Die Frage in der Überschrift erinnert an einen Werbespruch der Zementhersteller. Der lautete: „Beton? Es kommt drauf an, was man draus macht.“
Bundeskanzler Olaf Scholz war vor ein paar Tagen in der Tagesschau aufgetreten, mit dem beruhigenden Statement, dass selbstverständlich deutsches Recht weiterhin gelten werde. So, wie er das gesagt hat, ist daran nichts zu meckern. Ob er das aber so gemeint hat, wie es beim Tagesschau-Konsumenten ankommen sollte, oder ob er einfach nur vergessen hat, zu sagen, dass die Verpflichtungen aus dem Pandemievertrag, wenn er von Deutschland ratifiziert sein wird, selbstverständlich in dann geltendes, verändertes deutsches Recht überführt werden, das lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen.
Scholz‘ Aussage stimmt auch mit der Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages überein, wo es – unter anderem – heißt:
„Die Internationalen Gesundheitsvorschriften sind als völkerrechtliches Sekundärrecht zwar gegenüber, nicht aber automatisch in den WHO-Mitgliedstaaten verbindlich. Sie sind – mit anderen Worten – nicht self-executing, d.h. sie müssen durch einen nationalen Rechtsakt „transformiert“ wurden, um im nationalen Rechtsraum Wirkung zu entfalten und den Einzelnen rechtlich zu verpflichten.“
Die spannende Frage, auf die leicht eine Antwort zu finden ist, lautet nun:
Ist es die Absicht der Bundesregierung, ihre Mehrheit im Bundestag zu nutzen, um die Regelungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften, wie sie derzeit in der WHO ausgekocht werden, in deutsches Recht zu überführen?
Es sieht sehr danach aus, denn warum sonst sollte Deutschland bei der Entwicklung und Verabschiedung dieser Richtlinien mitwirken, wenn sie anschließend für Deutschland keine Wirksamkeit entfalten sollen?
Hinter diesem Satz reicht ein Fragezeichen gar nicht aus, um klarzustellen, dass die Antwort in der Fragestellung bereits enthalten ist.
Es kommt nicht darauf an, ob die WHO verbindliche Regeln vorgeben kann, oder nicht, es kommt nicht darauf an, ob im Entwurf das Wörtchen „verbindlich“ vorkommt, oder ob im Vertragstext die Stelle „nicht verbindlich“ gestrichen werden soll. Es kommt einzig darauf an, was diese Internationalen Gesundheitsrichtlinien an Regelungen enthalten – und ob diese Regelungen einerseits die staatliche Souveränität Deutschlands aushöhlen und ob andererseits damit Grundrechte unterlaufen werden können.
Was drin steht, ist allerdings noch nicht klar. Es gibt einen Vorschlag, zur Änderung der bereits 2005 beschlossenen Regelungen, und es gibt zu diesem Vorschlag Änderungsvorschläge der Mitgliedsländer, aber es gibt noch keine Entscheidung über den endgültigen Text. Ich könnte mir vorstellen, dass die endgültige Fassung in einem Abstimmungsmarathon über die einzelnen Änderungsvorschläge entstehen wird, und die so entstehende Fassung als verabschiedet gelten wird, wenn der letzte Änderungsvorschlag behandelt sein wird.
Ich mutmaße, dass die – nicht datierte –
„Artikel-für-Artikel-Zusammenstellung
der vorgeschlagenen Änderungen
der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005),
vorgelegt gemäß Beschluss WHA75(9) (2022)“
die jüngste Dokumentation dessen ist, was künftig in den 194 Mitgliedsstaaten der WHO gelten soll. Sie können sich dieses Dokument bei der WHO als PDF-Datei herunterladen.
Aber Vorsicht: Es handelt sich um ein Dokument im Umfang von 80 Seiten, dessen Inhalt sich Außenstehenden – also auch mir – nicht wirklich erschließt.
Bevor ich dennoch versuche, an der einen oder anderen Stelle darauf einzugehen, will ich aber noch auf den Aufruf von 200 wissenschaftlichen Fachjournalen hinweisen, in dem gefordert wird, die WHO möge wegen der „Klimakrise“ einen globalen Gesundheitsnotstand ausrufen, und dies noch vor der nächsten Weltgesundheitsversammlung im Frühjahr 2024. Der SPIEGEL berichtete im Oktober 2023 darüber.
Niemand, außerhalb der inneren Kreise der WHO-Mitglieder weiß, ob das so kommen wird oder nicht. Der weltweite Hype um den Klimawandel spricht aber dafür, dass die Absicht durchaus bestehen könnte und die konzertierte Aktion von über 200 Fachblättern nur die Begleitmusik für das liefern sollte, was sowieso längst beschlossen ist.
Aktuell ist zu ergänzen, dass – wie ich soeben erfahren habe – seit heute (19.2.24) in Genf tatsächlich ein Beratungsmarathon gestartet wurde, mit dem Ziel, die Endfassung des Pandemievertrags bis zum Mai fertigzustellen.
Die folgenden Informationen aus der Zusammenfassung der Änderungsvorschläge sollten also immer auch so gelesen werden, dass es nicht nur um Pandemien im herkömmlichen Sinne gehen soll, sondern auch um die Übertragung der Verantwortung für Maßnahmen aus den (umstrittenen) Erkenntnisse von Klimaforschern auf die Medizin-Bürokraten der WHO.
Ich zitiere aus der deutschen DeepL-Übersetzung des Papiers.
Artikel 1, Begriffsbestimmungen,
hier sehen die Änderungsvorschläge vor, Einschränkungen der Verbindlichkeit von WHO-Empfehlungen zu streichen:
„Ständige Empfehlung“ ist eine nicht verbindliche Empfehlung der WHO für bestimmte laufende Risiken für die öffentliche Gesundheit gemäß Artikel 16 über geeignete Gesundheitsmaßnahmen, die routinemäßig oder in regelmäßigen Abständen anzuwenden sind, um die internationale Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern oder einzudämmen und Störungen des internationalen Verkehrs auf ein Mindestmaß zu beschränken;
„Vorläufige Empfehlung“ ist eine unverbindliche Empfehlung, die von der WHO gemäß Artikel 15 für eine zeitlich begrenzte, risikospezifische Anwendung als Reaktion auf eine gesundheitliche Notlage von internationalem Belang herausgegeben wird, um die internationale Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern oder einzudämmen und die Beeinträchtigung des internationalen Verkehrs zu minimieren;
Ein Hammer findet sich in den Änderungsvorschlägen zu Artikel 3, Grundsätze:
Artikel 3 Grundsätze
1. (1) Die Durchführung dieser Regelungen erfolgt unter uneingeschränkter Achtung der Würde, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten der Personen auf der Grundlage der Grundsätze der
Gleichheit, der Inklusivität und der Kohärenz und in Übereinstimmung mit den gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten der Vertragsstaaten,
Welcher Mitgliedsstaat mit diesem Änderungsvorschlag offenbart, dass er so scharf darauf ist, dass die nicht verbindlichen, bzw. unverbindlichen Empfehlungen der WHO auch Menschenrechte und Grundfreiheiten aushebeln dürfen sollen, erfahren wir nicht, denn die Urheber der Änderungsvorschläge bleiben geheim. Die Erfahrungen mit den Pandemiemaßnahmen in vielen Staaten dieser Welt zeigen aber ganz klar: Es muss nicht unbedingt China gewesen sein, und dieser Änderungsvorschlag wird nicht nur von den Chinesen Zustimmung erfahren.
Artikel 4, Zuständige Behörden
Hier gibt es einen Vorschlag für eine neue Regel:
NEU (1bis) Die Vertragsstaaten / ALT können Rechtsvorschriften erlassen oder anpassen, um die nationalen IHR-Kontaktstellen mit den Befugnissen und Mitteln auszustatten, die sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigen, wobei die Aufgaben und Funktion der Stelle, die bei der Umsetzung der Verpflichtungen aus diesen Verordnungen die Rolle der nationalen Anlaufstelle für Menschenrechte übernimmt.
Im Zusammenhang mit den Bestimmungen in den Grundsätzen gelesen, ergibt sich daraus die Verlagerung der Aufsicht über die Einhaltung der Menschenrechte von der (Verfassungs-)Justiz auf eine in das Netzwerk der WHO eingebundene Behörde, die ihren eigenen, möglicherweise stark verengten Blick auf die Menschenrechte zur Norm erheben kann und wird.
Artikel 12,
Hier beginnt die Änderung bereits in der Überschrift. Statt
„Feststellung einer internationalen gesundheitlichen Notlage“
soll sie künftig lauten:
„Feststellung einer internationalen gesundheitlichen Notlage, einer regionalen gesundheitlichen Notlage oder eines mittleren Gesundheitsalarms“
Damit wird der WHO die Möglichkeit eröffnet, direkt auf die zuständige innerstaatliche (Gesundheits-)Organisation einzuwirken, auch wenn von einer Pandemie (noch, bzw. absolut) nicht die Rede sein kann.
Der nächste Hammer – mit dem die eingangs erwähnte Aussage von Bundeskanzler Scholz als vollständig widerlegt angesehen werden kann, findet sich im neuen Artikel 13A
Artikel 13A Internationale Reaktion im Bereich der öffentlichen Gesundheit unter Leitung der WHO
1. Die Vertragsstaaten erkennen die WHO als leitende und koordinierende Behörde für internationale Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bei internationalen Gesundheitsnotfällen an und verpflichten sich, bei ihren internationalen Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit den Empfehlungen der WHO zu folgen.
3. In ihrem Zuteilungsplan für Gesundheitsprodukte ermittelt die WHO unter anderem die Empfänger von Gesundheitsprodukten, einschließlich des Gesundheitspersonals, der Beschäftigten an vorderster Front und der gefährdeten Bevölkerungsgruppen, und legt die erforderliche Menge an Gesundheitsprodukten für eine wirksame Verteilung an die Empfänger in allen Vertragsstaaten fest.
5. Auf Ersuchen der WHO stellen die Vertragsstaaten sicher, dass die Hersteller in ihrem Hoheitsgebiet der WHO oder anderen Vertragsstaaten die angeforderte Menge der Gesundheitsprodukte entsprechend den Anweisungen der WHO rechtzeitig liefern, um eine wirksame Durchführung des Zuteilungsplans zu gewährleisten.
Das ist Kriegswirtschaft, zentral gesteuert von der WHO. Selbstverständlich ist die WHO heute frei von jeglichen egoistischen Interessen, wo Philantropen (= Menschenfreunde, Wohltäter) sich maßgeblich für die Finanzierung der WHO verantwortlich fühlen, wird hier stets alles ohne Einflüsse von Profitinteressen der Industrie und ihrer Anteilseigner vonstatten gehen, es wird keine vermeintlichen Skandale um vollkommen legale Maskenbeschaffungsprovisionen oder um vermeintlich intransparente Liefervereinbarungen mehr geben können, doch die Zeiten und die Zustände könnten sich ändern – und was dann? Sobald die Übernahme der Vertragsbestandteile in deutsches – und wohl auch europäisches Recht – erfolgt sein wird, ist – was die WHO fordert – unmittelbar geltendes deutsches Recht, gegen das keine noch so starke Opposition, keine Regierung und auch kein Parlament mehr klagen kann. Man müsste dann schon aus dem Vertrag aussteigen. Besser wäre es möglicherweise, ihm gar nicht erst beizutreten. Aber darüber entscheiden nicht Sie und nicht ich, sondern unsere gewählten Volksvertreter, in die wir schließlich alle unser vollstes Vertrauen setzen sollten.
Artikel 44, Zusammenarbeit und Unterstützung
Es geht hier um Planung, technische Zusammenarbeit. logistische Unterstützung, um die Mobilisierung von Finanzmitteln, um internationale Koordination, es geht aber auch um Zusammenarbeit und Unterstützung
(h) (neu) bei der Bekämpfung der Verbreitung falscher und unzuverlässiger Informationen über Ereignisse im Bereich der öffentlichen Gesundheit, präventive und antiepidemische Maßnahmen und Aktivitäten in den Medien, sozialen Netzwerken und anderen Verbreitungswegen solcher Informationen,
und
(i) die Ausarbeitung von Gesetzesvorschlägen und anderen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Durchführung dieser Verordnungen.
So hat der Artikel 44 explizit die Beschränkung, ja sogar die Bekämpfung der Meinungs- und Informationsfreiheit zum Ziel. Für die deutsche Situation in Bezug auf die Meinungsfreiheit eine notwendige Ergänzung der bisher schon festgelegten Einschränkungen. Hätten wir das schon 2021 im Gesetz stehen gehabt, die Anklage gegen Michael Ballweg hätte sich nicht auf Betrug und Unterschlagung abstützen müssen, was ja weitgehend gescheitert ist, sondern hätte sich auf das neue Meinungsdelikt der Verbreitung falscher und unzulässiger Informationen beziehen können, wobei sogar ein über jeden Verdacht der Parteilichkeit erhabenes, internationales Gremium, nämlich die WHO, die entsprechenden Festlegungen über richtige, falsche und unzuerlässige Informationen treffen würde. Wer solcher wissenschaftlicher Kompetenz widerspricht, ist mit Fug und Recht aus der Öffentlichkeit zu entfernen.
Artikel 54a, Umsetzung
Dieser Artikel sei am Rande ebenfalls noch erwähnt, allerdings lediglich wegen seiner auslegungsfähigen Aussage zu den Geschlechtern:
3. Es wird ein Sonderausschuss für die IHR als Expertenausschuss eingesetzt. Der Sonderausschuss besteht aus (…) Mitgliedern, die so ernannt werden, dass eine ausgewogene Vertretung der Regionen und ein Gleichgewicht der Geschlechter gewährleistet ist.
Leider wird hier nicht ausgeführt, welche Geschlechter dabei berücksichtigt werden sollen, so dass die gesamte Vereinbarung an diesem Satz scheitern könnte, sollten die deutschen Grünen den Vertrag vor der Abstimmung im Bundestag bis zu dieser Stelle gelesen haben.
Was ist der Pandemievertrag nun wirklich? Der Griff nach der Weltherrschaft oder doch nur heiße Luft?
Zunächst einmal kann ich allen recht geben, die im Pandemievertrag ein neues, internationales Bürokratiemonster zu erkennen glauben. Das alleine ist es aber nicht. Es handelt sich zugleich um einen Zuwachs an Ressourcen für die WHO, die ja im Prinzip und de fakto die Leitung der in den Mitgliedsstaaten zu installierenden neuen Behörden und Ämter übernehmen wird, so dass aus momentan gut 7.000 Mitarbeitern der WHO mehr als 100.000 werden könnten, unterstellt man, dass jeder Mitgliedsstaat nur 500 Mitarbeiter für die Zuarbeit zur WHO im Rahmen der Verpflichtungen des Pandemievertrags neu installieren wird.
Da die Mitgliedsstaaten sich verpflichten, die WHO als leitende und koordinierende Behörde für internationale Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit bei internationalen Gesundheitsnotfällen anzuerkennen, und es wiederum im Ermessen der WHO liegt, diese Gesundheitsnotfälle auszurufen, bleibt von der nationalen Souveränität im echten oder vermeintlichen Krisenfall, aber auch schon bei den Vorbereitungen auf mögliche, noch unbestimmte Krisen, nur noch sehr wenig übrig.
Verbindet man dies mit der Aushebelung von Menschenrechten und persönlichen Freiheitsrechten, sowie mit dem explizit geforderten Ansatz der Einschränkung der Meinungsfreiheit, ist die Gefahr der Errichtung einer totalitären Welt-Gesundheitsdiktatur durch die Bestimmungen der vorliegenden Texte und Änderungsanträge nicht gebannt. Dabei wäre es relativ einfach, das strikt zentralistische Regelwerk diesbezüglich zu entschärfen, wenn man es nur wollte, so dass wirklich nur die zur Pandemievorsorge notwendigen Elemente in einer Form stehen blieben, die die nationale Souveränität und die Menschen- und Freiheitsrechte gleichermaßen achtet und die Freiwilligkeit der Mitwirkung der Mitgliedsstaaten auch nach der Unterschrift unter den Vertrag noch gewährleistet.
Diese Zielsetzung kann aus dem momentan in Genf zu beratenden Papier allerdings nicht abgeleitet werden.
Um so problematischer ist die Tatsache anzusehen, dass die WHO die ihr mit diesem Vertrag übertragenen Kompetenzen bald auch auf Maßnahmen zur Bekämpfung des „Klimawandels“ ausweiten könnte, käme sie nur zu dem Schluss, dass es sich dabei ebenfalls um einen „internationalen Gesundheitsnotstand“ handelt. Der Vertragstext ließe diese Einordnung meines Erachtens bereits implizit zu.