Das tröstliche Lied der Bordkapelle

Der gestrige Tageskommentar hat eine Leserin veranlasst, ihre Spende für meine Kaffeekasse mit der Anmerkung zu versehen:

„… die Kapelle spielt noch, die Frage ist, wie lange …“

Die Nachricht vom Untergang der Titanic in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 hat sich nach mittlerweile 110 Jahren zum Mythos gewandelt. Keine drei Stunden benötigte der unsinkbare Luxusdampfer, um – von der Kollision mit dem Eisberg an – in den Tiefen der See zu verschwinden.

Wikipedia vermerkt im Artikel über die Titanic:

„Möglicherweise führte auch das Orchester des Schiffes dazu, dass die Gefahr nicht ernst genug genommen wurde. Die acht Musiker unter Leitung des Kapellmeisters Wallace Hartley spielten auf dem Bootsdeck Ragtime-Musik und andere heitere Stücke, um Panik zu verhindern. So hatte es die Schiffsführung angeordnet. Keiner der Musiker überlebte den Untergang.“

Es gehört zu den Selbstverständlichkeiten verantwortlichen Handelns, im Augenblick höchster Gefahr alles zu tun, was geeignet ist, eine Panik zu vermeiden. Jeder Katastrophenfilm transportiert dieses Element der Beschwichtigung und Verharmlosung mit dem Effekt, dass am Ende nur eine Handvoll Menschen, die sich auf ihre eigene Einschätzung und ihre eigenen Fähigkeiten verlassen haben, gerettet werden, weil man allen anderen bis es nicht mehr anders ging, vorgegaukelt hat, es gäbe keinen Anlass zur Beunruhigung.

Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal war die Lage allerdings eine andere. Den Verantwortlichen fehlte hier, anders als dem Kapitän und den Offizieren auf der Titanic, die notwendige Ausbildung und daher wohl auch die Ernsthaftigkeit, um die bereits eingetretene und sich rasend schnell ausbreitende Katastrophe intellektuell zu erfassen. Dass rechtzeitige und vorsorgliche Warnungen unterblieben, hatte meines Erachtens primär damit zu tun, dass man sich eine derartige Katastrophe einfach nicht vorstellen konnte, wie man auch hinterher immer wieder mit den Worten beteuerte: „So etwas hat es noch nie gegeben, das hat hier noch niemand erlebt.“ Da ging es nicht darum Panik zu vermeiden, da wollte man sich nur selbst von dem bisschen Regen nicht beeindrucken lassen und hat den Elefanten im Raum schlicht ignoriert.

Wie sieht es nun in Deutschland im März des Jahres 2022 aus?

Handelt es sich bei dem, was den Himmel verdunkelt, noch um schwarze Schwäne, oder sind es schon die Geier, die über unseren Köpfen kreisen?

Es ist müßig, die Liste der Probleme aus dem gestrigen Aufsatz noch einmal aufzuzählen, auch macht es schon nichts mehr aus, dass wir heute lesen mussten, dass auch die Senfkörner für den europäischen Markt aus der Ukraine kommen, dass die Vorräte zur Neige gehen, und dass man in der Ukraine derzeit, falls man überhaupt dazu kommt, etwas auszusäen, an anderes denken wird, als ausgerechnet an Senf für den Export.

Es ist auch müßig, darüber zu spekulieren, ob es sich bei den „Unwetterschäden“ im Hafen von Noworossijsk an der russischen Schwarzmeerküste, wo das Öl aus der Caspian Pipeline (67 Millionen Tonnen jährlich) auf Tankschiffe für die Abnehmer in Spanien, Frankreich, Italien, in der Türkei, sowie in den USA und in China verladen wird, um Schäden in einem Ausmaß handelt, die den russischen Ölexport spürbar reduzieren werden, wie es Rosneft inzwischen angekündigt hat, oder ob es nur zu einer kurzen Betriebsunterbrechung kommt, wie man es vom Pressesprecher des Caspian Pipeline Consortiums hört, das für die Pipeline und die Verladeeinrichtungen verantwortlich ist.

Der Luxusdampfer „Deutschland“ war auf der kürzesten Route zur Dekarbonisierung unterwegs, vermutlich um ganz ohne die erforderlichen Instrumente einen Allzeit-Rekord im Blindflug aufzustellen und stellt nun fest, dass der Strom aus Sonne und Wind nicht ausreicht, um damit die Lenzpumpen anzutreiben, die das schnell eindringende Wasser abpumpen müssten, soll das Schiff nicht versinken. Erschwert wird die Situation noch dadurch, dass immer noch mehr Passagiere des brennenden Dampfers „Ukraine“ versuchen, das vermeintlich rettende Deck der „Deutschland“ zu erreichen.

Die Bordkapelle spielt derweil unverdrossen ihre Gassenhauer:

Die Grünen in NRW legen ihren „Zwölf-Punkte-Plan gegen Verschwörungsmythen“ vor. Gegen Verschwörungsgläubige muss entschiedener vorgegangen werden. Sie sind eine Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat. Also, auf in den Kampf gegen verunsicherte Bürger, Impfgegner, Esoteriker, Reichsbürger, neue Rechte und Neonazis, die gegen die Corona-Schutzmaßnahmen protestieren und voller Gewaltbereitschaft Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Rassismus, Antiziganismus und Flüchtlingsfeindlichkeit verbreiten wollen.

Karl Lauterbach warnt weiter vor der Inanspruchnahme der Lockerungen, die im neuen Infektionsschutzgesetz vorgesehen sind, das nebenbei die Maskenpflicht gerettet habe. Vor allem sollten die Länder von der Möglichkeit Gebrauch machen, Hotspots zu identifizieren und die Bevölkerung dort weiter zu maßnahmefizieren. Wörtlich: „Wenn ein Bundesland jetzt sehr viele Hotspots hat, dann setzt sich quasi das Bundesland aus Hotspots zusammen.“

Verdi bestreikt die Flughäfen, für das Klima und höhere Löhne,

die DUH legt mit Hilfe des Verwaltungsgerichts Cottbus mal eben Deutschlands größtes Kraftwerk lahm, wir haben ja Strom im Überfluss.

Der Kapitän, wenn er mal auf der Brücke erscheint, versucht verzweifelt die Selbstversenkung zu verhindern, indem er sich gegen einen „überhasteten“ Stopp der russischen Öl- und Gaslieferungen stemmt, während der Erste Offizier mit leeren Händen von seiner Erkundungsreise in den Nahen Osten zurückkommt. Zugleich hat

die Chefin fürs internationale Marketing weiteren Waffenlieferungen aus der EU zugestimmt, insgesamt bisher für 1 Milliarde Euro, und will die – auch mit Hilfe dieser Waffen geschaffenen – Flüchtlingsströme (immerhin acht bis 10 Millionen Menschen innerhalb der nächsten Wochen lt. Baerbock), in gewohnter und seit 2015 eingespielter Weise auf alle EU-Länder verteilen. Sie habe dafür von den anderen Außenministern viel Zuspruch erhalten, erinnerte sich Baerbock.

 

Nun, die Bordkapelle der Titanic spielte auf, um eine Panik zu verhindern, vermutlich nicht ahnend, dass die Rettungsboote nie  und nimmer für alle Passagiere ausreichen würden, selbst wenn es gelingen sollte, alle unbeschädigt zu Wasser zu bringen. 

Der Kapitän hingegen, der sich um die Situation seines Schiffes keinen Illusionen mehr hingab, mochte den Tag verflucht haben, an dem ihm dieses Kommando über- und der weit nördlich verlaufende Kurs vorgegeben worden war. Doch was blieb ihm übrig? Er musste wohl oder übel nach alter Väter Sitte mit dem sinkenden Schiff untergehen.

Ein 1995 aufkommendes Gerücht, das nach der Entdeckung des Wracks schnell die Runde machte und sogar von der seinerzeit noch weitgehend lesbaren „WELT“ erwähnt wurde, ließ jedoch die schreckliche Idee aufkommen, es habe sich beim Untergang der Titanic um eine von der Reederei vorsätzlich und zum Zwecke des Versicherungbetrugs herbeigeführte Katastrophe gehandelt, wobei das Kalkül, dass auf der vielbefahrenen Nordatlantik-Route viele Schiffbrüchige gerettet werden könnten, allerdings nicht aufgegangen sei.

Der WELT-Artikel ist immer noch online verfügbar.

Gut, heute nennt man das nicht mehr Gerücht, sondern „Verschwörungstheorie“, was automatisch die Beißreflexe der guten Kämpfer gegen rechts auslöst. Von daher werden auch alle Überlegungen, der gezielt herbeigeführte Untergang des Flaggschiffs des EU-Flottenverbands könnte für die Reederei mit Sitz in Washington D.C. einen weit über den Schaden hinausgehenden Nutzen bringen, längst von Trommelfeuer der Faktenchecker niedergehalten.

Früher hieß es unter Kriminalisten, die wichtigste Frage zur Aufklärung eines Verbrechens sei die, nach dem Nutznießer. Cui bono?

Wenn uns heute von allen Seiten erzählt wird, es gäbe nur Verlierer, dann stellt sich mir die Frage, wie es die Verlierer überhaupt so weit kommen lassen könnten.

Ob Dummheit dafür wirklich genügt?