Hamas

Was ist die eigentliche Absicht der Hamas?

Wenn aus dem Gaza-Streifen binnen weniger Stunden hunderte Raketen auf Jerusalem und Tel Aviv abgefeuert werden, und damit das israelische Luftabwehrsystem Iron-Dome an seine Grenzen gerät, wärend gleichzeitig Araber, bzw. Palästinenser in Jerusalem heftige Straßenkämpfe entfachen, dann läuft da etwas  aus dem Ruder, zumal die Hamas-Raketen sich inzwischen deutlich von jenen wahl- und ziellos abgefeuerten Do-it-yourself-Knallerbsen unterscheiden, welche vor vielen Jahren den Beginn der palästinensischen Raketenangriffe auf Israel markierten.

Es wäre verwegen, den Führern der Hamas zu unterstellen, sie könnten Israel mit diesen Angriffen militärisch in die Knie zwingen. Es wäre ebenso verwegen anzunehmen, die Hamas sei in der Lage, diese Angriffe über längere Zeit mit der gleichen Intensität fortsetzen. Dieser weitgehend von der Außenwelt abgeschnittene Mikro-Nichtstaat verfügt weder über die Ressourcen, noch über die notwendigen Schutzmaßnahmen oder Rückzugsräume, um einen ernsthaften israelischen Gegenangriff zu überstehen, geschweige denn wirksam aufzuhalten.

Sind sie eben einfach nur irre, die Palästinenser? Leiden sie unter pathologischer Selbstüberschätzung? Fühlen sie sich sicher, wie der Floh im Fell des Hundes?

Das alles ergibt keinen Sinn. Ein Volk, dem es darum geht, in einem eigenen Staat selbstbestimmt zu leben, das also über einen vitalen Lebens- und Gestaltungswillen verfügt, wird nicht in morbider Todessehnsucht den großen und mililtärisch übermächtigen Nachbarn zum finalen Gegenschlag herausfordern.

Das Motiv kann nicht darin bestehen, wenigstens noch einmal wirksam zuzuschlagen, bevor alles zu Ende ist. Die Angriffe der Hamas sind etwas ganz anderes als der atomare Zweitschlag, mit dessen Androhung über Jahrzehnte der große dritte Weltkrieg verhindert werden konnte.

Die Angriffe der Hamas sind eine Provokation, eine Herausforderung, und können daher nur als eine „Falle“ interpretiert werden, in die Netanjahu und das israelische Militär gelockt werden sollen, um die provozierte Überreaktion nutzen zu können, um „jemanden“, der womöglich nur darauf wartet, um Hilfe zu bitten.

In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass es Donald Trumps Politik war, die Israel im Nahen Osten so gestärkt hat, dass die antiisraelische Front der Araber inzwischen große Lücken aufweist. Wikipedia gibt dazu aktuell an:

Neben Ägypten und Jordanien, mit denen Israel im Jahre 1979 respektive 1994 Frieden schloss, erkannten bis zum August 2020 auch Tunesien, Katar, Mauretanien, Oman und Dschibuti Israel an. Erst im September 2020 hatten Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate Friedensverträge mit Israel geschlossen. Im Oktober 2020 erklärte sich der Sudan, im Dezember auch Marokko zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen bereit. Damit erstreckt sich die Anerkennung Israels im Rahmen der der Arabischen Liga mittlerweile immerhin auf die Hälfte ihrer Mitgliedsstaaten.

Joe Biden hat auch in Bezug auf die Palästinenser-Frage die Entscheidungen seines Vorgängers rückgängig gemacht und die von Trump gestrichenen Hilfszahlungen an die Palästinenser wieder aufgenommen. Zudem signalisiert die Biden Administration, dass man sich aus dem aktuellen Konflikt heraushalten will.

Damit gerät der Iran in den Fokus.

Dass Israel den Iran für die größte Bedrohung seiner Existenz ansieht, ist einerseits den verbalen Attacken der Mullahs gegenüber Israel zu verdanken, aber andererseits eben auch der kaum wiederlegbaren Auffassung, dass die Hamas ohne die Hilfe des Irans gar nicht in der Lage wäre, einen Raketenangriff, wie er gerade stattfindet, auszuführen.

Es ist also keineswegs verwegen, anzunehmen, dass der Iran das Verhalten der USA unter Biden als Schwäche ansieht, bzw. das Desinteresse Bidens am aktuellen Konflikt so deutet, dass das letzte Interesse Bidens darin besteht, einen neuen Atom-Sperr-Vertrag mit dem Iran unter Dach und Fach zu bringen, während sein Interesse an den Öllager-Stätten des Nahen Ostens gegen null strebt, was er ja mit seiner Anti-CO2-Politik ebenso unterstreicht, wie mit dem Aufbau einer strategischen Allianz gegen China.

Daraus könnte man ableiten, dass der Iran eine mögliche Reaktion Israels auf die palästinensische Provokation zum Anlass nehmen könnte, Israel mit seinen neu geschaffenen Mittelstrecken-Raketen und Marschflugkörpern anzugreifen. Dazu gehört allerdings die Überzeugung, einen israelischen Gegenangriff mit atomaren Waffen abwehren zu können. Eine solche Überzeugung könnte darauf beruhen, dass der Iran von Hyperschall-Abwehrraketen seiner „Verbündeten“ geschützt werden würde.

Das alles ist eine fragile Hypothese,

die lediglich einen Erklärungsversuch für die dreisten Angriffe der Hamas darstellt. Auch wenn diese Hypothese halbwegs schlüssig erscheint, können hinter den Raketenangriffen durchaus auch andere Motive und Absichten stehen. Zudem ist nicht wirklich belegbar, dass die USA sich in letzter Konsequenz aus dem Konflikt heraushalten und nicht doch noch, zu Gunsten Israels und wegen eigener geostrategischer Vorteile, den Iran angreifen, was zugleich eine Chance wäre, China, als strategischen Partner des Irans, in eine Art „Testkrieg“, fernab vom eigenen Territorium, hineinzuziehen. Wenn soweit um die Ecke gedacht wird, stellt sich allerdings die Frage, von wem die Palästinenser das „Go!“ für ihren Angriff wirklich erhalten haben.

Die weitere Entwicklung wird zeigen, wohin die Reise wirklich geht.