Die Darstellung der Inflationsentwicklung

Als das Statistische Bundesamt am Donnerstag endlich die Inflationsrate für den Januar 2023 veröffentlichte, lag sie zwar minimal – um 0,1 Prozentpunkte – über dem Wert für den Dezember 2022, aber doch deutlich unter den 10,0 bzw. 10,4 Prozent aus dem Oktober und November 2022.

Und so sieht das in der offiziellen Darstellung aus.

Zu beachten ist dabei lediglich, dass da nicht die Inflation dargestellt wird, sondern die Inflationsrate, und das ist ein kleiner Unterschied, den zwar eigentlich (fast) alle kennen, der durch die Form der Darstellung in veränderlichen Säulen jedoch zumindest optisch zum Verschwinden gebracht wird.

Betrachtet man die obige Grafik analytisch, fallen zunächst einmal die 4,9 Prozent Inflationsrate im Januar letzten Jahres auf.

Worauf beziehen die sich?

Richtig, auf die Verbraucherpreise im Januar 2021. Der Januar 2021 kann also als die Basis angenommen werden, er ist jener Beobachtungszeitraum, in dem man beispielsweise für 100 Euro zu viert im preiswerten Landgasthof zu Mittag essen konnte. Ein Jahr später wurden dafür bereits 104,90 Euro fällig.

Zwei Jahre später, im Januar 2023, so suggeriert es die Grafik, kostete das Mittagessen für vier Personen dann 108,70 Euro? Irrtum. Der Preis für das Vier-Personen-Mittagessen im preiswerten Landgasthof ist auf 114 Euro und 3 Cent gestiegen, denn die Inflationsrate von 8,7 Prozent bezieht sich nicht mehr auf 2021, sondern bereits auf 2022, und wenn sich der Preis von 104,90 Euro um 8,7 Prozent verteuert hat, dann stehen da eben 114,03 Euro auf der Rechnung, und die freundliche Bedienung wird sich kaum um jene 5,33 Euro herunterhandeln lassen, die als ziemlich deutlicher Unterschied zwischen 108,70 und 114,03 Euro in Erscheinung treten.

Das tatsächliche Inflationsgeschehen lässt sich so deutlicher darstellen. Hier habe ich als Basisjahr 2019 angesetzt und die Jahres-Inflationsraten aus dieser Tabelle zugrunde gelegt, die für die Jahresinflationsrate 2023 allerdings bisher nur den Januar berücksichtigen konnte, was zu einer rechnerischen Inflationsrate von knapp 3 Prozent führte, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im Jahresverlauf noch deutlich ansteigen wird.

Das Preisniveau ist also seit Dezember nicht gesunken.

Die Preise sind deutlich weiter gestiegen,
nur nicht mehr ganz so schnell.

Ein Vergleich mit den Rentenerhöhungen von 2020, 2021 und 2022 zeigt den Netto-Kaufkraftverlust der Rentner in West und Ost.

Diese Darstellung besagt, dass die Kaufkraft der Ost-Rentner erst mit der inflationären Entwicklung (blaue Linie) in 2022 eingeschränkt wurde, während die West-Rentner schon ein Jahr früher den Gürtel enger schnallen mussten.

In Zahlen:

Jahr Preis-Index Basis 2019 Rente Index West Kaufkraft
West
+ / –
Rente Index Ost Kaufkraft
Ost
+ / –
2020 100,47 103,45 + 2,98 104,20 + 3,73
2021 103,59 103,45 – 0,14 104,95 + 1,36
2022 111,47 108,98 – 2,49 111,37 – 0,10
2023 114,45 108,98 – 5,47 111,37 –  3,08

Da die Rentenhöhe an die Lohnentwicklung gekoppelt ist, vermittelt die Grafik auch einen Eindruck vom Trend der Einkommensentwicklung bei den Beschäftigten.

Um den Eindruck zu vermeiden, der Kaufkraftschwund durch Inflation sei ein Phänomen der beiden letzten Jahre, hier abschließend noch ein Diagramm mit der Preisentwicklung in Deutschland seit 2000: