10. November 2019

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Guten Morgen Herr Kreutzer,

gerade lese ich Ihre Betrachtung über „Die Überkapazitäten der Windkraftanlagenbauer“. Dazu möchte ich folgendes bemerken:

Wir wohnen in einer der flachsten Gegenden der norddeutschen Tiefebene, direkt an der Wesermündung in die Nordsee, nur knapp vier Kilometer Luftlinie vom Deich entfernt. Die Deichkrone hat in diesem Bereich eine Höhe von rund acht Metern und stellt tatsächlich – bitte nicht lachen – eine der höchsten Erhebungen in unserem Landkreis dar. Aussichtspunkte, von deren luftigen Höhen aus man in die Ferne schauen kann, sind bei uns stets von Menschen geschaffen und dementsprechend selten zu finden. Wir Norddeutschen haben deshalb eine deutlich engere Perspektive als andere Deutsche, weshalb wir wohl auch – und nicht zu unrecht – als ein wenig „stieselig“ und wenig emotional gelten.

Manchmal, wenn das Wetter schön ist (bei uns zu dieser Jahreszeit eher selten der Fall), fahre ich mit dem Fahrrad zum „Alten Postweg“, der so heißt, weil er im 18. Jahrhundert postgeschichtliche Bedeutung erlangte, als nämlich während der Personalunion vom Kurfürstentum Hannover und dem Königreich England die Dienstpost des englischen Königshauses von Reitern und Postkutschen über den Hafen Cuxhaven hin- und her transportiert wurde. Heute ist er in weiten Teilen nur noch ein im Stich gelassener Feldweg, auf dem die hiesigen Landwirte für unsere gefüllten Kühlschränke sorgen.

Wie dem auch sei, an einer bestimmten Stelle dieses alten Weges erhebt sich der „Bullmersberg“, ein heute baumbestandenes, schmächtiges Hügelchen, auf dem vor über tausend Jahren eine winzige Befestigung mit Turm gestanden haben soll, von dem aus die Soldaten Ottos III. nach über die Weser einfallenden Normannen und Wikingern Ausschau gehalten haben sollen.

Dieser „Berg“ ist sage und schreibe zehn Meter hoch und als solcher eigentlich gar nicht erkennbar, weil sich diese „Höhe“ beim Erklimmen so unmerklich einstellt, dass man sich im weiter im Flachland wähnt, obwohl die Satellitenmessungen etwas anderes sagen.

Wenn ich also diesen Berg gemeistert habe und meinen Blick in die Gegend schweifen lasse, fällt mir die eben beschriebene, geradezu unglaublichen Plattheit meiner Heimat auf. Selbst aus der „Höhe“ des Bullmersberges verstellen mir schon winzig kleine Gehölze in einiger Entfernung komplett die Sicht. Es ist geradezu erschreckend, aber man kann bei uns wirklich nicht weit sehen, ein Kilometer Luftlinie ist so ziemlich das Höchste der Gefühle.

Jetzt raten Sie mal, was man bei uns trotzdem sehen kann, auch in viel größerer Entfernung? Richtig, Sie ahnen es schon, es sind die verdammten Windkraftanlagen, die bei uns schon seit Jahrzehnten zu Hause sind und sich im Verlauf der vergangenen Jahre geradezu exponentiell vermehrt haben. Mittlerweile sieht man die Dinger in allen Ausbaustufen, von den ganz alten über die „repowerten“ bis hin zu den aktuellen „Kloppern“, die so riesig sind, dass man sich fürchtet, wenn man unter ihnen steht.

Wenn ich auf dem Bullmersberg stehe und mich einmal um meine eigene Achse drehe, kann ich trotz der Flachheit der Gegend und den sichteinschränkenden Baumansammlungen zwischen den Äckern sage und schreibe achtunddreißig von diesen monströsen Windmühlen zählen! Können Sie sich das vorstellen, achtunddreißig Windkraftanlagen in einem Radius von wenigen Kilometern, da fragt man sich, wer das auf welcher Grundlage genehmigt hat. Und es ist auch keinesfalls so, dass dies eine einmalige Häufung von diesen Dingern wäre, nein, überall in unserem Landkreis stehen diese Dinger herum. Ich habe mal versucht, einen Punkt zu finden, von dem aus man kein  Windrad sehen kann. Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe keinen gefunden! Egal, wo sie bei uns hinkommen, irgendwo steht schon so ein sinnloser Vogelschredder und verschandelt das bisschen Landschaft, was es bei uns überhaupt gibt.

Sie glauben gar nicht, wie mich dieses Gerede über noch mehr Windkraftanlagen ankotzt. Wenn ich die Lobbyisten der Windenergie reden höre (ein ehemaliger Kommilitone von mir ist ebenfalls einer), erhöht sich mein Blutdruck jedesmal auf ungesunde Werte. Und diese, von Ihnen so treffend als Goldgräber beschriebenen, rücksichtslosen Scharlatane, kriegen den Hals nicht voll und wollen immer mehr. Es ist zum Verzweifeln!

Liebe Grüße und einen schönen Sonntag

Stefan