Brennt die Dollar-Hütte?

Die Federal Reserve Bank der USA hat am gestrigen Sonntag – drei Tage vor dem regulären Sitzungstermin – drei gravierende Notmaßnahmen beschlossen:

  • Senkung des Leitzinses um ein volles Prozent auf 0,00 bis 0,25 %
  • Ankauf von Anleihen im Umfang von 700 Milliarden $
  • Senkung aller Mindestreservesätze auf 0,0 %

Darüber hinaus haben die EZB, die Bank of Japan, die Bank of England, die kanadische Notenbank und die Schweizer Nationalbank verabredet, den Dollar vor dem „Ausverkauf“ zu schützen, indem sie ihre Dollar-Devisen-Reserven zu günstigen Konditionen bereitstellen.

Im Augenblick ist noch nicht absehbar, ob diese Maßnahmen ausreichen, um „die Märkte“ zu beruhigen, oder ob sie – im schlimmsten Fall – noch wie ein Brandbeschleuniger wirken werden.

Nachzulesen ist das in einem Artikel, den die WELT in der Nacht veröffentlicht hat – mit einer Ausnahme: Die Aufhebung der Mindestreservepflicht wird mit keinem Wort erwähnt. Mag sein, dass das einfach nur untergegangen ist, mag sein, dass man dem Publikum diesen Schock nicht auch noch zumuten mag.

Ein Erklärungsversuch

Ausgangslage sind die von der Corona-Krise ausgelösten negativen Erwartungen der Anleger in Bezug auf die Ertragssituation der Aktiengesellschaften, was eine (verständliche) Angst vor Kursverlusten erzeugt und den Verkaufsdruck ausgelöst hat.

Hier sind nun zwei Wirkungen entstanden, die beide einen erheblichen Einfluss auf die Liquditätsversorgung haben:

  1. Rapide sinkende Kurswerte kreditfinanzierter Depots führen dazu, dass die finanzierenden Banken Sicherheiten nachfordern. Können die nicht beigebracht werden, haben Bank und Anleger ein massives Problem.
  2. Um die Kurse zu stützen, braucht es Geld. Fällt ein Papier schlagartig ins Bodenlose, kann man die Liquidität für die Stützung durch Verkauf nicht betroffener Papiere generieren. Fallen alle Kurse braucht es neue Kredite.

Nun leben wir zwar in Zeiten des Fiat-Money, die Geschäftsbanken sind theoretisch in der Lage, unbegrenzt Kredit zu vergeben, doch bringen sich die Banken eben selbst in Gefahr, wenn sie die Millionen und Milliarden ohne Ansehen von Bonität und künftiger Ertragskraft und Zahlungsfähigkeit unters Volk bringen, während diejenigen, die noch stark genug sind, auf Basis dieser Stärke und der Not der übrigen Mitspieler die Konditionen für ihr Engagement im ganz weiten Rahmen faktisch selbst bestimmen können.

Billiges Geld der Fed ist ein Angebot, sich zu minimalen (Kredit-) Kosten am kalten Buffet der Börsen zu bedienen und so den Kurssturz zu bremsen.

Anleihekäufe der Fed sind eine Maßnahme, um Banken, denen die liquiden Mittel ausgehen, zu ermöglichen, ihren Anlegern die Einlagen bei Bedarf auszuzahlen, indem es den Banken ermöglicht wird, relativ kursstabile Anleihen aus ihrer Aktiva in Liquidität umzuwandeln, womit sie vermeiden können, die Verluste aus den Aktien durch Notverkäufe realisieren zu müssen.

Um den gefürchteten Bank-Run zu vermeiden, wurde einst die Mindestreserve-Pflicht eingeführt. Das heißt: Jede Bank ist verpflichtet, einen prozentualen Anteil der von ihr gehaltenen Kundengelder auf ihrem Zentralbankkonto vorzuhalten, um damit einen eventuell auftretenden, erhöhten Liquiditätsbedarf aus eigenen Kräften bewältigen zu können.

Der Hammer vom Sonntag besteht nun darin, dass faktisch ab sofort (amtlich ab 26. März) selbst solche Institute, die keinen Knopf mehr in der Kasse haben, dennoch weiterhin Bank-Geschäfte machen dürfen, weil die Mindestreserve aller Einlageklassen auf null gesenkt wurden.

Es wird also selbst Instituten, die alle Voraussetzungen für die sofortige Schließung wegen Zahlungsunfähigkeit erfüllen, erstens zugesichert, dass ihnen niemand wegen eines auf null stehenden Zentralbankkontos die Lizenz entziehen wird, und zweitens, dass  die Fed ihnen zu niedrigsten Zinsen mit jeder Menge Geld solange aushelfen wird, wie es notwendig ist.

Und notwendig wird es solange sein, bis die Kurse an den Börsen aufgrund der in den Markt gekippten frischen Liquidität wieder inflationieren, also trotz der realen Verluste der Corona-Krise wieder steigen und damit die Krise des Schuldgeldsystems noch einmal – mit  einer neuerlichen Schwemme frisch bedruckten Papiers ohne jeden realen Wert – übertüncht werden kann.

Wie dramatisch die Lage ist, erkennt man daran, dass die wichtigsten Zentralbanken der westlichen Wertegemeinschaft sich an der Feuerwehraktion beteiligen und ihre (im Grunde schon länger wertlosen) Dollarbestände als Löschmittel bereitwillig zur Verfügung stellen.

Die Hütte brennt.

Die Feuerwehren kämpfen mit den Flammen. Noch weiß niemand, ob das Wasser im Löschteich ausreichen wird. Hoffen wir das Beste.

Soviel am frühen Montagmorgen in aller Kürze.

Mein Dank gilt Jens Blecker von IKNews, der mich auf die Mitteilung der Fed, bezüglich der Mindestreservenhaltung aufmerksam gemacht hat.