Letzte Einstimmung auf den morgigen PaD 8 /2022
So, wie man sich in meiner Jugend zu entscheiden hatte, ob man sich mehr für die Beatles oder mehr für die Rolling Stones begeistern will, haben später zwei große, epische Erzählungen aus dem Fantasy-Spektrum die Fraktionen der „Harry-Potter-Fans“ und der „Herr-der-Ringe-Begeisterten“ hervorgebracht. Auch hier natürlich mit Schnittmengen, aber bei den meisten doch mit klaren Präferenzen.
Heruntergebrochen bis auf das, was Wilhelm Busch einst als „die Moral von der Geschicht“ bezeichnete, findet sich zwischen Hogwarts und Mittelerde jedoch kein Unterschied mehr.
Sie haben weder die eine, noch die andere Geschichte gelesen oder im Film gesehen?
Sie sind eher für Erzählungen aus der Gegenwart, wie „James Bond“ oder für das Scienc Fiction Genré zu haben und begeistern sich für „Star Wars“.
Macht nichts. Alles beruht auf der gleichen Idee:
Die „dunkle Seite der Macht“, wie es in der Star Wars Saga heißt, versucht, sich die Welt mit gewaltsamen Mitteln zu unterwerfen, während die Jedi-Ritter, oder eben Harry Potter und, nicht zu vergessen, auch James Bond, sich dem entgegenstellen. Happy End garantiert.
Der gedankliche Sprung zu Bert Brecht und seinem Drama „Der gute Mensch von Sezuan“ wird von Brechts ausdrücklicher Vorbemerkung ermöglicht, das Stück sei als Parabel zu verstehen, Sezuan stehe stellvertretend für alle Orte, an denen Menschen ausgebeutet werden. Bei Brecht angekommen, taucht der auch von mir oft und gern zitierte Satz auf: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“
Nun, die Faktenchecker haben herausgefunden, dass dieser Satz gar nicht von Brecht stammt, sondern in der 1970er Jahren von einem Unbekannten erfunden und irgendwie Brecht untergeschoben worden sei.
Ich sehe im o.g. Zitat eine gute und sprachlich unmittelbar verständliche Zusammenfassung dessen, was Brecht tatsächlich und im gleichen Sinne, sprachlich allerdings ziemlich umständlich zum Ausdruck gebracht hat. Insbesondere die letzten beiden Zeilen enthalten die vollständige Entsprechung:
„WER ZU HAUSE BLEIBT, WENN DER KAMPF BEGINNT
Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt
Und läßt andere kämpfen für seine Sache
Der muß sich vorsehen: denn
Wer den Kampf nicht geteilt hat
Der wird teilen die Niederlage.
Nicht einmal den Kampf vermeidet
Wer den Kampf vermeiden will: denn
Es wird kämpfen für die Sache des Feinds
Wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.“
Es gibt allerdings ein Problem für jeden, der ausziehen will, um den Kampf der Gerechten zu kämpfen. Eher sogar einen ganzen Sack voller Probleme.
- Der Feind kommt ja nicht in allen Fällen an und sagt: „Ich bin dein Feind.“ Wenn er die Maske fallen lässt, ist er sich seines Sieges längst gewiss.
- Wo der Staat das Gewaltmonopol beansprucht und die Bürger sich entwaffnen ließen, der Staat den Feind aber nicht bekämpfen will, fehlt es an allem, um im Kampf bestehen zu können.
- Wo die Friedfertigen jede Gewaltanwendung ablehnen, wo die Pazifisten den Kämpfer, selbst dann, wenn er für sie kämpfen wollte, als rückständigen Idioten brandmarken und ihm in den Rücken fallen, ist der Kampf nur schwer durchzustehen. Und, last but not least,
- Wer kämpft kann verlieren. Alles. Hab und Gut, Leib und Leben.
Wer nicht weiß, wofür er kämpft, wird auch nichts riskieren.
Vielleicht stellen Sie sich in einem ruhigen Augenblick die Frage, wofür Sie bereit wären sich ernsthaft einzusetzen.
Und wenn Sie sich das beantwortet haben, könnten Sie sich noch die weitaus schwierigere Frage stellen, was denn von dem, wofür Sie kämpfen würden, bei nüchterner Betrachtung überhaupt noch übrig ist. Sind Sie ein Freiheitskämpfer? Wie viel Freiheit gibt es noch? Sind Sie ein Gerechtigkeitskämpfer? Wo gibt es noch Gerechtigkeit ? Sind Sie ein Friedenskämpfer? Wer wird noch in Frieden gelassen?
Und: Wie sieht es aus mit der Zukunft von Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit?
Alles gut? Kein Problem?
Wie kommen Sie dann überhaupt auf diese Seite?
Die drei kurzen Beiträge zur Einstimmung auf den PaD 8 /2022 hatten weniger den Zweck, Sie neugierig auf den Inhalt des Paukenschlags zu machen. Es ging mir in erster Linie darum, die von den Fesseln der Political Correctness tabuisierten und stillgelegten Areale des menschlichen Wesens, den Lebenswillen und den Freiheitsdrang, die Bereitschaft zum Kampf gegen Tyrannei, Ausbeutung und Unterdrückung, und die Zuversicht, mit eigenem Einsatz etwas ändern zu können, wieder zu öffnen und ihre Selbstverständlichkeit wahrnehmen zu können. So wie Sportler vor dem Wettkampf den Kreislauf in Schwung und die Muskulatur auf Betriebstemperatur bringen, dienten diese Beiträge dazu, das Denken auf Betriebstemperatur zu bringen, um den Langstreckenlauf durch 35 Seiten Paukenschlag ohne Atemnot, Muskelkrämpfe oder Herzrasen überstehen zu können.