Würden Sie die Sahra-Wagenknecht-Partei wählen?

Vor ziemlich genau 66 Jahren setzte sich Vance Packard an die Schreibmaschine und brachte in seinem Buch „The hidden Persuators“ (deutsch: Die geheimen Verführer), jene Passage zu Papier, die mir nicht aus dem Kopf gehen will, seit ich lese, die SWP könnte aus dem Stand auf 20 Prozent kommen, oder, an anderer Stelle, 12 Prozent der Wählerstimmen seien ihr schon jetzt so gut wie sicher:

Statistikbeflissene Befrager bestimmten mittels „Nasenzählen“ den Prozentsatz an verheirateten Frauen im Omaha (Nebraska), welche erklärten

sie hätten gern einen dreibeinigen Ofen und würden ihn kaufen, wenn er nicht mehr als 249 Dollar kostet.

Dieses Verfahren hatte, wie  sich zeigte, insofern einen Pferdefuß, als man von dem, was die Leute den Befragern erzählen mochten, nur vage auf ihr tatsächliches Verhalten in einer Kaufsituation schließen konnte, wenn sie vor dem dreibeinigen Ofen – oder was auch immer – standen.

Nun liegt es mir fern, Sahra Wagenknecht direkt mit einem dreibeinigen Ofen gleichzustellen, Gott bewahre!

Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass die Befragten, mit Ausnahme jener kleinen Gruppe von Wagenknecht-Fans außerhalb und Wagenknecht-Feinden innerhalb der Partei „Die Linke“, von Sarah Wagenknecht, ihren politischen Zielen und ihren persönlichen Werten nicht mehr  gewusst haben, als die Hausfrauen in Omaha vom dreibeinigen Ofen. Gut, drei Beine kann man sich vorstellen, so wie man keine Mühe hat, ein Bild von Sahra Wagenknecht aus dem Gedächtnis abzurufen, aber dann …?

So, wie sich die Hausfrauen im Omaha am Ende doch für Öfen bekannter Bauart entschieden haben, werden sich die Wähler in Deutschland von einer neuen Partei keine Wunder erhoffen.

Heute ist es ja noch gar keine Partei. Lediglich ein Verein. Die Figuren, die mit Wagenknecht aus der LINKEn ausgetreten sind, kennt erst recht niemand.

Daran wird sich bis zur nächsten Bundestagswahl – wann immer die stattfinden wird – nichts ändern.
Ändern wird sich allerdings die mediale Begleitmusik der Parteienlandschaft.

Während die Person Sahra Wagenknecht bis vor Kurzem noch medial ausgeschlachtet wurde, um den Kontrast zwischen ihr und dem Rest der Partei herauszustellen, und damit die LINKE samt Sahra Wagenknecht als unwählbar erscheinen zu lassen, wird sich der Wind jetzt drehen und der neuen Partei voll ins Gesicht wehen.

Um die Chancen einer Parteineugründung in Deutschland zu beleuchten, ist es hilfreich zu betrachten, wie sich eine erfolgreiche Neugründung entwickelt hat.

Das Rumoren, das letztlich zur Gründung der AfD führte, hat ja schon vor 30 Jahren begonnen, als sich im Widerstand gegen die Euro-Einführung die Partei „Bund Freier Bürger“ gründete und  ihre Kritik an der europäischen Einheitswährung damals schon mit der Zuwanderungsthematik verknüpfte.  Einer der Kläger gegen die Währungseinheit, der Wirtschaftswissenschaftler (ursprünglich hatte ich hier „der Anwalt“ geschrieben. Entschuldigung) Starbatty, gründete dann im September 2012 zusammen mit Bernd Lucke, Konrad Adam und Alexander Gauland die „Wahlalternative 2013“, aus der bald die AfD hervorging, die zu diesem Zeitpunkt bereits über rund 10.000 Mitglieder in 16 Landesverbänden verfügte.

Im Herbst 2013 war die AfD erstmals zur Bundestagswahl zugelassen. Konnte die 5%-Hürde jedoch noch nicht überspringen. Gut ein halbes Jahr später, bei der Wahl zum EU-Parlament zogen Bernd Lucke und sieben weitere AfD-Abgeordnete mit 7,1 % der Stimmen ins EU-Parlament ein.

Erst bei der Bundestagswahl 2017, durchaus beflügelt durch Merkels Migrationspolitik, schaffte die AfD den Sprung in den Bundestag und kann sich bis heute dort behaupten, wobei die langen zwei Jahre Ampel-Politik ihr zuletzt in den Umfragen noch einmal einen deutlichen Höhenflug beschert haben.

Sahra Wagenknecht ist mir ihrer Parteigründung heute „technisch“ ungefähr auf dem Stand der AfD-Vorläufer-Organisation in den Jahren vor 2012. Sie ist in der Öffentlichkeit bekannter als es Bernd Lucke jemals war, aber sie verfügt meines Wissens noch über keinerlei organisierte Basis.

Jetzt beginnt erst die komplizierte Phase, Menschen an die noch zu gründende Partei zu binden und sie mit dem Aufbau einer bundesweiten Organistion zu betrauen. Kompliziert, weil mit jedem neuen Vereins-, bzw. Parteimitglied, die Gefahr droht, dass die Grundrichtung verändert oder verwässert wird. Trittbrettfahrer werden versuchen, innerhalb der sich bildenden Organisation die Macht zu übernehmen und Frau Wagenknecht an den Rand zu drängen.

Der Prozess, eine Partei und ein Programm zu formen, die letztlich, wenn auch mit „gezähmten“ Flügeln, eine Organisation aus einem Guss, mit einer Marschrichtung und einem öffentlich einheitlich wahrgenommenen Profil darstellt, ist nach meiner Einschätzung bis zum Herbst 2025 nicht zu schaffen, und für eine vorgezogene Bundestagswahl, die – auch wegen Wagenknecht – immer wahrscheinlicher wird, erst recht nicht.

Sahra Wagenknecht ihrerseits schätze ich als klug genug ein, nicht mit einem „gärigen Haufen“ anzutreten, sondern abzuwarten, bis sie sich tatsächlich auf die Partei verlassen kann. Denn genau daran werden auch die Wähler ihre Entscheidung festmachen.

Als Heimwerker, der auch sehr große Aufgaben nicht scheut, weiß ich:

Man braucht die Zuversicht, dass das Projekt innerhalb einer Woche zum Abschluss kommt.
Aus dieser Zuversicht speist sich der Elan, mit dem die Arbeit in Angriff genommen wird.

Man braucht aber auch Ruhe, Gelassenheit und Geduld, um nach unvorhergesehenem Aufwand
auch in der vierten Woche noch gewissenhaft am letzten Schliff zu arbeiten.