Bakteriologe glaubt Hysterien gefunden zu haben.

Der emeritierte Prof. Dr. Jonas-Erasmus Flickenschulz-Mayr, der Ende letzten Jahres im Kreise seiner Familie bei vollster körperlicher und geistiger Frische seinen 94. Geburtstag feiern konnte, hat die Fachwelt mit einem aufsehenerregenden Beitrag im englischen Fachblatt „Major“ (weekly journal of silence) in helle Aufregung versetzt.

Als Epidemiologe und Bakteriologe hat er Zeit seines Lebens Korrelationen zwischen menschlichen Verhaltensmustern, im persönlichen Umfeld sprach er von Moden, und gleichzeitig zu beobachtenden Mutationen von Mikroorganismen zu erkennen versucht. Fand er signifikante Korrelationen, ließ er nichts unversucht, entsprechende Kausalitäten nachzuweisen. Dabei war er nicht immer erfolgreich, doch da, wo er erfolgreich war, hätten seine Forschungsergebnisse sowohl seinen Kollegen unter den Epidemologen und Bakteriologen als auch den Psychologen, Psychosomatologen und Psychopathologen, sowie Soziologen und Politologen, so manche vergebliche Mühen ersparen können, hätten sie ihn denn nicht immer schon als Sonderling, Querdenker, Revoluzzer und Quacksalber verleumdet und  geschnitten.

1925 geboren, 1943, kurz vor dem Abitur zur Wehrmacht eingezogen und 1945 von Mai bis Weihnachten in amerikanischer Gefangenschaft gehalten, schlug er sich bis 1949 mit allerlei Hilfsarbeiten durch, bevor er 1950 sein Abitur nachholen und sein erstes Studium aufnehmen konnte. Die Erfahrungen der ersten 25 Jahre seines Lebens bildeten das Samenkorn seines späteren Schaffens. Er war überzeugt, der totale Wandel dessen, was er Mode nannte, der sich in den wenigen Jahren von 1945 bis 1949 vollzogen hatte, der Untergang der Vorliebe für „Braun“, die schlagartig einsetzende Schusswaffenphobie, das Aufkommen eines Verständnisses für Jazz, das Aussterben  der Blockwarte, das alles könne nur epidemiologisch durch mutierte Bakterienstämme ausgelöst worden sein. Weil die technischen Ausrüstungen seiner Universität, deren Namen wir nicht nennen dürfen, weil man sich dort strikt dagegen verwahrt, mit Prof. Dr. Jonas-Erasmus Flickenschulz-Mayr in Verbindung gebracht zu werden, seinerzeit nicht ausreichte, um Beweise für  seine Hypothese zu erzeugen, veröffentlichte er  1953, noch als Student, das nicht mehr auffindbare Werk „Die bakteriologischen Grundlagen der Amerikanisierung – Ein Gedankenspiel“. Der Grundgedanke: Mit dem Vorrücken der US-Truppen  habe sich ein von diesen eingeschleppter Bakterienstamm Stück für Stück sowohl von der Normandie, als auch von Sizilien aus über ganz Italien bis zum Brenner unter den nicht resistenten Deutschen verbreitet, bis an jene Linie, an der US-Truppen und Sowjet-Truppen sich siegreich in die Arme fielen. Westlich davon wütete die „German desease“, wie Flickenschulz-Mayr es nannte, östlich davon war und ist bis auf den heutigen Tag fast nichts zu spüren.

Den weiteren Werdegang und die umfangreiche Literatur, die Prof. Dr. Jonas-Erasmus Flickenschulz-Mayr in seinem Fachgebiet erschaffen hat, mögen Interessierte selbst ergoogeln, der Beitrag würde sonst den Rahmen des noch in eine Aufmerksamkeitsspanne passenden Informationsgehaltes sprengen.

Wenden wir uns also seiner jüngsten Veröffentlichung zu, die allerdings ohne jenen minimalen Einblick in die Welt des  Flickenschulz-Mayr weder Interesse wecken, noch Aufmerksamkeit hervorrufen würde.

Flickenschulz-Mayr stellt seinem jüngsten Werke die Beobachtung voran, dass, wie in den Jahren 1945 bis 1949 eine vollkommen neue Mode über Deutschland hereingestürzt sei, allerdings wiederum deutlich stärker im Westen, den so genannten alten Bundesländern, als im Osten, den so genannten neuen Bundesländern, was in ihm die Vermutung auslöste, dass eine neuerliche Mutation eingetreten sei, die sich bei dem seinerzeit von den Amerikanern eingeschleppten Bakterien leichter und einfacher durchsetzen könne als bei den von Sowjets seinerzeit vor der Erstmutation geretteten Menschen in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, während in Berlin sogar die alten Sektorengrenzen wieder sichtbar würden. Im Westen wüte die Epidemie ungebremst, während in den alten Ostsektoren weitgehende Immunität festzustellen sei.

Die Kennzeichen der Seuche seien vor allem:

  • Ausgeprägte, psychisch destrukturierende Ängste vor praktisch allem Wohlbekanntem und Altbewährtem. Dazu gehören vor allem Ängste vor dem lebensnotwendigen Spurengas CO2, vor einfachen Stickstoff-Verbindungen oder gar Staubpartikeln, zusammengefasst unter dem Sammelbegriff „Invisibiliaphobie“, dazu die Ängste vor wohlbekannten und altbewährten Bestandteilen der deutschen Sprache, die zu den absonderlichsten Auswüchsen führen, jedoch selbst von den Germanisten und Linguisten, die es besser wissen müssten, selbst geschürt werden, auch diese zusammengefasst unter dem Sammelbegriff „Prohibitiumsermophobie“ und die Angst, alleine unter Deutschen zu sein, Fachbegriff: „Solumingermaniaphobie“.
  • Zugleich außergewöhnliche Formen der unbesorgten Enthemmung, einer vollkommen unbegründeten, überbordenden Euphorie und Verschwendungssucht. Dazu gehört das Phänomen der Bestimmung immer neuer Geschlechter und der Auslotung der damit ermöglichten, sensationell neuartigen sexuellen Betätigung, wissenschaftlich zusammengefasst unter dem Begriff: „Infinite sexuale Manie“, die spontane und unterschiedslose Begrüßung alles Fremden, Fachbegriff: „Caritativ-gratuitive Manie“, und die Verleugnung von Kausalitäten, bezeichnet als „Pathologische wirschaffendas Manie“.
  • Hinzu kommt eine gesteigerte Aggressionsbereitschaft. Ängste und Enthemmung, die eine Psyche zugleich befallen, führen zudem zu manischen Aggressionsattacken gegenüber jeglicher Kritik, und sei sie noch so konstruktiv und wohlbegründet. Flickenschulz-Mayer nennt das, halbwissentschaftlich „Antifantische  Aggressions Exzesse“.

Niemand wird die von Prof. em. Dr. Jonas-Erasmus Flickenschulz-Mayr geschilderten Tatbestände bestreiten. Sie sind offenkundig und werden von den Betroffenen sogar selbst als ihre neuen Eigenschaften und als die neue bunte Überlegenheit gegenüber allen Nationen, Ethnien und vor allem gegenüber den alten weißen Männern gerühmt. Daran besteht kein Zweifel.

Zweifeln wird man allerdigs, ohne intime Kenntnisse der Entdeckungen Flickenschulz-Mayrs zu haben, daran, dass dieser neue Bewusstseinszustand, diese „Mode“ ausgerechnet durch Bakterien übertragen werden soll. Gemeinhin geht die Wissenschaft davon aus, dass die Übertragung direkt mental geschieht und von den so genannten Medien besorgt wird. Doch  Flickenschulz-Mayr argumentiert, es sei kein Wunder, dass die Medien die einmal eingenommenen, bakteriell ausgelösten Verhaltensmuster und Bewusstseinsstrukturen verstärkend transportieren, schließlich seinen ja auch die Medienschaffenden,  gleichgültig ob Print- oder elektronische Medien, der bakteriellen Infektion zum Opfer gefallen. Und das ging so:

Prof. em. Dr. Jonas-Erasmus Flickenschulz-Mayr ist es mit den heutigen Mitteln der gentechnischen Analyse gelungen, die Mutationssprünge des als Hauptverursacher identifizierten Stammes zurückverfolgen können, bis zum Bakterium Adenaueriensis. Dort, so nimmt er er an, seien  die Einflüsse der ersten eingeschleppten Mutanten voll ausgeprägt. Es handle sich sozusagen um den Nährboden, auf dem sich dann alles in ganz keinen Schritten zum heutigen Genom des Bakteriums entwickelt habe. Aus Adenaueriensis  entwickelte sich spontan das Bakterium Marktwirtschaftum Sozialis, auch Erhardiensis genannt. Es folgten lange Jahre des Stillstandes, zwar bildeten sich eine Nebenlinie, Sozialdemokratum Brandtschmidtiensis, die sich jedoch nicht weiterentwickeln konnte und heute nur noch in versprengten Polulation insular gefunden wird. Vermehrungsfreudiger und die Konkurrenzlinien verdrängender traten nach der Schlussphase mäßiger epidemiologischer Evidenz (Bakterium Brassicaiensis) die ersten klar erkennbaren Vorläufer der heutigen Stämme in Erscheinung. Genannt seien beispielhaft „Trittiniensis“, „Ströbeleiniensis“ und, heute sogar noch virulent „CRothiniensis“. Die letztgenannten drei verursachten bereits klar erkennbare Krankheitsbilder, die wegen der gesteigerten Entzündungsbereitschaft als „Trittinitis“, „Ströbelitis“ und „CRothitis“ Eingang in Willibald Pschyrembels Klinisches Wörterbuch fanden.

Jeden Zweifel ausgeräumt hat Flickenschulz-Mayr jedoch erst mit der nachstehenden Abbildung, die ein im Magnetresonanz Tomografie-Verfahren hergestelltes Schnittbild durch das Gehirn eines herausragenden deutschen Politikers der Gegenwart zeigt (Name ist der Redaktion bekannt), der gemeinhin noch dem konservativen Flügel seiner Partei zugerechnet wird. Dieser hatte sich an Flickenschulz-Mayr gewandt, weil er von dessen Forschungen wusste und einfach feststellen wollte, ob er sich noch als konservativ begreifen dürfe oder doch eher sein CSU-Parteibuch abgeben und bei den Grünen eintreten solle.

Rot, bzw. grün eingefärbt sehen Sie auf diesem MRT-Bild fortschreitend auftretende bakterielle Plaques der Stämme  „Baerbockiensis“, und „Schwesig-Stegneriensis“, umgangssprachlich auch „Hysterien“ genannt.

 

Wie unschwer zu erkennen, ist die „Graue Masse“ selbst bei diesem Konservativen bereits zu annähernd 55 Prozent von rot-grünen Plaques überwuchert. Da jedoch die Immunsysteme aller Parteimitglieder ähnlich wehrlos gegen diesen Befall sind, muss der Proband allerdings nicht mit einem Parteiausschlussverfahren rechnen.

Prof. em. Dr. Jonas-Erasmus Flickenschulz-Mayr ist tief unglücklich darüber, dass ihm bisher keine weiteren Probanden zur Verfügung standen. Er hätte gerne einen detaillierten Verbreitungsatlas erstellt um die Hotspots der Infektion identifizieren und dort, wo es am schlimmsten ist, mit therapeuthischen Mitteln sein Bestes zu versuchen.

In seinem eigenen Labor hat er ein gezielt wirksames Antibiotikum bis zur Einsatzreife entwickelt. Den Wirkstoff gewinnt er aus weißem Edelschimmel der Sorte Aspergillus spiritus coelum. Er kann auch ohne vorangehende bildgebende Diagnostik nebenwirkungsfrei bei Jedermann eingesetzt werden. Leider ist die Nachfrage in Deutschland selbst sehr gering. Erfreuliche Mengen gehen jedoch bereits in den Export, inbesondere nach Polen, Tschechien, Slowenien, Ungarn, Österreich und Italien.