Die WIN-Initiative (Wirtschaft in Not?)

Die Bundesregierung informiert per Pressemitteilung 226  vom 17.09.2024 über den Startup Germany Summit, wo ein Breites Bekennendes Bündnis (BBB) aus dem Start-up-Ökosystem sich verschworen hat, die Absicht zu bekunden, mit der WIN-Initiative signifikante weitere Schritte auf den Weg zu bringen.

Bei der folgerichtig am Dienstag unterzeichneten Absichtserklärung handelt es sich nach meinem Sprachverständnis bei so vielen beteiligten Bekennern um so etwas, wie ein Bekennerschreiben. Das BKA wird sicherlich in der Lage sein, die Echtheit zu prüfen und die erforderlichen weiteren Schritte, selbstverständlich in alle Richtungen, einzuleiten.

Worum es geht?

Findet sich alles in der Pressemitteilung.
(Abwechslungsreiche Schreibweisen in Verbindung mit dem Suffix „up“von dort übernommen)

Es geht

  1. um die Förderung von Gründern und ihren Neugründungen,
  2. um Start-ups und Scaleups als Innovationsmotor der deutschen Volkswirtschaft,
  3. um den Mittelstand von morgen,
  4. um die Stärkung der Wachstums- und Innovationsfinanzierung in Deutschland,
  5. um die Förderung von Start-ups, Innovationen und Wagniskapital in Deutschland,
  6. um ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Rahmenbedingungen  für Wachstums- und Innovationskapital in Deutschland,
  7. um 12 Milliarden Euro zur weiteren Stärkung des deutschen Venture Capital-Ökosystems bis 2030.

Ausgedacht hat sich diese Initiative ausgerechnet der Bundesfinanzminister Christian Lindner, der sie danach angeregt hat, woraufhin sie ins Leben gerufen wurde.

Kanzler Scholz und Minister Habeck leisten Unterstützungsarbeit, während die Kfw als Wegbereiterin und Koordinatorin die zentrale Rolle wahrnimmt.

Scholz hält die WIN-Initiative weniger für eine Initiative, sondern – gerade in Zeiten sich verschiebender geopolitischer Kräfteverhältnisse – für eine Nachricht, und zwar für eine gute von zentraler Bedeutung.

Habeck hält die WIN-Initiative weder für eine Initiative, noch für eine Nachricht, sondern für ein Zeichen, und zwar für ein starkes, und dies für ein starkes Umfeld für Innovationen von Startups und Scaleups in Deutschland.

Habeck wäre jedoch nicht Habeck, sähe er neben dem Zeichen nicht auch noch eine Grundlage, und zwar die Grundlage für die ökologische und außerdem auch noch nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Das finde ich, wie er das so sagt, dann schon ganz schön gruselig.

Annalena Baerbock war bei WIN offenbar nicht dabei. Sonst hätte die Pressemitteilung 226 auch noch die Kunde von der feministischen Transformation  vermitteln müssen, was sie aber nicht tat.

Lindner, der Spiritus Rector vons Janze, erkannte im Bekenntnis des Breiten Bündnisses die Message: „Der Wille ist da“ – und stellte selbstkritisch fest: „Jetzt ist es an uns, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen, damit die Wirtschaftswende kommt.“

Die Erkenntnis kommt spät, womöglich zu spät, denn wo in drei langen Ampeljahren die richtigen Rahmenbedingungen nicht gesetzt wurden, sehe ich für das vierte Jahr ebenfalls grün. Grün ist schließlich, was das Vorhersehen betrifft, das neue Schwarz.

Es ist ja verständlich, wenn diese Regierung in ihrer Weitsicht erkennt, dass die Wirtschaft in Deutschland sich in einem Ausdünnungsprozess befindet, in dem eben nicht nur Bäcker nicht mehr backen, um der Insolvenz zu entgehen, sondern auch die Stahlkocher nicht mehr kochen, die Chemiker ihre Labore einpacken und in ferne Länder transportieren, die Autobauer sich massenhaft zu Biobauern ohne Land umschulen lassen …, so dass irgendwer irgendetwas tun sollte, damit es irgendwie anders wird.

Schließlich hat es Gorbatschow vorhergesagt hat, nur kommt es nun umgekehrt: „Wer zu spät geht, den bestraft das Leben!“

Da wollen sie nun nicht etwa retten, was zu retten ist, sondern auf den kahlgeschlagenen Flächen mit ganz kleinen Setzlingen wieder neu anfangen. „Ja wo ist den mein kleines Start-Upperli? Du-du-du-du-du! Ja wo bist du denn? Ei-ei-ei-ei …“

Und so haben sich die Bekenner zusammengefunden, deren Aufzählung irgendwie an eine Wikipedia-Liste so genannter Geldsammelstellen erinnert:

Allianz, AXA Deutschland, Barmenia.Gothaer, Bayerische Versorgungskammer, BlackRock, Bertelsmann, Bundesverband Beteiligungskapital, Bundesverband Deutsche Startups, Bundesverband der Deutschen Industrie, Bundesverband deutscher Banken, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Commerzbank, Debeka, Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Deutsche Telekom / T.Capital, Deutsches Aktieninstitut, DZ BANK, European School of Management & Technology, FIEGE Logistik, Frankfurt School of Finance & Management, Generali Deutschland, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, Henkel, HUK-COBURG, KfW, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, Provinzial Versicherung, Schenker Ventures, Stuttgarter Versicherungs Gruppe, UnternehmerTUM, Versicherungskammer Bayern, VGH Versicherungen, W&W Asset Management

wobei sich außerdem Bundeskanzleramt, Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dem erlauchten Kreis trotz ihrer leeren Taschen zugesellt haben, wohl um Garantien zu versprechen, vielleicht auch Bürgschaften, gewiss anteilige Finanzierungshilfen durch die bundeseigene Kreditanstalt  für Wiederaufbau, die in den späten Tagen der Ampel ihren Namen aus den frühen Tagen der Republik wieder  zu  Recht tragen darf, auch wenn am Erfolg gezweifelt werden darf.

Ist denn niemandem aufgefallen, dass die Commerzbank, einst vom Staat gerettete, nun mit Verlust vom Staat an die Italiener weitergereichte, einstige deutsche Großbank, unter den Bekennern ist, aber schon gar nichts mehr selbst bekennen kann, weil die neuen italienischen Herren eher ureigene Interessen verfolgen werden? Dass der Bekenner Schenker zwischenzeitlich  an die Dänen verkauft wurde, die dort eher einen Kahlschlag planen als die Konkurrenz aufzupäppeln? Auch die  übrigen Bekenner sollten eher mit Vorsicht betrachtet  werden. Da mag hier und da  echtes Interesse bestehen, an erfolgreichen Gründungen  goldene Nasen zu verdienen, doch die jüngere Geschichte  deutscher Start-up-Unternehmungen sieht nicht gerade rosig aus.  Da gibt es zwei große Gruppen:

  • die so genannten FinTechs, wo man „irgendwas  mit Geld und IT“ machen wollte, was zu einer ganzen Welle von Pleiten und dem großen, längst nicht aufgeklärten Wirecard-Skandal geführt hat, und
  • die anderen, die sich auf Bio und Öko und Klima und Lastenräder, etc. kapriziert haben, um  dort nach und nach an der fehlenden Kaufkraft der Deutschen zu scheitern.

Was ist denn von den Gründungen der letzten 10 Jahre übrig geblieben und im Sinne eines „Wachstumsmotors für Deutschland“  in Erscheinung getreten? Wo ist der deutsche Bill Gates, der deutsche Marc Zuckerberg, der deutsche Elon Musk? Wo wird der „deutsche“ DualFuel-Reaktor gebaut? Wo fährt die deutsche „Magnetschwebebahn“? Wo ist die deutsche Fotovoltaik-Industrie  geblieben?

Die Idee, man müsste das „Start-up  Ökosystem“ (herrlicher Begriff für ein Haifischbecken!) nur mit Geld begießen, damit die Erfolgsgeschichten sprießen,  hat durchaus gutes Kinderbuchniveau, das durch ein Eingehen auf die Komplexität nur beschädigt würde. Dass da nämlich vorher erst einmal Dornenhecken an Bürokratie beseitigt, also mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden müssten, und dass dann ausgewähltes Saatgut in die Erde und zum Keimen gebracht werden muss, bevor das Gießen und Bewässern wichtig wird, das  würde die Kleinen schließlich  überfordern – schon von der Aufmerksamkeitsspanne her …

Wenn es in einem Land erforderlich wird, die versammelten Verwalter des Kaptials mit einer Regierungsinitiative zum Jagen zu tragen, weil die Investoren sich nicht einmal dann noch in Deutschland niederlassen wollen, wenn ihnen der Staat 10 Milliarden für den Bau einer Chipfabrik in Magdeburg verspricht und Northvolt gleichzeitig seine Pläne für die Errichtung von Batteriefabriken einstampft, auch weil BMW einen Großauftrag im Volumen von 2 Milliarden Euro zurückgezogen hat, dann ist es nicht fünf vor zwölf,  auch nicht fünf nach zwölf, dann hat selbst die Uhr lieber aufgehört zu ticken als das Grauen noch länger anzuzeigen.

Und nun schickt sich dieses Land an, Friedrich Merz zum Steigbügelhalter für die nächste grüne Ministerriege zu ernennen.

Feiglinge, allesamt, die dem Vorschub leisten, statt aufzustehen und den Spuk zu beenden.