Inflation und Inflationsgewinne – die jüngste Sau im deutschen Dorf

Das Ifo-Institut hat herausgefunden,

dass die Inflation in Deutschland nicht alleine mit den gestiegenen Kosten für Energie und Vorleistungen erklärt werden könne. Es sähe so aus, dass Unternehmen in einigen Wirtschaftszweigen die Preissteigerungen genutzt hätten, um ihre Gewinne auszuweiten.

Und alle schreiben ab und plappern nach.

Hört und liest man die entsprechenden Wertungen, die durchweg anklagenden Charakter haben, fragt man sich, ob die  Kommentatoren keine Ahnung vom Prinzip des gewinnorientierten Wirtschaftens haben, oder ob sie gedanklich längst in der kommunistischen Planwirtschaft mit strikten Mengen- und Preisvorgaben angekommen sind.

Die politische Vorgabe dazu dürfte in den wiederholt geäußerten Begehrlichkeiten, so genannte „Übergewinne“ abzuschöpfen, zu finden sein, die nun offenbar von den anfänglich betroffenen Unternehmen der Energiebranche auf die gesamte Wirtschaft ausgeweitet werden sollen.

Die Argumentation, mit der diesen Begehrlichkeiten widersprochen werden muss, beginnt da, wo die Fakten so klar auf dem Tisch liegen, dass sie einfach nicht übersehen werden können:

Inflation bringt letztlich zum Ausdruck, dass man für den gleichen nominalen Geldbetrag weniger kaufen kann.

Um die „gewohnte“ Kaufkraft wieder  herzustellen, fordern Gewerkschaften in den Tarifrunden regelmäßig einen Inflationsausgleich, und der Tarifanpassungsmechanismus der EU ist für 50.000 EU-Beamte zu dem Ergebnis gekommen, wegen der Preissteigerungen in Brüssel und Luxemburg sei eine Gehaltserhöhung um 6,9 Prozent erforderlich.

Es ist nun aber nicht so, dass die Inflation den Unternehmensgewinnen nichts anhaben könnte. Da bleibe 1 Million immer eine Million, ganz unabhängig davon ob draußen die Inflation tobt oder nicht. Bei 10% ausgewiesener Inflation  wird aus der Kaufkraft einer Million ganz genau so eine Kaufkraft von nur noch 909.090,91 Euro, wie beim Gehaltsempfänger die 1.000 Euro netto an der Ladenkasse nur noch 909,09 Euro wert sind.

Wer also wie das Ifo-Institut argumentiert, dass die gestiegenen Preise nicht alleine mit den gestiegenen Kosten für Energie und Vorleistungen erklärt werden könnten, verlangt von den Unternehmen nichts anderes als den Kaufkraftverlust der Gewinne in der Kalkulation nicht zu berücksichtigen. Das ist zweckdienliche Heuchelei.

Die Inflation in der Realwirtschaft in Deutschland und der EU ist genaugenommen gar keine Inflation.

Die Billionen billigen Geldes der EZB sind ja – abgesehen von Teilen der spekulationsgetriebenen Bauwirtschaft – niemals in der Realwirtschaft angekommen. Das langjährige vergebliche Mühen der EZB, die Inflation mittels der Druckerpresse auf den Zielwert von knapp unter 2 Prozent anzuheben, sollte für diese Aussage Beleg genug sein.

Was über Deutschland und die EU hereingebrochen ist, das sollte „Teuerung“ genannt werden, weil die Ursache für den Preisanstieg nicht in einem Überangebot an Geld gesucht werden kann, sondern in einem Minderangebot an Gütern und Waren.

Hier sind es nicht mehr die Unternehmen, die über den Preis bestimmen, sondern die Nachfrager, die bereit sind, zur Sicherstellung der Befriedigung ihres Bedarfes höhere Preise nicht nur zu akzeptieren, sondern von sich aus anzubieten.

Waren es in der Vergangenheit regelmäßig Naturkatastrophen oder Kriege, die das Land verheerten und damit zu Knappheit und Teuerung führten, handelt es sich diesmal um die Folgen einer verheerenden Energiepolitik  und um die Folgen eines hausgemachten, haushohen Verlustes bei einem  von maßloser Selbstüberschätzung angetriebenen Sanktionspoker.

Dass nun zur Vertuschung des Politikversagens zu dem argumentativen Strohhalm gegriffen wird, die Wirtschaft sei der Inflationstreiber, sie würde sich ungerechtfertigt bereichern, ist nicht weiter verwunderlich, deshalb aber nicht weniger schäbig.

In Zeiten der Knappheit verteuert sich auch die Beschaffung.

Niemals in der Vergangenheit wurde der Zusammenhang von Knappheit auf den Öl- und Gasmärkten mit der Rentabilität  von ungünstig auszubeutenden Lagerstätten bestritten. Schieferöl und Frackinggas kommen erst dann auf den Markt, wenn die Knappheitspreise ausreichen, um die höheren Förderkosten und einen angemessenen Gewinn abzudecken. Dass der  Gewinnanteil  dieser Produzenten am Verkaufspreis geringer ist als der Gewinn jener Produzenten, die schon 50 Meter unter dem Wüstensand auf frei sprudelnde Öl- und Gasquellen stoßen, ist eine logische Konsequenz der Marktmechanik. Allerdings sorgt die kostenintensiver arbeitenden Konkurrenz dann auch dafür, dass die Preise für das Öl der Scheichs nicht in den Himmel wachsen können, weil die ursächliche Knappheitssituation durch das zusätzliche Angebot entschärft wird.

So haben sich – über die Notwendigkeit der Substitution von russischem Gas und Öl hinaus – auch durch den Mehrfronten-Wirtschaftskrieg, an dem die USA, Russland, China, die EU, inwzwischen aber auch Indien und der Iran, sowie  weitere, deutlich kleinere Spieler beteiligt sind, auch die Bezugsquellen und die Lieferketten vieler anderer Waren und Güter verändert. Alleine die erwünschte Rückholung der pharmzeutischen Produktion aus Indien und China in die EU, führt zu einer massiven Verteuerung von Medikamenten aller Art, weil nicht nur der Vorteil der Beschäftigung von Niedriglöhnern entfällt, sondern auch das erdrückende Vorschriftenwerk der Brüsseler Bürokratie wieder seinen Tribut fordert. 

In einem Wirtschaftssystem, in welchem das Finanzamt die Anerkennung von Aufwendungen als Betriebskosten verweigert, wenn dem nicht rechtzeitig ausreichende Gewinne gegenüberstehen, in einem Rechstsystem, in dem die Vorstände von Aktiengesellschaften von den Aktionären persönlich haftbar gemacht werden können, wenn  Möglichkeiten, den Gewinn zu steigern, nicht wahrgenommen werden, ist der Versuch, der Wirtschaft den Schwarzen Peter für das Ausmaß der Inflation unterjubeln zu wollen, nur noch ein weiterer Anlass zum Fremdschämen.

Es mag ja sein, dass die Struktur der Staatsfinanzierung in Deutschland einer Reform bedarf, dass die so genannten starken Schultern seit der Abkehr von der primären Besteuerung des Einkommens und der Hinwendung zur Besteuerung des Konsums um viel mehr entlastet wurden, als dem gesellschaftlichen Frieden zuträglich ist. Doch in einer Situation, in der weiten Teilen der Wirtschaft das Wasser bis zum Hals steht und der Staat glaubt, sich nur noch mittels einer wahren Schuldenorgie in irgendwann  erhoffte bessere Zeiten retten zu können, wird der hastige Versuch, mittels umstrittener Übergewinnsteuern den Staat zu retten, das Knappheitsproblem nur verschärfen und erst recht ins Chaos führen.

Wir haben mindestens zwei Winter zu überstehen, bevor  wir wieder die Chance haben werden, im Feilschen um den Preis Erfolge zu erzielen. 

Angela Merkel, Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner haben die Weichen gestellt, die uns dahin gebracht haben, wo wir jetzt sind.