Schauen Sie nicht länger weg!

Sie denken, Sie leben vom Geld, das monatlich bei Ihnen aufs Konto kommt, weil Sie arbeiten, weil Sie Rente beziehen oder weil Ihnen Bürgergeld zugeteilt wird.

In Wahrheit leben Sie aber von den Sachen, die Sie sich von diesem Geld kaufen.

Wenn Sie nicht länger wegschauen, stellen Sie fest, dass die Sachen, von denen Sie leben, größtenteils nicht auf Bäumen wachsen, von wo Sie Ihnen direkt in die Hände fallen. Die allermeisten Sachen kommen aus Fabriken, sind so genannte „Industrieprodukte“. Sogar die meisten Lebensmittel, die in den Supermärkten die Regale füllen, kommen aus Fabriken der Lebensmittelindustrie.

Falls Sie noch arbeiten oder früher gearbeitet haben, hatten Sie höchstwahrscheinlich auch mit der Industrie zu tun. Entweder, weil sie selbst in einem Industriebetrieb gearbeitet haben, oder weil sie als Lieferant oder als Dienstleister für den Industriebetrieb tätig waren, oder weil sie Waren des Industriebetriebs abgenommen, transportiert, bzw. verkauft haben.

Wenn Sie ganz genau hinschauen, werden Sie feststellen, dass die Industrie im Industrieland Deutschland schrumpft.

Das ist gut, sagen die Grünen und diejenigen, die den Grünen glauben, weil Industrie halt „was mit CO2“ ist, und je weniger Industrie, desto weniger CO2, und das ist gut für die Klimaziele, die wir doch erreichen müssen.

Das ist schlecht, sagen  andere, weil es ohne Industrie viele Sachen, die wir zum Leben brauchen, nicht mehr geben wird.

„Das verstehe ich nicht“, sagen Sie nun, „es gibt doch noch alles.“

Da sage ich: „Schauen Sie mal wieder hin!“

Wahrscheinlich finden Sie noch alles, was Sie sich leisten können, weil die Regale immer noch voll sind, auch wenn längst nicht mehr alle Geschäfte, in denen Sie früher eingekauft haben, noch existieren.  Vermutlich finden Sie es toll, in Schuhen aus Plastik herumzulaufen, weil Turnschuhe eben ganz groß in Mode sind und niemand mehr Schuhe aus Leder tragen will, abgesehen davon, dass die halt viel teurer sind. Es ist verrückt: Vor zwanzig Jahren noch, gab es bei der Edeka, wo ich öfters einkaufe, noch guten französischen Cognac, und wenn es auf Weihnachten und Silvester zugegangen ist, standen die Champagnerflaschen aller gängigen Kellereien in Reih und Glied. Den Cognac haben sie erst hinter verschließbare Glastüren verbannt, dann ist er ganz verschwunden. Ein paar einzelne Champagnerflaschen tauchen im Dezember auch noch auf, aber nicht mehr die allererste Güte, mehr so in Richtung „Gewerkschaftsbrause“.

 Wir sind halt so vergesslich.

„Ist mir egal“, sagen Sie, „Champagner konnte ich mir sowieso nie leisten.“

Dann hören Sie mir einmal gut zu:

Dass die Industrie schrumpft, ist Ihnen egal, und die Grünen freut das sogar. Die Grünen wollen das sogar. Dass die Industrie umso schneller schrumpft, je kleiner und unbedeutender sie bereits geworden ist, davon wissen Sie vermutlich nichts, aber Sie dürfen mir das getrost glauben. Ein Teil der Industrie stellt die Ausrüstungen, die Maschinen und Anlagen für einen anderen Teil der Industrie her. Stirbt der eine Teil, stirbt auch der andere Teil. Ein Teil der Industrie stellt Vorprodukte und Werkstoffe für einen anderen Teil der Industrie her. Stirbt der eine Teil, sterben auch die beiden anderen Teile. Es ist nicht zu vermeiden. Industrie ohne Maschinenbau oder ohne Zulieferer und Werkstoffproduzenten ist nicht lebensfähig.

Machen wir einen gedanklichen Sprung, nur zehn Jahre in die Zukunft. Die Industrie ist weg.

Was bleibt übrig?

Sie meinen: „Da bleibt noch genug. Alles, außer der Industrie halt. Das Handwerk, der Handel, die Land- und Forstwirtschaft, die Banken und Versicherungen, der ganze Staat mit seinen Beamten und Angestellten, Transport und Logistik …“

Schön. Und woher nimmt der Bauhandwerker das Hydrauliköl für den Bagger, der Maler die Lacke und Farben, der Landwirt den Kunstdünger, der Forstwirt die Kettensäge? Was hat der Handel noch im Angebot, wem werden die Banken noch Kredite geben, wer wird die Versicherungsprämien noch aufbringen können, wie will der Staat sein Personal bezahlen, wenn die Steuereinnahmen wegbrechen, was haben die Spediteure noch zu transportieren?

Landwirte werden übrig bleiben, vielleicht sogar reich werden, weil das wenige Getreide und Gemüse, das noch produziert wird, nicht ausreicht, und der Mangel die Preise in die Höhe treibt. Es kann aber auch sein, dass plündernde Banden aus den großen Städten die Dörfer überfallen, bis nichts mehr davon übrig ist.

Frisöre und Scherenschleifer werden übrig bleiben. Falls die nicht als Erste verhungern. Das weiß man nicht so genau.

Sie meinen: „So schnell geht das nicht. Nicht in zehn Jahren. Ist doch noch alles da. Außerdem entsteht ja Neues. Industrie gibt es doch überhaupt erst seit 250 Jahren. Vorher ging es doch auch.“ 

Stimmt. Vorher ging das auch. Irgendwie.

Irgendwie schon. Aber nicht so, wie wir uns das wünschen sollten. Es stimmt auch, dass es 250 Jahre gedauert hat, bis die Industrialisierung unsere heutige Lebensweise ermöglicht hat. Aufbauen dauert immer lange.

Zerstören geht fix.

Wissen Sie, wie fix?

In der nachstehenden Tabelle sehen Sie eine Woche Stellenabbau, vom 25. September bis zum 1. Oktober 2024. Das Tempo der Arbeitsplatzvernichtung in Deutschland hat wieder angezogen. 18.565 verlorenen Jobs in nur einer Woche. 62.270 im Monat September. 136.860 im dritten Quartal 2024.

Die Steigerung ist enorm:

Im gesamten dritten Quartal also durchschnittlich (nur) 1488 pro Kalendertag. Im September alleine 2026 pro Kalendertag, und in der letzten Septemberwoche 2652 pro Kalendertag. Wenn sich die Entwicklung weiter so beschleunigt, dauert es keine zehn Jahre, bis nur noch Friseure und Scherenschleifer übrig sind.

1.10.2024 Übertrag 2415885
Schaeffler, Schweinfurt, Zulieferer, hat angekündigt, Stellen zu streichen. Die Vision mit Vitesco macht den einen Teil möglich, das „Marktumfeld“ den anderen Teil erfoderlich. Es sollen aber weniger Stellen gestrichen werden als bei ZF (14.000). Es gilt auch hier erst einmal zu schätzen: 3.000 aus der Fusion, 4.000 aus dem Marktumfeld, macht 7.000 in Summe. geschätzt
7000
2422885
Tag 1836 BASF, Ludwigshafen, Chemie, spricht wieder vom Stellenabbau und davon, dass jede 7. Anlage in Ludwigshafen außer Betrieb genommen werden könnte. Ich schätze das als neue Ankündigung ein. Bisher waren für Ludwigshafen bereits 11.000 Stellen auf der Streichliste, bleiben also 28.000, davon ein Siebtel, das wären noch einmal 4.000. Schreiben wir die in die Liste geschätzt
weitere
4000
2426885
Trevira, Guben, Textilfasern, hat 2023 schon in Guben und Bobingen je 40 Stellen gestrichen, jetzt sind weitere 210 Jobs auf der Streichliste 210 2427095
SMA Solar, Niesetal, Solartechnikhersteller, muss 200 Millionen sparen und dazu Personal entlassen geschätzt
3000
2430095
LBBW, Stuttgart, Landesbank, baut nach dem Kauf der Berlin Hyp 300 Stellen ab 300 2430395
Putzmeister, Gründau-Rothenbergen, Betonpumpen, schließt das Stahlwerk und verlagert in die Türkei 250 2430645
Meiko, Ettenheim, Eisengießerei, der Spülmaschinenhersteller schließt seine Gießerei 55 2430700
Stock, Dettmannsdorf, Destillerie, wird geschlossen 35 2430735
Schleswig-Holstein, Kiel, Bundesland, macht alle Sozial- und Arbeitsgerichte dicht und konzentriert alles an nur noch einem Ort. Sparen durch Umzug? Nur möglich, wenn nicht alles mitziehen. ???
Warsteiner, Thannhausen, Brauerei, der Standort Thannhausen wird stillgelegt 18 2430747
Solaris, Berlin, FinTech, muss nach Millionenverlusten wieder Stellen abbauen geschätzt
200
2430947
AOC, Magdeburg, Bauentwickler, hat Insolvenz beantragt. 30 2430977
Mercedes Benz, Stuttgart, Automobile, bei den VANs soll der Vertrieb verkleiner werden 500 2431477
Betrtrandt, Tappenbeck, Autozulieferer, wird in Deutschland 1.200 Stellen abbauen 1200 2432677
Coca Cola, Deutschland, Brauseabfüller, schließt fünf Standorte 505 2433182
König & Bauer, Würzburg, Maschinenbau, lange nichts gehört aus der Druckmaschinenbranche, jetzt muss K&B wieder Jobs abbauen 200 2433382
Axalta, Wuppertal, Lacke, insgesamt haben jetzt fünf Gesellschaften der Gruppe Insolvenz angemeldet. geschätzt
600
2433982
Olbrich, Bocholt, Maschinenbau, kleckert vor sich hin erst 80, dann weitere 80 und nun 250 (insgesamt?) weitere
90
2434072
Ehrenfried, Heidelberg, Caterer, hat Insolvenz angemeldet geschätzt
150
2434222
Wiechers, Nienburg, Überrollbügel, hat Insolvenz angemeldet geschätzt
78
2434300
Schloss Wendgräben, Möckern, Privatklinik, ist insolvent 60 2434360
AIC, Köln, CallCenter, hat Insolvenz angemeldet geschätzt
90
2434450

 

Die aktuelle Tabelle finden Sie hier.

… und dann habe ich noch das für Sie: Eine Baustelle, gleich bei mir um die Ecke.

Stillstand seit einem Jahr.

 

 

Gibt es bei Ihnen in der Nähe eine Baustelle, die ähnlich aussieht und mindestens seit 6 Monaten stillsteht, senden Sie mir ein Foto. Es könnte ein „Atlas der jüngeren Bauruinen“ daraus entstehen.