Deutsche Außenpolitik?

Zwischen Staaten gäbe es keine Freundschaften, nur Interessen, so heißt es.

Oberster Grundsatz der Außenpolitik eines Staates sollte es daher sein, die eigenen Interessen zu vertreten und – hier kommt die Politik als die Kunst des Möglichen ins Spiel – sie auch im real existierenden Kräftespiel möglichst optimal zu wahren.

Ich schreibe bewusst, „Interessen wahren“, und nicht „Interessen durchsetzen“, denn ich ziele auf die deutsche Außenpolitik, der es schlicht an den Mitteln dafür fehlt, Interessen durchzusetzen. Zu den Mitteln zählt dabei nicht nur militärische Stärke, auch wenn die ein wichtiger Faktor ist, sondern auch das kleine bisschen Mut, dessen es bedarf, um auszutesten, ob jene rote Linie, die der eigenen Einbildung entsprungen ist, in der Realität überhaupt vorhanden sein könnte.

Unglücklicherweise sieht es aber so aus, dass es der deutschen Außenpolitik nicht nur an den Mitteln fehlt, Interessen durchzusetzen, sondern so, dass in dem Aktenschrank im Keller des Auswärtigen Amtes, der mit „deutsche Interessen“ beschriftet ist, nur ein paar leere alte Leitz-Ordner stehen, deren ehemaliger Inhalt deutlich älter gewesen sein muss, als die von externen Beratern eingeführten „Aufbewahrungsfristen“, durch deren konsequente Anwendung sich ein Anbau an das AA erübrige sollte.

Wenn das deutsche außenpolitische Interesse derzeit primär darin bestehen sollte – und Frau Baerbock lässt daran kaum einen Zweifel – dass Außenpolitik klimaneutral, feministisch und genderkonform, sowie diskriminierungsfrei, queer und bunt sein soll, dann schlage ich vor, das Auswärtige Amt zu schließen und die deutsche Außenpolitik ohne die Einbeziehung dieses nur Kosten verursachenden, aber nichts bewirkenden Zwischenwirts am Werderschen Markt zu Berlin direkt von Washington aus betreiben zu lassen, wobei selbstverständlich auch alle deutschen Auslandsvertretungen den US-Botschaften angegliedert werden könnten.

Ist doch wahr!

Bei der halben Welt und vor allem bei den USA um Fracking Gas zu betteln, weil der alte Mann im Weißen Haus uns zwingt Sanktionen gegen Russland zu verhängen und wir damit Gefahr laufen, von lebenswichtigen Energielieferungen abgeschnitten zu werden, ist das Gegenteil von „deutsche Interessen vertreten“.

Es hat auch nichts mit deutschen Interessen zu tun, die Ukraine mit vielen Milliarden Euro aus deutschen Steuergeldern zu versorgen, schon gar nicht liegt es im deutschen Interesse, der Ukraine das Kassieren von „Durchleitungsgebühren“ für russisches Gas zu ermöglichen, zumal die Ukraine den Gashahn, an dem auch wir hängen, schon einmal zugedreht hat. Russland bisher noch nicht.

Es liegt nicht einmal im deutschen Interesse, der Ukraine 5.000 Helme zu schenken.

Marcel Arndt hat mir vor einigen Tagen eine Karikatur geschickt, die ich erst einmal zurückgehalten habe, weil sie mir – in ihrer an Karnevalswagen erinnernden, drastischen Überzeichnung – zu brutal erschienen ist, doch heute füge ich Sie hier ein.

Es handelt sich bei dem Risiko, der Gasversorgung aus Russland verlustig zu gehen, um ein akutes, also dringendes, und für Deutschland, wenn nicht gar für die gesamte EU sehr wichtiges Problem, das abgewendet werden muss, weil sonst die Energieversorgung vollständig zusammenbrechen könnte.

Dass gerade in diesen Tagen der Chor der Ahnungslosen laut das Lied singt: „Wir kämen auch ganz ohne russisches Gas durch den Winter“ ist ähnlich vertrauenswürdig wie die noch im letzten Herbst treuherzig ausgestoßenen Schwüre, dass es in Deutschland eine Impfpflicht nie geben werde.

Und selbst dieser Trost ist noch überaus verlogen, denn selbst wenn wir den Rest des lauen Winters überstehen sollten: Wo soll denn im Frühjahr und im Sommer die Energie herkommen, wo im Herbst, und wo im nächsten Winter, wenn in den Gasspeichern kein einziger Kubikmeter Gas mehr enthalten ist? (Vorher brechen die Speicher allerdings zusammen, ohne einen Mindestdruck geht nämlich gar nichts.)

Noch mehr deutsche und EU-Sanktionen gegen Russland zu verhängen, nur weil der Ex-TV-Komiker Selenski zu keinem Zeitpunkt vorhatte, sich an das Minsker Abkommen zu halten und Putin nun die Faxen endgültig dicke hatte, wird außer Deutschland und der EU niemanden schädigen, während sich die „Freunde“ in Washington die Hände reiben.

Scholz spielt mit dem großen Blackout, nur um den dicken Maxe zu markieren, der er aber ebenso wenig ist, wie Deutschland das nötige politische Gewicht auf der Weltbühne hat.

Putin ist nicht auf West-Devisen angewiesen. Die Sanktionen steckt er weg. Das Sparbuch aus den Handelsüberschüssen wächst halt ein bisschen langsamer – macht aber nichts, zumal der Euro und der Dollar vermutlich sowieso bald in der Inflation kollabieren. Mit China lässt sich prima Handel treiben, auch mit Öl und Gas.

Wenn hier die Lichter ausgehen – und diese Gefahr ist real – und das Stromnetz mit Wind und Sonne nicht wieder in Gang zu bringen ist, weil ausgerechnet die Gasturbinen explizit als schwarzstartfähig vorgesehen sind und eingesetzt werden müssten, dann möchte ich nicht in der Haut von Scholz und Baerbock und Lambrecht stecken – und sollten sie in ihren gepanzerten Limousinen in Elsendorf vorfahren und um eine Dose Dauerbrot aus meinen Reserven betteln, ich würde sie hartherzig von der Tür weisen.