Benjamin Button

Schwer vorstellbar, dass jemand, der diesen Text liest, sich noch an das zu erinnern vermag, was einst als „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ in der gesamten zivilisierten Welt die Gemüter erregte.

Bejamin Button kam im September des Jahres 1860 in Baltimore, USA, als erstes Kind der Eheleute Roger Button im Privatkrankenhaus Maryland für Damen und Herren zur Welt. Dass der seltsame Fall, der von fast allen, die davon nähere Kenntnis hatten, schamhaft verschwiegen wurde, der Öffentlichkeit überhaupt zugänglich wurde, verdanken wird Francis Scott Fitzgerald (1896-1940), der Benjamin Buttons Leben 1922 in einer seiner zahlreichen Kurzgeschichten verewigte und erstveröffentlichte, welche wiederum im Jahre 1979 vom Diogenes Verlag Zürich an letzter Stelle ab Seite 409 in die Anthologie „Die besten klassischen Science Fiction Geschichten“ aufgenommen wurde, welchselbe ich wiederum, bald nach Erscheinen, dienstreisenderweise an einem Bahnhofskiosk erworben und  erstgelesen habe.

Die Geschichte hatte bei mir tiefen Eindruck hinterlassen. So tiefen, dass ich sie heute, um die vierzig Jahre später, zielsicher in den hunderten von Büchern (wahrscheinlich sind es mehr als tausend) wiederfand, die sich bei mir in Regalen und Schränken,  im Wohnzimmer, im Esszimmer, im Arbeitszimmer und in den Kellern 1 und 2 angesammelt und über alle Umzugswirren meines Lebens hinweg in meiner Nähe erhalten haben.

Der Witz ist nämlich, dass dieser Benjamin Button schon in seinen ersten Lebensjahren mit außergewöhnlichem Wissen, Lebenserfahrung und Weisheit gesegnet war, so dass sich die über die Menschheitsgeschichte hinweg manifestierte Erkenntnis, dass die Weisheit mit dem Alter kommt, ja dass es gar nicht anders möglich sei, als dass es vieler Jahre des Lernens, des Übens, des Versuchens und der Irrtümer bedürfe, um – mit Glück – wenigstens auf einem Gebiete zum Experten zu werden, dessen Urteil von jedermann geschätzt wird, dass also diese Erkenntnis durch das Beispiel Benjamin Buttons in ihr Gegenteil verkehrt wurde.

Ich weiß, das ist kaum zu glauben, und sehe ich mich gezwungen, wenigstens einen kurzen Ausschnitt aus Scott Fitzgeralds Aufzeichnungen wörtlich zu zitieren, um Ihnen wenigstens einen vagen Eindruck vom Ausmaß des Ungeheuerlichen zu vermitteln:

Er (Benjamins Vater) brachte Bleisoldaten nach Hause mit, er brachte Spielzeugeisenbahnen, er brachte hübsche, große Wolltiere, und er trieb schließlich die Illusion so weit – wenigstens für sich selbst – dass er den Verkäufer des Spielwarengeschäftes dringlich ausfragte, ob „von der rosa Ente die Farbe abginge, wenn das Baby sie in den Mund steckte“. Aber trotz aller Bemühungen seines Vaters verweigerte Benjamin jedes Interesse. Er schlich sich heimlich die Hintertreppe herunter und kehrte mit einem Band der „Enyklopaedia Britannica“ ins Kinderzimmer zurück, in der er sich den Nachmittag lang versenkte, während seine Stoffkühe und seine Arche Noah  vernachlässigt auf dem Boden herumlagen.

Es ist also nachgewiesener Maßen möglich, dass Kinder, sogar noch jüngere als sechzehnjährige, ihren Eltern –  und auch Großeltern – in der geistigen Entwicklung, im Wissen und der Einsicht in das Gute und Notwendige, sowie in das Böse und Abzuwendende so weit voraus sind, dass jedermann gut daran tut, auch wenn ihm selbst der Verstand fehlt, den Kindlein blind zu vertrauen und sich ihren Demonstrationen anzuschließen. Vor allem dann, wenn es sich nicht, wie seinerzeit bei Benjamin Button um einen absolut seltsamen Einzelfall handelt, sondern wenn Millionen von Kindern vom gleichen mentalen Fortschritt gleichzeitig erfasst wurden und vor Freude hüpfend davon Kunde tun, als sei der Menschheit ein neues Pfingsten größtmöglichen Ausmaßes zuteil geworden.

So haben also die Kindlein nicht nur die Freitage als „Fridays for  Future“ der Zukunft gewidmet, sondern inzwischen auch ihre Eltern, als seien auch diese so eine Art Wochentag, als „Parents for Future“ für die gute Sache vereinnahmt.

Böse Zungen und niedere Charaktere versuchen zwar immer noch, Greta und den Hofstaat ihrer Hüpfburg mit allerlei Verleumdungen zu diskreditieren, vor allem indem der Verdacht genährt wird, ein sechzehnjähriges, noch dazu in der Persönlichkeitsentwicklung krankhaft gestörtes Mädchen, sei nie und nimmer in der Lage, ein solches Bohei hervorzurufen, es sei denn, sie ließe sich (wehrlos) instrumentalisieren. Doch wenn auch Francis Scott Fitzgerald über die Entwicklung Benjamin Buttons in der Zeit zwischen seinem zwölften und achtzehnten Lebensjahr so gut wie nichts berichtet, hat – dass alles was er dachte, sagte und tat großartig gewesen sein musste, erschließt sich schlicht aus der Schilderung seiner weiteren Entwicklung.

Eines macht allerdings auch mich nachdenklich.

Benjamin Button kam als Greis zur Welt, mit schlohweißem Haar und wässrigen Augen, und durchlief von da an eine Entwicklung ununterbrochenen Antiwachstums und verlor, je älter er wurde und je jugendlicher sein Äußeres aussah, immer mehr von den Gaben des Verstandes und der Weisheit, mit denen er das Licht der Welt erblickte, bis sich seine Spur in der Kurzgeschichte mit diesem Satz vollends verlor:

Dann war alles dunkel, und das weiße Bettchen und die matten Gesichter, die sich über ihm bewegten, und das warme süße Aroma der Milch verloren sich gänzlich aus seinem Geist.

Greta wurde, nach allem was bekannt ist, nicht als Siebzigjährige geboren, sondern entwickelt sich wie alle anderen auch vom Kind zum Erwachsenen hin und hat dabei die Chance zu lernen. Es sieht so aus, als hätte sie diese Erkenntnis inzwischen auch selbst verinnerlicht, wenn sie, wie jüngst in Paris, Politikern und Journalisten gegenüber einräumt: „Ihr müsst uns nicht zuhören. Aber ihr müsst der Wissenschaft zuhören. Das ist alles, was wir verlangen.“ 

Jetzt fehlt nur noch ein letzter, entscheidender Schritt der Erkenntnis, nämlich die Fähigkeit, zwischen „dem IPCC“ und „der Wissenschaft“ zu unterscheiden.

Greta in Paris

Noch ein Link. Es braucht vielleicht ein bisschen Geduld, den Ausführungen zu folgen, dafür ist der Erkenntnisgewinn umso wertvoller. Spezieller Dank an dieser Stelle an Michael Klein von Science Files.