… dass Ihr Geistesblitz, die Miethöhe an das Einkommen des Mieters zu koppeln,
von den Kritikern vor allem deshalb nicht verstanden wird, weil Sie in Ihrer Argumentation einzig den Vorteil für jene Mieter herausstellen, die mehr als 30 % ihres Einkommens für Miete aufwenden müssen. Das empfinden viele als unausgewogen, im Extremfall sogar als ungerecht.
Dabei steckt doch sehr viel mehr in dieser Idee.
Man darf nämlich nicht einfach nur an jene Mieter und deren Vermieter denken, die Mietverträge abgeschlossen haben, welche die neue 30-Prozent-Grenze überschreiten. Das ist sozialpolitisch eine halbe Sache, ohne Hand und Fuß. Erst wenn man auch jene Mieter einbezieht, die weniger als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden, wird die Sache doch rund.
Für den Anfang könnte man bei den Billigmietern den Unterschied zwischen tatsächlich vereinbarter Miete und der Berliner-30-Prozent-Miete als geldwerten Vorteil ansehen und diese Differenz der Einkommensteuer unterwerfen.
Zudem kann man deren Vermietern durch das Finanzamt mitteilen lassen, dass bei Vermietungen zu Konditionen, die um einen gewissen Prozentsatz unterhalb der marktüblichen Miete liegen, die Ertragsabsicht regelmäßig nicht zu erkennen sei, es sich also um ein „Hobby“ handle, weshalb die Aufwendungen für die Mietwohnung steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden können. Unter Umständen könnten auch die enstprechenden Steuerbescheide auf Jahre hinaus rückwirkend widerrufen und entsprechende Nachforderungen erhoben werden. Das ist ja bereits Praxis, konnte nur noch nie in dieser Klarheit und über den gesamten Mietwohnungsbestand nachgewiesen werden.
Im zweiten Schritt, sobald die entsprechenden organisatorischen und technischen Voraussetzungen geschaffen sind, könnte die neu zu schaffende Mietpreisprüfstelle eine automatisierte Pflicht-Tausch-Börse installieren. Diese sollte von den Arbeitgebern monatlich die Netto-Lohnabrechnung aller Beschäftigten mit Wohnsitz in Berlin erhalten, und von den Vermietern monatlich eine Meldung über alle in Berlin vermieteten Wohnungen mit den Namen der Mieter und der im Mietvertrag ausgewiesenen Kaltmiete. Werden diese Daten per KI miteinander abgeglichen, lässt sich nämlich nicht nur Klarheit darüber herstellen, welcher Mieter exakt 30 Prozent seines Einkommens für die Miete aufwendet, welcher mehr als 30 Prozent zahlt und welcher unter der 30 Prozent Marke bleibt, es ist auch unmittelbar möglich, „Gerechtigkeitsherstellungsumzüge“ anzuordnen, genauer sagt, verbindliche Verwaltungsakte zu erlassen, mit denen der Zwangstausch von Wohnungen, einschließlich der vorsorglichen Buchung der erforderlichen Kapazitäten der Umzugsunternehmen, in die Wege geleitet wird, bis alle Mieter eine Wohnung haben, deren Miete zwischen 29,51 und 30,49 Prozent ihres Einkommens liegt.
Im dritten Schritt kann die Wohnungsbedarfsvorsorgeplanung des Senats durch die Baubehörde durchgesetzt werden. Baugenehmigungen für Mietwohnungen sind künftig ausschließlich nach der unten dargestellten Prioritätenfolge unter Berücksichtigung der Pflichtwohnungsbauvorgabe des Senats, nach folgenden Mieter-Einkommens-Klassen zu genehmigen:
20 Prozent für Monatseinkommen bis 600 Euro,
40 Prozent für Monatseinkommen von 601 bis 1.200 Euro,
10 Prozent für Monatseinkommen von 1.201 bis 1.800 Euro,
10 Prozent für Monatseinkommen von 1.801 bis 2.400 Euro,
15 Prozent für Monatseinkommen von 2.401 bis 3.000 Euro,
5 Prozent für Monatseinkommen von mehr als 3.000 Euro
Dies muss kurz erläutert werden:
Für die prozentuale Einteilung gilt die jährlich zu beschließende Pflichtwohnungsbauvorgabe des Senats. Gibt der Senat also vor, dass in der Hauptstadt im Folgejahr 50.000 Wohnungen neu zu errichten sind, müssen zunächst Bauanträge für 10.000 Wohnungen der Einkommensklasse bis 600 Euro eingereicht und genehmigt worden sein, bevor weitere 20.000 Wohnungen für die nächsthöhere Einkommensklasse überhaupt genehmigt werden können, und so weiter.
Damit ist sichergestellt, dass immer die ärmsten Mieter, bei denen ja auch die Wohnungsnot am ärgsten ist, zuerst mit Neubauwohnungen versorgt werden können, und dass Luxuswohnungen erst dann errichtet werden dürfen, wenn der Bedarf an einfacheren Wohnungen befriedigt ist. Damit werden die Investitionen zuverlässig dahin gelenkt, wo sie benötigt werden, statt einfach immer nur dort zu wirken, wo die Renditen am höchsten sind.
Sie werden sehen, Frau Giffey, auch diese Verschärfung Ihrer Idee wird Früchte tragen.
Die Ausflüchte, man könne keine Wohnungen so günstig bauen, dass sich das Vermieten noch lohnt, werden ganz schnell verstummen. Was wollen sie denn machen, die Wohnungsbaugesellschaften und die Bauunternehmer und Architekten. Entweder, sie bauen diese Wohnungen, so wie der Senat es will, oder sie stehen vor der Pleite. Sie können ja nichts anderes. Also werden sie bauen. Was bleibt ihnen denn sonst übrig? Hartz-IV? Dass ich nicht lache!
Ein vierter Schritt, der durchaus noch anzudenken wäre, betrifft die Einbeziehung aller Wohnenden, also auch derjenigen, die über selbstgenutztes Wohneigentum verfügen. Hier könnten die Darlehenszinsen,
die ja gerade bei jungen Neubauten sehr hoch sein können, während es sie bei abbezahlten Immobilien gar nicht mehr gibt,
ins Verhältnis zum Einkommen gesetzt werden. Das hätte dann zur Folge, dass in abbezahlten Wohnungen Wohnende, die über ein eigenes Einkommen verfügen, in solche Neubauten umgesiedelt werden könnten, deren Zinsbelastung 30 Prozent ihres Einkommens beträgt, während Häuslebauer, die sich bei der Finanzierung übernommen haben und nun mit weit mehr als 30 Prozent vom Einkommen fürs Wohnen belastet sind, zu angemessenen Restzinsen in schon länger fertiggestellte Häuser oder Eigentumswohnungen umgesiedelt werden könnten. Auch wenn die abschließende juristische Prüfung, inwieweit hier die Regel, „Eigentum verpflichtet“, als Begründung für Umsiedlungsanordnungen ausreichen wird, noch fehlt, bin ich zuversichtlich, dass sich das möglich machen lassen wird.