Batterietausch am Fuße des Windrads – Problemlösung oder schlechter Witz?

An verschiedenen Stellen im Netz ist mir in den letzten Tagen ein Geistesblitz mit der Wirkung einer Blendgranate begegnet, den ich zuerst ignorieren wollte. Doch weil er sich offenbar einer gewissen Beliebtheit erfreut, kann ich nicht länger stillhalten. (Link am Ende des Artikels)

Der Vorschlag lautet:

1. Alle Windräder vom Netz nehmen, was gut sei, weil damit der Flatterstrom das Netz nicht mehr stören könnte.

Soweit findet der Vorschlag meine volle Zustimmung.

2. Unter dem Windrad E-Mobil-Batterien (ohne E-Mobil) auf Vorrat laden, wenn der Wind weht.

Ja. Wenn da genug Batterien zur Verfügung stehen, kann man die laden, wenn der Wind weht. Wenn er nicht weht, nicht. Wenn er zu lange und zu kräftig weht, könnte es auch eng werden, oder man muss halt das teure Windrad aus dem Wind nehmen. Da  habe ich schon meine Zweifel.

3. Statt langwierig an einem Ladepunkt Strom zu tanken, kommen die E-Mobilisten zum Windmüller, ein Roboter nimmt die leergefahrene Batterie aus dem Vehikel und setzt die neue ein.

Geht theoretisch auch, ist halt ein bisschen aufwändig, mit dem Roboter, und wenn drei Autos die Batterie gleichzeitig wechseln wollen, könnte einer schon überfordert sein, da ist der schnelle Service auch wieder dahin.

Es gibt auch ein paar Zahlen dazu, die ich gar nicht nachrecherchieren will, dass nämlich ein Windrad täglich (aber nur im Durchschnitt vieler Tage) 9,6 MWh liefern könne, was ausreichen würde (an einem durchschnittlich windigen Tag) 200 kleine 48 kWh-Batterien zu laden, und dass die Energiemenge von Diesel und Benzin, die Verbrenner jährlich verbrennen, von der Energieleistung der deutschen Onshore-Anlagen knapp übertroffen werden.

Passt! Meint der Autor, und fragt sich, ob diese Lösung vielleicht zu viele Vorteile für die Bevölkerung hätte, um ernsthaft an die Umsetzung zu denken.

So, und nun ich:

Wie war das, mit den Batterien der E-Mobile? War das nicht das teuerste Bauteil im ganzen Gefährt? Doch. Ich meine mich sehr gut zu erinnern. Carwow.de schrieb im Juni 2023

„… wer sich für einen Mittelklassewagen entscheidet, kann mit einem Batteriewert von ca. 6.000 Euro rechnen. Wenn es dann ein Luxus-Auto ist, kostet der Akku auch gut und gerne mal 13.000 Euro. Ungefähr 100 Euro pro Kilowattstunde ist ein Wert, der immer wieder genannt wird.“

Man müsste nun überschläglich ausrechnen, wie oft der durchschnittliche deutsche Automobilist den Akku leer fährt, pro Jahr, um zu ermitteln wie viele zusätzliche Akkus, zu den serienmäßig verbauten beschafft werden müssten, um die Tausch-batterien jederzeit geladen vorrätig zu haben.

Man kann aber auch von der anderen Seite her beginnen und sagen: Sollte an einem Tag X das System umgestellt werden, bräuchte man von Anfang an für jedes E-Mobil mindestens eine zweite Batterie, um sicherzugehen, dass beim nächsten Strombedarf auch wieder eine fertig geladene zur Verfügung steht.

Weil der Autor des Artikels davon ausgeht, dass es in seinem Modell nur noch E-Mobile gibt, dürfte sich ein Investitionsaufwand von ungefähr 300 Milliarden Euro alleine für die zusätzlich erforderlichen Tauschbatterien ergeben. (40 Mio Pkw, 7.500 € Batteriepreis).

Brauereien, die volle Bierkästen gegen leere tauschen, wissen allerdings dass mehr als eine Leergutkiste auf eine voll ausgelieferte kommen muss, soll das Geschäft nicht ins Stocken geraten.

Dazu kämen allerdings noch die Roboter und die Schwerlast-Hochregallager samt der Ladeverkabelung, die auch nicht für lau zu haben sind und wiederum nicht einfach im Freien aufgestellt werden können.

Geht man von insgesamt 400 Milliarden Investment aus, mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren (länger hält die Batterie selten, eher weniger), dann kostet der reine Tankstellenaufwand schon mal 40 Cent pro Kilowattstunde.
(Jahresverbrauch lt Autor 100 TWh = 100 Mrd. kWh , Abschreibung 40 Milliarden Euro pro Jahr)

Da ist die Windmühle aber noch gar nicht dabei. Die fällt schließlich auch nicht umsonst vom Himmel. Und vielleicht möchte der Windmüller bei dem Geschäft auch etwas verdienen – und der Staat wird nicht auf die Mehrwertsteuer verzichten …

Es dürfte kaum gelingen, die Kilowattstunde am Windmühlenfuß für unter 1 Euro anzubieten.

Das ist aber noch nicht alles. Ein Blick in den gesunden Menschenverstand zeigt:

  • Die meisten Automobilisten leben, arbeiten und wohnen in Städten, vor allem in großen Städten. Deshalb ist dort die Tankstellendichte am höchsten.
  • Die meisten Windmühlen stehen auf dem flachen Land, zwischen den großen Städten und sind verkehrstechnisch saumäßig schlecht angebunden. Dafür ist die Tankstellendichte dort sehr gering.

Soll der innerstädtische Automobilist also künftig, statt null bis 3 Kilometer zur Tankstelle zu fahren, 10 bis 50 Kilometer zurücklegen, um an eine frisch geladene Batterie zu kommen, falls der Akku überhaupt noch so lange durchhält?

Und woher soll er wissen, wohin er überhaupt fahren müsste, um schnell an eine Batterie zu kommen? Klar, Internet der Dinge, geht schon, Batterie reservieren, Terminvergabe abwarten, und dann zum „Tanken“ losfahren …

Aber da spielt keiner mit, der sein Haus nicht sowieso am Fuß der Windmühle gebaut hat.

Noch was.

Wie war das mit den knappen Rohstoffen, den seltenen Erden, dem Kupfer, und was da alles in so einer Batterie steckt? Wird es da nicht sowieso schon ziemlich eng? Von Kinderarbeit und Umweltschäden beim Abbau in fernen Landen gar nicht zu reden.

Ich denke, die bisher angeführten Argumente reichen, um die Idee zu verwerfen.

Aber lesen Sie selbst, welche Vorteile sich der Urheber dieser Idee  davon und für die Menschheit versprochen hat:

Windbatterien zu Pferdestärken!