Das versunkene Kloster

In einer alten, mit reichen Schnitzereien versehenen, wurmstichigen, verstaubten Kiste aus massivem Eichenholz, die wohl schon seit Jahrhunderten im verlassenen Keller einer Ritterburg gestanden hatte, fand ich, nachdem ich sie auf einer Auktion ersteigert hatte, als ich sie sorgsam zerlegte, um sie zu restaurieren und wieder zu jenem Prunkstück zu machen, das sie einst gewesen sein musste, einen geheimen Zwischenboden und in dem Zwischenboden eine vergilbte, brüchige Pergamentrolle.

In einem aufwändigen Prozess, unter Verwendung von Gelatine, Lösungsmittelkompressen und der Hinterfütterung mit feinstem Japanpapier, ist es mir in wochenlanger Arbeit gelungen, die Rolle ohne größeren Schaden zu entrollen und die Handschrift wieder lesbar zu machen.

Was ich gefunden und gelesen habe, ist nichts für zartbesaitete Gemüter. Kinder unter fünfzig, ältere Damen, die täglich ihre Zuflucht bei einem Gläschen Sherry suchen, verhexte Zwerge, Frösche und Gamsböcke, sowie Pastoren sämtlicher Religionsgemeinschaften, die sich ihr reines Herze bewahren wollen, sollten sich jetzt ab- und dem stillen Gebete für diese Welt zuwenden. Dieses Pergament erzählt nicht nur eine alte Geschichte von Unzucht und Irrsinn, es enthält auch eine Prophezeihung, die sich, beachtet man die Zeichen der Zeit, wohl zu unseren Lebzeiten noch erfüllen könnte, so es nicht gelingt, ein Heer unerschrockener Männer in eine Schlacht zu schicken, in welcher viele den Tod finden werden, bevor das Blatt zu wenden ist und der Leibhaftigen aufs Neue für Jahrhunderte in seine unterirdischen Latifundien verbannt werden kann.

Hier finden Sie das alte Dokument: Kloster Sundern