der EU, den Bezug russischen Öls einzustellen. Dieser Beschluss wurde jedoch ausdrücklich als nicht bindend dargestellt. Das habe ich so gedeutet, dass diejenigen Mitgliedsstaaten, die besonders vom russischen Öl abhängen, nicht mitmachen müssen, wenn sie nicht wollen.

Die Bundesregierung der wiedervereinigten Bundesrepublik Deutschland ist gleich darauf zu dem Schluss gelangt, dass Deutschland nicht zu jenen Staaten gehört, die besonders abhängig sind, und hat beschlossen, den Import russischen Pipeline-Öls einzustellen, also den Hahn der „Druschba-Röhre“ von deutscher Seite aus zum 1. Januar 2023 für alle Zeiten zuzudrehen.

Damit wäre ja, wenn die Einschätzungen der Regierung sich als richtig erweisen würden, alles in Butter.

Wir haben den Russen, um sie wirtschaftlich zu stützen, jahrelang ihr sonderbares Öl abgekauft. Natürlich hatten wir damit gerechnet, dass man uns deshalb dankbar sein würde. Nun aber nehmen uns die Russen die Ukraine weg. Da möchte man ihnen doch glatt mit den nackten Hintern …

Egal.

Wenn uns schon die Ukraine verlustig geht, können wir auf das Öl auch noch verzichten.  Wir wissen ja seit der letzten Bundestagswahl sowieso nicht mehr, wohin mit dem ganzen überflüssigen Öl, das uns – wie Kohle und Uran – nur die Stromleitungen verstopft, so dass für Windstrom und Sonnenstrom oft gar kein Platz mehr im Netz ist.

Ganz im Ernst, ich blicke nicht mehr durch.

Denn offenbar ist wohl doch nicht alles in Butter. Auch wenn kein Öl über die Druschba-Röhre mehr in die Gefilde der einstigen DDR fließen wird, heißt es, könne uns Putin immer noch von der Ölversorgung abschneiden.

Hä?

Nun ja, wenn ich das richtig mitbekommen habe, sind jene Anlagen, die dazu errichtet wurden, das Öl, das jetzt nicht mehr abgenommen werden soll, in Benzin und Heizöl, Diesel und Kerosin, und noch ein paar andere Stoffe zu zerlegen, Eigentum des russischen Rosneft-Konzerns. Wahrscheinlich fürchten die Grünen im Lande, Rosneft könnte seine Raffinerie in Schwedt heimlich weiterbetreiben, und zwar mit russischem Erdöl, das heimlich über die Druschba-Röhre importiert wird, so dass unsere Sanktionen wirkungslos verpuffen und die Bevölkerung dem Irrtum verfallen könnte, wir befänden uns gar nicht im Krieg, weil die Tankstellen in Berlin und Brandenburg und weit darüber hinaus immer noch geöffnet bleiben.

Da war es nur richtig, Rosneft unter Treuhandverwaltung zu stellen.

Nee. Ich blicke nicht mehr durch.

Was soll denn da noch verwaltet werden, wenn der Rohstoff, auf den wir gut und gerne verzichten können, bald tatsächlich ausbleibt?

Es heißt, sie wollen die Raffinerie erst einmal weiterbetreiben. Schließlich handelt es sich um eine strukturschwache Region, deren Arbeitsplätze erhalten werden müssen. Eigens für den Erhalt von 1.200 Jobs soll nun also anderes Öl über eine Leitung von Rostock her und mittels Tanklastern und Kesselwagen der Bahn herangekarrt werden, damit die Werkstore geöffnet und die Stechuhren in Betrieb bleiben, schon weil die Arbeitszeiterfassung jüngst allen Arbeitgebern als zwingende Verpflichtung auferlegt worden ist. Was wäre das denn: Eine Arbeitszeiterfassung ohne Arbeit? Dass das gar nicht geht, das kapiere ich schon noch.

Aber dann blicke ich wieder nicht mehr durch.

Das ganze Spiel mit der Treuhandverwaltung soll nicht länger dauern als sechs Monate. Ein halbes Jahr – was ist das schon? Die Zeit genügt vermutlich nicht einmal, um die Anlagen auf die Verarbeitung einer – oder gar mehrerer? – anderer Rohölqualitäten umzustellen. Soll danach Rosneft wieder nach eigenem Gutdünken schalten und walten können? Wenn man denen zutraut, sich nach einer Strafzeit, wie beim Eishockey, wieder an die regelbasierte Ordnung zu halten, dann hätte man doch den gleichen Effekt (Nimm das! Putin!) erreichen können, indem man zu den Geparden noch ein paar Leoparden aus unserem Raubtierbestand an die Ukraine verschenkt.

Nee, so wenig ich auch durchblicke: Das mit den sechs Monaten halte ich für einen Bluff.

Aber bitte nicht weitersagen. Nicht dass dem Putin das auch noch auffällt. Dann wäre vielleicht was los. Da käme der wieder mit dem „Wortbruch“ daher.  Was anderes fällt ihm zu so was ja nie ein. Und dann müssten wir der Bevölkerung wieder erklären, dass Putin sich irrt oder böswillig Falsches behauptet, denn schriftlich hätten wir ihm das nie gegeben. Aber wie das so ist. Ein bisschen was bleibt immer hängen, wenn man mit Schmutz beworfen wird, und da hat man dann wieder einen Putin-Versteher mehr im Land, der die Kräfte des Verfassungsschutzes bindet.

Also nicht weitersagen. Ich denke, dass die sechs Monate einfach nur so dahingesagt sind. Die haben da ja auch keine Glaskugel, in Berlin, dass sie schon heute wüssten, was nächste Woche los ist, oder in einem halben Jahr. Da kann viel passieren. Wenn also die Ukraine in den nächsten sechs Monaten den Krieg gewinnen sollte und Selenski siegreich in Moskau einmarschiert und die Macht übernimmt, dann könnte man sagen: Lieber Präsident, wir haben euer russisches Eigentum für euch beschützt und bewahrt und geben es euch jetzt wohlbehalten zurück. So wäre jede Streiterei um Eigentum und Besitz und Verfügungsgewalt vermieden.

Wenn die Ukraine den Krieg in den nächsten sechs Monaten nicht gewinnen sollte, wird man halt noch einmal um sechs Monate verlängern.

Es ist ja auch nicht die Treuhand, die damals die DDR zwangsverwaltet hat, bis auch der letzte Rest der gesamten DDR-Wirtschaft, wie der räudige Langhaardackel aus dem Tierasyl, endlich in gute Hände übergeben werden konnte. So was wird nicht wieder passieren. Die treuhänderische Verwaltung, das macht diesmal die Bundesnetzagentur. Das soll soviel kosten, dass der Etat der Bundesnetzagentur dafür nicht ausreicht, weshalb die Kosten der Zwangsverwaltung selbstverständlich dem zwangsverwalteten Unternehmen aufgebürdet werden. Wovon Rosneft (u.Zvw.) das bezahlen soll,

  • wenn das Kerngeschäft, nämlich die Verarbeitung preiswerten russischen Rohöls zu Kerosin, Heizöl, Diesel und Benzin nicht mehr fortgeführt werden kann, und
  • auch bei Bezug von teuren Ersatzrohstoffen kaum mehr als 50 Prozent der Kapazität ausgelastet werden können,
  • was dazu führen wird, dass aus den Umsatzerlösen nicht einmal mehr die mengenunabhängigen Fixkosten gedeckt werden können,

ist den Erhebern des Anspruchs auf Kostenerstattung für die Zwangsverwaltung herzlich egal.

Ganz ehrlich. Ich blicke nicht mehr durch.

Dass die Arbeitsplätze nicht sicher sind, ja nicht sicher sein können, beweist schon der entsprechende Passus in der Pressemitteilung Nr. 293 der Bundesregierung vom 16. September 2022 unter dem Titel „Gemeinsame Erklärung zur Zukunft des Standorts Schwedt“, wo es heißt:

Für das Jahr 2023 beabsichtigt die Bundesregierung Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der PCK-Raffinerie, deren Arbeitszeit sich im Zusammenhang mit dem EU-Embargo gegen Importe von russischem Erdöl verringert, mit einem Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zu unterstützen. Zusätzlich geht die Bundesregierung auf die Gesellschafter zu, um eine Aufstockung auf bis zu 100% verbindlich zu erreichen. Für 2024 beabsichtigt die Bundesregierung eine Kompensation in gleicher Größenordnung.

Sollte also die Treuhandverwaltung nach sechs Monaten beendet werden, hieße das, den wiedereingesetzten Eigentümer Rosneft durch großzügig bemessenes Kurzarbeitergeld zu unterstützen, bis die Produktion wieder zu 100 Prozent angelaufen ist. Dieser Auslastungszustand ist aber nur zu erwarten, wenn  russisches Pipeline-Öl wieder in den erforderlichen Mengen in Schwedt ankommt. Dies wird aber, mit jedem Tag, den die Unterstützung der Ukraine mit Waffenlieferungen aus Deutschland und der Ausbildung ukrainischer Soldaten an diesen Waffen in Deutschland andauert,  immer weniger wahrscheinlich.

Alles nur eine mit großem TamTam verschleierte ABM-Maßnahme?

Der weitere Text der Pressemitteilung, den ich hier nicht zu zitieren wage, um mir nicht Scherereien wegen Verletzung des Urheberrechts einzuhandeln, weist eindeutig in diese Richtung. Außerdem sträubt sich in mir alles dagegen, die dort breitgetretene Erzählung zu den Gründen und Ursachen für die „Notwendigkeit“ der Treuhandverwaltung, und die Fantastereien über alles, was man zur Sicherung des Eintretens der Zukunft Schwedts in die Wege leiten will, auf meinen Seiten wiederzugeben. Ich will damit nicht in Verbindung gebracht werden. Schon gar nicht, wenn dann auch noch die Einrichtung eines Arbeitsausschusses aus Spezialisten für Investorenanwerbung bei der Germany Trade & Invest, beschlossen wurde, die den Standort Schwedt für drei Jahre gezielt bei der Suche nach passenden Greenfield-Investitionen unterstützen wird. Greenfield-Investitionen sind übrigens solche Investitionen, bei denen „auf der grünen Wiese“ von Grund auf neu angefangen wird. Wer solche Investoren sucht, hat die bestehenden Arbeitsplätze bereits abgeschrieben.

Blicken Sie noch durch?

P.S.:

Ich warte jetzt auf die ersten Mails grüner Erklärbären, die mir verklickern werden, dass es doch gar nicht so schwer sei, den Durchblick zu bewahren. Man dürfe nur nicht vergessen, dass längst beschlossen ist, in Schwedt jenen grünen Wasserstoff herzustellen, der als Antriebselixier für das Industrieland Deutschland zur Verfügung stehen wird, sobald der Windkraftausbau weit genug fortgeschritten ist, was – Dank Robert Habeck und allen defätistischen Unkenrufen zum Trotz – spätestens Mitte 2024 erreicht sein wird. Schließlich gäbe es mit der Ampel keine roten Linien mehr. Was auch daran zu erkennen sei, dass auf den Schienen der Deutschen Bahn ohne großes demokratisches Palaver, jene Güterzüge, welche die dringend benötigte Kohle zu den Kraftwerken transportieren, Vorfahrt vor den Personenzügen erhalten. Grün regiert durch. Ihr werdet euch alle noch wundern, was alles geht, wenn man nur will, und jegliche Opposition in die rechte Ecke verbannt wird.