Potentialunterschiede

PaD 49 /2022 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 49 2022 Potentialunterschiede

Ohne Potentialunterschiede kein Leben.

Dem Einen erschließt sich diese Aussage sofort, dem Anderen mag sie dauerhaft verschlossen bleiben, und auch darin manifestiert sich ein Potentialunterschied. Dieser Aufsatz soll sich nicht um die physikalischen Gesetzmäßigkeiten drehen, sondern um Analogien im Bereich des menschlichen Lebens in menschlichen Gesellschaften. Aus didaktischen Gründen bietet es sich an, zuerst auf die große, allgemeine „Senke“ zu sprechen zu kommen, die darin besteht, dass jeder lebende Mensch laufend Energie verbraucht (in Arbeit und Wärme umwandelt), sein Potential also permanent sinkt, so lange nicht ein höheres Potential, nämlich energiespendende Nahrung angezapft wird.

Es findet also ein Energiefluss statt, und zwar vom Angebot zur Nachfrage, vom Brot zum Hungrigen. Das geringere Potential bedient sich aus dem höheren Potential. Unter idealen Bedingungen so lange, bis der Hunger aller Menschen gestillt ist und das Brot täglich vollständig verzehrt aber zugleich auch wieder neu gebacken wird.

Auf welchem Wege kommt nun aber die Energie zum höheren Potential, im Beispiel also zu den Bäckereien?

Bei den Wildtieren ist unschwer zu erkennen, dass deren Futterpotential mit Hilfe der Sonnenenergie, ohne das Zutun der Tiere, aus Wasser, Mineralien, Stickstoff und Kohlendioxid aus der Luft von selbst entsteht. Die Menge des für die Wildtiere erforderlichen Futters kann von den Wildtieren nicht beeinflusst werden. In guten Jahren werden daher alle satt, in  schlechten Jahren hingegen nicht. Das führt dazu, dass die Wildtierpopulation mit dem Futterangebot schwankt.

Bei den Menschen ist es zu Spezialisierungen gekommen. Hunderte von Gewerken sind direkt und indirekt daran beteiligt, dass die Bäckereien täglich frisches Brot anbieten können. Saatgutzüchter, Düngemittelproduzenten, Traktorenfabriken (mit allem was dazu gehört, um aus Erz und anderen Rohstoffen einen Traktor herzustellen), Pflug, Egge, Mähdrescher müssen gebaut werden, Mühlen vermahlen das Korn, der Bäcker rührt mit seinen Maschinen den Teig an, der in großen Öfen, die auch nicht vom Himmel gefallen sind, ausgebacken wird. Die fertigen Laibe in den Regalen des Bäckerladens, die Tüte zum Einwickeln und letztlich die Registrierkasse gehören zu diesem Prozess, an dessen Ende  der Verzehr des Brotes steht.

Festzuhalten bleibt, dass an der Nahrungsmittelproduktion unserer Zeit eine sehr große Zahl von Menschen beteiligt ist, die nie auch nur jemals ein Korn ausgesät, Getreide geerntet, gemahlen und Brot gebacken haben. Die alle haben aus ihrem Potential Leistungen zur Verfügung gestellt, die letztlich in Form von Brot vom hohen Potential der Produktion zum niedrigen Potential des Konsums fließen.

Zur Ausgewogenheit dieses Prozesses wäre es erforderlich, dass alle Konsumenten – über ihre Lebenszeit betrachtet – genau jenen Anteil an Leistung in den Prozess einbringen, den sie in Form von Konsum daraus in Anspruch nehmen, abgesehen von Härtefällen, denen aus humanitären Gründen auch ein notwendiges Maß an Konsum zugestanden wird, obwohl sie keine oder nur unzureichende Leistung erbringen können.

Zum humanitären Härtefall gesellen sich jedoch weitere Ausnahmen von der Regel, also Menschen, bzw. ganze Branchen, die keine materielle Leistung erbringen, die – im weitesten Sinne – zur Befriedigung von Grundbedürfnissen beitragen würde. Damit ist nicht der Polizist gemeint, der die Ordnung aufrecht erhält, die für Produktion und Verteilung erforderlich ist, auch nicht der Soldat, der die Sicherheit der arbeitsteiligen Gesellschaft gewährleistet, noch nicht einmal der Banker, der mit seinen Krediten das Geld für die notwendigen Transaktionen bereitstellt.

Diese Gattung beginnt im Bereich der Kunst. Schriftsteller, Schlagzeuger und Kunstmaler schöpfen ihre Energie ebenfalls aus dem großen Topf der Produktion, weil schlicht und einfach mehr produziert wird als die an der Produktion Beteiligten konsumieren. Das heißt nicht, dass die Konsumbedürfnisse aller an der Produktion Beteiligten schon befriedigt wären, es heißt nur, dass insgesamt  mehr produziert wird als für den Konsum der (direkt) an der Produktion Beteiligten zur Verfügung gestellt wird. 

Dies führt zu der Unterscheidung der arbeitenden Bevölkerung in prekär Beschäftigte, Geringverdiener, gut Verdienende, besser Verdienende und letztlich zu den Einkommensmillionären und Vermögensmilliardären.

Damit wird allerdings das schöne Bild vom Ausgleich der Potentialunterschiede schwer beschädigt.

Die Energie fließt nicht mehr vollständig – und dabei Potentialunterschiede ausgleichend – von der Quelle zur Senke. Es bilden sich höhergelegene „Auffangbecken“, aus denen nur noch geringe Teile des Potentials ihren Weg zur Senke finden, dabei aber eben auch den weniger prominenten Künstlern den Lebensunterhalt durch den Kauf von Büchern, Konzertkarten und Ölgemälden ermöglichen.

Neben den Auffangbecken finden sich jedoch noch sehr eigentümliche Gebilde, oberhalb der Quelle. Hochbehälter,  könnte man sie nennen, die dadurch gespeist werden, dass Potentiale, die sich auf dem Weg zur Senke befinden, über Stichkanäle abgezweigt und über ein System von Pumpen und Röhren dem Kreislauf entnommen werden.

Aber das ist noch nicht das Ziel dieses Aufsatzes.

Große und allergrößte Vermögen sind zwar Ziel vielerlei berechtigter Kritik, vor allem, wenn sie auch dann noch gebildet werden, wenn in der gleichen Gesellschaft, im gleichen Staat, in der gleichen Nation, Teile der Produktiven sich mit einem Minimalkonsum am Rande des Existenzminimums zufrieden geben müssen, doch besteht immer noch die Chance und die Hoffnung, dass wenigstens Teile dieser Vermögen wieder den Weg in die Realwirtschaft finden. Jede Prunkvilla, die errichtet wird, jede Luxusjacht, die gebaut wird und jeder verschwenderische Erbe der das Geld mit vollen Händen verschleudert, trägt dazu bei, Potentiale aus den Hochbehältern in die Senke fließen zu lassen.

Das Ziel dieses Aufsatzes sind die aktuell erkennbaren Bestrebungen, das Potential der Produktion zu reduzieren und damit die Verteilungsungerechtigkeit zu verschärfen.

So  wie die Aschewolken gigantischer Vulkanausbrüche in der Vergangenheit immer wieder einmal über Jahre hinweg die Sonne verdunkelten und die Fruchtbarkeit der Erde reduzierten, so dass Tiere und Menschen an Hunger und hungerbedingten Krankheiten in Massen starben, legt sich der giftige Schleier einer ideologischen Aschewolke über das Land und reduziert die Menge der verfügbaren Energie weit unter das für das Gedeihen und Wohlergehen der Bevölkerung erforderliche Maß. Der Energiemangel schwächt die Produktion, und die Masse der Meldungen über Bäckereien aller Größenordnungen, die das Backen eingestellt haben, ist alarmierend. Es sind aber nicht nur die Bäckereien. Es gibt schon jetzt, wo noch stolz verkündet wird, die Gasspeicher seien gefüllt, kaum noch eine Branche, die nicht vom Mangel betroffen ist, wo nicht Kapazitäten stillgelegt, Insolvenzanträge gestellt, Betriebe geschlossen oder ins Ausland verlagert wurden. Die EU zwingt die Landwirtschaft zu Flächenstilllegungen und mindert den Ertrag der Restflächen durch unzählige Vorschriften, insbesondere zum Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln, aber auch durch Vorschriften zur Tierhaltung, mit denen die Erträge tierischer Produkte vermindert und die Kosten der Produktion erhöht werden.

Es ist unbestreitbarer Fakt, dass das Potential der Produktion in Deutschland durch Beschlüsse von Politikern bereits massiv reduziert worden ist.

Es ist ebenso unbestreitbarer Fakt, dass aus dem noch übrigen Potential in zunehmendem Maße auf dem Wege der Teuerung erhebliche Anteile, die dem Konsum zufließen sollten, abgezweigt werden müssen, um die Ansprüche – vorwiegend – ausländischer Produzenten und Händler zu befriedigen.

Es ist darüber hinaus unbestreitbar, dass die Zahl der Konsumenten im Lande durch die Migrationspolitik immer noch weiter erhöht wird, ohne dass zumindest Ansätze erkennbar wären, die Aufnahme auf diejenigen zu beschränken, denen nach unserem Recht Asyl zu gewähren ist.

Das Experiment, dem Deutschland derzeit unterzogen wird, ließe sich in einem elektrischen Stromkreis so abbilden, dass die anliegende Spannung kontinuierlich reduziert wird, während die Zahl der in Reihe geschalteten Verbraucher zugleich erhöht wird. Ein bisschen Strom fließt da noch, keine Frage. Es funktioniert nur nichts mehr.

Hier nun wird es unumgänglich, die Frage nach den geistigen Potentialen zu stellen.

Eine alte Weisheit sagt, dass sich die Weitergabe von Wissen von der Weitergabe von Geld dadurch unterscheidet, dass derjenige, der Wissen weitergibt, sein Wissen behält, dass also immer dann eine Wissensvermehrung stattfinden kann, wenn das weitergebene Wissen vom Empfänger auch angenommen und richtig angewendet wird.

 Politiker, denen über ihre Stäbe, ihre Kontakte in alle Bereiche des Staates und über hochbezahlte Berater alles benötigte Wissen für kluge Entscheidungen zur Verfügung stehen sollte, um dem feierlichen Versprechen aus dem Amtseid – Schaden vom deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu mehren – gerecht werden zu können, verwirren die Bevölkerung allerdings immer mehr mit einer Politik, die vor das Mehren des Nutzens und das Abwehren des Schadens erst einmal das Wohl der Ukraine stellt, gefolgt vom Wohl der übrigen EU-Mitgliedsstaaten und der Mitgliedschaftsanwärter, um danach die Verpflichtungen des NATO-Bündnisses zu erfüllen, um dann,  nach 2045, wenn die Dekarbonisierung per Deindustrialisierung vollendet sein soll, vielleicht wieder andere Prioritäten zu setzen.  Aber weil dann voraussichtlich niemand aus der heute regierenden Garde noch im Amt sein wird, kann es mit einem neuen Anlauf, den Nutzen zu mehren und Schaden abzuwenden auch noch länger dauern.

Es werden hier die Schlussfolgerungen aus einem von Computermodellen errechneten Fernwissen gezogen und in konkrete Maßnahmen umgesetzt, deren Untauglichkeit zwar ebenso offenkundig ist, wie der Strohhalm nicht zur Rettung des Schiffbrüchigen taugt, doch lässt man sich von der Hoffnung auf ein alles heilendes Wunder auch von der noch so begründeten und konstruktiven Kritik selbst dann nicht abbringen, wenn man schon dabei ist, Pläne zu schmieden, wie das temporäre Abschalten der Ladesäulen für die E-Mobile am besten zu bewerkstelligen sei.

Immerhin: Das geistige Potential, den bereits angerichteten Schaden zu erkennen, ist vorhanden. Auch die Notwendigkeit, diesen Schaden zu lindern, wird noch erkannt. Doch ohne den Willen zur Umkehr bleibt keine andere Lösung, als die Zukunft des Landes und seiner Bürger mit immensen Schulden zu belasten. Betrachten wir nur den 200 Milliarden Doppelwumms, als das bislang größte Einzelelement der Neuverschuldung, so trifft dieser jeden Bürger mit rund 2.500 Euro, was bedeutet, dass auf jeden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten rund 5.000 Euro entfallen, die an Schulden aufgenommen werden, um trotz der massiven Inflation den akuten Bedarf der Konsumenten decken zu können. 

Interessant, dass erst einmal die 200 Milliarden beschlossen wurden. Was damit angefangen werden sollte, darüber hat man sich erst hinterher Gedanken gemacht. Regierungssprecher Hebestreit wusste zumindest, dass es darum gehen soll, „uns alle heil durch die nächsten zwei Jahre zu bringen“.

Habeck machte sich ehrlich und gab kund:  „Man muss ehrlich sagen, wir werden natürlich nicht den Gaspreis so runtersubventionieren können, wie er 2021 war, und zwar sehr lange Zeit nicht“

Ein größeres Potential sah nur Saskia Esken, die den Doppelwumms mit der Hoffnung verbunden hat, „dass wir die Preise auf ein Niveau senken können, das zumindest vor dem Krieg liegt“

Im Vertrauen darauf, dass das geistige Potential einer ausreichenden Mehrheit der Wähler nicht ausreichen wird, um zu erkennen, dass eine massive Ausweitung der Staatsverschuldung den Nutzen des Volkes keinesfalls mehrt, und dass der eingetretene Schaden damit auch nicht mehr abgewendet werden, sondern nur vertuscht und auf spätere Steuerzahler abgewälzt werden kann, ist man das Wagnis solcher Politik eingegangen. 

Die Bundesnetzagentur, da, wo die Messergebnisse einlaufen, wo Faktenwissen entsteht, wird zugleich nicht müde, darauf hinzuweisen, dass das Potential der Gasspeicher und der möglichen Gasimporte nur dann ausreichen wird, den Winter zu überstehen, wenn das Einsparziel von 20% gegenüber dem Vorjahr erreicht wird. Im Augenblick sieht es nicht danach aus. Obwohl in großen Mengen Strom aus Braun- und Steinkohle erzeugt wurde, hat Erdgas in den letzten 7 Tagen mit rund 25 Prozent zur Stromerzeugung in Deutschland beitragen müssen, weil Sonne und Wind über weite Zeitstrecken nur etwa 5 Prozent des Bedarfs decken konnten.

Der Zeitpunkt, an dem die Mehrheit der Wähler feststellen wird, dass man mit Energiekostenzuschuss und Gaspreisdeckel alleine nicht heizen kann, wenn das Gas alle ist, und dass Wind und Sonne und Kohle und der Rest Kernenergie ohne Gasverstromung nicht ausreichen, das Stromnetz stabil zu halten, so dass man trotz Strompreisdeckel abends im Dunkeln sitzt, während der Kühlschrank abtaut und der Fernseher schwarz bleibt, rückt mit jedem Tag winterlicher Wetterverhältnisse näher.

Das wird der Zeitpunkt sein, an dem die normative Kraft des Faktischen ihr Potential entwickelt und die Mehrheit erkennen lässt, dass die schönen neuen Schuldenumhänge und Wummshosen von Scholz, Habeck und Lindner nichts als Einbildung und Selbstbetrug waren. Dann wird es schlagartig zu einem Potentialausgleich kommen, wie er in der Elektrotechnik als Kurzschluss bezeichnet wird, und wir werden feststellen müssen, dass dieser so ausgelöste Überstrom von keiner Sicherung unterbrochen werden kann, weil in diesem System die letzte Sicherung schon vor Jahren ausgebaut und überbrückt wurde.