COVID INFERNALE – Gruselsensation auf dem Jahrmarkt

Die Geisterbahn, wer kennt sie nicht? Die kleinen, engen Wägelchen, die man vor aller Augen draußen, vor dem Höllentor besteigt, das schrille Kreischen aus dem Inneren, von dem man nie so genau weiß, ob es vom Band kommt oder ob es sich um die Entsetzenschreie weiblicher Teenager handelt, die ihre gespielte Panik nutzen, um dem mitfahrenden Helden brünstig um den Hals zu fallen – das ist die Geisterbahn. Ihr Inneres wird außen nur spektakulär angedeutet, im Scheinwerferlicht übergroße Gruselfiguren mit rot leuchtenden Augen, dumpfes Grollen aus aufgerissenen Mäulern die mit fauligen Zähnen bestückt sind, das alles erscheint noch lustig, überdreht, grotesk, ja, aber lustig.

Also stürzen wir uns hinein. Mordsgaudi!

Vollständige Finsternis.

Das Wägelchen ruckelt durch ein paar Kurven. Du verlierst die Orientierung. Das ist die Absicht des Erbauers der Geisterbahn. Keine Chance zur Flucht. Wohin auch. Du hast die Orientierung verloren. Lichter flammen für einen Augenblick auf, ein anderes Wägelchen kommt stockvoll auf dich zu. Schock. Der Zusammenprall bleibt aus. Da! Ein Flammenschwert zielt auf deinen Kopf, verfehlt ihn nur knapp, verlischt und ein eiskalter Todeshauch erfasst Dich, während du in ein grob gesponnenes Spinnennetz rauschst, das dich tatsächlich streift. In der Nische, auf die du zuzurasen scheinst, bäumt sich ein menschliches Skelett auf, schwingt die Sense, das Wägelchen fährt mittendurch. Wie ist das möglich? Nun geht es steil nach oben. Wieso steil nach oben? So hoch ist die Bude doch gar nicht. Links und rechts unter dir der brodelnde rotglühende Schlund der Hölle. Das Wägelchen stürzt, du stürzt mit, dein Puls jagt jetzt. Das hattest du nicht erwartet. Das Wägelchen ruckelt durch ein paar Kurven. Du weißt schon lange nicht mehr, wo du bis, allenfalls noch, wo oben und unten ist. Das Wägelchen jagt auf eine massive Mauer zu – noch einmal Geistergejaule, fahle Fetzen schwingen in der Dunkelheit. Du bist sicher, das Wägelchen wird vor der Mauer noch einmal scharf abbiegen. Dann knallt es dagegegen. Es war das Tor, der Ausgang. Du bist wieder im Licht. Vor dir steigen schon wieder Leute in die Wägelchen, zuckeln lost. Aus den Lautsprechern ein schrilles Kreischen. Der Mann fordert dich auf, auszusteigen. Schnell, schnell. Die Leute warten. Du steigst wacklig aus, gehst die paar Stufen hinunter, greifst in die Jackentasche, holst die Zigarettenschachtel heraus und nimmst dann erst einmal einen tiefen Zug. Jetzt eine Runde Autoscooter, denkst du dir, und lachst über dich selbst, wie du dich hast ins Bockshorn jagen lassen.

Auf dem Rummel dauert die Fahrt mit der Geisterbahn keine fünf Minuten, auch wenn es einem länger vorkommen kann.

Wir sitzen nun schon seit fast zwei Jahren in einer Geisterbahn. Und im Dunkeln.

Lust auf eine Runde?

 

 

 

 

 

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